16.02.2012
Finanzgericht München: Urteil vom 14.10.2010 – 14 K 2888/08
1. Für den Einsatz in Flaschen oder Duschbadspendern bestimmte Silikonventile, mittels derer Flüssigkeiten bei Bedarf durch manuellen Druck aus den Behältnissen gedrückt werden können, sind nicht in Kap. 84 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen.
2. Ein aktiver Irrtum der Zollbehörden, der die Nacherhebung von Zoll ausschließt, liegt vor, wenn die zolltarifliche Einreihung, die sich später als unrichtig erwiesen hat, zunächst durch Gutachten mehrerer Zolltechnischer Prüfungs- und Lehranstalten, auf deren Richtigkeit der Abgabenschuldner vertrauen durfte, bestätigt worden war.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In der Streitsache
hat der 14. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht … der Richterin am Finanzgericht I. und des Richters am Finanzgericht … sowie der ehrenamtlichen Richter … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Oktober 2010 für Recht erkannt:
1. Unter Änderung des Einfuhrabgabenbescheides vom 22. April 2008 und der Einspruchs entscheidung vom 5. August 2008 wird der für die Einfuhren im Zeitraum vom 27. April 2005 bis 28. Juli 2006 nachzuerhebende Zoll auf 8.926,79 EUR herabgesetzt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten tragen das HZA zu 92 % und die Klägerin zu 8 %.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Gründe
I.
Streitig ist, ob das Hauptzollamt (HZA) zu Recht von der Klägerin Zoll nacherhoben hat.
Die Klägerin führte in den Jahren 2005 und 2006 Silikonventile aus den USA nach Deutschland ein, die sie überwiegend unter der Codenummer xxx der Kombinierten Nomenklatur (KN) und zu einem geringen Teil unter Verwendung von Codenummern der Kapitel 32, 39 und 40 KN zum zollrechtlich freien Verkehr anmeldete. Die Abfertigung erfolgte jeweils antragsgemäß.
Bei den Silikonventilen handelte es sich um kreisrunde, hutförmige Einsätze aus SilikonKautschuk (Kunststoff) in verschiedenen Größen, die mit zentrisch angebrachten kreuzweisen Einschnitten versehen sind. Die Silikonventile sind dazu bestimmt, auf die Rundöffnung von Kunststoffbehältnissen (z. B. auf eine Flasche oder einen Duschbadspender) aufgesetzt zu werden. Die Verschlusswirkung erfolgt durch einen praktisch luft- und wasserdicht abschließenden, gekerbten und nach außen gewölbten Rand, der nach den Herstellvorgaben exakt auf die Öffnung des jeweiligen Behältnisses abgestimmt ist und fest bzw. abdichtend gegenüberflüssigen Medien anliegt. Der mittig angebrachte Kreuzschlitz ist bei Druckgleichheit der das Ventil umgebenden Medien verschlossen, weil die Schlitzstellen dann direkt aneinander stoßen. Um Flüssigkeit aus dem Behältnis herauszulassen, muss dieses mit Handkraft eines Menschen zusammengedrückt werden. Durch diesen Druck wölbt sich das Ventil im Bereich des Kreuzschlitzes einseitig nach außen hin und lässt die Flüssigkeit entweichen. Bei Beendigung des Drucks geht der Kreuzschlitz in die Ausgangsposition zurück und schließt das Behältnis bis zur nächsten Verwendung wieder dicht ab.
In einem Einreihungsgutachten vom 30. Juli 2004 betreffend einen Zollbeleg vom … kam die Oberfinanzdirektion – Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) Z nach der Untersuchung eines Ventils aus Silikon-Kautschuk zu dem Ergebnis, dass dieses als „Armatur (Ventil aus Kunststoff für Behälter), nicht für Luftfahrzeuge” in die Unterposition xxx KN einzureihen sei. Zu demselben Ergebnis kam die Oberfinanzdirektion X – ZPLA Y in einem Einreihungsgutachten vom 4. Januar 2007, das im Rahmen eines Antrags auf Erstattung vom September 2005 erstellt worden war.
In einem Einreihungsgutachten vom 12. Februar 2008 stellte die Bundesfinanzdirektion – ZPLA eine Einreihung in die Unterposition yyy KN fest. Die ZPLA Y gelangte in einem weiteren Einreihungsgutachten vom 4. Januar 2007 bezüglich einer Einfuhr am 29. August 2005 zu einer Einreihung in die Unterposition xxx KN.
Nach einer Außenprüfung betreffend den Zeitraum vom 25. April 2005 bis 25. Oktober 2007 kam das HZA zu dem Ergebnis, dass die Silikonventile in die Unterposition zzz KN mit einem Zollsatz von 6,5 % einzureihen sind (vgl. Tz. 3.4.1. und Anlage 2 des Prüfungsberichts vom …).
Aufgrund dessen setzte das HZA mit Einfuhrabgabenbescheid vom 22. April 2008 gegen die Klägerin bezüglich der Einfuhren im Zeitraum vom 27. April 2005 bis 28. Juli 2006 weiteren Zoll i.H.v. insgesamt … EUR fest. Davon beruhten … EUR auf der Änderung der zolltariflichen Einreihung, während die übrigen … EUR auf – hier unstreitige – Korrekturen der Zollwerte entfielen.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (vgl. Einspruchsentscheidung vom 5. August 2008) erhob die Klägerin Klage, die sie im Wesentlichen folgendermaßen begründet: Die Silikonventile seien in die Unterposition xxx KN einzureihen. Bereits im Positionswortlaut seien verschiedene Ventile namentlich benannt. Weder der Wortlaut der Position noch der Unterposition differenziere danach, ob ein Ventil einen Maschinencharakter aufweist oder Teil einer Maschine sein muss. Es komme vielmehr nur auf die Ventilfunktion an. Genau so wenig müsse ein Ventil zwingend über ein Gehäuse verfügen. Die Einreihung in eine Auffangposition des Kapitels 39 komme dagegen nicht in Betracht. Im Übrigen sei eine Nacherhebung von Einfuhrabgaben schon deshalb nicht mehr zulässig, weil es zwei Einreihungsgutachten der ZPLAen Z und Y gebe, in denen die Ware in die Position 8481 KN eingereiht worden sei und sie auf die Richtigkeit dieser Gutachten habe vertrauen dürfen. Dabei handele es sich um einen aktiven Irrtum der beteiligten HZÄ, weil sich dieses im Rahmen von formellen Prüfungsverfahren der jeweiligen ZPLA bedient habe. Zudem habe die ZPLA Z innerhalb von vier Jahren zwei widerstreitende Einreihungsgutachten erstellt.
Die Klägerin beantragt,
den nachzuerhebenden Zoll unter Änderung des Einfuhrabgabenbescheides vom 22. April 2008 und der Einspruchsentscheidung vom 5. August 2008 auf … EUR herabzusetzen.
Das HZA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die streitbefangenen Waren könnten am ehesten mit Schlitz-Flaschensaugern für Kleinkinder verglichen werden, die je nach Material in Position 3926 oder 4014 KN eingereiht würden. Die Silikonventile seien in die Unterposition yyy KN einzureihen. Eine Einreihung in Position 8481 KN komme nicht in Betracht, weil den Waren die wesentlichen Bestandteile eines Ventils, insbesondere ein Gehäuse oder ein abschließender Teil fehlen würden. Eine Einreihung nach der Funktion unter Anwendung der Anmerkung 4 zu Abschnitt XVI komme nicht in Betracht, weil es sich bei der zu beurteilenden Ware nicht um eine funktionelle Einheit mehrerer Einzelbestandteile handele. Im Übrigen sei eine Nacherhebung der Einfuhrabgaben zulässig. Insbesondere stehe dieser der Irrtum des HZA Y nicht entgegen, da dieser nach den streitgegenständlichen Einfuhren stattgefunden habe. Im Übrigen sei bereits in der Einspruchsentscheidung bestätigt worden, dass es sich bei der Entscheidung des HZA aus dem Jahr 2004 um einen aktiven Irrtum gehandelt hat.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akten, die im Verfahren eingereichten Schriftsätze und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung hingewiesen.
II.
Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.
1. Das HZA hat zu Unrecht Zoll i.H.v. 97.271,14 EUR nacherhoben, weil die Klägerin insoweit in ihren Zollanmeldungen in Anlehnung an das Einreihungsgutachten der ZPLA Z vom 30. Juli 2004 eine befundgerechte Einreihung vorgenommen hat und ihr daher Vertrauensschutz zu gewähren ist.
a) Der für die Einfuhren der Silikonventile im Zeitraum vom 27. April 2005 bis 28. Juli 2006 entstandene Zoll ist mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst worden, weil die Klägerin die Waren in ihren Zollanmeldungen in unzutreffende Unterpositionen der KN, insbesondere xxx KN (Zollsatz 2,2 %), eingereiht hat.
Die Silikonventile sind jedoch hinsichtlich der Einfuhren im Jahr 2005 in die Unterposition yyy KN (Zollsatz 6,5 %) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1810/2004 der Kommission vom 7. September 2004 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABI (EG) Nr. L 327 vom 30. Oktober 2004) bzw. hinsichtlich der Einfuhren im Jahr 2006 in die Unterposition xyz KN (Zollsatz 6,5 %) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1719/2005 der Kommission vom 27. Oktober 2005 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABI (EG) Nr. L 286 vom 28. Oktober 2005) einzureihen („Andere Waren aus Kunststoffen und Waren aus anderen Stoffen der Positionen 3901 bis 3914, andere”).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen sowie in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (EuGH-Urteil vom 13. Juli 2006 Rs. C-514/04, Slg. 2006 1-6721; BFH-Urteil vom 4. November 2003 VII R 58/02, BFH/NV 2004, 454; Urteil vom 30. Juli 2003 VII R 40/01, BFH/NV 2004, 835; vgl. auch Allgemeine Vorschriften – AV – 1 und 6 für die Auslegung der KN). Darüber hinaus sind die Erläuterungen (Erl.) zum Harmonisierten System (HS) und zur KN ein maßgebendes, wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen (ständige Rechtsprechung des EuGH und des BFH; EuGH-Urteil vom 13. Juli 2006, Rs. C-514/04, a.a.O.; BFH-Urteil vom 4. November 2003 VII R 58/02, BFH/NV 2004, 454). Erst dann, wenn nach dem Wortlaut zwei oder mehr Positionen für die zolltarifliche Einreihung in Betracht kommen, ist gem. AV 3 Buchst, a die Position mit der genaueren Warenbezeichnung vorrangig. Maßgebend für die Tarifierung ist der Zustand, in dem die Ware zur Zollabfertigung gestellt wird. Darüber hinaus kann der Verwendungszweck der Ware ein objektives Tarifierungskriterium sein, sofern er der Ware innewohnt, was sich anhand der objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware beurteilen lässt (EuGH-Urteil vom 27. September 2007, Rs. C-208/06, Slg. 2007 I-7963).
Der Wortlaut der Position 3926 umfasst „andere Waren aus Kunststoffen und Waren aus anderen Stoffen der Positionen 3901 bis 3914”. Die Unterposition yyy KN bzw. xyz KN enthält eine Auffangposition für andere Waren, die nicht bereits in einer niedrigeren, unstreitig hier nicht einschlägigen Unterposition genannt sind.
Bei den von der Klägerin eingeführten Silikonventilen handelt es sich um Waren aus einem Kunststoff. Diese werden nicht von einer anderen Position umfasst (vgl. Anm. 2 p zu Kapitel 39 KN; Erl. 01.0 zu Position 3926 HS) und können insbesondere nicht, wie die Klägerin meint, in die Unterposition xxx KN eingereiht werden.
Position 8481 KN bezieht sich nach ihrem Wortlaut auf „Armaturen und ähnliche Apparate für Rohr- oder Schlauchleitungen, Dampfkessel, Sammelbehälter, Wannen oder ähnliche Behälter, einschließlich Druckminderventile und thermostatisch gesteuerte Ventile”. Wie sich aus dem Wortlaut des Kapitels 84 „Kernreaktoren, Kessel, Maschinen, Apparate und mechanische Geräte; Teile davon” sowie aus Erl. 10.1 zu Kapitel 84 HS und Erl. 01.0 ff. zu AV 8481 80 HS ergibt, handelt es sich dabei im Allgemeinen um mechanische Apparate und Geräte. Dies ist allerdings nicht zwingend, weil auch bestimmte nicht mechanische Apparate und Geräte in Kapitel 84 KN eingereiht werden können, z. B. Dampfkessel, Filtrierapparate (vgl. Erl. 10.1 zu Kapitel 84 HS).
Die von der Klägerin eingeführten Silikonwaren werden jedoch unabhängig davon, ob sie als mechanisch eingestuft werden können, schon vom Wortlaut der Position 8481 KN nicht erfasst (AV 1). Sie können zum einen nicht als Armaturen angesehen werden, weil diese nach ihrer objektiven Beschaffenheit nicht an Rohr- oder Schlauchleitungen oder Behältern angebracht werden, um den Durch-, Zu- oder Abfluss von strömenden Medien zu regeln (vgl. Positionswortlaut und Erl. 01.0 zu Position 8481 HS). Denn bei z. B. in Flaschen oder Duschbadspendern befindlichen Flüssigkeiten handelt es sich gerade um stehende Flüssigkeiten, die lediglich bei Bedarf durch manuellen Druck aus den Behältnissen gedrückt werden.
Auch die übrigen in den Unterpositionen 8481 10 bis 8481 80 KN genannten Waren sind mit den Silikonventilen nicht vergleichbar. Insbesondere ähneln diese auch nicht Platzmembranen (Berstscheiben). Denn während Platzmembranen an unter Druck stehenden Rohrleitungen oder Behältern angebracht werden und platzen, wenn der Druck eine bestimmte Höhe überschreitet (vgl. Erl. 16.1 zu Position 8481 HS), sind die hier zu beurteilenden Waren für eine vielfache Verwendung geeignet, weil sich die durch den Kreuzschlitz bei Druck entstehende Öffnung bei Nachlassen des Drucks immer wieder schließt. Dagegen können Platzmembranen nach dem Platzen nicht erneut verwendet werden. Zudem stehen auch die Behälter, für die die Silikonventile bestimmt sind, nicht unter einem dauerhaften Druck.
Die hierzu beurteilenden Waren sind auch nicht mit Fahrradventilen (vgl. Erl. 20.1 zu Position 8481 HS) vergleichbar, weil diese aus mehreren Teilen bestehen, die mechanisch zusammen arbeiten.
Es kommt schließlich auch nicht, wie die Klägerin meint, für eine Einreihung in Position 8481 KN allein darauf an, dass ein Gegenstand eine Ventilfunktion ausübt. Vielmehr knüpft der Wortlaut allein an die objektive Beschaffenheit einer Ware an. Auch Anmerkung 4 zu Abschnitt XVI kann nicht angewandt werden, da es sich bei den von der Klägerin eingeführten Waren nicht um funktionelle Einheiten handelt. Denn diese bestehen nicht aus mehreren miteinander verbundenen Einzelkomponenten.
b) Einer Nacherhebung des Zolls steht jedoch i.H.v. 97.271,14 EUR Art. 220 Abs. 2 Buchst, b ZK entgegen.
Nach dieser Vorschrift erfolgt keine nachträgliche buchmäßige Erfassung, wenn der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden ist, sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt und alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten hat. Dabei muss es sich um einen aktiven Irrtum handeln, der grundsätzlich auf ein Handeln der Zollbehörden zurückzuführen ist (vgl. Ziffer 1.1.1. des Informationspapiers über die Anwendung der Artikel 220 Abs. 2 Buchstabe b) und 239 des Zollkodex der Gemeinschaften – ZK-Informationspapier).
Vorliegend ist die ZPLA Z als die für Kapitel 84 zuständige ZPLA in ihrem Einreihungsgutachten vom 30. Juli 2004 betreffend einen Zollbeleg vom … einem solchen Irrtum unterlegen, weil sie die eingeführten Waren untersucht hat und zu dem Ergebnis gekommen ist, dass diese als „Armatur (Ventil aus Kunststoff für Behälter), nicht für Luftfahrzeuge” in die Unterposition xxx KN einzureihen seien. Dass die Waren später zu einer erneuten Untersuchung an die Oberfinanzdirektion Y – ZPLA Y gegeben worden sind, ändert daran nichts, da während der Zeit der Überprüfung vom Antrag auf Erstattung im September 2005 bis zum Vorliegen des Einreihungsgutachtens vom 4. Januar 2007 das Gutachten der ZPLA Z Bestand gehabt hat.
Diesen Irrtum hat die Klägerin auch nicht erkennen können, zumal die ZPLA Z ihre Einreihungsauffassung selbst erst in einem erneuten Einreihungsgutachten nach den hier in Rede stehenden Einfuhren im Februar 2008 geändert hat. Es kann der Klägerin auch nicht entgegen gehalten werden, sie hätte den Fehler der Zollbehörden durch einfaches Nachlesen im Amtsblatt der Europäischen Union erkennen können (vgl. Ziffer 1.2.2. Punkt 6 zum ZK-Informationspapier). Denn die für Kapitel 84 zuständige ZPLA ist selbst zunächst einer falschen Einreihungsauffassung gefolgt. Auch die ZPLA Y ist in einem weiteren Einreihungsgutachten vom 4. Januar 2007 erneut zu einem falschen Einreihungsergebnis gelangt.
Die Klägerin hat weiterhin gutgläubig gehandelt und selbst alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten. Insbesondere hat sie sich bei den Einfuhren betreffend die Positionen 1, 6 bis 8, 11 bis 13, 17, 21 bis 24, 26 bis 30, 32 bis 40, 42 bis 44, 46 bis 52, 54 bis 74, 76 bis 80, 82 bis 84, 86 bis 89, 91 bis 92 und 95 bis 99 des Einfuhrabgabenbescheides vom 22. April 2008 an der von der ZPLA Z verwendeten Warenbeschreibung orientiert und die Waren überwiegend als „Ventile” oder „Silikonventile” bezeichnet. Größtenteils hat sie auch die von der ZPLA festgestellte Code-Nr. xxx KN übernommen.
Soweit die Klägerin bei den genannten Positionen des Einfuhrabgabenbescheides ausnahmsweise andere Code-Nummern in der jeweiligen Zollanmeldung angegeben hat, steht dies einer Gewährung von Vertrauensschutz jedoch nicht entgegen. Denn zum einen geht auch in diesen Fällen die Beschaffenheit der Waren aus den Zollanmeldungen klar hervor (zur Auslegung von Zollanmeldungen vgl. BFH-Urteil vom 8. Mai 1990 VII R 130-131/87 u. a., BFHE 161, 266) und zum anderen handelt es sich bei der Auswahl der richtigen CodeNummer um eine Rechtsfrage, die zumindest auch von den Zollbehörden bei der Annahme der Zollanmeldung zu prüfen ist.
2. Soweit das HZA Zoll i.H.v. 8.926,79 EUR nacherhoben hat, ist dies zu Recht erfolgt.
a) Diese Nachforderung beruht i.H.v. … EUR auf einer Änderung der Zollwerte bezüglich der Positionen 8, 34, 54, 69 und 79 des Einfuhrabgabenbescheides vom 22. April 2008, die zwischen den Beteiligten unstreitig ist.
b) Im Übrigen, also i.H.v. … EUR (betreffend die Positionen 2 bis 5, 9, 10, 14 bis 16, 18 bis 20, 25, 31, 41, 45, 53, 75, 81, 85, 90, 93 und 94 des Einfuhrabgabenbescheides vom 22. April 2008), hat das HZA der Klägerin zu Recht keinen Vertrauensschutz gewährt.
Denn in diesen Fällen hat die Klägerin nicht gutgläubig gehandelt, weil sie in ihren Zollanmeldungen von dem Befund der ZPLA Z im Einreihungsgutachten vom 30. Juli 2004 abgewichen ist und andere Warenbeschreibungen verwendet hat. Beispielsweise hat sie die Waren nicht als Ventile, sondern als „Teile für Spritzgießmaschinen”, als „Dichtung” oder „Magnetit” bezeichnet. Bei der der Position 25 zugrunde liegenden Einfuhr hat sie die Waren fälschlicherweise als „Ventile aus Stahl” beschrieben, was schon objektiv nicht den Tatsachen entspricht.
3. Eine Vorlage an den EuGH hält der Senat nicht für angezeigt, da sich die Einreihung der
Waren in die KN schon anhand des Wortlauts der Position 3926 KN vornehmen lässt und daher keine Zweifel an der Auslegung von Gemeinschaftsrecht bestehen.
Zweifel ergeben sich auch nicht aufgrund der verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) …, weil diese erst ab dem 13. August 2007 gilt und damit die hier in Rede stehenden Einfuhren nicht betrifft. Ob die Waren vergleichbar sind, kann daher dahinstehen.
Auch die vZTAe … und … begründen keine Zweifel an der Einreihung, weil erstere nur bis zum 11. August 2004 gültig gewesen ist und sich außerdem beide vZTAe auf die Einreihung von Rückschlagventilen bezogen haben, die hinsichtlich ihres Aufbaus und der vorhandenen Mechanik nicht mit den von der Klägerin eingeführten Silikonventilen vergleichbar sind.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.