23.02.2012
Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 15.09.2011 – 6 K 1379/05
Betreibt ein Konsortium von Eisenbahnunternehmern eine grenzüberschreitende Eisenbahnbeförderungsleistung, bei der aufgrund der vertraglichen Vereinbarung der Verkehr im Ausland durch das ausländische Unternehmer und im Inland durch ein inländisches Unternehmer abgewickelt werden soll, ohne dass gegenseitige finanzielle Verpflichtungen zwischen den die Gruppierung bildenden Eisenbahnverkehrsunternehmen untereinander erwachsen, liegt auf der inländischen Teilstrecke eine steuerpflichtige einheitliche inländische Beförderungsleistung vor.
Tatbestand
Der Klägerin ist am 31.03.1998 vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung die Genehmigung zum Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen im Personenverkehr als öffentliche Eisenbahn gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) erteilt worden. Mit Vertrag vom 04.05.2000 schloss sich die Klägerin mit dem Eisenbahnverkehrsunternehmen AB mit Sitz in M. (Schweden) zu einer internationalen Gruppierung im Sinne der Richtlinie 91/450/EWG zum Zwecke der Erbringung von grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehrsleistungen zwischen dem Königreich Schweden und der Bundesrepublik Deutschland sowie im Transit nach und von Drittstaaten zusammen. Nach der Vereinbarung sollte auf schwedischer Seite der Verkehr von AB und auf deutscher Seite von der Klägerin abgewickelt werden. Aus dieser Vereinbarung sollten keinerlei finanzielle Verpflichtungen für die die Gruppierung bildenden Eisenbahnverkehrsunternehmen untereinander erwachsen. Die Beförderung sollte nach den Regeln des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr vom 09.05.1980 (COTIF) und den einheitlichen Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Beförderung von Personen und Gepäck, Anhang A zum Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (CIV) erfolgen.
In Vollzug dieser Vereinbarung schlossen die Klägerin und die AB am 01.01.2002 entsprechend der Handhabung im Vorjahr ein Abkommen über die Führung des Nachtzugpaares A-M-A über Fährhafen ohne kommerziellen Aufenthalt. In Ziff. 4 des Abkommens ist bestimmt, dass im Rahmen der bestehenden Gruppierung gemäß der Richtlinie „EU 91/440” die inländische Anschlussstrecke von Fährhafen bis A v.v. fiskalisch zur ausländischen Beförderungsstrecke wird. Alle Einnahmen und Kosten aus der Führung des Nachtzugpaares sollten bei der AB zusammengefasst werden. Nach Ablauf der Gültigkeit des Abkommens sollte der Gewinn oder Verlust für die gesamte Verkehrsperiode zu gleichen Teilen (50/50) zwischen den Abkommensparteien verteilt werden. Die Klägerin sollte der AB einmal monatlich Rechnungen über die von ihr zu tragenden Kosten auf deutscher Seite senden. Die Kosten sollten ohne deutsche Mehrwertsteuer angegeben werden. Nach der Vereinbarung sollte die Klägerin folgende Kosten auf deutscher Seite tragen:
Service im Betriebsbahnhof A
Service in den Bahnhöfen A, Fährhafen
Trassenkosten A – Fährhafen (Abkommen mit DB Netz)
Traktionskosten A – Fährhafen
Versicherung für die Strecke A – Fährhafen
Abkommen mit der Mitropa über die Betreuung der Schlaf- und
Liegewagen.
Der Begriff „Service” im Betriebsbahnhof A sollte beinhalten: Rangierung, Wasserdrückung, Fäkalienentleerung, Innenreinigung, Stromversorgung, Lokbereitstellung, Bremsprobe.
Die AB sollte folgende Kosten tragen:
Abkommen über Rangierung im Fährhafen
Trajektierung Fährhafen-T.
alle zu entstehenden Kosten auf schwedischer Seite
Wagenmiete und Betriebskosten der Wagen.
Die AB sollte die Kapitalkosten für AB Wagenmaterial und AB Lok M.-T. sowie die Vertriebskosten für von Schweden ausgehenden Verkehr übernehmen. Die Klägerin sollte keine Fahrkarten verkaufen und keine Tickets ausstellen. Diese sollten ausschließlich durch die AB emittiert werden und ihr alle Erträge zufließen.
Die Klägerin bezog im Zusammenhang mit dem Betrieb des Nachtzugpaares folgende Eingangsleistungen:
Anmietung/Einkauf der Lok und der Waggons
Anmietung der Eisenbahntrasse von DB Netz
Wartungsarbeiten durch Railway-Service
Stromlieferungen von DB – Der Energiemacher
Reinigung und Betreuung durch Personal der Mitropa
Die Klägerin erstellte Rechnungen an die AB, in denen sie gemäß der vertraglichen Vereinbarung die erhaltenen Eingangsleistungen abrechnete, jedoch ohne Umsatzsteuerausweis, da sie von einer Nichtsteuerbarkeit bzw. Steuerfreiheit ausging. Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung erließ das Finanzamt am 21.05.2004 geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2001 und 2002 und unterwarf die vorgenannten Leistungen ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von XXX- DM in 2001 und XXX- € für 2002 der Umsatzsteuer zu 16 %.
Auf den Einspruch der Klägerin änderte das beklagte Finanzamt am 12.01.2005 diese Bescheide dahingehend, dass aus den entgegen der Erklärung als steuerpflichtig behandelten Umsätzen nunmehr die Umsatzsteuer herausgerechnet wurde. Im Übrigen wurde der Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 09.05.2005 zurückgewiesen, nachdem die Klägerin bereits am 10.12.2004 Untätigkeitsklage bei dem Hessischen Finanzgericht erhoben hatte.
Die Klägerin ist der Auffassung, die streitigen Umsätze seien nach § 4 Nr. 6 a UStG (Die Gesetzesangaben beziehen sich auch im Folgenden auf die in den Streitjahren gültige Fassung) steuerfrei. Der Neutralitätsgrundsatz gebiete entgegen dem Wortlaut die Anwendbarkeit dieser Vorschrift nicht nur für Eisenbahnen des Bundes, sondern auch für andere Eisenbahnen. Bei den Leistungen an die AB handele es sich um steuerfreie Leistungen nach dieser Vorschrift. Eine Einschränkung dieser Leistung, wie man sie unter Berufung auf die Gesetzesbegründung in den Kommentierungen zuweilen finde, sowie in der betreffenden Umsatzsteuerrichtlinie, nämlich auf die Überlassung von Anlagen und Räumen, Personalgestellungen und Lieferungen von Brennstoffen, Schmierstoffen und Energie, sei dem Gesetzestext nicht zu entnehmen. Es handele sich auch, wie der Zusatz insbesondere zeige, insoweit nur um eine unvollständige Aufzählung. Der Gesetzeszweck der Vereinfachung, in Form der Vermeidung eines Vorsteuererstattungsverfahrens durch die im Ausland ansässige Eisenbahnverwaltung als Leistungsempfänger, komme auch bei dem hier relevanten Sachverhalt zum Tragen. Die Leistungen seien auch auf einem Betriebswechselbahnhof, bzw. einer inländischen Anschlussstrecke erbracht worden. Betriebswechselbahnhof sei aufgrund der allein maßgeblichen entsprechenden Vereinbarung zwischen den beteiligte Eisenbahnunternehmen A, wie es dieser Bahnhof auch schon aufgrund eines Abkommens zwischen der A- AG und der AB seit 24.09.2000 gewesen sei. Die Strecke zwischen dem Grenzbahnhof Fährhafen und A falle als inländische Anschlussstrecke ebenfalls unter die Privilegierung des Grenzverkehrs. Die Entfernung von 300 Kilometern sei ohne Belang, da kein kommerzieller Zwischenhalt erfolge. Die Klägerin habe in 2000 einen Antrag auf Genehmigung von A als Betriebswechselbahnhof bei dem zuständigen Bundesverkehrsministerium gestellt. Diesem Antrag sei nicht innerhalb von zwei bzw. sechs Wochen widersprochen worden. A gelte daher gemäß § 12 Abs. 4 Nr. 1, Nr. 2 AEG als Betriebswechselbahnhof.
Unabhängig von der eingreifenden Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 6 a UStG seien die in Streit stehenden Umsätze bereits im Inland nicht steuerbar, da nach den §§ 3 b ff. UStG der Ort der Beförderung nach Schweden verlagert werde. Es liege eine innergemeinschaftliche Beförderung eines Gegenstandes vor, bei der nach §§ 3 b Abs. 3 S. 2, 3 b Abs. 4 UStG die Leistung als in Schweden ausgeführt gelte, da der Leistungsempfänger AB gegenüber der Klägerin als Beförderungsunternehmer seine in Schweden erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet habe. Die Klägerin unternehme keine Personenbeförderung. Dies mache nur die AB im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, nur diese verkaufe Fahrkarten ab M. bis A und umgekehrt und nur der AB würden die Erträge hieraus zufließen. Die Klägerin erbringe eine reine Wagenzugbeförderung der Wagons der AB durch Traktion und Trasse. Die Traktion beinhalte die Stellung der Lokomotive, inklusive Wartung sowie Kasko-, Ausfall-, Maschinenbruch und Haftpflichtversicherung, die Stellung des Lokführers, dessen Aus- und Weiterbildung, aktuelle Informationsleistungen samt wagentechnischem Bericht, Rangierung und Bereitstellung sowie Energie und Schmierstoffe. Die Trasse beinhalte die Trassenorganisation, Einkauf- und Anschlusskoordination auf Betriebswechselbahnhöfen, Fahrplan-Anordnung, Disposition und Überwachung, Anlagen zur Zugbildung und -abstellung, Haftpflicht-, Räumungs- und Unfallversicherung.
Es liege ein einheitlicher Gegenstandsbeförderungsauftrag i. S. d. § 3 b Abs. 3 S. 3 UStG vor. Die Wagenzugbeförderung erfolge im Rahmen eines Gesamtbeförderungsauftrages von M. nach A und zurück, bzw. stehe in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einer innergemeinschaftlichen Gegenstandsbeförderung. In 2001 und 2002 sei die AB als Gesamtbeförderungsbeauftragter für die rechtlich selbstständige AB Resor (Passagierbetrieb) tätig gewesen. Die AB als Gesamtbeförderungsbeauftragter habe wiederum als Unterbeförderer die Klägerin für die Beförderung des Gegenstandes Wagenzug für die Strecke A/Fährhafen, die Firma S. für die Strecke Fährhafen/T. und die Firma G.C. für die Strecke T./M. eingesetzt. Als Nachweis für einen Gesamtauftrag dienten, Speditionspapieren entsprechend, die Verträge zwischen der Klägerin und AB, die Einlegetelegramme (SERV) und die internationalen UIC Wagenzettel.
Selbst wenn man mit dem Finanzamt davon ausginge, dass die Klägerin eine Personenbeförderung bewirke, sei die Leistung nach § 3 b Abs. 1 UStG im Inland nicht steuerbar, da die Beförderungsleistung auch nicht teilweise auf einer inländischen Strecke erfolge. Nach § 4 Nr. 2 UStDV gelte die als inländische Anschlussstrecke zu beurteilende Strecke zwischen A und Fährhafen als ausländische Beförderungsstrecke.
Außerdem seien die der Klägerin in Rechnung gestellten Leistungen als nicht steuerbare Innenumsätze der internationalen Gruppierung anzusehen, weil die Abrechnungen lediglich dem vertragsmäßigen Gewinnausgleich dienten. Damit hätte die Klägerin allenfalls das von der AB für die Strecke Fährhafen – A zugeschiedene Tarifentgelt pro Passagier von XX DM in 2001 und XX € (XX € brutto) in 2002 der Besteuerung zu unterwerfen. Multipliziert mit der Anzahl der beförderten Passagiere ergebe sich ein vereinnahmtes und unter den erwähnten Vorbehalten zu versteuerndes Nettoentgelt aus AB Passagierverkehr von XXXDM in 2001 und XXX € in 2002. Der von der AB nach Tarif commun international pour le transport des voyageurs (TCV) Schema kalkulierte Bruttobetrag je Passagier für die Gesamtstrecke betrage nach diversen allein von der AB zu tragenden Abzügen XX € brutto. Dieser Betrag/Fahrpreis je Passagier sei nach Tarifkilometerberechnung aufzuteilen, wobei die berechneten Tarifkilometer nicht den Streckenkilometern entsprächen, sondern dem Tarifkilometerberechnungsschema nach TCV. Der Streckenanteil für die Strecke Fährhafen/A von 300 Tarifkilometern entspreche 18,29 % der Gesamtstrecke von 1.640 Tarifkilometern. Der Anteil am Bruttofahrpreis von XX € betrage mithin 18,29 %, also XX € brutto je Passagier.
Die Klägerin beantragt,
die geänderten Umsatzsteuerbescheide für 2001 und 2002 vom 12.01.2005 und 21.05.2004 aufzuheben,
sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Finanzamt ist der Auffassung, dass der Ort der Leistung im Inland liege und auch die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 6 Buchst. a UStG keine Anwendung finde. Nachdem das Finanzamt der Betriebsprüfung folgend, zunächst die Auffassung vertreten hatte, dass die Klägerin mit der Schaffung der Voraussetzungen für eine Personenbeförderung von M. nach A. eine sonstige Leistung eigener Art an die AB erbringe, ist es nunmehr der Auffassung, dass die Klägerin keine Leistung an die AB, sondern an die Reisenden selbst erbringe. Aufgrund ihrer vertraglichen Vereinbarungen seien sowohl die Klägerin als auch die AB als befördernde Eisenbahnunternehmen anzusehen. Nach der Vereinbarung zur Bildung einer internationalen Gruppierung sollte der Verkehr auf schwedischer Seite von der AB und auf deutscher Seite von der Klägerin abgewickelt werden. Darüber hinaus hafte die Klägerin für den Verkehr und alle damit verbundenen Verpflichtungen sowie für alle Sach- und Personenschäden auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland. Entsprechende Schadensersatzansprüche seien zudem direkt an die Klägerin und nicht an die AB zu richten. Wäre aber nur die AB beförderndes Eisenbahnverkehrsunternehmen, so müssten die Reisenden auch die auf dem deutschen Territorium begründeten Schadensersatzansprüche gegenüber der AB als Vertragspartner geltend machen. Insgesamt entsprächen die vertraglichen Vereinbarungen den auch bisher üblichen internationalen Kooperationsvereinbarungen, weshalb die Personenbeförderung beiden Eisenbahnverkehrsunternehmen jeweils bis zur Landesgrenze zuzurechnen sei. Die Beförderung des im Eigentum der AB stehenden Gegenstandes Eisenbahnwagons trete hinter die vertraglich gegenüber den Reisenden geschuldete Leistung „Personenbeförderung” zurück. Die Wagenbeförderung sei untrennbarer Bestandteil der durch die Klägerin erbrachten Personenbeförderung. Die AB schließe mit den Reisenden als platzzuteilendes Eisenbahnverkehrsunternehmen einen Beförderungsvertrag im eigenen Namen und darüber hinaus einen Beförderungsvertrag im Namen und für Rechnung der Klägerin ab. Der Ort der Beförderungsleistung richte sich aufgrund des selbstständigen Beförderungsvertrages allein nach § 3 b Abs. 1 S. 1 UStG, da die Beförderung ausschließlich im Inland erfolge. Entgegen der Auffassung der Klägerin handele es sich bei der Strecke A nach Fährhafen nicht um eine so genannte Anschlussstrecke im Inland auf der eine Beförderung gemäß §§ 3 b Abs. 1 UStG i. V. m. 4 Nr. 2 UStDV nicht steuerbar ist. Anschlussstrecken seien lediglich kurze Beförderungsstrecken der Eisenbahnverwaltungen im Nachbarstaat bis zu einem dort befindlichen vertraglich festgelegten Gemeinschafts- oder Betriebswechselbahnhof. Wesentliches Merkmal einer Anschlussstrecke sei, dass es sich um eine kurze Beförderungsstrecke handeln muss. Dies sei bei einer Streckenlänge von 300 km zwischen A. und Fährhafen nicht der Fall. § 4 Nr. 6 a UStG sei im vorliegenden Fall schon deshalb nicht anwendbar, weil die Klägerin die Beförderungsleistungen nicht an eine Eisenbahnverwaltung mit Sitz im Ausland, sondern vielmehr unmittelbar an die Reisenden als eigenständige Personenbeförderungsleistungen erbringe. Auch könne A nicht als Betriebswechselbahnhof angesehen werden, da der hierfür erforderliche Nähebezug zur Grenze fehle. Das vom Fahrgast zu entrichtende Beförderungsentgelt sei nach den Regeln des so genannten Einnahmeaufteilungsverfahrens auf die beteiligten Bahnen zu verteilen.
Dies habe im Verhältnis der jeweiligen inländischen Streckenanteile zu erfolgen. Eine nachvollziehbare Aufteilung habe die Klägerin nicht erbracht.
Gründe
Die Klage ist nicht begründet.
Die von der Klägerin bezogenen und an die AB weiter berechneten Leistungen sind Gegenstand eines Leistungsaustausches zwischen der Klägerin und AB, als Personenbeförderungsleistungen im Inland steuerbar und nicht nach § 4 Nr. 6 a UStG steuerbefreit.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Der Leistungsaustausch setzt begrifflich voraus, dass er sich zwischen verschiedenen Personen vollzieht. Bei den in Streit stehenden Leistungen handelt es sich um den Austausch zwischen verschiedenen Personen, da der zwischen der Klägerin und der AB bestehenden internationalen Gruppierung im Sinne der Richtlinie 91/450/EWG für die umsatzsteuerliche Beurteilung der erbrachten Leistung keinerlei Bedeutung zukommt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs –RFH– (vgl. z. B. die Urteile V A 676/31 vom 24. Juni 1932, RStBl 1932, 1232; V 4/40 vom 7. März 1941, RStBl 1941, 390; V 10/40 vom 6. Februar 1942, RStBl 1942, 687) und des Bundesfinanzhofs –BFH– (vgl. z. B. die Urteile V 104/54 S vom 26. Mai 1955, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 61 S. 95 – BFH 61, 95 –, BStBl III 1955, 234; V 188/58 U vom 11. August 1960, BFH 71, 608, BStBl III 1960, 476; V 225/58 vom 22. Dezember 1960, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1961 S. 41 – HFR 1961, 41 –; V 268/58 vom 1. Dezember 1960, HFR 1961, 138; V 216/58 vom 9. Februar 1961, HFR 1962, 21) sind Innengesellschaften umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich. Für die umsatzsteuerliche Anerkennung einer Personengesellschaft ist es erforderlich, dass das gesellschaftliche Verhältnis nach außen in Erscheinung tritt. Denn nur dann vermögen Rechtsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und Dritten zu entstehen und wird die Gesellschaft als Unternehmer im umsatzsteuerrechtlichen Sinne tätig. Leistungen der Beteiligten werden bei einer Innengesellschaft nicht mit dieser, sondern unmittelbar unter den Gesellschaftern ausgetauscht.
Etwas anderes gilt nur bei einer sog. Gewinnpoolung. Eine solche ist gegeben, wenn mehrere Unternehmer, die ihre Geschäfte nach außen im eigenen Namen (jeder für sich) betreiben und nicht in einem Leistungsaustausch miteinander stehen, aufgrund interner Vereinbarungen ihre Erlöse nach Abzug der Kosten ganz oder teilweise nach einem bestimmten Schlüssel unter sich aufteilen (BFH-Urteil vom 12.02.1970 V R 50/66 BFHE 98, 518, BStBl II 1970, 477). Dieser Tatbestand ist im Streitfall nicht gegeben. Es legen nicht mehrere Unternehmer ihre selbständig erzielten Gewinne zusammen, um sie unter sich aufzuteilen, sondern es wird lediglich der bei einem von ihnen anfallende Gewinn verteilt, der auch Ergebnis eines Leistungsaustausches untereinander ist. Wegen der umsatzsteuerlichen Unbeachtlichkeit der internationalen Gruppierung ist auch die von der Klägerin vertretene Auffassung, die durch die Klägerin in Rechnung gestellten Leistungen stellten nicht steuerbare Innenumsätze der internationalen Gruppierung dar, weil die Abrechnungen lediglich dem vertragsmäßigen Gewinnausgleich dienten, unzutreffend.
Anknüpfungspunkt der Umsatzsteuer sind im Streitfall die von der Klägerin im eigenen Namen eingekauften und an die AB weiter fakturierten Leistungen und nicht Beförderungsleistungen unmittelbar gegenüber den Fahrgästen mit der Folge, dass auch nur Teile des von diesen aufgewendeten Gesamtbeförderungsentgeltes für die Strecke A.-M. als Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer heranzuziehen wären. Nach der Vereinbarung vom 04.05.2000 haben sich die AB und die Klägerin zu einer internationalen Gruppierung zum Zwecke der Erbringung von grenzüberschreitenden Eisenbahndienstleistungen zusammengeschlossen. Auf schwedischer Seite sollte der Verkehr von AB Resor und auf deutscher Seite von der Klägerin „abgewickelt” werden. Nach dem Folgeabkommen zwischen der Klägerin und AB sollte die Klägerin keine Tickets ausstellen und verkaufen. Diese sollten ausschließlich von AB emittiert werden und dieser sollten sämtliche Erträge zufließen.
Leistender Unternehmer gegenüber den Fahrgästen ist nicht die Klägerin. Sie tritt nach außen hin nicht in Erscheinung. Es kann auch nicht mit dem FA davon ausgegangen werden, dass die AB mit den Reisenden als platzzuteilendes Eisenbahnverkehrsunternehmen einen Beförderungsvertrag im eigenen Namen und darüber hinaus einen Beförderungsvertrag im Namen und für Rechnung der Klägerin abschließe. Dafür gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte. Das vorgelegte Ticket weist allein die AB aus. Auch die Vereinbarung mit der AB zeigt, dass im Außenverhältnis zu den Fahrgästen nur die AB in Erscheinung getreten ist. Leistender Unternehmer gegenüber den Fahrgästen ist auch nicht die gegründete internationale Gruppierung, da die im Außenverhältnis ebenfalls nicht in Erscheinung getreten ist und als reine Innengesellschaft umsatzsteuerlich ohne Bedeutung ist. Gegenstand der Umsatzsteuer bei der Klägerin sind daher nicht gegenüber den Fahrgästen erbrachte Beförderungsleistungen gegen einen Teil des Gesamtbeförderungsentgelts. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die von der Klägerin aufgestellte Berechnung des auf die Strecke Fährhafen-A. entfallenden anteiligen Beförderungsentgelts von XX € brutto zutreffend ist.
Die von der Klägerin im eigenen Namen eingekauften und an die AB weiter fakturierten Leistungen sind als einheitliche Leistung zusammenzufassen, da ansonsten ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang künstlich aufgespalten würde. Nach der Rechtsprechung des BFH und des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ist bei einem Umsatz, der – wie im Streitfall – ein Leistungsbündel darstellt, für die Frage, ob mehrere zusammenhängende Leistungen als eine Gesamtleistung zu behandeln sind, eine Gesamtbetrachtung erforderlich. In der Regel ist zwar jede Leistung als eigene selbstständige Leistung anzusehen. Eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darf aber im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems auch nicht künstlich aufgespalten werden. Deshalb ist das Wesen bzw. sind die charakteristischen Merkmale des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Steuerpflichtige gegenüber dem Leistungsempfänger mehrere selbstständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist (BFH-Urteile vom 17. April 2008 V R 39/05, BFH/NV 2008, 1712, und vom 10. Februar 2010 XI R 49/07,
BFHE 228, 456, BStBl II 2010, 1109, jeweils m.w.N.).
Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile dagegen Nebenleistungen darstellen, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (vgl. z. B. EuGH-Urteil vom 25. Februar 1999 Rs. C-349/96 – Card Protection Plan Ltd (CPP) –, Slg. 1999, I-973, UR 1999, 254; BFH-Urteile vom 11. November 2004 V R 30/04, BFHE 207, 560, BStBl II 2005, 802, und in BFHE 228, 456, BStBl II 2010, 1109). Die fakturierten Leistungen wie Strom, Nutzung der Trasse, Gestellung einer Lok nebst Bedienungspersonal haben jeweils einzeln für AB keine Bedeutung. Nur in ihrer Zusammenfassung haben sie einen wirtschaftlichen Gehalt. Die einzelnen Elemente sind zu einer einheitlichen Beförderungsleistung zusammenzufassen, weshalb es auf die in der Hilfsbegründung der Klägerin gemachten Ausführungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung der einzelnen Leistungselemente nicht ankommt. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese einheitliche Leistung als eine sonstige Leistung eigener Art Schaffung der Voraussetzungen einer Personenbeförderung” zu qualifizieren ist und so der Ort der sonstigen Leistung nach § 3 a Abs. 1 UStG an den Sitzort des leistenden Unternehmers zu verlagern ist. Auch bei Annahme einer Beförderungsleistung ergibt sich eine Steuerbarkeit im Inland.
Der Umsatzsteuer unterliegen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG – neben weiteren Voraussetzungen – nur die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland ausführt. Grundsätzlich wird eine sonstige Leistung nach § 3 a Abs. 1 UStG an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Jedoch wird nach § 3 b Abs. 1 Satz 1 UStG eine Beförderungsleistung dort erbracht, wo die Beförderung bewirkt wird. Befördern ist die räumliche Fortbewegung von Personen oder Gegenständen, wobei die Art des Beförderungsmittels nicht von Bedeutung ist (BFH-Urteil vom 02.03.2011 XI R 25/09, BStBl II 2011, 737). Schließen mehrere Unternehmer über dieselbe sonstige Leistung nacheinander Umsatzgeschäfte ab und erfüllen sie diese dadurch, dass der erste Unternehmer die sonstige Leistung auftragsgemäß an den letzten Unternehmer in der Kette oder dessen Leistungsempfänger tatsächlich ausführt, so werden dadurch rechtlich Umsätze über diese sonstige Leistung zwischen den an dem jeweiligen Umsatzgeschäft Beteiligten bewirkt. Der erste Unternehmer erbringt die sonstige Leistung an seinen Leistungsempfänger und nicht an den letzten Empfänger (vgl. für Reiseleistungen BFH-Urteil vom 16. März 1995 V R 128/92, BFHE 177, 527, BStBl II 1995, 651, unter II. 1.; BFH-Beschluss vom 21. Januar 1993 V B 95/92, BFH/NV 1994, 346, Umsatzsteuer-Rundschau – UR – 1993, 263).
Diese Beförderungsleistung ist im Inland steuerbar. Nach § 3 b Abs. 1 S. 1 UStG bestimmt sich der Ort einer Beförderungsleistung danach, wo die Beförderung bewirkt wird. Da die Klägerin nur für die Abwicklung des Verkehrs A./Fährhafen und umgekehrt zu sorgen hatte, hat sie Beförderungsleistungen auch nur für diesen Streckenabschnitt besorgt. Ihre Leistungen erstrecken sich nur auf das Inland. Einer Aufteilung in einen inländischen und einen ausländischen Streckenanteil nach § 3 b Abs. 1 S. 2 UStG bedarf es nicht. Es ist unerheblich, dass eine Beförderungsleistung auch in Schweden weiter geführt wurde. Auf schwedischer Seite war die Beförderung Sache der AB. Der Senat vermag sich der Auffassung der Klägerin, sie erbringe eine reine Wagenzugbeförderung der Wagons der AB durch Traktion und Trasse, die als innergemeinschaftliche Güterbeförderung zu bewerten sei, bei der der Ort der Leistung nach Schweden verlagert sei, weil die AB als Leistungsempfänger gegenüber der Klägerin als Beförderungsunternehmer ihre schwedische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet habe (§ 3 b Abs. 3 S. 2 UStG), nicht anzuschließen. Nach den vertraglichen Abmachungen zwischen der Klägerin und AB sollte eine Personenverkehrsverbindung betrieben werden, die im Inland von der Klägerin abzuwickeln war. Es ging also nach den Vereinbarungen nicht darum, einen Zug von einem Ort zu einem anderen zu bewegen, sondern mit diesem Zug als Transportmittel die Fahrgäste zu transportieren. Es mag Vereinbarungen geben, nach denen ein Eisenbahnunternehmen eine reine Zugbeförderung schuldet. Der Vereinbarung zwischen der Klägerin und der AB ist eine solche Beschränkung aber nicht zu entnehmen.
Die Strecke Fährhafen/A. ist ein inländischer Streckenteil und nicht etwa Teil einer schwedischen Bahnstrecke. Nach § 3 b Abs. 1 S. 3 UStG kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens bestimmen, dass bei grenzüberschreitenden Beförderungen kurze inländische Beförderungsstrecken als ausländische und kurze ausländische Beförderungsstrecken als inländische angesehen werden. Von dieser Ermächtigung wurde in §§ 2 – 7 UStDV Gebrauch gemacht. Nach § 4 Nr. 2 UStDV sind im grenzüberschreitenden Verkehr mit Schienenbahnen die inländischen Anschlussstrecken, die von Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland betrieben werden als ausländische Beförderungsstrecken anzusehen. Als Anschlussstrecke oder auch Eindringungsstrecke wird im internationalen Eisenbahnverkehr der Streckenabschnitt zwischen dem Grenzbahnhof und dem am weitesten entfernt liegenden Betriebswechselbahnhof (äußerster Wechselbahnhof) bezeichnet, wenn dieser Betriebswechsel nach Absprache zwischen den beteiligten Bahnen über die Grenzstrecke hinaus verlegt wird. Auch wenn § 4 UStDV im Gegensatz zu den §§ 2, 3, 5 und 7 UStDV darauf verzichtet, die maximale Länge einer solchen Strecke zu bestimmen, so zeigt doch bereits die Ermächtigungsnorm, dass nicht jede beliebig lange Strecke (hier 300 km) als Anschlussstrecke im umsatzsteuerlichen Sinne angesehen werden kann.
Die mithin im Inland steuerbaren Leistungen der Klägerin sind auch nicht nach § 4 Nr. 6 a UStG befreit. Es handelt sich unabhängig von der Anwendbarkeit der Vorschrift auch auf private Eisenbahnunternehmen (Leistungen der Eisenbahnen des Bundes) nicht um Leistungen auf Betriebswechselbahnhöfen und Grenzbetriebsstrecken. Für die Einordnung als Betriebswechselbahnhof kann unabhängig von den durch die Klägerin in den Vordergrund gestellten Usancen im Eisenbahnverkehr für umsatzsteuerliche Zwecke nicht allein auf die Vereinbarung der beteiligten Eisenbahnunternehmen abgestellt werden. Als Befreiungsvorschrift ist § 4 Nr. 6 a UStG eng auszulegen, weil solche Vorschriften die Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt der Umsatzsteuer unterliegt (EuGH-Urteil vom 25.10.2007 Rs. C-174/06 Ufficio IVA di Milano, IStR 2007, 863, Rn. 27 m. w. N.). Es ist daher für die Einordnung als Betriebswechselbahnhof oder Grenzbetriebsstrecke i. S. d. § 4 Nr. 6 a UStG ein gewisser Grenzbezug zu fordern, der bei einer Entfernung von 300 km nicht mehr gegeben ist. Andernfalls würde das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr allein zur Disposition der beteiligten Eisenbahnunternehmen gestellt.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin, da die Klage erfolglos geblieben ist (§ 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 FGO.