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  • 23.03.2012

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 17.01.2012 – 4 K 27/10

    Als Ziergegenstände eingeführte Waren - z. B. ein nachgebildeter Totenschädel, ein Aschenbecher oder eine Buchstütze -, die - jeweils bezogen auf das Gewicht - zu 60 % aus Steinpulver und zu 40 % aus Kunstharz bestehen, sind als andere Waren aus Kunststein in die Warennummer 6810 9900 00 0 einzureihen.


    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten über die Tarifierung von Waren.

    Die Klägerin beantragte am 21.04.2008 und am 18.11.2009 beim Beklagten die Überführung von 325 bzw. 365 Packstücken von Waren mit Ursprung in China, die sie unter der Warennummer 3926 4000 00 0 (Zollanmeldung AT-1, Sachakte Bl. 12) bzw. 6810 9900 00 0 (Zollanmeldung AT-2, Sachakte Bl. 91, 104) anmeldete, in den freien Verkehr.

    Mit Bescheid vom 21.04.2008 setzte der Beklagte in Bezug auf die Zollanmeldung AT-1 Einfuhrabgaben in Höhe von insgesamt 5.059,15 € fest (Sachakte Bl. 33), wobei er in Bezug auf die streitgegenständliche Ware (Position 3) von der Warennummer 3926 4000 00 0 ausging.

    Mit Schreiben vom 10.06.2008 erklärte die Antragstellerin in Bezug auf die Zollanmeldung AT-1 (Position 3), die Ware müsse richtigerweise unter der Warennummer 6810 9990 00 0 angemeldet werden. Sie bitte, das zu korrigieren und die Abgaben zu erstatten.

    In Bezug auf die Zollanmeldung AT-1 liegt ein Einreihungsgutachten der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt Hamburg vom 14.11.2008 vor, in dem eine der von der Zollanmeldung erfassten Waren, ein nachgebildeter Totenschädel, untersucht und danach die Warennummer 3926 4000 00 0 festgestellt worden ist (Sachakte Bl. 55). In dem Gutachten heißt es, es handele sich um einen nachgebildeten Totenschädel aus Alkydharz (Kunststoff im Sinne der Anmerkung 1 zu Kapitel 39, charakterverleihend) mit mineralischen Füllstoffen (Calciumcarbonat).

    Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 09.01.2009 (Sachakte Bl. 58) mit, eine Einreihung der Ware gem. Zollanmeldung AT-1 (Position 3) in die Position 6810 komme nicht in Betracht, da keine Nachbildung eines Natursteins vorliege. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 10.02.2009 Einspruch ein. Zur Herstellung der Waren würde mindestens 50 % Steinpulver verwendet, daher sei die Einreihung als Kunststein der Position 6810 richtig.

    In der Stellungnahme vom 19.05.2009 (Sachakte Bl. 65) erläuterte das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung, es handele sich bei der untersuchten Ware um einen Ziergegenstand in Form eines nachgebildeten Totenschädels aus Alkydharz (Kunststoff im Sinne der Anmerkung 1 zu Kapitel 39) mit einem Gehalt an Füllstoff Calciumcarbonat (Kalk) von etwa 60 GHT. Primärformen von Kunststoffen könnten mit verschiedensten Füllstoffen vermischt werden. Füllstoffe seien klassische Streckmittel, die die Herstellung des Kunststoffs verbilligten und ggf. zusätzlich die mechanischen Eigenschaften verbesserten. Klassischer Füllstoff sei z. B. Kalk. Der Gehalt an Füllstoffen könne den Anteil der Kunststoffe durchaus zum Teil deutlich übersteigen. Der hohe Anteil von Füllstoffen stehe einer Einreihung in das Kapitel 39 nicht entgegen, soweit der wesentliche Charakter einer Kunststoffware erhalten bleibe. Aufgrund der durch den Kunststoff verfestigten Außenseite und der lediglich durch das Alkydharz gewährleisteten Steifigkeit, Bruchfestigkeit und Formbarkeit habe der Ziergegenstand den wesentlichen Charakter einer Kunststoffware erhalten.

    Mit Bescheid vom 18.11.2009 setzte der Beklagte in Bezug auf die Zollanmeldung AT-2 Einfuhrabgaben in Höhe von insgesamt 4.943,90 € fest (Sachakte Bl. 75) und ging dabei hinsichtlich der Position 2 von der Warennummer 3926 4000 00 0 aus.

    Am 27.11.2009 legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 18.11.2009 (Zollanmeldung AT-2) bezogen auf die Position 2 Einspruch ein und beantragte, die Abgaben nach der Unterposition 6810 9900 festzusetzen (Sachakte Bl. 127).

    Die Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 07.01.2010 zurückgewiesen. Zur Begründung referierte der Beklagte die Stellungnahme des Bildungs- und Wissenschaftszentrums der Bundesfinanzverwaltung vom 15.09.2009.

    Mit ihrer am 03.02.2010 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie erläutert, bei der untersuchten Ware handele es sich um die Nachbildung eines Totenschädels, die - wie die anderen eingeführten Waren auch - aus einer festen Mischung aus Alkydharz (Kunstharz/Polyresin) und Steinpulver (zermahlene Steine) bestehe, wobei der Anteil an Steinpulver etwa 60 % betrage. Das Steinpulver werde mit Kunstharz vermischt, der das Steinpulver binde, damit dieses zusammengehalten werde. Anschließend werde die Masse kalt in eine Form gegossen, wodurch die Figur entstehe. Bei dem Steinpulver handele es sich nicht um einen Füllstoff, da der Anteil des Steinpulvers an dem Gemisch deutlich über 50 % liege. Bei dem verwandten Material handele es sich um Kunststein. Das Steinpulver sei der charakterverleihende Bestandteil der aus Steinpulver und Kunstharz bestehenden Ware, so dass sie in die Position 6810 einzureihen sei. Das Kunstharz diene nur dazu, das Steinpulver zu binden. Es sei ein typischer Hilfsstoff. Dass einreihungserheblich sei, dass das Steinpulver den überwiegenden Anteil an der Ware ausmache, ergebe sich auch aus der VO Nr. 729/2004, mit der eine Ware, bestehend aus einer Mischung von 75 % gemahlenem Naturstein und 25 % Polyester, mit der Begründung, der gemahlene Naturstein mache den überwiegenden Anteil aus, in die Unterposition 6810 9900 eingereiht werde. Schließlich verweist sie darauf, dass die britische, die irische und die niederländische Zollverwaltung vergleichbare Waren mit überwiegendem Anteil an Steinpulver der Position 6810 zugewiesenen hätten. Entsprechende verbindliche Zolltarifauskünfte legt sie vor. Selbst wenn man die Stellungnahme des Ausschusses für den Zollkodex aus dem Jahre 1999 dahin verstehen könnte, dass Waren wie die streitgegenständlichen unter die Position 3926 fielen, ändere dies nichts, weil die Stellungnahme unverbindlich sei. Rechtlich bindend seien allein Einreihungsverordnungen. Dass der Beklagte die Stellungnahme missverstehe, belegten auch die vorgelegten verbindlichen Zolltarifauskünfte. Dass die Ware einem Naturstein vergleichbar sein müsse, ergebe sich aus keiner der anzuwendenden Vorschriften.

    Die Klägerin beantragt,

    1. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 09.01.2009 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 07.01.2010 zu verpflichten, die mit Bescheid vom 21.04.2008 (Zollanmeldung AT-1) festgesetzten Einfuhrabgaben zu erstatten, soweit sie in einer Höhe festgesetzt worden sind, die über die im Falle einer Einreihung der Ware in die Unterposition 6810 9900 festzusetzenden Einfuhrabgaben hinausgeht,

    2. den Bescheid vom 18.11.2009 (Zollanmeldung AT-2) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.01.2010 insoweit aufzuheben, als Einfuhrabgaben in einer Höhe festgesetzt worden sind, die über die im Falle einer Einreihung der Ware in die Unterposition 6810 9900 festzusetzenden Einfuhrabgaben hinausgeht.

    Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung bezieht er sich auf die Einspruchsentscheidung. In Bezug auf die Klagebegründung trägt er vor, Steinpulver (z. B. bestehend aus Kalkstein) werde sehr häufig als Füllstoff bei der Herstellung von Kunststoffwaren verwendet. Der Höhe des Gehalts an Kalksteinpulver von ca. 60 GHT stehe dem nicht entgegen. Den von der Klägerin vorgelegten verbindlichen Zolltarifauskünften lasse sich meist nicht eindeutig entnehmen, ob tatsächlich eine Naturstein-Nachahmung vorliege. Dafür sei auf die äußere Beschaffenheit abzustellen. Der Totenschädel präsentiere sich in den Augen eines aufmerksamen Betrachters nicht als eine Kalkstein-Nachahmung, sondern als eine Schädelknochen-Nachahmung. Die von der Klägerin zitierte VO Nr. 729/2004 reihe die dort genannte Ware nur deshalb in die Position 6810 ein, weil durch die eingelegten Stücke aus Büffelknochen eine terrazzoartige Naturstein-Nachahmung erreicht werde. Vom Bundesfinanzministerium sei gemäß Erlass vom 01.10.1999 die Entscheidung des Ausschusses für den Zollkodex, Figuren oder Statuetten aus Polymerharz gemischt mit mineralischen Stoffen der Position 3926 zuzuweisen, umgesetzt worden. Die Entscheidung des Ausschusses für den Zollkodex sei zwar ebenso wie die Erläuterungen KN bzw. HS nicht rechtsverbindlich, gleichwohl jedoch nicht unbeachtlich und stütze seine Auffassung. Eine Bindung an anderen Wirtschaftsteilnehmern erteilte verbindliche Zolltarifauskünfte bestehe nicht.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die Sachakte des Beklagten Bezug genommen.

    In der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2012 wurden Warenproben in Augenschein genommen, insoweit wird auf das Verhandlungsprotokoll verwiesen.

    Gründe

    Mit Bescheid vom 21.04.2008 (Zollanmeldung AT-1, Position 3) hat der Beklagte Einfuhrabgaben festgesetzt, die für Waren der Unterposition 3926 4000 berechnet wurden. Mit Schreiben vom 10.06.2008 hat die Klägerin die teilweise Erstattung der festgesetzten Einfuhrabgaben beantragt. Dieses Begehren kann sie nunmehr mit der Verpflichtungsklage verfolgen. Den Bescheid vom 18.11.2009 (Zollanmeldung AT-2) hat die Klägerin teilweise (Position 2) angefochten, dieses Begehren kann sie mit der Anfechtungsklage verfolgen.

    Die so verstandene Klage ist zulässig und begründet.

    I.

    Die mit Bescheid vom 09.01.2009 (Zollanmeldung AT-1) versagte Erstattung der Einfuhrabgaben, soweit sie in einer Höhe festgesetzt worden sind, die über die im Falle einer Einreihung der Ware in die Unterposition 6810 9900 festzusetzenden Einfuhrabgaben hinausgeht und die Festsetzung der Einfuhrabgaben mit Bescheid vom 18.11.2009 (Zollanmeldung AT-2), soweit sie in einer Höhe festgesetzt worden sind, die über die im Falle einer Einreihung der Ware in die Unterposition 6810 9900 festzusetzenden Einfuhrabgaben hinausgeht, sind - jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.01.2010 - rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.

    Sowohl hinsichtlich des Erlassanspruchs aus Art. 236 Abs. 1 Unterabs. 2 Zollkodex, wonach Einfuhrabgaben insoweit erlassen werden, als nachgewiesen wird, dass der Betrag im Zeitpunkt der buchmäßigen Erfassung nicht gesetzlich geschuldet war, als auch hinsichtlich der teilweisen Anfechtung des Bescheides vom 18.11.2009 ist zwischen den Beteiligten allein die Frage der Tarifierung der von der Klägerin eingeführten Ware streitig.

    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie des Bundesfinanzhofes (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 20.06.1996, C-121/95; BFH, Urteil vom 18.11.2001, VII R 78/00, vom 09.10.2001, VII R 69/00, vom 14.11.2000, VII R 83/99, vom 05.10.1999, VII R 42/98 und vom 23.07.1998, VII R 36/97) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl. die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur). Soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 2 bis 5 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur. Daneben gibt es nach dem Übereinkommen zum Harmonisierten System Erläuterungen und Einreihungsavise, die ebenso wie die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, die von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden, ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen (vgl. EuGH, Urteil vom 09.12.1997, C-143/96, und vom 19.05.1994, C-11/93). Auf den Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (vgl. BFH, Urteil vom 14.11.2000, VII R 83/9 und vom 05.10.1999, VII R 42/98; Beschluss vom 24.10.2002, VII B 17/02).

    Die objektiven Merkmale und Eigenschaften der streitgegenständlichen Waren sprechen nach Überzeugung des Gerichts für die Einreihung in die Warennummer 6810 9900 00 0. In diese Warennummer, von der die Klägerin ausgeht, gehören andere Waren aus Kunststein. Die Warennummer 3926 4000 00 0, von deren Richtigkeit der Beklagte überzeugt ist, beschreibt andere Waren aus Kunststoff, Statuetten und andere Ziergegenstände.

    Die streitgegenständlichen Waren sind unstreitig aus einem Material hergestellt, das - bezogen auf das Gewicht - zu etwa 60 % aus Kalk bzw. Steinpulver sowie zu etwa 40 % aus Kunstharz besteht. Damit handelt es sich um eine Ware, die aus verschiedenen Materialien besteht und für die grundsätzlich mehrere Positionen, nämlich die von den Beteiligten angesprochenen, in Betracht kommen. Dann erfolgt die Einreihung nach der genaueren Warenbezeichnung im Sinne der Allgemeinen Vorschrift 3. a) bzw., wenn eine solche nicht festgestellt werden kann, nach dem Stoff, der ihr ihren wesentlichen Charakter verleiht, Allgemeine Vorschrift 3. b). In Betracht kommt grundsätzlich, die Waren als Ziergegenstände im Sinne der Unterposition 3926 4000 00 0 anzusehen, dies würde jedoch voraussetzen, dass es sich um Waren aus Kunststoff handelt. Insofern ist streitentscheidend die Frage, ob die Waren aus Kunststoff oder aus Kunststein hergestellt worden sind. Im Falle einer Herstellung aus Kunststein wäre die Warennummer 6810 9000 00 0 genauer.

    Das Gericht ist der Überzeugung, dass die Waren aus Kunststein hergestellt worden sind. Nach den Erläuterungen zur Position 6810 Rn. 03.0 versteht man unter Kunststein Nachahmungen von Natursteinen, die durch Verbindung von Bruchstücken, Körnern oder Pulvern (z. B. Marmor und andere Kalksteine, Granit, Prophyr, Serpentin) mit Zement, Kalk oder anderen Bindemitteln (z. B. Kunststoff) hergestellt werden. Die streitgegenständlichen Waren sind aus Steinpulver (Anteil ca. 60 GHT) hergestellt worden, dem als Bindemittel Kunstharz (Kunststoff, Anteil ca. 40 GHT) beigegeben wurde. Kunstharz (Alkydharz) stellt einen typischen Zusatzstoff (Hilfsstoff) dar, der auch als Bindemittel, insbesondere bei der Herstellung von Lacken, aber auch von Spachtelmassen, Kitten oder Ähnlichem zum Einsatz kommt (www.wikipedia.de, Suchbegriff Alkydharz; www.chemgapedia.de). Dass der Kunststein äußerlich einem Naturstein in der Form oder sonst der äußeren Anmutung ähnlich sein muss, wie der Beklagte meint, lässt sich weder der Warenbeschreibung im EZT noch den Anmerkungen oder Erläuterungen zum Kapitel 68 bzw. zur Position 6810 entnehmen. Nach der Erläuterung 05.0 zur Position 6810, sind u.a. Badewannen, Fliesen, Blumentöpfe oder Tierfiguren als mögliche Waren der Position 6810 angeführt, ohne dass ersichtlich wäre, dass sich diese Beispiele nicht auf Waren aus Kunststein bezögen. Keine dieser Waren sieht einem Naturstein ähnlich und es ergibt sich aus den Erläuterungen nicht, dass sie zumindest Gestaltungselemente aufweisen müssten, die Assoziationen zu Natursteinen wecken.

    In dieser Auffassung fühlt sich das Gericht durch die Verordnung (EG) Nr. 729/2004 der Kommission vom 15.04.2004 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur bestätigt. Danach wird eine Ware in die Codenummer 6810 9900 eingereiht, die bezeichnet ist als „eiförmige Endstücke, bestehend aus einer Mischung von 75 % gemahlenem Naturstein und 35 % Polyester, mit einem Metallring an einem Ende, der das Einsetzen einer Gardinenstange ermöglicht. Zu Dekorationszwecken sind in 18 % der Oberfläche Rundstücke aus Büffelknochen eingelegt.” Die Einreihung in diese Codenummer wird damit begründet, dass das Erzeugnis aus verschiedenen Materialien besteht, von denen der gemahlene Naturstein den überwiegenden Anteil ausmacht. Wie im Streitfall liegt eine Mischung verschiedener Materialien vor, wobei der gemahlene Naturstein quantitativ dominiert. Dieser Umstand war auch die maßgebliche Begründung für die Einreihung gemäß der VO Nr. 729/2004. Dass die eingelegten Büffelknochen in irgendeinem Zusammenhang einreihungserheblich gewesen wären, lässt sich der Begründung nicht entnehmen.

    Weiter bestätigt sich die Richtigkeit dieser Tarifierungsauffassung durch die neueren verbindlichen Zolltarifauskünfte, die die Klägerin als Anlage K 3 vorgelegt hat. Es handelt sich dabei durchgehend um Waren dekorativer Art, die mit der streitgegenständlichen Ware vergleichbar sind. In allen Fällen handelt es sich um Mischungen von 50 % und mehr Steinpulver und weiteren Materialien, die stets in die Warennummer 6810 9900 eingereiht worden sind. Auch wenn sich die Klägerin auf diese verbindlichen Zolltarifauskünfte im Streitfall nicht berufen kann, belegen sie doch eine zumindest in drei Mitgliedsstaaten der Union gefestigte Tarifierungsauffassung in Bezug auf mit den streitgegenständlichen Waren vergleichbare Waren.

    Die Entscheidung der Kommission vom 12.07.1999 über die Gültigkeit bestimmter verbindlicher Zolltarifauskünfte sowie den diese Entscheidung umsetzenden Erlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 01.10.1999 hält das Gericht entgegen der Auffassung des Beklagten nicht für erheblich. Weder die mehr als 13 Jahre alte Entscheidung der Kommission noch der zollbehördliche Erlass bindet das Gericht im Hinblick auf die streitgegenständlichen Bescheide.

    Es ist nicht sicher, ob die Kommission, die die von der Klägerin vorgelegten verbindlichen Tarifauskünfte soweit ersichtlich nicht beanstandet hat, ihre in der genannten Entscheidung wohl zu Grunde liegende Tarifierungsauffassung nach wie vor vertritt. Im Übrigen enthalten weder die Entscheidung noch der Erlass eine substantielle Begründung, die eine Klärung der Frage ermöglichen würde, ob die dort erfassten Waren in den tarifierungserheblichen Punkten mit den streitgegenständlichen Waren vergleichbar sind.

    Demzufolge enthält die Unterposition 6810 9900 die genauere Warenbezeichnung im Sinne der Allgemeinen Vorschrift 3. a).

    Zu dem gleichen Ergebnis käme man im Übrigen bei Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 3. b). Von den verwandten Materialien ist das Steinpulver, also der „Steinanteil”, als charakterverleihend anzusehen, da sein Anteil am Gesamtgewicht unstreitig bei etwa 60 % liegt und den Charakter der Ware damit maßgeblich bestimmt. Auch von der äußeren Beschaffenheit empfindet das Gericht den Steinanteil als dominierend. In der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2011 wurden ein Totenschädel, ein Aschenbecher sowie eine Buchstütze in Augenschein genommen. Die Waren muten haptisch nicht wie Kunststoff, sondern eher wie Stein an. Sie fühlen sich kunststoffuntypisch kalt an und haben ein beträchtliches Gewicht, was man insbesondere bei der massiven Buchstütze merkt, deren Gewicht deutlich höher ist, als man es bei einer vergleichbaren Ware aus Kunststoff erwarten würde. Dass der eingesetzte Kunststoff, wie in der mündlichen Verhandlung seitens des Bildungs- und Wissenschaftszentrums der Bundesfinanzverwaltung angenommen wurde, ein geringeres Volumen als das eingesetzte Steinmehl hat, hält das Gericht nicht für erheblich, da sich dies weder auf den optischen, noch auf den haptischen Eindruck auswirkt. Entsprechendes gilt für die Frage des Preises der eingesetzten Materialien, auch der materielle Wert des Steinpulvers einerseits und des Kunstharzes andererseits prägen den Charakter der Ware nicht wahrnehmbar.

    II.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.