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  • 23.03.2012

    Finanzgericht Sachsen-Anhalt: Urteil vom 08.06.2011 – 2 K 741/06

    1. Für Erdgas, dass während der Abschaltung der Dampfturbine einer Anlage der Kraft-Wärme-Kopplung aufgrund von Reparaturen oder Revisionsarbeiten für das Zusatzfeuer des Abhitzkessels und damit nicht unmittelbar zum gleichzeitigen Erzeugung von Wärme und Strom verwendet wird, kann lediglich eine Vergütung von Mineralösteuer gem. § 25 Abs. 3a Nr. 3.2 MinöStG gewährt werden.

    2. Dem steht nicht entgegen, dass bei regulärem Betrieb der Anlage auch das Zusatzfeuer des Abhitzekessels der gleichzeitigen Erzeugung von Strom und Wärme dient und die Abschaltung nicht zum Absinken des Jahresnutzungsgrads unter 70 % geführt hat.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit

    hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt – 2. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 8. Juni 2011 durch den Vizepräsidenten des Finanzgerichts Weber als Vorsitzender, den Richter am Finanzgericht Pohl, den Richter am Finanzgericht Schulz, den ehrenamtlichen Richter Herr … und den ehrenamtlichen Richter Herr …

    für Recht erkannt:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Klägerin trägt die Kosten.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten über die Höhe der der Klägerin für das Jahr 2002 zustehenden Mineralölsteuer-Vergütung.

    Die Klägerin betreibt – soweit es für das vorliegende Verfahren von Bedeutung ist – in A, B sowie C Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK). Technisch sind diese Anlagen so konzipiert, dass zunächst 2 Gasturbinen betrieben werden, welche über entsprechende Generatoren elektrischen Strom erzeugen; die Abhitze der Gasturbinen wird sodann jeweils in einem Abhitzekessel mit einem Zusatzfeuer erhitzt, um die Abhitze auf eine für den Betrieb der nachgeschalteten Dampfturbine erforderliche Temperatur zu bringen. Die Dampfturbine ihrerseits dient zum einen mittels eines angeschlossenen Generators ebenfalls der Erzeugung von elektrischem Strom; im Übrigen wird die in der Dampfturbine anfallende Wärme der Dampfturbine als Nutzwärme entnommen. Bei dem beschriebenen Betrieb der Anlage handelt es sich um den Regelbetrieb. Allerdings kann es unter gewissen Bedingungen vorkommen, dass die Dampfturbine abgeschaltet ist; dies geschieht immer dann, wenn die Dampfturbine gewartet oder repariert werden muss. Während dieser Zeiträume wird die Abwärme der Gasturbinen gleichwohl weiterhin im Abhitzekessel von einem Zusatzfeuer erhitzt und anschließend über eine sogenannte Reduzierstation direkt (d. h. ohne „Umweg” über die Dampfturbine) als Nutzwärme entnommen. Für das im Jahre 2002 in den erwähnten Anlagen als Brennstoff eingesetzte Erdgas vergütete der Beklagte (HZA) die Mineralölsteuer zunächst antragsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 25 Abs. 3 a Ziffer 3.1 Mineralölsteuergesetz (in der für das Jahr 2002 anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 16. August 2001, BGBl. I 2001, 2081 – MinöStG –) mit 3,476 EUR pro MWh Erdgas. Im Anschluss an eine bei der Klägerin zwischen Oktober 2003 und März 2004 durchgeführten Außenprüfung betreffend u. a. die Vergütung von Mineralölsteuer im Jahre 2002 stellte sich das HZA sodann auf den Standpunkt, dass das während der Reparatur- bzw. Wartungszeiten der Dampfturbine zum Befeuern des Abhitzekessels eingesetzte Erdgas nicht der gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme diene und deswegen lediglich gemäß § 25 Abs. 3 a Ziffer 3.2 MinöStG mit einem Vergütungssatz von 1,308 EUR pro MWh Erdgas begünstigt sei. Dementsprechend verringerte das HZA mit Bescheid vom 29. November 2004 die zuvor gewährte Vergütung – unter gleichzeitigem Ansatz des zuvor nicht berücksichtigten Selbstbehalts in Höhe von 409,00 EUR gemäß § 25 Abs. 4 MinöStG – um 86.769,00 EUR; wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den in der Akte des HZA befindlichen Bescheid vom 14. Januar 2005 ergänzend Bezug genommen.

    Zur Begründung der gegen den Bescheid vom 14. Januar 2005 nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Das von ihr zum Beheizen des Abhitzekessels in den hier in Rede stehenden Anlagen eingesetzte Erdgas diene auch dann der gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme, wenn die Dampfturbine wegen Reparatur oder Wartung abgeschaltet sei und die von dem Zusatzfeuer erhitzte Abwärme ausschließlich über die Station „Reduzierung” als Nutzwärme entnommen werden. Denn bei einem derartigen technisch bedingten und zeitlich begrenzten Ausfall der nachgelagerten Dampfturbine handele es sich um eine unvermeidbare Ausnahmesituation auf die der Anlagenbetreiber keinen Einfluss habe. Dies ändere aber nichts daran, dass der Jahresnutzungsgrad der von ihr, der Klägerin, betriebenen Anlagen die gesetzlich vorgeschriebenen Jahresnutzungsgrad von 70 % übersteige.

    Die Klägerin beantragt,

    den Rückforderungsbescheid vom 14. Januar 2005 und den Einspruchsbescheid vom 10. Mai 2006 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Das HZA steht auf dem Standpunkt, dass während der Ausfallzeiten der Dampfturbine der Kraft-Wärme-Kopplungsprozess der Anlagen unterbrochen sei und dass das während dieser Ausfallzeiten für das Zusatzfeuer verwendete Erdgas gerade nicht der gekoppelten Erzeugung von Wärme und Kraft sondern ausschließlich der Erzeugung von Wärme diene.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist nicht begründet. Zu Recht hat das HZA auf das von der Klägerin während des Stillstands der Dampfturbinen für das Zusatzfeuer verwendete Erdgas lediglich den Vergütungssatz gemäß § 25 Abs. 3 a Ziffer 3.2 MinöStG angewandt. Im Einzelnen:

    Eine Anwendung des von der Klägerin begehrten Vergütungssatzes von 3,476 EUR MWh Erdgas gemäß § 25 Abs. 3 a Ziffer 3.1 MinöStG käme für die hier in Rede stehende Erdgasmenge nur dann in Betracht, wenn dieses Erdgas von der Klägerin nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Buchstabe a MinöStG in einer Anlage der Kraft-Wärme-Kopplung mit einem Jahresnutzungsgrad von mindestens 70 % verwendet worden wäre. Dabei ist von einer derartigen Verwendung des eingesetzten Brennstoffs nach dem Sinn und Zweck der Regelung und der Systematik des Mineralölsteuergesetzes nur dann auszugehen, wenn der eingesetzte Brennstoff in seiner konkreten Verwendung der gleichzeitigen Erzeugung von Strom und Wärme dient. Zweck der Begünstigung von KWK durch das MinöStG ist nämlich die ressourcenschonende Verwendung des Brennstoffs unter optimaler Ausnutzung der durch die Verbrennung gewonnenen Energie. Voraussetzung für die Begünstigung ist deswegen die gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme, also die doppelte und möglichst effiziente Nutzung des Energiegehalts des eingesetzten Brennstoffs. Nicht ausreichend ist dem gegenüber der bloße Verbrauch von Brennstoff im Rahmen des Betriebs einer KWK (BFH-Urteil vom 11. November 2008 VII R 33/07, BFH/NV 2009, 610).

    Vor diesem Hintergrund gelangt der Senat zu dem Ergebnis, dass die Klägerin vorliegend das während der Abschaltphasen der Dampfturbine für das Zusatzfeuer verwendete Erdgas nicht (unmittelbar) zur gleichzeitigen Erzeugung von Strom und Wärme verwendet hat. Vielmehr diente das während dieser Phasen verwendete Erdgas lediglich dazu, die Wärme im Abhitzekessel so zu erhitzen, dass sie für die Abnehmer der Klägerin technisch bzw. wirtschaftlich als Nutzwärme verwendbar war. Nach Auffassung des Senats kann es in diesem Zusammenhang keine Rolle spielen, dass bei regulärem Betrieb der Anlage auch das Zusatzfeuer des Abhitzekessels der gleichzeitigen Erzeugung von Strom und Wärme diente und dass die Abschaltung der Dampfturbine infolge von Reparatur- bzw. Wartungsarbeiten vom Willen des Anlagenbetreibers unabhängig war. Entscheidend kommt es nach Auffassung des Senats vielmehr lediglich darauf an, dass in der konkreten Betriebssituation das eingesetzte Erdgas nicht der gleichzeitigen Erzeugung von Strom und Wärme diente, sondern vielmehr lediglich der Erzeugung von Wärme. Unter diesen Umständen ist es auch ohne Bedeutung, dass der Jahresnutzungsgrad der vorliegend in Rede stehenden Anlagen durch den zeitweiligen Einsatz des Zusatzfeuers ausschließlich für Zwecke der Wärmeerzeugung nicht unter 70 % abgesunken ist; denn allein entscheidend ist – wie bereits ausgeführt –, ob der Brennstoff in der jeweiligen konkreten Situation zur gleichzeitigen Erzeugung von Wärme und Kraft eingesetzt worden ist.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

    VorschriftenMinöStG § 25 Abs. 3a Nr. 3.1, MinöStG § 25 Abs. 3a Nr. 3.2, MinöStG § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Buchst. b