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  • 01.02.2012 · IWW-Abrufnummer 120739

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 12.12.2011 – 7 K 3147/08

    Die während einer Tätigkeit als Flugbegleiterin angefallenen Ausbildungskosten zur Verkehrsflugzeugführerin sind Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit. Es handelt sich nicht um die erstmalige Berufsausbildung, so dass selbst die rückwirkenden Abzugsbeschränkungen durch das Beitreibungs-Richtlinie-Umsetzungsgesetz v. 13.12.2011 (BGBl. I 2011, 2592) nicht eingreifen. Ein darüber hinaus gehender Sonderausgabenabzug gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG kommt nicht in Betracht.


    Im Namen des Volkes
    URTEIL
    In dem Rechtsstreit
    hat der 7. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … ehrenamtlicher Richter … ehrenamtliche Richterin … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 12.12.2011 für Recht erkannt:
    Tatbestand
    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Aufwendungen für eine Pilotenausbildung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen sind.
    Die Kläger sind Ehegatten und wurden im Streitjahr 2006 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte aus einer Tätigkeit als Pilot und Programmierer gewerbliche Einkünfte; die Klägerin war als Flugzeugführerin nichtselbständig tätig. Daneben erzielten beide Ehegatten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
    Die Klägerin machte in der Einkommensteuererklärung unter anderem 18.874 Euro für die Ausbildung zur Verkehrsflugzeugführerin als Werbungkosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend. Sie legte in diesem Zusammenhang zwei Bescheinigungen vom 30. September 1992 und vom 3. Dezember 2007 vor, wonach sie in der Zeit vom 13. Mai 1992 bis zum 30. September 1992 bei der A erfolgreich eine Ausbildung zur Flugbegleiterin absolviert und dabei eine fachliche Schulung mit den Inhalten Gastronomie, Kommunikation in Service und Verkauf sowie der individuellen Betreuung von Fluggästen durchlaufen hatte. Parallel zum theoretischen Schulungsprogramm war sie zudem als Trainee zunächst auf Kurz- und später auch auf Langstrecken eingesetzt. Nach einer weiteren Bescheinigung vom 6. Dezember 1992 war die Klägerin ab dem 1. Oktober 1992 bis zum 6. Dezember 1992 bei der Firma „A-Express” als Flugbegleiterin tätig und absolvierte in diesem Zusammenhang eine Zusatzschulung für den dortigen Einsatz. Für nähere Einzelheiten wird auf die in den Steuerakten des Beklagten befindlichen Bescheinigungen vom 30. September 1992, vom 6. Dezember 1992 und vom 3. Dezember 2007 Bezug genommen.
    Der Beklagte setzte die Einkommensteuer für das Streitjahr mit Steuerbescheid vom 14. November 2007 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Dabei versagte er den Abzug der Aufwendungen für die Ausbildung zur Verkehrsflugzeugführerin als Werbungskosten und berücksichtigte stattdessen Sonderausgaben in Höhe von 4.000 Euro gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Die gegen diesen Steuerbescheid nach einem erfolglosen Einspruch erhobene Klage wurde zurückgenommen. Dieser Bescheid wurde unter dem 15. Juli 2008 aus vorliegend nicht interessierenden Gründen geändert. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
    Mit einem beim Beklagten am 17. Juli 2008 eingegangenen Schriftsatz beantragten die Kläger die Änderung des Einkommensteuerbescheids 2006 und begehrten die Berücksichtigung der Aufwendungen für die Ausbildung zur Verkehrsflugzeugführerin in Höhe von 18.874 Euro als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit. Der Beklagte lehnte diesen Antrag ab und wies den hiergegen gerichteten Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 3. September 2008 zurück.
    Durch Bescheid vom 11. Februar 2009 hat der Beklagte den Einkommensteuerbescheid vom 15. Juli 2008 zur Berücksichtigung von – vorliegend nicht streitigen – Feststellungen einer beim Kläger durchgeführten Betriebsprüfung geändert und den Vorbehalt der Nachprüfung ausgehoben.
    Mit der vorliegenden Klage verfolgen die Kläger ihr ursprüngliches Begehren weiter und führen zur Begründung aus, dass die Aufwendungen für die Ausbildung zur Verkehrsflugzeugführerin in Höhe von 18.874 Euro als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Klägerin zu berücksichtigen seien. Die Abzugsbeschränkung des § 12 Nr. 5 EStG greife nicht ein, da es sich bei der Ausbildung zur Verkehrsflugzeugführerin nicht um eine erstmalige Berufsausbildung im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG handele. Die Klägerin habe zuvor bereits eine Berufsausbildung im Hinblick auf ihre Tätigkeit als Flugbegleiterin absolviert. Die Ausbildung zur Flugbegleiterin sei – auch mit Blick auf die Entscheidungen des FG Berlin vom 8. Juli 1999 (7 K 7128/98, EFG 1999, 1187) und des FG Baden-Württemberg vom 19. März 1998 (8 K 299/96, EFG 1998, 1337) – als Berufsausbildung im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG anzusehen. Denn die Ausbildung erfolge nach einem Ausbildungsplan durch sachkundige Ausbilder. Es handele sich um eine qualifizierte Tätigkeit. Insbesondere würden Kenntnisse und Fertigkeiten erworben, die für die Ausübung eines Lebensberufs erforderlich seien. So habe ein intensives praktisches Englischtraining stattgefunden. Daneben seien psychologische Schulungsmaßnahmen durchgeführt worden, die unter anderem für den Flugdienst sowie das Verhalten in Notfällen von großer Bedeutung seien. Dieser Unterricht habe aus Einzel- und Gruppenaufgaben sowie Rollenspielen bestanden. Ein großer Teil der Ausbildung sei dem Sicherheitstraining gewidmet gewesen. Dabei seien Notverfahren intensiv geübt worden, wie etwa das Evakuieren eines vollbesetzten Flugzeugs innerhalb von 90 Sekunden sowie besondere Konstellationen, wie z. B. die Simulation einer Notwasserung. Entgegen der Auffassung des Beklagten könne bei der Auslegung des § 12 Nr. 5 EStG nicht auf die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes abgestellt werden. Denn der dort verwendete Begriff der Berufsausbildung sei nicht deckungsgleich mit dem Begriff der Berufsausbildung im Steuerrecht. Im Steuerrecht sei vielmehr jede Ausbildung für einen künftigen Beruf als Berufsausbildung anzusehen. Dementsprechend befinde sich auch derjenige in Berufsausbildung, der sein Berufsziel zwar noch nicht erreicht habe, sich aber ernsthaft darauf vorbereite. Die von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung, wonach bei der Auslegung des § 12 Nr. 5 EStG auf das Berufsbildungsgesetz abzustellen sei, sei daher zu eng und führe zu einer unsachgemäßen Benachteiligung.
    Die Kläger beantragen,
    den Beklagten zu verpflichten, den Einkommensteuerbescheid vom 11. Februar 2009 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 3. September 2008 dahingehend zu ändern, dass Werbungkosten bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 18.874 Euro anstelle der bisher nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG angesetzten Sonderausgaben von 4.000 Euro berücksichtigt werden,
    im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen und im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
    Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass die Ausbildung zur Flugbegleiterin nicht als Ausbildung im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG anzusehen sei. Zu den Berufsausbildungen im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG zählten neben den Berufsausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz auch anerkannte Lehr- und Anlernberufe sowie andere Bildungsmaßnahmen, wenn sie dem Nachweis der Sachkunde dienten und Voraussetzung zur Aufnahme einer fest umrissenen beruflichen Tätigkeit seien. Dabei sei Voraussetzung, dass diese Maßnahmen im Rahmen eines geordneten Ausbildungsganges erfolgten und durch eine staatlich anerkannte Prüfung abgeschlossen würden. Diese Anforderungen seien bei einer Ausbildung zur Flugbegleiterin nicht erfüllt. Denn eine solche Ausbildung werde nicht mit einer staatlich anerkannten Prüfung abgeschlossen und genüge auch nicht den zeitlichen Mindestanforderungen, die an eine Ausbildung zu stellen seien. Aus den vorgelegten Bescheinigungen sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin eine mit einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsgang nach Umfang und Qualität der Bildungsmaßnahme und insbesondere der absolvierten Prüfung vergleichbare Ausbildung abgeschlossen habe. Der weiter gefasste Begriff der Berufsausbildung im Rahmen des § 32 Abs. 4 EStG sei für die Auslegung des § 12 Nr. 5 EStG nicht heranzuziehen.
    Entscheidungsgründe
    Die Klage ist begründet.
    1.
    Der geänderte Einkommensteuerbescheid vom 11. Februar 2009 wurde nach § 68 FGO
    zum Gegenstand des Klageverfahrens.
    2.
    Der Beklagte hat den Abzug der Aufwendungen für die Ausbildung der Klägerin zur Verkehrsflugzeugführerin als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 18.874 Euro zu Unrecht versagt.
    3.
    Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Hierzu zählen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs über den unmittelbaren Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG hinaus alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger und im Rahmen der Überschusseinkünfte zu erfassender Einnahmen veranlasst sind und die mithin zu einer der Überschusseinkunftsarten des § 3 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG in einem steuerrechtlich anzuerkennenden Zurechnungszusammenhang stehen (vgl. etwa BFH-Urteil vom 20. Juni 2000 VIII R 37/99, BFH/NV 2000, 1342 und BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2005 VIII B 38/04, BFH/NV 2006, 288). Ausschlaggebend dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments, zum anderen die Zuweisung dieses maßgebenden Grundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre (vgl. nur BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2005 VIII B 38/04, BFH/NV 2006, 288 m.w.N.).
    Eine Einschränkung erfährt der Werbungskostenabzug allerdings durch § 12 Nr. 5 EStG. Denn nach § 12 Nr. 5 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung dürfen Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung – soweit in § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, 6, 7 und 9, § 10 a, § 10 b und den §§ 33 bis 33 c EStG nichts anders bestimmt ist – weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.
    4.
    Die Aufwendungen für die Ausbildung der Klägerin zur Verkehrsflugzeugführerin stellen unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze, die sich der Senat zueigen macht, Werbungkosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit dar. Die Abzugsbeschränkung des § 12 Nr. 5 EStG steht dem nicht entgegen, da es sich bei der Ausbildung der Klägerin zur Verkehrsflugzeugführerin nicht um eine erstmalige Berufsausbildung im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG handelt.
    a)
    Der im Einkommensteuergesetz verwendete Begriff der Berufsausbildung wird weder in § 12 Nr. 5 EStG noch an anderer Stelle in § 10 Abs. 1 Nr. 7, § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG definiert. Unter einer Berufsausbildung im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 7 und § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Ausbildung zu einem künftigen Beruf zu verstehen. Nach der in diesem Zusammenhang ergangenen Rechtsprechung befindet sich jemand in Berufsausbildung, der sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet. Der Vorbereitung auf ein Berufsziel dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind, auch wenn sie nicht in einer Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben sind (vgl. etwa BFH-Urteile vom 9. Juni 1999 VI R 33/98, BFHE 189, 88; BStBl. II 1999, 701; vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156; BStBl. II 2003, 403 und vom 18. Juni 2009 VI R 79/06, Juris). Dabei erfolgt die Auslegung des Begriffs der Berufsausbildung durch die Rechtsprechung des BFH allerdings nicht einheitlich, sondern orientiert sich an der unterschiedlichen Zwecksetzung der einzelnen Vorschriften (vgl. BFH-Urteile vom 26. November 2003 VIII R 30/03, BFH/NV 2004, 1223 und vom 16. März 2004 VIII R 65/03, BFH/NV 2004, 1522). So soll der Begriff der Ausbildung für einen Beruf im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG weiter gehen als der Begriff der Berufsausbildung im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 4. März 2010 III R 23/08, BFH/NV 2010, 1264). Gegenbegriff zu einer Berufsausbildung ist die Allgemeinbildung, die keine notwendige Voraussetzung für eine geplante Berufsausübung darstellt (BFH-Urteil vom 15. März 2007 VI R 14/04, BFHE 217, 450; BStBl. II 2007, 814).
    Bislang ist nicht abschließend geklärt, wie der Begriff der Berufsausbildung im Sinne der Abzugsbeschränkung des § 12 Nr. 5 EStG zu verstehen ist. Nach einer Meinung soll es in diesem Zusammenhang entscheidend auf die Berufsbezogenheit der Ausbildung ankommen. Die Ausbildung müsse sich als Voraussetzung für die geplante Berufsausübung darstellen. Hierfür sei allerdings nicht erforderlich, dass jemand innerbetrieblich oder im dualen System eine Berufsbildungsmaßnahme durchlaufe und einen Abschluss erlange, der ihn dazu befähige, im Wirtschaftsleben als ein für einen Beruf Ausgebildeter auftreten zu können. Vielmehr sei eine Berufsausbildung im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG bereits dann zu bejahen, wenn jemand im Berufsleben eine Tätigkeit als Angelernter ausübe, auch ohne vorher eine herkömmliche Lehre durchlaufen zu haben (vgl. dazu nur Drenseck, in: Schmidt, EStG, 30. Auflage 2011, § 12 Rn 58; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. März 2010 4 K 1127/07, EFG 2010, 1781).
    Nach der auch von der Finanzverwaltung vertretenen Gegenansicht setzt die erstmalige Berufsausbildung im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG voraus, dass der Beruf durch eine Ausbildung im Rahmen eines öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgangs erlernt und der Ausbildungsgang durch eine Prüfung abgeschlossen wird. Neben den im Berufsbildungsgesetz ausdrücklich geregelten Berufsausbildungsverhältnissen sollen auch andere Bildungsmaßnahmen einer Berufsausbildung im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG gleichgestellt sein, wenn sie dem Nachweis einer Sachkunde dienen, die Voraussetzung zur Aufnahme einer fest umrissenen beruflichen Betätigung sei. Die Ausbildung müsse daher im Rahmen eines geordneten Ausbildungsgangs erfolgen und durch eine staatliche oder staatlich anerkannte Prüfung abgeschlossen werden. Der erfolgreiche Abschluss der Prüfung müsse Voraussetzung für die Aufnahme der beruflichen Betätigung sein. Die Ausbildung und der Abschluss müssten zudem vom Umfang und von der Qualität der Ausbildungsmaßnahmen und Prüfungen her grundsätzlich mit den Anforderungen der im Berufsbildungsgesetz geregelten Ausbildungsmaßnahmen vergleichbar sein (vgl. nur BMF-Schreiben vom 22. September 2010 IV C 4-S 2227/07/10002:002, 2010/0416045, BStBl. I 2010, 721, dort TZ 4 ff.; siehe auch FG Münster, Urteil vom 6. Mai 2010 3 K 3347/07 F, EFG 2010, 1496 m. Anm. Hoffmann).
    b)
    Nach Auffassung des Senats handelt es sich bei der (innerbetrieblichen) Ausbildung der Klägerin zur Flugbegleiterin um eine erstmalige Berufsausbildung im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG.
    Denn bei § 12 Nr. 5 EStG kommt es für die Beurteilung des Begriffs der (erstmaligen) Berufsausbildung alleine darauf an, ob die Ausbildung berufsbezogen ist und eine Voraussetzung für die geplante bzw. beabsichtigte Berufsausübung darstellt (so auch FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. März 2010 4 K 1127/07, EFG 2010, 1781; Drenseck, in: Schmidt, EStG, 30. Auflage 2011, § 12 Rn 58). Die von der Gegenansicht vertretene Auslegung ist nach Ansicht des Senats zu eng und findet im Gesetz keine Stütze. Bereits dem Wortlaut lässt sich nicht entnehmen, dass das Vorliegen einer Berufsausbildung im Rahmen der § 12 Nr. 5 EStG an besondere Anforderungen im Hinblick auf den Ausbildungsgang oder den Ausbildungsabschluss geknüpft sein soll. Auch die im Gesetzgebungsverfahren bei der seinerzeitigen Einfügung des § 12 Nr. 5 EStG abgegebene Begründung bezieht sich hinsichtlich der dort genannten „Berufsausbildung” alleine auf den Erwerb von Kenntnissen, die zur Aufnahme eines Berufs befähigen, ohne dass in diesem Zusammenhang Anforderungen an den Ausbildungsgang bzw. den Ablauf oder Abschluss der Ausbildung gestellt werden. Abgestellt wird vielmehr lediglich ganz allgemein auf die erste berufliche Befähigung bzw. den Erwerb von Kenntnissen, die zur Aufnahme eines (ersten) Berufs befähigen (vgl. etwa BT-Drucksache 15/3339, S. 10). Vor diesem Hintergrund sowie mit Blick auf die in der Gesetzesbegründung ausdrücklich genannten zusätzlichen Gesichtspunkte des lebenslangen Lernens sowie der hinsichtlich der Berufswahrnehmung und des Berufswechsels geänderten Lebensumstände und der in diesem Zusammenhang erfolgten Umschreibung des Begriff der Berufsausbildung mit dem „Erlernen der Grundlagen eines Berufs zum Erwerb einer selbständigen und gesicherten Position im Leben” (vgl. BT-Drucksache 15/3339, S. 10 rechte Spalte), kommt es nach Auffassung des Senats alleine darauf an, dass eine Ausbildung berufsbezogen ist und sie eine (Grund)Voraussetzung für die geplante Berufsausübung darstellt (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. März 2010 4 K 1127/07, EFG 2010, 1781; Drenseck, in: Schmidt, EStG, 30. Auflage 2011, § 12 Rn 58).
    Das ist bei der Klägerin mit Blick auf die Ausbildung zur Flugbegleiterin der Fall. Die Klägerin musste im Rahmen einer sechsmonatigen Ausbildung diverse Schulungsmaßnahmen durchlaufen, in denen ihr sowohl theoretische, als auch praktische Inhalte im Hinblick auf ihre Tätigkeit als Flugbegleiterin vermittelt wurden. In diesem Zusammenhang waren neben der psychologischen Schulung – gerade auch mit Blick auf das richtige Verhalten in Notfällen – und dem Sicherheitstraining – etwa für die korrekte Durchführung der Evakuierung eines vollbesetzen Flugzeugs oder einer Notwasserung – auch die Arbeit im Servicebereich sowie der allgemeine Umgang mit den Passagieren von grundlegender Bedeutung. Daneben wurde die Klägerin im aktiven Flugdienst zunächst auf Kurz- und später auch auf Langstreckenflügen eingesetzt und durchlief dort unter fachlicher Aufsicht ein „training on the job”. Die in der Praxis und Theorie erworbenen Kenntnisse und Qualifikationen wurden während der Ausbildung immer wieder überprüft. Die Klägerin schloss ihre Ausbildung schließlich mit einer firmeninternen Prüfung erfolgreich ab und erwarb später noch eine Zusatzqualifikation für eine Tätigkeit bei der „A Express”. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin berufsbezogen – nämlich im Hinblick auf ihre Tätigkeit als Flugbegleiterin – ausgebildet wurde. Es bestehen auch keine Zweifel, dass das Durchlaufen dieser Ausbildung bei ihrem (damaligen) Arbeitgeber eine für die beabsichtigte Tätigkeit als Flugbegleiterin erforderliche Grundvoraussetzung war.
    Da es sich bei der Ausbildung zur Verkehrsflugzeugführerin nicht um eine erstmalige Berufsausbildung handelt, stehen dem Werbungskostenabzug auch nicht die Neuregelungen des § 9 Abs. 6 EStG und § 12 Nr. 5 EStG in der Fassung des erst nach der mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 2011 verkündeten (vgl. BGBl. I 2011, S. 2592) Beitreibungsrichtline-Umsetzungsgesetzes (BeitrRLUmsG) sowie die darin insoweit vorgesehene Rückwirkung ab dem Jahr 2004 (vgl. § 52 Abs. 23d letzter Satz und Abs. 30aEStG in der Fassung des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes) entgegen. Insbesondere ergeben sich in diesem Zusammenhang auch keine Anhaltspunkte für eine von den obigen Ausführungen abweichende Auslegung des in § 12 Nr. 5 EStG und § 9 Abs. 6 EStG verwendeten Begriffs der (erstmaligen) Berufsausbildung. Vor diesem Hintergrund kommt schließlich auch eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht in Betracht.
    5.
    Die Höhe der zu berücksichtigenden Werbungskosten (18.874 Euro) ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig. Aufgrund des Abzugs der Aufwendungen als Werbungskosten scheidet allerdings der bisher vom Beklagten berücksichtigte Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG in Höhe von 4.000 Euro aus.
    Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO aufgegeben.
    6.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
    7.
    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155
    FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
    8.
    Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

    VorschriftenEStG § 9 Abs 6, EStG § 10 Abs 1 Nr 7, EStG § 9 Abs 1 Satz 1