24.01.2012
Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 14.09.2011 – 12 K 12052/10
1. Voraussetzung der Anerkennung einer GmbH als Steuerberatungsgesellschaft ist, dass mindestens einer der zu Geschäftsführern bestellten Steuerberater seine Niederlassung am Sitz der Gesellschaft oder in dessen Nahbereich unterhält. Nahbereich in diesem Sinne ist in der Regel ein Umkreis von etwa 50 km Luftlinienentfernung.
2. Ein Steuerberater kann regelmäßig nur über eine berufliche Niederlassung verfügen.
3. Im Rahmen des Anerkennungsverfahrens gemäß § 49 Abs. 1 und 3 in Verbindung mit § 50 StBerG müssen die vom Gesetzgeber vorgesehenen Voraussetzungen im Zeitpunkt der (letzten) Verwaltungsentscheidung seitens der zuständigen Steuerberaterkammer erfüllt sein.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg – 12. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. September 2011 durch den Präsidenten des Finanzgerichts … die Richterin am Finanzgericht … den Richter am Finanzgericht … die ehrenamtlichen Richter …
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Frau Steuerberaterin …, geb. am …1937, (im Folgenden: E.K.) sowie Herr Rechtsanwalt und Steuerberater …, geb. am …1970, (im … Folgenden: S.K.) – ursprünglich beide wohnhaft in F und Mitglieder der Steuerberaterkammer G – werden auf der Internetseite der Bevollmächtigten der Klägerin in F als dort tätige Kollegen aufgeführt. Gleichermaßen führen die von den Bevollmächtigten genutzten Briefbögen E.K. als Sozia auf.
Im Dezember 2007 errichteten E.K. sowie S.K. im Wege der Neugründung die Klägerin. Bereits durch Schreiben vom 11.03.2007 hatte sich S.K. mit dem (ersten) Entwurf der Satzung einer Steuerberatungsgesellschaft zwecks Genehmigung an die Beklagte gewandt. Ausweislich des Anhangs zu dem Entwurf sollten die Gesellschafter E.K. und S.K. zu Geschäftsführern bestellt werden.
Die bei Antragstellung anfallende Bearbeitungsgebühr in Höhe von 500,00 EUR überwies eine Frau H. Frau H, Volkswirtin, unterhält unter der Anschrift G Straße 61 in C eine Unternehmens- und Wirtschaftsberatung. Ausweislich der Internetseite des Vereins … (TUH) wird in dem TUH – Beraterpool Frau H zusammen mit S.K. – unter ausdrücklichem Hinweis auf die Klägerin – und zwar mit den Beratungsschwerpunkten „Steuerfragen und Buchhaltung” geführt.
Nachdem die Beklagte zunächst im Hinblick auf den vorgelegten (ersten) Entwurf der Satzung die Klägerin auf verschiedene berufsrechtliche Bedenken hingewiesen hatte, bestätigte die Kammer mit einem an S.K. gerichteten Schreiben am 10.10.2007, dass gegen den mit Schreiben vom 04. und 11.09.2007 vorgelegten (überarbeiteten) Entwurf der Satzung unter berufsrechtlichen Gesichtspunkten keine Bedenken bestünden. Allerdings sei gemäß § 50 Abs. 1 Satz 2 Steuerberatungsgesetz (StBerG) für die Anerkennung einer Gesellschaft als Steuerberatungsgesellschaft erforderlich, dass mindestens ein Steuerberater Geschäftsführer der Gesellschaft sei und er seine berufliche Niederlassung am Sitz der Gesellschaft oder in dessen Nahbereich habe. Diese Anerkennungsvoraussetzung sei nach wie vor nicht gegeben, da beide Geschäftsführer der Gesellschaft ihre berufliche Niederlassung nicht am Sitz der Gesellschaft und auch nicht im Nahbereich der Gesellschaft hätten.
Im Februar 2008 übersandte S.K. der Kammer den Gesellschaftsvertrag zur Errichtung der GmbH sowie den Beschluss der Gesellschafterversammlung, in der die beiden Gesellschafter (Anteilseigner) sich zu einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführern bestellten. Zugleich unterrichtete S.K. die Kammer dahingehend, dass E.K. zum nächstmöglichen Termin ihren Sitz der beruflichen Niederlassung nach C, G Straße 61, verlege. Zum Nachweis fügte S.K. einen Antrag von E.K. an die Steuerberaterkammer G bei, den Sitz ihrer beruflichen Niederlassung zum nächstmöglichen Termin nach C zu verlegen. Die Beklagte teilte daraufhin (Schreiben vom 21.02.2008) der Klägerin erneut mit, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung im Hinblick auf § 50 Abs. 1 Satz 2 StBerG nach wie vor nicht erfüllt seien. Weiterhin übersandte die Kammer der Klägerin eine Unbedenklichkeitsbescheinigung zur Vorlage bei dem Handelsregister.
Im Mai 2008 reichte E.K. bei der Beklagten den Erfassungsbogen für das Berufsregister ein, auf dessen Einzelheiten der Senat Bezug nimmt. U.a. gab E.K. an, dass die Kammer die für sie bestimmte Post auch zukünftig an ihre Privatanschrift in F senden solle. Sie, E.K., sei Geschäftsführerin der in C ansässigen Klägerin. Demgegenüber fehlten Angaben zur (Anschrift der) beruflichen Niederlassung. Daraufhin teilte ihr die Beklagte mit, der Mitgliedererfassungsbogen enthalte nur unvollständige Angaben in Bezug auf ihre Berufsausübung. Insbesondere werde nicht deutlich, wo sich nunmehr die tatsächliche berufliche Niederlassung von E.K. befinde. In ihrem Antwortschreiben vom 09.06.2008 führte E.K. aus, sie „beabsichtige neben dem Büro in der G Straße 61 in C (derzeit) keine weitere berufliche Niederlassung zu unterhalten”. Damit habe sie ihre berufliche Niederlassung im Nahbereich des Sitzes der Gesellschaft. Nach Einschätzung der Beklagten ergab sich aus dem Schreiben vom 09.06.2008 allerdings keine eindeutige Erklärung zur beruflichen Niederlassung. Immerhin habe E.K. in ihrem Mitgliedererfassungsbogen angegeben, weiterhin in F wohnen zu wollen.
E.K. teilte daraufhin in einem am 29.07.2008 der Kammer übersandten Schreiben mit, neben der Geschäftsführertätigkeit für die Klägerin keine weitere selbständige Tätigkeit mehr auszuüben. Damit sei der Sitz ihrer beruflichen Niederlassung derselbe wie der der Klägerin. Darüber hinaus verfüge die Familie von ihr, E.K., über Immobilienbesitz in C; im Jahre 2008 sei ein Einfamilienhaus erworben worden, auch werde eine Wohnung selber genutzt. Damit sei sichergestellt, dass sie, E.K., jederzeit innerhalb einer angemessenen Zeitspanne für die Mandanten und für die Erledigung von Bürogeschäften erreichbar sei. In einem weiteren Schreiben vom 15.08.2008 ergänzte E.K. ihren Vortrag dahingehend, dass der Ort ihrer gegenwärtigen und zukünftigen Niederlassung die G Straße in C sei; auch werde sie ausschließlich für die Klägerin tätig.
Ermittlungen der Beklagten im September 2008 ergaben, dass – so die Kammer – unter der Anschrift G Straße 61 in C lediglich Frau H ihre Unternehmens- und Wirtschaftsberatung betreibt, hingegen unter der vorgenannten Anschrift kein Hinweis auf die Tätigkeit der E.K. erkennbar war. Nach der im Schreiben vom 23.09.2008 niedergelegten Einschätzung der Kammer war daher, zumal Frau H die Gebühr für die Anerkennung der Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft überwiesen hatte, nicht sichergestellt, dass die Klägerin verantwortlich durch Steuerberater geführt werden würde. Vielmehr bestehe der Verdacht, dass eine berufsrechtlich unzulässige Bürogemeinschaft mit einem Gewerbebetreibenden unterhalten und auf diese Weise einer Person, die nicht zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen befugt sei, die Möglichkeit eröffnet werden solle, Vorbehaltsaufgaben der Steuerberater unter dem Deckmantel einer Steuerberatungsgesellschaft anzubieten.
In ihrem Antwortschreiben vom 08.11.2008 führte E.K. aus, dass Frau H eine Mandantin von S.K. sei und zur Verrechnung von bestehenden Honoraransprüchen schuldbefreiend die Anerkennungsgebühr für die Klägerin überwiesen habe. Weiterhin habe die Beklagte bei ihren Ermittlungen deshalb keinen Hinweis auf die Tätigkeit der Klägerin in C, G Straße 61, gefunden, weil eine Steuerberatungsgesellschaft erst nach ihrer Anerkennung steuerberatend tätig werden dürfe.
Im Anschluss an eine Ortsbesichtigung des Grundstücks unter der Anschrift G Straße 61 in C ging die Beklagte davon aus, dass E.K. persönlich keine berufliche Niederlassung in Berlin unterhält. Daraufhin leitete die Kammer im Hinblick auf das in § 46 Abs. 2 Nr. 6 StBerG niedergelegte Erfordernis, eine berufliche Niederlassung zeitnah zu begründen und zu unterhalten, zunächst das Verfahren zum Widerruf der Bestellung von E.K. als Steuerberaterin ein. Im September 2009 wandte sich die Beklagte allerdings an die Steuerberaterkammer G mit dem Hinweis, E.K. habe ihre berufliche Niederlassung nie nach C verlegt. Aus diesem Grunde übersandte die Beklagte der Kammer in F die Mitgliederakte der E.K. mit dem Bemerken, im Berufsregister für C E.K. rückwirkend gelöscht zu haben, da die Berufsangehörige ihre berufliche Niederlassung tatsächlich nie in C gehabt habe. In diesem Zusammenhang übersandte die Beklagte E.K. zudem das Berufsregisterblatt mit Löschvermerk als Bestätigung, dass ihre Mitgliedschaft bei der Steuerberaterkammer C erloschen sei.
Auch ohne Anerkennung seitens der Beklagten wurde die Klägerin im Jahre 2008 unternehmerisch tätig. Sie erwirtschaftete in diesem Jahr einen Jahresüberschuss in Höhe von 7.843,63 EUR.
Mit Schreiben vom 18.11.2009 wandte sich die Beklagte nunmehr an die Klägerin mit dem Hinweis, dass die beiden Geschäftsführer der Gesellschaft ihre berufliche Niederlassung im Zuständigkeitsbereich der Steuerberaterkammer G hätten. Ohne Nachweis, dass ein (weiterer) Geschäftsführer der Gesellschaft seine berufliche Niederlassung an deren Sitz oder in dessen Nahbereich habe, werde – so die Beklagte weiter – der Antrag auf Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft abgelehnt. Dementsprechend lehnte die Beklagte durch am 06.02.2010 zugestellten Bescheid vom 04.02.2010, auf dessen Einzelheiten der Senat sich bezieht, den Antrag auf Anerkennung der Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft vom 31.03.2007 ab.
Die Klägerin hat ihre am 08.03.2010 bei Gericht eingegangene Klage zunächst wie folgt begründet: Der Anspruch auf Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft bestehe. Entscheidend sei in diesem Zusammenhang die Bereitschaft von E.K., unmittelbar nachdem die Beklagte sie, die Klägerin, anerkannt habe, als Geschäftsführerin in C tätig zu werden. E.K. habe insoweit alles Erforderliche getan, um ihre berufliche Niederlassung nach C zu verlegen. Sie unterhalte als Berufsangehörige ihre berufliche Niederlassung ausschließlich an dem ins Auge gefassten Sitz der Gesellschaft in C. E.K. werde nämlich allein für sie, die Klägerin, nach Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft tätig sein. E.K. wolle ihrer beruflichen Tätigkeit als Steuerberaterin nur als Geschäftsführerin der Gesellschaft in C nachgehen. Aus diesem Grunde bestehe gerade keine berufliche Niederlassung von E.K. in F mehr. Demgegenüber hat die Klägerin im März 2011 vorgetragen, E.K. sei nunmehr gezwungen, ihren Lebensunterhalt durch eine Tätigkeit in F zu verdienen. Die angestrebte Anerkennung der Gesellschaft durch die Beklagte würde E.K. aber sogleich veranlassen, ihre Tätigkeit in F wieder einzustellen.
Zudem habe die Familie K vorbereitend ein Einfamilienhaus in C erworben und eine Wohnung in C angemietet. Mit der Anerkennung von ihr, der Klägerin, als Steuerberatungsgesellschaft werde E.K. ausschließlich für diese als Steuerberaterin in C tätig; dort befinde sich dann jedenfalls die alleinige berufliche Niederlassung der Geschäftsführerin. Lediglich das Vorgehen der Beklagten hindere die Gesellschaftergeschäftsführerin daran, ihren Beruf auszuüben. Nach der Anerkennung der Steuerberatungsgesellschaft werde E.K. unverzüglich als Geschäftsführerin steuerberatend tätig werden.
Im Übrigen betreibe der weitere Geschäftsführer S.K. in C bereits eine Kanzlei in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammen mit dem in C zugelassenen Rechtsanwalt I; diese Gesellschaft werde auch steuerberatend tätig. Mithin sei S.K. unabhängig von seiner beruflichen Niederlassung ebenfalls regelmäßig in C tätig. Folglich seien beide Gesellschaftsgeschäftsführer regelmäßig in C beruflich aktiv.
Zu Unrecht verlange die Beklagte, dass sämtliche Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 Satz 2 StBerG bereits im Zeitpunkt der Anerkennung vorliegen müssten. Gerade bei Neugründungen erweise sich eine nachfolgende Kontrolle als ausreichend.
Schließlich könnten die Gesellschaftergeschäftsführer die Gesellschaft verantwortlich führen. Neben S.K. könne gerade auch E.K jederzeit innerhalb angemessener Zeit sämtliche Termine in C wahrnehmen.
Soweit sie, die Klägerin, im Jahre 2008 einen Gewinn erzielt habe, hätten sich die betreffenden Tätigkeiten auf Bereiche bezogen, die nicht der Kontrolle eines Steuerberaters unterlegen hätten.
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin weiter vorgetragen, dass S.K. seine anwaltlichen Aktivitäten seit dem 13.09.2011 in C substantiell ausgeweitet habe.
Die Klägerin beantragt,
das Verfahren gemäß § 74 FGO auszusetzen und
hilfsweise
den Bescheid der Beklagten vom 04.02.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach Auffassung der Beklagten besteht kein Anspruch der Klägerin auf Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft. Die Klägerin erfülle nicht die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 Satz 2 StBerG. Als Sitz der Klägerin sei die G Straße 61 in C vorgesehen; beide Geschäftsführer hätten bislang ihre berufliche Niederlassung nicht in C oder in dem betreffenden Nahbereich. E.K. habe jedenfalls zu keiner Zeit ihre berufliche Niederlassung nach C verlegt. Weder habe sie selbst dies hinreichend deutlich erklärt, noch ergebe sich dies aus den sonstigen tatsächlichen Umständen. Demgegenüber sprächen die von den Bevollmächtigten eingesetzten Briefbögen eher für eine berufliche Tätigkeit von E.K. in F. E.K., die immerhin auf der Internetseite der Kanzlei in F als Sozia geführt werde, habe auch trotz ausdrücklicher Nachfrage sich nicht dazu geäußert, wo sie ihre Büroräume tatsächlich unterhalte. Alle diesbezüglichen Erläuterungen von E.K. hätten unter dem Vorbehalt der Anerkennung der Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft gestanden.
Der weitere Geschäftsführer verfüge gleichermaßen über keine berufliche Niederlassung in C. S.K. habe jedenfalls keine berufliche Niederlassung etwa unter der Anschrift L Straße 22 in C angezeigt. Dementsprechend werde er auch nicht in dem Berufsregister in C als Steuerberater geführt. Somit hätte die Klägerin im Ergebnis bislang selbst nur vorgetragen, dass gegenwärtig beide Geschäftsführer ihre berufliche Niederlassung jedenfalls nicht in C hätten.
Entgegen der Ansicht der Klägerin müssten die Voraussetzungen für das Anerkennen einer Steuerberatungsgesellschaft bereits im Zeitpunkt der Anerkennung vorliegen. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des § 50 StBerG, des Zusammenhangs von Abs. 1 Satz 2 mit § 50 Abs. 1 Satz 1 StBerG und der Systematik des § 55 Abs. 2 Nr. 2 StBerG. Bei Gründung einer Steuerberatungsgesellschaft erfordere dies, dass mindestens einer ihrer Geschäftsführer vor Anerkennung der Gesellschaft als Steuerberatungsgesellschaft bereits seine berufliche Niederlassung wenigstens in den Nahbereich des Sitzes der Gesellschaft verlegt habe. Dies sei auch unschwer möglich, da Steuerberater ihren Beruf selbständig ausüben könnten.
Zudem fehle der Nachweis, dass die Gesellschaft von Steuerberatern verantwortlich im Sinne von § 32 Abs. 3 S. 2 StBerG geführt werde. Die Klägerin habe bislang nicht in nachprüfbarer Weise angegeben, durch welche organisatorischen Maßnahmen sie gewährleisten wolle, dass das operative Geschäft vor Ort durch Steuerberater hinreichend überwacht und verantwortet werde. Immerhin befinde sich der Wohnsitz der Gesellschaftergeschäftsführer nach wie vor in G.
Gegen eine verantwortliche Leitung der Klägerin durch Berufsträger spreche zudem der Umstand, dass die Klägerin im Jahre 2008 bereits – ohne Anerkennung – unternehmerisch tätig geworden sei und einen Jahresüberschuss in Höhe von 7.843,63 EUR erwirtschaftet habe. Auch diese Tatsache widerlege eine in hinreichender Weise kontrollierte Tätigkeit der Klägerin. Denn die Klägerin sei tatsächlich mangels Anerkennung unter Verstoß gegen § 161 Abs. 1 StBerG im Rechtsverkehr aufgetreten, habe Leistungen unter Verstoß gegen die §§ 5 und 160 StBerG beworben und Leistungen gemäß § 6 Nr. 4 StBerG erbracht, ohne dass ein Berufsträger diese in der erforderlichen Weise überwacht habe.
Auf die Bitte des Berichterstatters hin hat die Klägerin eine Ablichtung des mit E.K. geschlossenen Anstellungsvertrages vom 04.05.2008 übersandt. Die diesbezügliche Anfrage des Berichterstatters hat die Steuerberaterkammer G zunächst mit Schreiben vom 08.08.2011 dahingehend beantwortet, dass E.K. ihre berufliche Niederlassung in F habe. Ergänzend hat die Kammer am 22.08.2011 mitgeteilt, dass E.K. am 14.08.2011 verstorben sei.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 09.09.2011 beantragt, das Verfahren gemäß § 74 FGO auszusetzen. Den zugleich gestellten weiteren Antrag, den Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14.09.2011 aufzuheben, hat der Vorsitzende noch am selben Tage abschlägig beschieden.
Der Senat nimmt Bezug auf den Inhalt der Akten sowie die sonstigen übersandten Schriftsätze.
Entscheidungsgründe:
Das Verfahren war nicht gemäß § 74 Finanzgerichtsordnung (FGO) auszusetzen. Das Erteilen des Erbscheins und das – ins Auge gefasste – anschließende Übertragen der Gesellschaftsanteile der Klägerin auf S.K. als Berufsträger betreffen nicht das vorgreifliche Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 74 FGO. Denn allein die im Hinblick auf § 50a Abs. 1 Nr. 1 StBerG angestrebte Übertragung der Gesellschaftsanteile würde der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Denn auch in diesem Fall wären die Voraussetzungen gemäß § 50 Abs. 1 Satz 2 StBerG nicht erfüllt.
Die Klage ist nicht begründet. Die Beklagte war nicht verpflichtet, die Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft anzuerkennen. Ohne Rechtsverstoß hat die Beklagte die beantragte Anerkennung versagt, § 101 Finanzgerichtsordnung (FGO). Gleichermaßen waren zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die diesbezüglichen Voraussetzungen für das Anerkennen der Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft nicht erfüllt.
Gemäß § 49 Abs. 1 StBerG können Gesellschaften mit beschränkter Haftung als Steuerberatungsgesellschaften anerkannt werden. Allerdings erfüllt die Klägerin nicht sämtliche hierfür vorgesehenen Voraussetzungen. § 50 Abs. 1 Satz 2 StBerG verlangt nämlich, dass mindestens einer der zu Geschäftsführern bestellten Steuerberater seine Niederlassung am Sitz der Klägerin oder in dessen Nahbereich unterhält. Dies war in dem Zeitpunkt, als die Beklagte den Ablehnungsbescheid erlassen hat, nicht der Fall. Nach dem Tod der E.K. ist diese Voraussetzung – selbst unter Berücksichtigung des Vortrags in der mündlichen Verhandlung – auch bei S.K. nach wie vor nicht gegeben.
E.K. verfügte zur Überzeugung des Senats zu keinem Zeitpunkt über eine berufliche Niederlassung in C. Dies gilt gleichermaßen für den Nahbereich gemäß § 50 Abs. 1 Satz 2 StBerG. Denn unter dem Nahbereich im Sinne dieser Vorschrift versteht der Bundesfinanzhof (BFH), dem der Senat folgt, einen Umkreis von etwa 50 km Luftlinienentfernung. Dabei kann im Einzelfall unter dem Gesichtspunkt hinreichender Erreichbarkeit ein gewisses Modifizieren dieser Entfernungsgrenze geboten erscheinen (vgl. hierzu: BFH, Urteil vom 31.08.1995 – VII R 98/94, Bundessteuerblatt [BStBl.] 1997, 629 [632 f]).
Tatsächlich verfügte E.K. in der Vergangenheit lediglich in F, wo sie auch ihren Wohnsitz inne hatte, über eine berufliche Niederlassung. Zwar hatte E.K. zunächst wiederholt geäußert, „derzeit überhaupt nicht beruflich tätig zu sein”. Allerdings führt die von der Klägerin bevollmächtigte Rechtsanwalts- und Steuerberaterkanzlei E.K. als Sozia im Briefkopf. Auch hat die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 03.03.2011 vorgetragen, E.K. sei bis zur Anerkennung gemäß § 49 Abs. 1 StBerG seitens der Beklagten gezwungen, ihren Lebensunterhalt als Steuerberaterin zu verdienen. Sofern E.K. tatsächlich als Steuerberaterin noch aktiv gewesen ist, befand sich aber in jedem Falle derzeit keine berufliche Niederlassung von E.K. im (Groß-)Raum C.
Gleichermaßen verfügt S.K. derzeit über keine berufliche Niederlassung als Steuerberater in C. S.K betreibt als namensgebender Sozius eine Rechtsanwalts- und Steuerberaterkanzlei in F. Er ist Mitglied der Steuerberaterkammer G und hat in F auch seinen Wohnsitz inne. Zugleich hat S.K. in keiner Weise substantiiert dargelegt, dass er zusätzlich in C steuerberatende Aktivitäten in einer Weise und in einem Umfang entfaltet, dass er auch in C über eine berufliche Niederlassung verfügt. In diesem Zusammenhang ist zudem der Grundsatz zu beachten, dass ein Steuerberater regelmäßig nur über eine berufliche Niederlassung verfügen kann (ebenso: Gehre/von Borstel, Steuerberatungsgesetz, 5. Auflage [2005], § 34 Randnummer [Rdnr.] 2 mit weitern Nachweisen [m.w.N.]). S.K. ist darüber hinaus – worauf die Beklagte unwidersprochen hingewiesen hat – in dem von der Kammer geführten Berufsregister nicht geführt.
Im Rahmen des Anerkennungsverfahrens gemäß § 49 Abs. 1 und 3 in Verbindung mit § 50 StBerG müssen die vom Gesetzgeber vorgesehenen Voraussetzungen im Zeitpunkt der (letzten) Verwaltungsentscheidung seitens der zuständigen Steuerberaterkammer erfüllt sein. Hiernach genügt es nicht, dass S.K. im Anschluss an die Anerkennung der Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft – sei es auch unverzüglich – seine berufliche Niederlassung als Steuerberater am Sitz der Klägerin oder in dessen Nahbereich begründet.
Für dieses Gesetzesverständnis spricht zunächst der Wortlaut des Gesetzes. Denn § 50 Abs. 1 StBerG sieht ohne jede Einschränkung vor, dass als eine Voraussetzung für die Anerkennung mindestens einer der als Geschäftsführer vorgesehenen Steuerberater seine berufliche Niederlassung am Sitz der Gesellschaft oder in dessen Nahbereich unterhält. Mithin geht der Gesetzeswortlaut nicht von der Vorstellung aus, dass das Erfordernis der beruflichen Niederlassung am Sitz der Gesellschaft oder in dessen Nahbereich erst im Nachhinein erfüllt wird.
In diesem Sinne verlangt auch die Rechtsprechung für die Anerkennung von Steuerberatungsgesellschaften, dass im Grundsatz vorrangig auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung über den Anerkennungsantrag abzustellen ist. Lediglich soweit das spätere Verhalten der Gesellschaft eine Rolle spielen kann, mögen im Einzelfall – im Wege der Prognose – auch die zukünftigen Umstände für die Entscheidung der zuständigen Kammer eine Rolle spielen. Maßgebender Zeitpunkt für die Frage, ob die Voraussetzungen für das Anerkennen einer Steuerberatungsgesellschaft vorliegen, bleibt jedoch grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (vgl. BFH, Urteil vom 26.09.1989 – VII R 54/89, Sammlung der Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 1990, 328 [329]; Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 5.6.2003 – VII 89/2001, Entscheidungen der Finanzgerichte [EFG] 2003, 1733).
Gleichermaßen spricht die gesetzliche Systematik für die Notwendigkeit, dass zumindest ein Steuerberater im Zeitpunkt der Anerkennung die örtliche Voraussetzung im Sinne des § 50 Abs. 1 Satz 2 StBerG erfüllt. Denn während § 34 Abs. 3 Satz 3 StBerG einem Berufsangehörigen nach der Bestellung bis zu sechs Monaten Zeit einräumt, eine berufliche Niederlassung zu begründen, fehlt eine entsprechende Regelung in den §§ 50 ff StBerG für die Steuerberatungsgesellschaften. Ebenso sieht der Gesetzgeber zwar bei der Rücknahme oder dem Widerruf der Anerkennung gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 StBerG das Bestimmen einer Frist vor, um den dem Gesetz entsprechenden Zustand herbeizuführen. Indem der Gesetzgeber aber nur im Falle der Rücknahme oder des Widerrufs eine Nachbesserungsfrist einräumt, kommt zugleich mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber für das ursprüngliche Anerkennungsverfahren von dem vollständigen und fristgerechten Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen ausgeht.
Darüber hinaus lässt auch die gesetzgeberische Intention im Zusammenhang mit (der Zulassung von) Steuerberatungsgesellschaften es insgesamt als gerechtfertigt erscheinen, auf das Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen bereits im Zeitpunkt der Anerkennung abzustellen. Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 15.3.1967 – 1 BvR 575/62, BVerfGE 21, 227 [232 f]) widerspricht das Ausüben des Berufs eines Steuerberaters in Form einer Gesellschaft im Grunde dem höchstpersönlichen Charakter dieses Berufs. In diesem Sinne sieht auch der BFH die Steuerberatung in Form einer Gesellschaft als besonders begründete Ausnahme an (vgl. BFH, Urteil vom 14.3.1989 – VII R 46/88, Bundessteuerblatt [BStBl.] II 1989, 577 [579]). Vor diesem Hintergrund erweist es sich nicht als geboten, die eher als Ausnahme anzusehenden Vorschriften zur Anerkennung von Steuerberatungsgesellschaften über den Gesetzeswortlaut hinaus zu erweitern.
Schließlich wird gerade auch an Hand der in § 50 Abs. 1 Satz 2 StBerG niedergelegten Vorgaben deutlich, dass diese Voraussetzungen im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung bereits erfüllt sein sollten. Der Umstand, dass E.K. nicht im Kammerbezirk der Beklagten ihre berufliche Niederlassung unterhielt, hat zu einem Auseinanderfallen der Zuständigkeiten im Bereich der Berufsaufsicht geführt. So war E.K. allein Mitglied der Steuerberaterkammer G. Dies hatte zur Folge, dass die Beklagte etwa auf Auskünfte und sonstige Formen der Zusammenarbeit mit einer anderen Kammer angewiesen war. Dementsprechend hat die dortige Kammer auch das Gericht vom Tod seines Kammermitglieds unterrichtet. Dagegen verfolgt der Gesetzgeber mit der in § 50 Abs. 1 Satz 2 StBerG geregelten Anforderung gerade das Ziel, derartige Nachteile zu verhindern. Das Gesetz zielt – ausdrücklich und im Zusammenhang mit der Anerkennung einer Steuerberatungsgesellschaft – nach dem Wortlaut und der Intention darauf ab, die Unzuträglichkeiten zu vermeiden, die entstehen, wenn der Geschäftsführer und die Steuerberatungsgesellschaft unterschiedliche berufliche Niederlassungen unterhalten (vgl. hierzu: Gehre/von Borstel, Steuerberatungsgesetz, 5. Auflage [2005], § 34 Rdnr. 2). Insoweit erscheint es sachgerecht, dieser gesetzlichen Zielvorstellung bereits im Rahmen des eigentlichen Anerkennungsverfahrens selbst zu entsprechen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.