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  • 01.02.2012

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 26.10.2011 – 3 K 205/10

    1. Bei drohender Vollstreckung aus einem EG-Beitreibungshilfeersuchen ist die Feststellungsklage - etwa zur Geltendmachung des Nichtvorliegens von Voraussetzungen des EG-BeitrG oder von Verstößen gegen den ordre public - zulässig, auch wenn konkrete irreparable Nachteile durch die Vollstreckung nicht drohen.

    2. Das EG-BeitrG umfasst auch Haftungsforderungen.

    3. Liegen keine Verstöße gegen den ordre public vor, hat das um Beitreibung ersuchte deutsche FA kein Ermessen, ob es dem Ersuchen nachkommt, sondern muss vollstrecken, auch wenn der ausländische Bescheid im Ausland bereits vor dem Ersuchen angefochten wurde (gegen BMF).


    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Vollstreckung einer spanischen Steuerschuld.

    I.

    1. a) Der in A wohnhafte Kläger ist deutscher ... und spanischer ”...” (...), geschäftsansässig in A und B (Finanzgerichtsakte - FG-A - Bl. 1R). Er war zudem einziger Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer (administrador único) der spanischen Gesellschaft „C”, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung spanischen Rechts (sociedad de responsabilidad limitada), ansässig im B. Gegenstand der Gesellschaft ist gemäß Artikel 2 ihrer Satzung Vermietung, Kauf, Verkauf, Bau und Unterhaltung von Grundstücken und Gebäuden sowie Erschließung und Parzellierung von Grundstücken.

    b) Aufgrund einer Steuerprüfung im Februar 2003 wurde gegen die Gesellschaft in Spanien Körperschaftsteuer 2000 (impuesto sobre sociedades) festgesetzt, die von dieser nicht beglichen wurde und die in Spanien wegen dortiger Vermögenslosigkeit der Gesellschaft auch nicht vollstreckt werden konnte. Im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens gegen die Gesellschaft überreichte deren Rechtsvertreterin am 17. April 2007 dem spanischen Finanzamt - FA - eine Auflistung von Gegenständen, die in den Büchern der Gesellschaft geführt wurden, im Gesamtwert von 200.011 €. Es handelt sich im Wesentlichen um Mobiliar (z. B. Teppiche, Sofas, Esstisch, Schränke, Fernseher, Heizkörper, Rasenmäher, Fahrräder), kategorisiert in Esszimmer, Wohnzimmer, Küche, Waschküche, Hauptschlafzimmer, Zimmer I, Zimmer II, Zimmer III, Zimmer IV, Gästezimmer, Empfangshalle, Büro, Badezimmer I, Badezimmer II, Badezimmer III, Geräte für den Außenbereich und Sonstiges. Angaben zum Gebrauchszustand oder zur Wertermittlung enthielt die Auflistung nicht (Anlageband, Fach Schriftsatz 20.10.2011, Anlage K 6). Am 10. August 2007 teilte die Vertreterin der Gesellschaft dem FA mit, die beweglichen, pfändbaren Güter befänden sich unter der Anschrift „Dr. ... D, X-Straße ..., ... E, F, Deutschland” (Anlageband, 1.Fach „zu Bl.22 f”, nicht foliiert).

    c) Gleichwohl kündigte das spanische FA dem Kläger mit Verfügung vom 19. September 2007 die Haftungsinanspruchnahme an und gab Gelegenheit zur Stellungnahme (Übersetzung Anlageband, 1.Fach „zu Bl.22 f”, nicht foliiert).

    d) Mit Haftungsbescheid (Acuerdo de Derivación de Responsabilidad) vom ... 2007 nahm das örtliche FA für Steuererhebung auf den ... Inseln den Kläger wegen rückständiger Körperschaftsteuer 2000 (impuesto sobre sociedades) in Höhe vom 177.612,47 € in Anspruch (105.425,86 € Steuer zur Rechnungsnummer [clave de liquidación] A...-1 und 72.186,61 Strafzuschlag zur Rechnungsnummer A...-2, Anlageband Anlage AS 8). Der Bescheid wurde dem Kläger am 20. ... 2007 zugestellt.

    e) Hiergegen erhob der Kläger am 06. Februar 2008 Steuerbeschwerde (Anlageband Anlage AS 4), die mangels Abhilfe durch das FA in einen Rechtsstreit vor dem regionalen Finanzgericht der ... mündete. Ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz war im spanischen Verwaltungsverfahren erfolglos.

    f) Die Steuerbeschwerde wird im Wesentlichen darauf gestützt, dass das spanische FA den Kläger nicht hätte in Anspruch nehmen dürfen, ohne vorher auf die Güter der Gesellschaft zurückzugreifen. Nach spanischem Steuerrecht setze eine Inanspruchnahme des Klägers als subsidiären Schuldners voraus, dass der Hauptschuldner ausgefallen sei. Soweit das spanische FA in dem Haftungsbescheid einen Nachweis der Zugehörigkeit des Mobiliars zum Vermögen der Gesellschaft sowie der zutreffenden Bewertung fordere, habe es diese Forderung vor Erlass des Haftungsbescheides nie erhoben. Die Güter entstammten früheren Vermietungsaktivitäten der Gesellschaft; nach dem Verkauf der Immobilien seien die Ausstattungsgegenstände nach Deutschland geschafft worden, wo der Gesellschafter und Geschäftsführer ansässig sei.

    g) Das regionale Finanzgericht der ... Inseln (Tribunal Económico-Administrativo Regional de Illes ...) wies die Klage mit Urteil vom ... 2011 (Aktenzeichen: ...) ab (Anlageband Fach 25.10.2011). Es führt in seinen Entscheidungsgründen (Fundamentos de Derecho) unter 4. (Cuarto) aus, die Haftung sei dem Grunde nach gerechtfertigt, weil der Kläger gegen seine Sorgfaltspflichten bei der Abgabe der Körperschaftsteuererklärung 2000 der Gesellschaft verstoßen habe, diese sei erheblich inkorrekt gewesen (UA S. 4 f.). Unter 5. (Quinto) führt es aus, das die Haftungsinanspruchnahme zwar voraussetze, dass der primäre Schuldner für ausgefallen erklärt werde. Dies wiederum setze nach der spanischen höchstrichterlichen Rechtsprechung aber nicht voraus, dass der primäre Schuldner zahlungsunfähig oder über dessen Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Erforderlich sei vielmehr, dass die Steuerverwaltung mit der normalen oder gewöhnlichen Sorgfalt vollstreckungsfähige Güter des primären Schuldners zu ermitteln versuche, indem sie namentlich ihre eigenen Datenbestände und öffentliche Register überprüfe, und dann mit einer vernünftigen Würdigung zu dem Schluss komme, dass entweder vollstreckungsfähige Güter nicht bekannt oder bekannte Güter nicht realisierbar oder nicht ausreichend für die Deckung der Steuerschuld seien. Der Kläger habe aber über das mögliche Ergebnis einer Vollstreckung gegen die Gesellschaft nur Vermutungen angestellt, die Existenz und Werthaltigkeit der vom Kläger benannten, nicht auf spanischem Staatsgebiet, sondern in Deutschland befindlichen Güter sei nur spekulativ. Bloß eventuelle oder hypothetische Vollstreckungsmöglichkeiten brauche die Steuerbehörde bei ihrer Entscheidung über den Ausfall des primären Schuldners aber nicht zu berücksichtigen (UA S. 5 f.).

    h) Gegen das am 02. Juni 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger - wie er vorträgt - Rekurs zum Zentralfinanzgericht eingelegt. Die Rechtsmittelbegründungsschrift hat der Kläger nicht vorgelegt, das Aktenzeichen des Rechtsmittelgerichts nicht angegeben.

    i) Die Gesellschaft hat gegen den spanischen KSt-Bescheid ebenfalls gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch genommen. Den Verfahrensstand hat der Kläger trotz Nachfrage nicht vorgetragen.

    2. Nachdem der Kläger auf den Haftungsbescheid vom ... 2007 (oben 1.d) nicht gezahlt hatte, erließ das Regionalfinanzamt der ... am ... 2008 eine Vollstreckungsanordnung (Providencia de Apremio) gegen den Kläger über 126.511,03 € (105.425,86 € Steuer und 20 % Säumniszuschlag 21.085,17 €) (FG-A Bl. 55). Die Vollstreckungsanordnung ist vom Leiter des Regionalfinanzamtes (El Jefe de la Dependencia Regional de Recaudación) unterschrieben und weist als Rechnungsnummer (clave de liquidación) A...-1 aus. Die Vollstreckungsanordnung wurde dem Rechtsanwalt des Klägers am 15. Februar 2008 zugestellt (FG-A 3 V 254/09 Bl. 121).

    II.

    1. Mit E-Mail vom 22. Juni 2009 (FG-A 3 V 254/09 Bl. 108) übersandte die Staatsbehörde für Steuerverwaltung in G über das CCN/CSI-Netz an das Bundeszentralamt für Steuern elektronisch ein Beitreibungsersuchen. Der E-Mail waren zwei Dateien angefügt, im pdf-Format die oben I.2. genannte Vollstreckungsanordnung und im Word-Format das ausgefüllte Pendelformular „Ersuchen um Beitreibung gemäß Artikel 6 der Richtlinie 2008/55/EG” (Auszug Vo-Akte 2009 Bl. 1 bis 8). In diesem Formular sind u. a. folgende Kästchen angekreuzt:

    Forderung ist nicht älter als 5 Jahre

    Forderung ist Gegenstand eines Vollstreckungstitels

    Forderung ist angefochten, aber die Gesetze, Verordnungen und die Verwaltungspraxis des ersuchenden Staates erlauben die Beitreibung einer angefochtenen Forderung

    im ersuchenden Staat wurden bereits ordnungsgemäße Beitreibungsmaßnahmen durchgeführt, die jedoch nicht zu einer vollständigen Tilgung der Forderungen führen werden

    Ratenzahlung nur nach Rücksprache zulässig

    betroffene Person ist Hauptschuldner

    Das beigefügte pdf-Dokument wurde wie folgt identifiziert: „Enforcement Instrument for Income Tax (period 2000) Reg. no. A...-1”.

    Weiter wurden folgende Angaben gemacht: Festsetzungsdatum: 17.09.2004 Zustellungsdatum: 02.11.2007 Hauptforderung: 126.511,03 € Bis zum Datum des Ersuchens angefallene Zinsen: 8.552,49 € Gesamtbetrag: 135.063,52 € Datum, ab dem die Vollstreckung zulässig ist: 20.02.2008 Letzter Tag der Verjährungsfrist: 15.04.2012

    2. Das Bundeszentralamt leitete die E-Mail an die A Finanzbehörde weiter, die diese wiederum mit E-Mail vom 23. Juli 2009 an das beklagte deutsche FA weiterleitete.

    III.

    1. Das deutsche FA erließ am 24. Juli 2009, abgesandt am 27. Juli 2009, eine Zahlungsaufforderung an den Kläger über 135.063,52 €, zu zahlen bis 10. August 2009. Darin wird ausgeführt, der Kläger schulde der „spanischen Steuerbehörde” „Einkommensteuer 2000” 126.511,03 € und „Nebenleistungen” 8.552,49 €. Weitere Angaben, z. B. eine Steuer- oder Rechnungsnummer, sind in der Zahlungsaufforderung nicht enthalten (Auszug Vo-Akte 2009 Bl. 12).

    2. Gegen die Zahlungsaufforderung legte der Kläger mit Schreiben vom 21. August 2009, eingegangen am 25. August 2009, Einspruch ein und beantragte zugleich Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung. Das Leistungsgebot habe keine Rechtsgrundlage. Eine vorherige Anhörung sei nicht erfolgt, die erforderliche Begründung des Entschlusses zur Amtshilfe fehle. Der zu vollstreckende Steuerbescheid sei nicht klar konkretisiert, hierzu sei die Angabe von Steuernummer, Veranlagungsjahr, Steuerart und Steuerschuldner erforderlich. Das Leistungsgebot sei daher zu unbestimmt. Außerdem seien keine Angaben enthalten über den Zugang des Rechtshilfeersuchens aus Spanien, zu in Spanien durchgeführten Vollstreckungsversuchen und zur Vollstreckbarkeit bzw. dortigen Rechtsmittelverfahren. Ein persönlicher Einkommensteuerbescheid sei dem Kläger in Spanien nie bekanntgegeben worden (Auszug Vo-Akte 2009 Bl. 14).

    3. Die deutschen Einkommensteuerbescheide des Klägers für 2001 und 2002 wurden am 28. Juli 2009 bzw. am 04. August 2009 geändert, woraus sich für den Kläger Erstattungsansprüche in Höhe von 63.918,54 € ergaben. Diese Beträge zahlte das FA zunächst nicht an den Kläger aus.

    4. Mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 27. August 2009 pfändete das FA bei sich selbst als Drittschuldner alle gegenwärtigen und zukünftigen Steuererstattungsansprüche des Klägers aus den Veranlagungsjahren 2001 und 2002 wegen der Schuld des Klägers gegenüber der spanischen Steuerbehörde in Höhe von 135.063,52 € und ordnete die Einziehung an (Auszug Vo-Akte 2009 Bl. 28). Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung stellte das FA sich selbst durch seinen Vollziehungsbeamten am 28. August 2009 um 8.00 Uhr zu (Auszug Vo-Akte 2009 Bl. 30). Mit Schreiben vom 28. August 2009 an sich selbst, eingegangen am 17. September 2009, gab das FA die Drittschuldnererklärung dahingehend ab, dass die Pfändung der einzeln aufgeführten Erstattungsansprüche, insgesamt 63.918,54 €, anerkannt werde und die Bereitschaft bestehe, bei Fälligkeit zu leisten, allerdings eingeschränkt dahingehend, dass der „Pfändungs- und Überweisungsbeschluss” nur einen Ehegatten als Pfändungsschuldner ausweise und von der Pfändung daher nur dessen Anteil am Erstattungsanspruch erfasst werde (Auszug Vo-Akte 2009 Bl. 32). Mit Schreiben vom 31. August 2009, abgesandt am 01. September 2009, übersandte das FA dem Kläger die für diesen bestimmte Abschrift der Pfändungs- und Einziehungsverfügung (Auszug Vo-Akte 2009 Bl. 35).

    5. Ebenfalls mit Schreiben vom 31. August 2009, ebenfalls abgesandt am 01. September 2009, nahm das FA zu dem Einspruchsschreiben Stellung und holte Angaben zum Leistungsgebot nach. Als Rechtsgrundlage bezeichnete es § 117 Abs. 4 AO i. V. m. § 114 AO i. V. m. § 254 AO. Es teilte die Angaben aus dem Beitreibungsersuchen mit, u. a. den Namen der spanischen Steuerbehörde und die Steuernummer. Zugleich lehnte das FA eine Aussetzung der Vollziehung ab (Auszug Vo-Akte 2009 Bl. 33).

    Über den Einspruch gegen die Zahlungsaufforderung ist bisher nicht entschieden worden.

    6. Mit Schreiben vom 25. September 2009, beim FA eingegangen am 28. September 2009, legte der Kläger gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung ebenfalls Einspruch ein und beantragte beim FA insoweit Aussetzung der Vollziehung. Mit Einspruchsentscheidung vom 12. September 2011 wies das FA den Einspruch gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung als unbegründet zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 13. Oktober 2011 Klage im Parallelverfahren 3 K 192/11, die noch nicht begründet wurde.

    IV.

    1. Mit Schriftsatz vom 04. November 2009 (vermutlich Schreibfehler, gemeint wohl 04. Dezember 2009), eingegangen bei Gericht am 07. Dezember 2009, beantragte der Kläger beim Gericht Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung des Leistungsgebots vom 24. Juli 2009 (3 V 254/09). Er führte ergänzend u. a. an, Haftungsforderungen seien nicht vom Katalog der Vorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 EG-BeitrG umfasst. Ein spanischer Titel liege nicht in Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift vor. Die spanische Steuerbehörde habe in Spanien keinen Vollstreckungsversuch gegen den Kläger selbst, nur gegen die Gesellschaft unternommen.

    2. Mit Beschluss vom 04. Februar 2010 (3 V 254/09, EFG 2010, 848, IStR 2010, 253, Juris) gewährte der erkennende Senat Aussetzung der Vollziehung, jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in voller Höhe, und ließ die Beschwerde zu.

    a) Zwar habe der Kläger eine unbillige Härte weder substantiiert noch glaubhaft gemacht. Auch könne die spanische Steuerforderung grundsätzlich gemäß § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 EG-BeitrG vollstreckt werden. § 1 Abs. 2 Nr. 7 EG-BeitrG umfasse auch Haftungsforderungen. Das Leistungsgebot sei neben dem ausländischen Titel zulässig gewesen. Das Leistungsgebot sei auch durch die nachgereichten Angaben hinreichend konkretisiert, diese Angaben hätten das ursprünglich zu unbestimmte Leistungsgebot wirksam geheilt. Auf die - unheilbare - Rechtswidrigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung komme es nicht an, da diese ausdrücklich nicht Verfahrensgegenstand sei. Im Hinblick auf einen als fehlend gerügten Vollstreckungsversuch im ausländischen Staat sei es ausreichend, dass der ersuchende Staat bestätige, dass dort Vollstreckungsmaßnahmen ergebnislos verlaufen seien; eine insoweit unzutreffende Bestätigung sei vor den Gerichten des ersuchenden Staates anzufechten. Im Übrigen könne ein völlig aussichtsloser Vollstreckungsversuch nicht verlangt werden, der Kläger habe aber auf Nachfrage keinerlei eigene Vermögensgegenstände in Spanien bezeichnet, in die die spanische Steuerbehörde hätte vollstrecken können.

    b) Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Leistungsgebots ergäben sich jedoch daraus, dass der vollstreckbare Titel nicht in amtlicher Ausfertigung oder beglaubigter Kopie vorliege. Für eine Ersetzung dieser Form durch elektronische Übermittlung fehlten wirksame unionsrechtliche Grundlagen.

    3. Auf die Beschwerde des FA hob der Bundesfinanzhof - BFH - mit Beschluss vom 30. August 2010 (VII B 48/10, BFH/NV 2010, 2235, Juris) den Beschluss des erkennenden Senats auf und lehnte den Antrag des Klägers auf Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung des Leistungsgebots ab.

    Die Zahlungsaufforderung vom 24. Juli 2009 enthalte keine eigenständige, den Kläger belastende Regelung. Die Ankündigung der Vollstreckung stelle eine verwaltungsinterne, lediglich aus Gründen der Zweckmäßigkeit nach außen gerichtete Maßnahme dar. Bei der Zahlungsaufforderung handele es sich daher nicht um ein Leistungsgebot i. S. v. § 254 Abs. 1 AO. Dieses sei vielmehr bereits mit dem spanischen Haftungsbescheid verbunden gewesen, wodurch die Vollstreckung in Deutschland unmittelbar möglich sei.

    V.

    Mit seiner Klageschrift im hiesigen Verfahren vom 29. November 2010, eingegangen am 03. Dezember 2010, wendet sich der Kläger weiter gegen die Vollstreckung der spanischen Steuerschuld, nunmehr im Wege der Unterlassungs-, hilfsweise der Feststellungsklage.

    1. Obwohl das FA die Auffassung vertritt, ein elektronisch übermitteltes Beitreibungsersuchen sei wirksam, hat es im Hinblick auf die Bedenken des erkennenden Senats die spanische Steuerbehörde um Übersendung eines Vollstreckungstitels in Papierform gebeten.

    Diese übersandte die Vollstreckungsanordnung vom 01. Februar 2008 in Papierform, versehen mit einem unterschriebenen und mit Dienstsiegel gestempelten Beglaubigungsvermerk des spanischen Finanzministeriums vom 14. Januar 2011 (Original: FG-A Bl. 73, Kopien: FG-A Bl. 55-60), beim FA eingegangen am 15. Februar 2011 und beim Gericht eingegangen am 03. März 2011.

    2. Erst im hiesigen Verfahren, nicht schon im spanischen, hat der Kläger auf Nachfrage zum Sachverhalt erläutert:

    Die spanische Gesellschaft habe im Rahmen ihres Geschäftszwecks ein Bauernhaus auf H erworben. Durch eine Möblierung werde nach der dort üblichen Handhabe die Verkehrsfähigkeit von Immobilien, insbesondere für ausländische Interessenten, erhöht, weswegen die Gesellschaft das angegebene Inventar angeschafft habe. Es habe sich jedoch dann die Möglichkeit eines unmöblierten Verkaufs ergeben. Das dabei zurückgebliebene Inventar habe der Kläger nach Deutschland transportieren lassen und unter der dem spanischen FA angegebenen Anschrift eingelagert, weil dort eine günstige Lagermöglichkeit bestanden habe.

    Der Kläger erklärt, nicht mehr genau angeben zu können, warum er seinerzeit, als er bei der versuchten Vollstreckung des spanischen FA gegen die Gesellschaft diesem die Inventarliste habe übermitteln lassen, das Vermögen der Gesellschaft nicht als Geschäftsführer selbst verwertet habe, um damit die spanische Steuerschuld - ggf. teilweise - zu befriedigen. Er vermute, er habe in Anbetracht des Umstandes, dass die spanische Steuerforderung gegen die Gesellschaft streitig gewesen sei, den Aufwand für die Verwertung des Restvermögens der Gesellschaft nicht auch noch selbst übernehmen wollen.

    Die in der dem spanischen FA übermittelten Inventarliste angegebenen Werte hätten sich nach den Einkaufspreisen gerichtet, da das Inventar bei der Verbringung nach Deutschland weitestgehend neuwertig gewesen sei. Es sei allerdings nicht mehr verpackt, sondern schon gebraucht gewesen. Einkaufsrechnungen oder eine Wertschätzung durch Sachverständige könne er nicht vorlegen.

    Inzwischen hat der Kläger das Mobiliar von der dem spanischen FA seinerzeit angegebenen Anschrift abgeholt und in seinem ebenfalls in F befindlichen, zur Jagd genutzten Haus aufgestellt. Dessen Anschrift hat er trotz Nachfrage des FA nicht genannt.

    3. Der Kläger trägt zur Begründung der Klage weiter vor:

    Sowohl das spanische Beitreibungsersuchen als auch die Vollstreckung hieraus in Deutschland seien rechtswidrig, ungeachtet der Frage nach der Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden spanischen Steuerbescheide.

    Es fehle bereits an einer Rechtsgrundlage für die Vollstreckung. Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 EG-BeitrG sei zu unbestimmt, jedenfalls wenn es nicht um die Vollstreckung rechtskräftiger ausländischer Urteile, sondern um die Vollstreckung ausländischer Verwaltungsakte gehe, wie hier. Die Verordnung (EG) Nr. 1179/2008 sei eine reine Durchführungsverordnung und enthalte selbst keine Rechtsgrundlage.

    Ferner verstoße die Vollstreckung auch gegen das EG-BeitrG selbst. Auf Haftungsansprüche finde dieses keine Anwendung, wie sich aus der Definition seines Anwendungsbereiches durch § 1 Abs. 2 EG-BeitrG ergebe. Der spanische Titel habe zunächst nicht im Original oder einer beglaubigten Abschrift vorgelegen. Die Nachreichung entsprechender Unterlagen könne eine Heilung im Vollstreckungsverfahren nicht bewirken. Auch fehle dem Beitreibungsersuchen die notwendige Übersetzung der Haftungsbescheide ins Deutsche.

    Außerdem verstoße der gegen den Kläger erlassene spanische Haftungsbescheid gegen wesentliche Grundsätze der deutschen Rechtsordnung (ordre public) und dürfe deswegen hier nicht vollstreckt werden. Der spanische Haftungsbescheid gegen den Kläger sei ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig gewesen, weil das spanische FA nicht vorgängig in das in Deutschland befindliche Vermögen der Gesellschaft vollstreckt habe. Im Unterschied zur Vollstreckung rechtskräftiger ausländischer Gerichtsentscheidungen verlange die Vollstreckung angefochtener ausländischer Verwaltungsentscheidungen im Hinblick auf das aus dem Grundgesetz folgende Gebot effektiven Rechtsschutzes eine besonders gründliche Prüfung eines möglichen Verstoßes gegen den ordre public.

    Schließlich habe das deutsche FA das spanische Beitreibungsersuchen inhaltlich nicht geprüft und keine Ermessenserwägungen angestellt, ob dieses in Deutschland vollstreckt werden solle. Sowohl aus Art. 12 Abs. 2 Unterabsatz 2 der EG-Beitreibungsrichtlinie als auch aus § 4 Abs. 1 Satz 2 des EG-BeitrG ergebe sich zumindest in dem Fall, dass nicht ein rechtskräftiges Urteil oder ein bestandskräftiger Bescheid vollstreckt werden solle, sondern ein Bescheid, der im ersuchenden Mitgliedstaat bereits vor dem Ersuchen angefochten worden sei - wie hier -, ein Ermessen des deutschen FA auch über das Ob der Vollstreckung. Davon gehe auch die Finanzverwaltung aus, wie sich aus dem „Merkblatt zur zwischenstaatlichen Amtshilfe bei der Steuererhebung (Beitreibung)” (BMF-Schreiben vom 19.01.2004, AO-Handbuch Anhang 52) ergebe, dort Tz. 3.1 Buchstabe c) und v. a. Tz. 3.2.6 Absatz 4 (”...entscheidet das FA, ob und ggf. welche Vollstreckungsmaßnahmen zu treffen sind”). Es liege somit ein Ermessensausfall vor.

    Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, weitere Vollstreckungsmaßnahmen aus dem Beitreibungsersuchen des Regionalfinanzamtes der ... Referenznummer ... zu unterlassen,

    hilfsweise, festzustellen, dass die Vollstreckung aus dem Beitreibungsersuchen des Regionalfinanzamtes der ... Referenznummer ... rechtswidrig ist.

    Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

    Das FA ist der Auffassung, die Klage sei bereits unzulässig. Für eine vorbeugende Unterlassungsklage fehle das qualifizierte Rechtsschutzinteresse. Bezüglich der bereits ergangenen Vollstreckungsmaßnahmen sei die Feststellungsklage subsidiär gegenüber dem eingelegten Einspruch und dem gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV). Im Hinblick auf die drohenden Vollstreckungsmaßnahmen handele es sich um eine vorbeugende Feststellungsklage, die gegenüber der vorbeugenden Unterlassungsklage subsidiär sei. Allein dass die vorbeugende Unterlassungsklage mangels qualifizierten Rechtsschutzinteresses unzulässig sei, führe nicht zur Zulässigkeit der Feststellungsklage. Das Begehren des Klägers entspreche im Kern dem einer Leistungsklage bzw. einer einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO.

    Die Vorlage einer deutschen Übersetzung der relevanten Dokumente durch die Behörde des ersuchenden Staates sei nicht erforderlich.

    Ein Verstoß gegen den ordre public liege nicht vor. Selbst nach deutschem Abgabenrecht sei die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners nicht subsidiär gegenüber der Inanspruchnahme des Hauptschuldners; es liege damit bereits keine Abweichung von deutschem Recht vor. Im Übrigen würde auch nicht jede Abweichung vom deutschen Recht ein Verstoß gegen den ordre public begründen, sondern nur, wenn die Vollstreckung zu einem Ergebnis führen würde, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts, insbesondere den Grundrechten, unvereinbar sei. Speziell bei der Vollstreckungshilfe in der EU sei dabei nicht auf den ordre public interne, sondern auf den bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen großzügigeren ordre public international abzustellen, damit das unionsrechtliche Verbot der Nachprüfung der ausländischen Entscheidung auf ihre Gesetzmäßigkeit gewahrt bleibe. Daher seien nur offensichtliche Verletzungen einer in der Rechtsordnung des Vollstreckungsstaats wesentlichen Rechtsnorm oder eines dort als grundlegend anerkannten Rechts relevant. Für solch gravierende Verstöße fehle jeder Anhalt.

    VI.

    1. Der Kläger hat zeitgleich mit der Erhebung der hiesigen Klage im parallel geführten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes begehrt, dem FA bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der hiesigen Hauptsache die weitere Vollstreckung aus dem Beitreibungsersuchen zu untersagen (3 V 206/10). Der Senat hat diesen Antrag mit Beschluss vom 23. August 2011 abgelehnt und die Beschwerde nicht zugelassen.

    2. Das FA hat daran anschließend die Vollstreckung wieder aufgenommen. Der Kläger schuldet dem FA per 28. September 2011 deutsche Steuern in Höhe von 26.755,15 €. Ohne Berücksichtigung der spanischen Steuerschuld würde ihm das FA dafür eine Ratenzahlung in Höhe von monatlich 3 T€ bewilligen. Wegen des spanischen Amtshilfeersuchens seien jedoch ursprünglich 135.063,52 € zu vollstrecken gewesen; selbst wenn die Pfändung der 63.918,54 € wirksam sei (vgl. oben III.6.), seien zuzüglich inzwischen weiter aufgelaufener Säumniszuschläge noch 88.686,98 € für Spanien zu vollstrecken (FG-A Bl. 144). Die dafür dann notwendige rund 30monatige Ratenzahlung entspreche jedoch nicht einer nachhaltigen Vollstreckung und könne deswegen nur mit Zustimmung der spanischen Steuerverwaltung bewilligt werden.

    Das FA hat dem Kläger Frist bis 07. November 2011 bewilligt zur Vorlage einer Einkommens- und Vermögensübersicht mit Belegen. Im Anschluss drohen ihm - falls die spanische Finanzbehörde nicht in eine langfristige Ratenzahlung einwilligt - Pfändungsmaßnahmen, ggf. die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung und letzten Endes möglicherweise ein Insolvenzantrag des FA (FG-A Bl. 145).

    VII.

    Ein Hefter „Auszug Vo-Akte 2009 St.-Nr. .../.../... ... I” lag vor, ebenso die Akte FG Hamburg 3 V 254/09 einschließlich Anlageband.

    Gründe

    B.

    I.

    Die Unterlassungsklage ist unzulässig.

    Der Kläger begehrt nur die Unterlassung weiterer, noch nicht durchgeführter Vollstreckungsmaßnahmen, so dass es sich um eine vorbeugende Unterlassungsklage handelt. Eine solche ist nur zulässig, wenn Grund zur Sorge besteht, dass sonst vollendete, nicht ohne weiteres reparable Tatsache oder Rechtsverhältnisse geschaffen werden; ein Zuwarten muss unzumutbar sein (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 40 FGO Rn. 28 m. w. N.). Der Kläger hat jedoch nicht konkret dargelegt, welche irreparablen Nachteile ihm drohen würden, wenn das FA weitere Vollstreckungsmaßnahmen ergreifen und er dann dagegen Einspruch einlegen bzw. nachfolgend Anfechtungsklage erheben und zugleich AdV beantragen würde.

    II.

    Die Feststellungsklage ist unzulässig, soweit es um Feststellung der Rechtswidrigkeit (auch) der bereits ergriffenen Vollstreckungsmaßnahmen geht. Insoweit ist die Feststellungsklage subsidiär zu Einspruch und Anfechtungsklage. Der Kläger hat bezüglich der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 27. August 2009 nach Zurückweisung seines Einspruchs auch Klage erhoben (3 K 192/11, oben A.III.6).

    III.

    Die Feststellungsklage ist jedoch zulässig, soweit es um Feststellung der Rechtswidrigkeit (nur) weiterer, noch nicht durchgeführter Vollstreckungsmaßnahmen geht.

    1. Es ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass wer gegen eine drohende Vollstreckung einwenden will, es liege kein wirksames Leistungsgebot vor, sich hierfür der Feststellungsklage bedienen kann (FG München, Beschluss vom 30. November 1988 10 V 57/88, EFG 1989, 194, 195 unter Verweis auf Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21. November 1986 8 C 127.84, BStBl II 1987, 472, Juris Rn. 16; Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 254 AO Rn. 31). Der Fall, dass gegen eine drohende inländische Vollstreckung eingewendet wird, das ausländische Leistungsgebot sei im Inland nicht vollstreckbar, ist dem jedoch sehr ähnlich und von der Interessenlage her vergleichbar.

    2. Auch der BFH scheint in seinem speziell zu einem Beitreibungsersuchen ergangenen Urteil vom 03. November 2010 davon auszugehen.

    Im zugrunde liegenden Urteil des FG München vom 25. Juni 2009 ging es mit dem Hauptantrag um die Aufhebung einer konkret angedrohten Zwangsvollstreckungsmaßnahme, mit dem Hilfsantrag um Feststellung, dass die Zwangsvollstreckung aus einem bestimmten ausländischen Titel und auf der Grundlage eines bestimmten ausländischen Beitreibungsersuchens (allgemein) unzulässig ist. Das FG München hat den Hilfsantrag ausdrücklich für zulässig erachtet, weil die Gefahr zukünftiger Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bestand (FG München, Urteil vom 25. Juni 2009 14 K 3563/08, ZfZ Beilage 2010, Nr. 3, 33, Juris Rn. 23 f.). Der BFH ist in seinem Revisionsurteil zwar nicht ausdrücklich darauf eingegangen, dem aber auch nicht entgegengetreten. Er hat vielmehr zurückverwiesen zu weiterer Sachaufklärung (BFH, Urteil vom 03. November 2010 VII R 21/10, BStBl II 2011, 401, Juris Rn. 7, 17).

    3. Die Zulässigkeit der Feststellungsklage ergibt sich auch aus dem Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz). Der Kläger hätte sonst keine Möglichkeit, seine gegen die Vollstreckung der Forderung des ausländischen Fiskus gerichteten, nicht den Bestand der Forderung, aber die Vollstreckbarkeit in Deutschland betreffenden Einwendungen vor dem Erlass von Vollstreckungsmaßnahmen prüfen zu lassen, sei es das Fehlen von Voraussetzungen des EG-BeitrG, seien es Verstöße gegen den ordre public durch die ausländische Forderung oder das ausländische Verfahren. Der BFH hat jedoch in seinem vorerwähnten Urteil ausdrücklich verlangt, Verstöße gegen den ordre public zu prüfen. Es ist dem Kläger aber nicht zuzumuten, erst eine - in der Regel allgemein recht beeinträchtigende, wenn auch nicht notwendig konkret irreparable - Maßnahme, wie etwa eine Kontenpfändung, abzuwarten, um dann seine gar nicht gegen die einzelne Maßnahme, sondern gegen die Vollstreckbarkeit insgesamt gerichteten Einwendungen prüfen zu lassen. Wenn der BFH einerseits der Zahlungsaufforderung die Verwaltungsaktqualität abspricht (Beschluss vom 30. August 2010, VII B 48/10, oben A.IV.3.), andererseits dem FG die Prüfung von Verstößen gegen den ordre public ausdrücklich aufgibt (Urteil vom 03. November 2010, VII R 21/10, oben 2.), muss es dafür auch eine zulässige Klageart geben.

    4. Schließlich ergibt sich die Zulässigkeit einer Hauptsacheklage auch aus der Systematik des vorläufigen Rechtsschutzes.

    Es ist allgemein anerkannt, dass gegen drohende Vollstreckungsmaßnahmen, die sich noch nicht in Form eines aussetzungsfähigen Verwaltungsaktes niedergeschlagen haben, ein Antrag auf einstweilige Anordnung gemäß § 114 FGO statthaft ist, wenn ein vollstreckbares Leistungsgebot fehlt (FG München, Beschluss vom 30. November 1988 10 V 57/88, EFG 1989, 194, 195 im Anschluss an BFH, Beschluss vom 29. September 1976 I B 113/75, BStBl II 1977, 83, Juris Rn. 4 f. und 14.; Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 254 AO Rn. 31; vgl. auch FG Hamburg, Beschluss vom 16. März 2010 1 V 289/09, EFG 2010, 977, Juris Rn. 22: Erlass einer einstweiligen Anordnung bei ordre-public-widriger Vollstreckung ausländischer Geldbußen). Wird aber dem FA durch einstweilige Anordnung die Vollstreckung bereits vor einer ersten Vollstreckungsmaßnahme untersagt, so würde es nie zu einer mit Einspruch anfechtbaren Vollstreckungsmaßnahme kommen und damit auch nie zu einer Anfechtungsklage, in deren Rahmen die Einwendungen geprüft werden könnten. Das FA könnte sich gegen eine rechtskräftige einstweilige Anordnung dann auch nur mit einem Antrag auf Anordnung der Klageerhebung gemäß § 926 Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 114 Abs. 3 FGO wehren. Auch deswegen muss eine Hauptsacheklage unabhängig von einzelnen Vollstreckungsmaßnahmen zulässig sein.

    5. Aufgrund der bevorstehenden (weiteren) Zwangsvollstreckungsmaßnahmen hat der Kläger auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung (§ 41 Abs. 1 FGO).

    IV.

    Die Feststellungsklage betreffend weitere Vollstreckungsmaßnahmen ist jedoch nicht begründet. Das FA darf (und muss) aufgrund des im klägerischen Antrag genannten Beitreibungsersuchens die spanische Steuerforderung beitreiben.

    1.a) § 4 Abs. 1 EG-BeitrG ist dafür eine geeignete Rechtsgrundlage, nicht nur für rechtskräftige ausländische Urteile, sondern auch für vollstreckbare ausländische Verwaltungsakte. Dass auch solche mit umfasst sind, ergibt sich bereits aus § 4 Abs. 1 Satz 2 EG-BeitrG, wonach Vollstreckungsmaßnahmen auch eingeleitet werden können, wenn die Forderung angefochten ist und die ersuchende Behörde dennoch um Vollstreckungsmaßnahmen ersucht; diese Regelung wäre für rechtskräftige ausländische Urteile sinnlos, woraus sich eindeutig ergibt, dass auch ausländische Verwaltungsakte vollstreckt werden können.

    b) Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass das EG-BeitrG gemäß seinem § 1 Abs. 1 der Umsetzung von Unionsrecht dient, so dass seine Vorschriften im Lichte dieser europäischen Rechtsnormen auszulegen sind. Art. 12 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2008/55/EG des Rates vom 26. Mai 2008 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen (im Folgenden: EG-Beitreibungsricht-linie) sieht jedoch ausdrücklich vor, dass sich die Vollstreckbarkeit von angefochtenen Forderungen nach dem Recht des ersuchenden Staates richtet und dass wenn der Anfechtung später stattgegeben wird, die ersuchende Behörde nicht nur für die Erstattung des beigetriebenen Betrages, sondern auch für Entschädigungsleistungen nach dem Recht des ersuchten Staates haftet.

    Vor diesem Hintergrund vermag der Senat eine mangelnde Bestimmtheit von § 4 Abs. 1 EG-BeitrG nicht zu erkennen.

    2. Das EG-BeitrG ist entgegen der Ansicht des Klägers auch auf Haftungsforderungen anwendbar.

    a) Dies folgt bereits aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 2 Nr. 7 EG-BeitrG, wonach dieses Gesetz für die Vollstreckung von Geldforderungen gilt, die Steuern vom Einkommen, Ertrag und Vermögen „betreffen”. Auch eine Haftung für Körperschaftsteuer betrifft Steuern vom Einkommen nach deutschem Sprachgebrauch.

    b) Zu beachten ist auch hier wieder, dass das EG-BeitrG gemäß seinem § 1 Abs. 1 der Umsetzung von Unionsrecht dient, so dass seine Vorschriften auch hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs unionsrechtskonform auszulegen sind. Gemäß Art. 2 Buchst. g EG-Beitreibungsrichtlinie findet diese Anwendung auf alle Forderungen „im Zusammenhang mit” Einkommen- und Kapitalsteuern. Erst recht weisen originäre Steuerschuld und Haftungsschuld (nach deutscher Terminologie) bzw. primäre und subsidiäre Steuerschuld (nach spanischer Terminologie) einen Zusammenhang auf.

    3. Die früheren Bedenken des Senats, ob ein elektronisch übersandter Titel den Formerfordernissen des EG-BeitrG und der EG-Beitreibungsrichtlinie entspricht, sind durch Übersendung einer beglaubigten Abschrift in Papierform gegenstandslos. Ob dadurch eine etwaige Rechtswidrigkeit der bereits durchgeführten Vollstreckungsmaßnahmen geheilt worden ist, kann offen bleiben, da Gegenstand der Feststellungklage - soweit zulässig - nur weitere, drohende Vollstreckungsmaßnahmen sind.

    Bereits in seinem Beschluss vom 04. Februar 2010 hat der Senat ausgeführt, dass das Leistungsgebot geheilt werden kann, rechtswidrige konkrete Vollstreckungsmaßnahmen jedoch nicht (FG Hamburg, Beschluss vom 04. Februar 2010 3 V 254/09, IStR 2010, 253, EFG 2010, 848, Juris Rn. 56 f.). Wenn aber sogar das Leistungsgebot geheilt werden kann, können erst recht einzelne zunächst noch fehlende Vollstreckungsvoraussetzungen nachträglich hergestellt werden, wie etwa die Vorlage bestimmter Urkunden.

    4. Eine Übersetzung des Titels in die deutsche Sprache ist nicht notwendig, jedenfalls stünde ihr Fehlen einer Vollstreckung nicht entgegen.

    Grundsätzlich bedarf ein Rechtshilfeersuchen eines ersuchenden Staates keiner Übersetzung des Verwaltungsaktes. Es ist lediglich sicherzustellen, dass der Empfänger in die Lage versetzt wird, Gegenstand und Grund des zugestellten Rechtsaktes zu verstehen und seine Rechte geltend zu machen (BFH, Urteil vom 03. November 2010 VII R 21/10, BStBl II 2011, 401, Juris Rn. 24).

    Zweifel hieran ergeben sich bei dem aus Spanien stammenden, dort als ... zugelassenen Kläger naturgemäß nicht. Außerdem hat er vor dem spanischen Gericht geklagt und ist in der Sache gehört worden. Der Fall, dass jemand etwa eine Frist nicht eingehalten hat o. ä. und dies aus Mangel an sprachlichem Verständnis erfolgt wäre, liegt hier völlig fern.

    5. Verstöße gegen den (internationalen) ordre public liegen ebenfalls nicht vor.

    Auch nach deutschem Steuer- und Gesellschaftsrecht können Geschäftsführer für Steuerforderungen gegen die Gesellschaft haften (z. B. §§ 69, 71 AO). Eine Durchgriffshaftung des Geschäftsführers einer - einer GmbH ähnlichen - ausländischen Gesellschaft an und für sich kann daher keinen Verstoß gegen den ordre public begründen, auch wenn die Haftungsregelungen nach spanischem Recht naturgemäß mit den deutschen nicht identisch sein dürften.

    Es spricht bereits viel dafür, dass die Inanspruchnahme des Klägers als Haftungsschuldner schon nach deutschem Abgabenrecht rechtmäßig wäre. Denn die Haftung des Geschäftsführers ist nach deutschem Recht nicht subsidiär im Sinne einer Ausfallhaftung, vielmehr sind Steuerschuldner (Gesellschaft) und Haftender (Geschäftsführer) Gesamtschuldner gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 AO (Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 69 AO Rn. 3). Die Nichtzahlung einer Steuerverbindlichkeit der Gesellschaft durch einen Geschäftsführer ist auch dann pflichtwidrig, wenn die Steuerkasse zum Fälligkeitszeitpunkt die Forderung im Wege der Zwangsvollstreckung gegen die Gesellschaft erfolgreich hätte beitreiben können (so schon Reichsfinanzhof, Urteil vom 20.Dezember 1927 IV A 400/27, RFHE 281, 287). Einer vorherigen erfolglosen Vollstreckung in das Vermögen des Steuerschuldners (der Gesellschaft) bedarf es vor einer Inanspruchnahme des Haftenden nach deutschem Abgabenrecht nicht. Selbst die einschränkende Vorschrift des § 219 Satz 1 AO, die (lediglich) vor einem an den (stets zulässigen) Haftungsbescheid anschließenden Leistungsgebot (Zahlungsaufforderung) erst die beim Steuerschuldner selbst fruchtlose Mobiliarvollstreckung verlangt, gilt gemäß § 219 Satz 2 letzte Alternative AO gerade nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner gesetzlich verpflichtet war, Steuern zu Lasten eines anderen zu entrichten, also in den Fällen des § 69 AO (Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 219 AO Rn. 9, 11).

    Hinzu kommt, dass die Ergiebigkeit einer Sachpfändung in das Mobiliar fraglich erscheint. Es befand sich nicht im Gewahrsam der Gesellschaft, vertreten durch den Kläger, sondern im Gewahrsam eines Dritten, über dessen Herausgabebereitschaft keine Nachweise vorliegen. Nunmehr befindet es sich im privaten Gewahrsam des Klägers. Die vom Kläger im hiesigen Verfahren gemachten Angaben zum (schon damaligen) Gebrauchszustand und zur Wertermittlung (oben A.V.2.) lassen es als ausgesprochen zweifelhaft erscheinen, dass eine zwangsweise Verwertung auch nur annähernd die spanische Steuerschuld der Gesellschaft hätte decken können.

    Vor diesem Hintergrund ist ein Verstoß gegen den deutschen ordre public nicht ersichtlich, ohne dass es etwa noch auf die feinsinnige Differenzierung zwischen internem und internationalem ordre public ankäme.

    6. Liegt aber ein Verstoß gegen den ordre public nicht vor, hat das deutsche FA weder Prüfungsrecht noch Prüfungspflicht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der zu vollstreckenden Forderung und insbesondere auch kein Ermessen, so dass ein Ermessensausfall nicht in Betracht kommt.

    a) Zwar weist der Kläger zutreffend daraufhin, dass sowohl die EG-Beitreibungs-richtlinie wie auch das deutsche EG-BeitrG zwischen den Fällen der Vollstreckung eines unangefochtenen Vollstreckungstitels, eines schon vor dem Beitreibungsersuchen angefochtenen Vollstreckungstitels und eines erst nach Vollstreckungsbeginn angefochtenen Vollstreckungstitels differenzieren. Indes ergibt sich auch im hier relevanten zweiten Fall weder aus dem EG-BeitrG noch aus der EG-Beitreibungsrichtlinie ein Ermessen des deutschen FA über das Ob der Vollstreckung, wenn die ersuchende ausländische Behörde die Vollstreckung trotz der dortigen Anfechtung verlangt.

    aa) Zwar verwendet die den vorgenannten Fall regelnde Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 EG-BeitrG das Wort „können”, jedoch schreibt § 4 Abs. 1 Satz 3 dabei die entsprechende Anwendung von § 7 Abs. 3 EG-BeitrG vor. § 7 Abs. 3 Satz 1 EG-BeitrG stellt jedoch klar, dass die Vollstreckung nicht auszusetzen (d. h. durchzuführen) „ist”, wonach das deutsche FA kein Entschließungsermessen hat. § 7 Abs. 3 Sätze 2 und 3 EG-BeitrG stellen lediglich das (selbstverständliche) Auswahlermessen bei der Auswahl der geeigneten und erforderlichen Vollstreckungsmaßnahmen sowie die Möglichkeit von Billigkeitsmaßnahmen (§ 258 AO), wie etwa Aufschub oder Ratenzahlung, genau wie bei rein innerdeutscher Vollstreckung, klar.

    bb) Auch aus der EG-Beitreibungsrichtlinie folgt kein Ermessen.

    Dies ergibt sich bereits aus den Erwägungsgründen 8 und 12 der Richtlinie. Nach Erwägungsgrund 8 will die Richtlinie abschließend definieren, unter welchen besonderen Umständen die ersuchte Behörde in einem bestimmten Fall einem Unterstützungsersuchen nicht stattzugeben braucht; diesem Ziel würde ein Entschließungsermessen der Behörde des ersuchten Staates widersprechen. Erwägungsgrund 12 letzter Halbsatz (”... es sei denn, die ersuchende Behörde wünscht ein anderes Vorgehen”) stellt klar, dass die Entscheidung, ob trotz Anfechtung vollstreckt werden soll, (allein) bei der ersuchenden Behörde liegt.

    Aus Art. 6 der EG-Beitreibungsrichtlinie folgt der Grundsatz, dass die ersuchte Behörde ohne eigene inhaltliche Prüfung und damit ohne Ermessen vollstreckt. Für den Fall der Anfechtung des Titels schon vor dem Ersuchen - wie hier - verweist Art. 7 Abs. 2 Buchstabe a der Richtlinie auf Art. 12 Abs. 2 Unterabsatz 2. Nach diesem ist Voraussetzung der Vollstreckung trotz Anfechtung, dass in beiden Staaten (im ersuchenden und im ersuchten) eine Vollstreckung trotz Anfechtung möglich ist (mit anderen Worten: die Einlegung von Rechtsbehelfen keine aufschiebende Wirkung hat, wie in Deutschland gemäß § 361 Abs. 1 Satz 1 AO, § 69 Abs. 1 Satz 1 FGO). Liegt diese Voraussetzung vor, hat die Behörde des ersuchenden (nicht die des ersuchten) Staates ein Ermessen, ob die Vollstreckung trotz Anfechtung erfolgen soll. Ausweislich des Wortlauts von Art. 12 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie hat die ersuchte Behörde kein Ermessen.

    Soweit der Kläger meint, durch die Verwendung des Wortes „bitten” in Art. 12 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie ergebe sich, dass die ersuchte Behörde dem nicht nachkommen müsse, womit sie ein Ermessen habe, folgt der Senat dem nicht. Dagegen sprechen schon die englische („may request”) und die französische („peut demander”) Sprachfassung von Art. 12 Abs. 2 Unterabschnitt 2 der Richtlinie, die eher als „kann verlangen” zu verstehen sind; das deutsche „kann bitten” erscheint insoweit als unpräzise. Im Übrigen ergibt sich aus der Systematik und dem Gesamtzusammenhang der Richtlinie, dass ausländische Titel grundsätzlich ohne inhaltliche Prüfung vollstreckt werden sollen. Dem würde ein Entschließungsermessen der ersuchten Behörde über das Ob der Vollstreckung widerstreiten, da die Ermessenserwägungen dann den Inhalt der ausländischen Entscheidung und die Erfolgsaussichten des ausländischen Rechtsbehelfs würdigen müssten.

    b) Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der deutsche Gesetzgeber die deutschen Steuerbehörden auch - besonders unionsfreundlich - binden könnte, selbst wenn die Richtlinie ein Entschließungsermessen vorsehen würde. Denn es ist nicht ersichtlich, dass eine Ermessensentscheidung vor Einleitung der Vollstreckung verfassungsrechtlich geboten wäre. Ein Ermessen des deutschen Vollstreckungs-FA ist daher schon allein deswegen zu verneinen, weil §§ 4 und 7 EG-BeitrG kein Ermessen vorsehen (oben IV.6.a aa); auf die EG-Beitreibungsrichtlinie (IV.6.b bb) kommt es daher hier (anders als in der umgekehrten Konstellation, wenn das Unionsrecht eine bestimmte nationale Entscheidung verlangt, der nationale Gesetzgeber aber seinen Behörden gleichwohl Ermessen einräumt) nicht entscheidend an.

    c) Schließlich ist noch zu bedenken, dass im von der Konzeption der EG-Beitreibungsrichtlinie her bestehenden Normalfall (Übersendung eines Formulars, in dem bestimmte Kästchen angekreuzt sind, sowie einer Ausfertigung des ausländischen Steuerbescheids ohne Übersetzung, vgl. oben A.II.1. und B.IV.4.) das deutsche FA auch gar keine Informationen hat, die als Grundlage von sinnvollen Ermessenserwägungen dienen könnten; die Einräumung eines Entschließungsermessens wäre daher für den Regelfall sinnlos. Dass der Vollstreckungsschuldner aufgrund der Zahlungsaufforderung, die damit zugleich als Anhörung (§ 91 AO) wirkt, im Einzelfall Umstände vorbringt, um das FA von dem Vorliegen eines Verstoßes gegen den ordre public zu überzeugen und damit zur Ablehnung des Beitreibungsersuchens zu bewegen, mag vorkommen. Verstöße gegen den ordre public dürften aufgrund der in den meisten Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gut funktionierenden Rechtspflege jedoch eher die Ausnahme sein. Bestünde unabhängig von solchen ausnahmsweise vorkommenden, vom Vollstreckungsschuldner darzulegenden ordre-public-Verstößen ein generelles Entschließungsermessen, müsste die ersuchte Behörde den Vollstreckungsschuldner zunächst immer anhören (§ 91 Abs. 1 AO), um überhaupt die tatsächlichen Grundlagen für die sinnvolle Ausübung ihres Ermessens zu gewinnen. Im Rahmen der Vollstreckung soll jedoch von einer vorherigen Anhörung regelmäßig abgesehen werden (§ 91 Abs. 2 Nr. 5 AO).

    d) Der Rechtslage widersprechende Verwaltungsvorschriften sind für das FG unbeachtlich. Soweit sich aus Tz. 3.2.6 Absatz 4 des „Merkblatts zur zwischenstaatlichen Amtshilfe bei der Steuererhebung (Beitreibung)” (BMF-Schreiben vom 19.01.2004 IV B - S 1320 - 1/04, BStBl I 2004, 66, AO-Handbuch Anhang 52) nicht nur ein Auswahlermessen, sondern auch ein Entschließungsermessen ergeben sollte, folgt der Senat dem nicht.

    V.

    1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    2. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt.1 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Es erscheint insbesondere klärungswürdig, ob und ggf. mit welcher Klageart Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Beitreibungshilfe insgesamt geltend gemacht werden können, auch wenn konkret drohende irreparable Schäden durch eine bevorstehende Vollstreckung nicht vorgetragen werden, oder ob zur Erlangung von Rechtsschutz erst eine Vollstreckungsmaßnahme abgewartet werden muss, auch wenn Einwendungen gegen die einzelne Vollstreckungsmaßnahme nicht im Raume stehen, ferner, ob auch Haftungsforderungen unter das EG-BeitrG fallen, sowie schließlich, ob dem deutschen FA bei der Vollstreckung von bereits vor dem Beitreibungsersuchen im ersuchenden Staat angefochtenen Forderungen ein Entschließungsermessen zusteht.

    VorschriftenEG-BeitrG § 1 Abs. 2 Nr. 7, EG-BeitrG § 4 Abs. 1, EG-BeitrG § 7 Abs. 3, EG § 2 Buchst. g, EG Art. 6, EG Art. 7 Abs. 2 Buchst. a, EG Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 2, FGO § 40, FGO § 41 Abs. 1, FGO § 41 Abs. 2, AO § 69, AO § 44 Abs. 1 Satz 1, AO § 91 Abs. 1, AO § 91 Abs. 2 Nr. 5, AO § 219, AO § 256, GG Art. 19 Abs. 4