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  • 11.01.2012

    Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 03.11.2011 – 11 K 467/09

    - Zur betrieblichen Veranlassung von Aufwendungen.


    - Aufwendungen für ein Erststudium können als vorweggenommene BA abziehbar sein.


    Tatbestand

    Streitig ist die Höhe der Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit der Klägerin gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) und die Berücksichtigung des Entlastungsbetrages nach § 24b EStG.

    Die Kläger sind Eheleute und werden im Streitjahr 2004 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin ist am 12. April 1985 in Weißrussland geboren. Sie besuchte nach einer künstlerischen Ausbildung bei ihrem Vater drei Jahre eine Kunstschule in W./Weißrussland. Anschließend studierte sie an der Universität in W./Weißrussland Pädagogik. Weder die künstlerische Ausbildung beim Vater bzw. in der Kunstschule, noch das Studium in W. wurde mit einer Abschlussprüfung abgeschlossen. Mit ca. 19 Jahren zog sie nach Deutschland. Im Streitjahr studierte sie an der Universität in A Slawistik und Kunstpädagogik. Dort schloss sie dies Studium am 24. Dezember 2010 mit der Magisterprüfung ab.

    Die Einkommensteuer 2004 schätzte der Beklagte mit Einkommensteuerbescheid vom 19. Oktober 2006. Gegen diesen Bescheid legten die Kläger Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren reichten die Kläger die Einkommensteuererklärung 2004 ein, in der die Klägerin einen Verlust aus selbstständiger Tätigkeit erklärte. Der Verlust i. H. von 8.940 EUR ergab sich aufgrund einer eingereichten Einnahmen/Überschussrechnung der Kläger. Neben Einnahmen in Höhe von 120 EUR machte die Klägerin Betriebsausgaben in Höhe von 9.059,80 EUR geltend. Die dort aufgeführten Aufwendungen setzten sich wie folgt zusammen:

    Arbeitsmittel u. Fortbildung u. a. Immatrikulation  1.417,00 EUR

    Doppelte Haushaltsführung in A 5.417,99 EUR

    Fahrtkosten 2.224,80 EUR

    Zwischensumme 9.059,80 EUR

    Die Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung betreffen Wohnraumkosten im Zusammenhang mit einer Eigentumswohnung, die im Eigentum des Klägers steht. Im Einspruchsverfahren machten die Kläger weitere Betriebsausgaben in Höhe von 1.647,60 EUR geltend, so dass sich die gesamten Aufwendungen auf 10.707,39 EUR beliefen. Diese Betriebsausgaben wurden in Höhe von 9.043,39 EUR von der Klägerin getragen. Im Übrigen (1.664,00 EUR Hausgeld) handelt es sich um Aufwendungen, die der Kläger aufwandte.

    Der Beklagte berücksichtigte an Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit die erklärten Einnahmen von 120,00 EUR abzüglich Betriebsausgaben i. H. v. 30,00 EUR (pauschale Berechnung i. H. v. 25 % von 120,00 EUR), so dass Einkünfte nach § 18 EStG i.H.v. 90,00 EUR berücksichtigt wurden. Soweit die Klägerin für ihre Ausbildung an der Universität A Aufwendungen i. H. v. 10.707,00 EUR geltend gemacht hatte, berücksichtigte der Beklagte diese Beträge mit dem Höchstbetrag von 4.000,00 EUR als unbeschränkt abzugsfähige Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Es erging sodann eine Einspruchsentscheidung am 6. Februar 2007, in der diese Änderungen berücksichtigt wurden. In der Einspruchsentscheidung setzte daher der Beklagte die Einkommensteuer 2004 von 6.146,00 EUR auf 2.376,00 EUR herab. Entsprechend wurde der Solidaritätszuschlag reduziert. Hinsichtlich der Anwendung des § 24b EStG (Entlastungsbetrag für Alleinerziehende) erging die Festsetzung gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Abgabenordnung (AO) vorläufig. Dagegen erhoben die Kläger Klage.

    Die Kläger tragen vor, die Nichtanerkennung von Fortbildungskosten als Betriebsausgaben könne nicht auf § 12 Nr. 5 EStG gestützt werden. Diese Vorschrift sei im Eilverfahren eingefügt worden und sei erkennbar auf die Situation der Behandlung von Aufwendungen im Rahmen der Einkunftsart nichtselbstständiger Tätigkeit zugeschnitten und lasse die Situation der anderen Einkunftsarten außen vor. Das Abzugsverbot nach § 12 Nr. 5 EStG sei nur im Bereich nichtselbstständiger Tätigkeit anzuwenden. Die Aufwendungen die im Rahmen der freiberuflichen Tätigkeit der Klägerin geltend gemacht worden seien, könnten nicht in reine Aufwendungen für freiberufliche Tätigkeit einerseits und andererseits für Fortbildungskosten aufgeteilt werden. Dass die Klägerin seit Jahren - auch schon vor der Eheschließung in ihrem Heimatland - Überschüsse mit ihrer künstlerischen Betätigung als Grafikerin und Buchillustratorin erzielte, dürfte dem Beklagten bekannt sein. Die Anschaffung der Wohnung in A sei ausschließlich deshalb erfolgt, um die Aufnahme des Studiums als Fortbildungsmaßnahme durchführen zu können. Dabei könne es steuerlich keine Rolle spielen, ob für diesen Zweck eine Pensionsunterkunft genommen oder eine Wohnung angemietet worden sei. Dass die Aufwendungen für diese Ausbildung zurzeit nicht durch entsprechende Einnahmen abgedeckt werden könnten, stehe ihrer steuerlichen Anerkennung als notwendige Betriebsausgaben nicht entgegen.

    Die Klägerin habe die ernsthafte Absicht gehabt, die künstlerische Betätigung in der Weise zu betreiben, dass daraus Einkünfte erzielt werden können. Die Klägerin habe auch nicht ein Lehramtstudium absolviert, sondern betreibe das Studium der Kunstpädagogik als ergänzenden Aspekt für die ausgeübte freiberufliche künstlerische Tätigkeit.

    Darüber hinaus werde mit der Klage auch der in der Einkommensteuererklärung beantragte und vom Beklagten versagte Entlastungsbetrag für Alleinerziehende geltend gemacht. Zur Begründung werde auf das Schreiben an den Beklagten vom 18. Januar 2007 verwiesen.

    Ebenso werden Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen gemäß § 35 a EStG i.H. von 132,12 EUR geltend gemacht, worauf im Schreiben an den Beklagten vom 2. August 2007 hingewiesen werde.

    Über dies sei die Anwendung von § 12 Nr. 5 EStG ein Verstoß gegen Artikel 3 Grundgesetz (GG). Gleiches gelte hinsichtlich § 24b EStG.

    Die Kläger beantragen,

    den Einkommensteuerbescheid 2004 vom 19. Oktober 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2007 dergestalt zu ändern, dass weitere Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit der Klägerin in Höhe von 10.707,00 EUR, der Entlastungsbetrag nach § 24b EStG und weitere Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen in Höhe von 132,12 EUR berücksichtigt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die bisher anerkannten Sonderausgaben i.H.v. 4.000,00 EUR gestrichen werden.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte trägt vor, dass es sich bei den Aufwendungen für das Studium bei der Universität A um Aufwendungen handeln würde, die als Erstausbildung zu berücksichtigen seien. Diese könnten als Aufwendungen für das Erststudium jedoch nur nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG bis zu 4.000,00 EUR im Kalenderjahr als Sonderausgaben abgezogen werden. Ein Studium stelle dann ein erstmaliges Studium dar, wenn kein anderes durch einen berufsqualifizierenden Abschluss beendetes Studium voran gegangen sei.

    Auch könnten die Aufwendungen nicht leicht und einwandfrei der freiberuflichen Tätigkeit der Klägerin zugeordnet werden. Die Aufwendungen i. H. v. 10.707,39 EUR seien als Aufwendungen für ein Erststudium anzusehen und damit den Sonderausgaben zuzuordnen und könnten nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden.

    Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende werde Steuerpflichtigen gewährt, die alleinstehend seien. Alleinstehend im Sinne des § 24 b Abs. 1 EStG seien nach § 24 b Abs. 2 EStG Steuerpflichtige, die nicht die Voraussetzung für die Anwendung des Splittingverfahrens erfüllen würden oder verwitwet seien und keine Haushaltsgemeinschaft mit einem anderen Volljährigen bildeten. Da die Klägerin die Voraussetzung des § 26 Abs. 1 EStG erfülle, komme eine Anwendung des § 24 b EStG nicht in Betracht. Diesbezüglich werde zusätzlich auf die Erläuterungen zur Vorläufigkeit zum Einkommensteuerbescheid 2004 vom 8. Februar 2007 verwiesen. Der Bescheid sei hinsichtlich der Anwendung des § 24 b EStG vorläufig. Werde die angebliche Verfassungswidrigkeit einer Rechtsnorm gerügt fehle grundsätzlich das Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Finanzbehörde den angefochtenen Verwaltungsakten hinsichtlich des strittigen Punktes für vorläufig erklärt habe.

    Die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen hinsichtlich der Eigentumswohnung in A (87,59 EUR) seien in voller Höhe als haushaltsnahe Dienstleistungen zu berücksichtigen. Bei den Aufwendungen für die Mietwohnung seien jedoch lediglich die Beträge für die Straßenreinigung (9,73 EUR) und den Winterdienst, (34,80 EUR) anzurechnen. Die sonstigen Kosten für die Heizungswartung (128,33 EUR) seien nicht zum Abzug zuzulassen, da es sich um eine handwerkliche Tätigkeit handele, die von einer Fachkraft durchgeführt worden sei. Eine Berücksichtigung derartiger Dienstleistungen finde erst ab dem Veranlagungszeitraum 2005 statt. Es ergebe sich daher ein Betrag von 132,12 EUR, der nach § 35a EStG zu berücksichtigen sei.

    Gründe

    I. Die Klage ist teilweise begründet.

    Der Einkommensteuerbescheid 2004 vom 19. Oktober 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2007 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Klägerin sind Betriebsausgaben in Höhe von 9.043,39 EUR entstanden. Ebenso sind haushaltsnahe Dienstleistungen in Höhe von 132,12 EUR zu berücksichtigen.

    Betriebsausgaben

    1. Der Klägerin sind durch ihr Studium in A Aufwendungen entstanden, die als Betriebsausgaben und nicht als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu berücksichtigen sind.

    a) Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die nach § 4 Abs. 4 EStG durch den Betrieb veranlasst sind. Die Aufwendungen sind danach betrieblich veranlasst, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Betrieb besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Betriebs geleistet werden (BVerfG-Beschl. v. 9. Dezember 2008 2 BvL 1/07 u.a., BVerfGE 122, 210; BFH-Beschl. v. 21. September 2009 GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672). Dabei ist ausreichend, wenn die Ausgaben den Betrieb des Steuerpflichtigen im weitesten Sinne fördern (vgl. BFH-Urt. v. 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BStBl. II 2003, 403; Urt. v. 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BStBl. II 2003, 407; jeweils m.w.N. zum Berufsbegriff).

    Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich selbst dann, wenn der Steuerpflichtige gegenwärtig noch keine Einnahmen erzielt. Dann sind die Aufwendungen als vorab entstandene Betriebsausgaben abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen (BFH-Urt. v. 18. April 1996 VI R 89/93, BStBl. II 1996, 449; Urt. v. 19. April 1996 VI R 24/95, BStBl. II 1996, 452).

    Nach der Rechtsprechung des BFH (Urt. v. 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BStBl. II 2003, 403 zu Berufsbildungskosten als Werbungskosten) kann der erforderliche Veranlassungszusammenhang auch bei berufsbezogenen Bildungsmaßnahmen erfüllt sein. Denn § 4 EStG enthält keine Sonderregelung zu Berufsbildungskosten. Entscheidend bleibt daher nach den vorgenannten Grundsätzen auch insoweit, ob die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur nachfolgenden auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Berufstätigkeit stehen. Ein Veranlassungszusammenhang zwischen vorweggenommenen Betriebsausgaben i.S. von § 4 Abs. 4 EStG und nachfolgender Berufstätigkeit ist regelmäßig gegeben, wenn die Ausbildung Berufswissen vermittelt und damit auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet ist (s. dazu BFH-Urt. v. 20. Juli 2006 VI R 26/05, BStBl. II 2006, 764 zu Werbungskosten).

    Dem steht nach neuer Rechtsprechung des BFH auch nicht § 12 Nr. 5 EStG entgegen, der erstmalig auch im Streitjahr 2004 zu berücksichtigen ist (s. BFH-Urt. v. 28. Juli 2011 VR R 38/10, HFR 2011, 1105; Urt. v. 28. Juli 2011 VI R 7/10, HFR 2011, 1109; Urt. v. 28. Juli 2011 VI R 5/10, HFR 2011, 1109; die Finanzverwaltung hat die Entscheidungen bisher nicht für anwendbar erklärt; zur Kritik s. z.B. Birk, weblog-Eintrag auf www.handelsblatt.com v. 14. September 2011; Reiß, FR 2011, 863; Ismer, FR 2011, 846). Nach § 12 Nr. 5 EStG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium nur insoweit weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen, als „in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a, § 10b und §§ 33 bis 33c nichts anderes bestimmt ist”. § 12 Nr. 5 EStG schließt damit nicht per se und ausnahmslos den Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug aus, wie dies etwa § 4 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 bis 11 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG als allgemeines einkommensteuerrechtliches Regelungsmodell zur Begrenzung des Abzugs normiert, wenn der Aufwand zugleich auch die private Lebenssphäre berührt. § 12 Nr. 5 EStG steht vielmehr - wie auch § 12 Nrn. 1 bis 4 EStG und vergleichbar mit § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG - unter dem Anwendungsvorbehalt seines Einleitungssatzes. Danach bestimmt der dort in Bezug genommene § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG insoweit etwas anderes, als die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung als Sonderausgaben abgezogen werden können, wenn sie weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben sind. Im Ergebnis bleibt auch durch § 12 Nr. 5 EStG der vorrangige Betriebsausgabenabzug unberührt, so dass Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung auch unter der Geltung des § 12 Nr. 5 EStG als Betriebsausgaben abzugsfähig sind (s. im Einzelnen BFH-Urt. v. 28. Juli 2011 VR R 38/10, HFR 2011, 1105; Urt. v. 28. Juli 2011 VI R 7/10, HFR 2011, 1109; Urt. v. 28. Juli 2011 VI R 5/10, HFR 2011, 1109).

    Soweit es sich um ein Studium nach abgeschlossener Berufsausbildung oder nach einem Erststudium handelt, ist sich jedoch die Rechtsprechung und Verwaltung einig, dass in diesen Fällen ein Betriebsausgabenabzug/bzw. Werbungskostenabzug zu erfolgen hat, wenn ein hinreichend konkreter, objektiv feststellbarer Zusammenhang mit späteren steuerpflichtigen Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit besteht (z.B. BFH vom 18. Juni 2009, VI R 14/07, BStBl II 2010 S. 816; BMF v. 22. September 2010 IV C 4-S 2227/07/10002:002, 2010/0416045, BStBl. I 2010, 721 Rz. 2).

    b) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall sind die Aufwendungen der Klägerin durch ihre künftige Berufstätigkeit veranlasst und insoweit auch die Voraussetzungen des Betriebsausgabenabzugs nach der BFH-Rechtsprechung erfüllt.

    aa) Jedoch kommt eine Berücksichtigung der Aufwendungen der Klägerin für das Studium in A als Betriebsausgaben nicht unter dem Gesichtspunkt eines Studiums nach abgeschlossener Berufsausbildung oder nach einem Erststudium in Betracht. Es handelt sich bei den vorangegangenen Bildungsmaßnahmen in W./Weißrussland nicht um eine abgeschlossene nichtakademische Berufsausbildung oder ein abgeschlossenes Studium. Nach der Rechtsprechung und der Verwaltungsauffassung kommt ein Betriebsausgaben-/Werbungskostenabzug für ein Studium in diesen Fällen nur in Betracht, wenn ein berufsqualifizierender nichtakademischer bzw. akademischer Abschluss vorliegt /z.B. BFH-Urt. v. 18. Juni 2009 VI R 79/06, juris u. Urt. v. 18. Juni 2009 VI R 14/07, BStBl. II 2010, 816; BMF v. 22. September 2010 IV C 4-S 2227/07/10002:002, 2010/0416045, BStBl. I 2010, 721 Rz. 4, 6 u. 13).

    bb) Ein Abzug der Aufwendungen als vorweggenommene Betriebsausgaben ist aber nach der neuen Rechtsprechung des BFH vom 28. Juli 2011 möglich. Denn zwischen den Aufwendungen, die der Klägerin für ihre künstlerische Ausbildung in A entstanden sind, und ihrer späteren beruflichen Tätigkeit als Künstlerin und Buchillustratorin besteht offenkundig ein solcher hinreichender konkreter Veranlassungszusammenhang. Es ist nicht zu erkennen, dass das Studium in A „ins Blaue hinein” betrieben wurde oder aus anderen privaten Gründen aufgenommen worden ist (BFH-Urt. v. 20. Juli 2006 VI R 26/05, BStBl. II 2006, 764, zum Studium der Wirtschaftswissenschaften; Urt. v. 18. Juni 2009 VI R 14/07, BStBl. II 2010, 816, 818, ausdrücklich zum Lehramtsstudium; Urt. v. 18. Juni 2009 VI R 31/07, BFH/NV 2009, 1797; s. auch Urt. v. 28. Juli 2011 VI R 5/10, HFR 2011, 1109 u. Urt. v. 28. Juli 2011 VI R 7/10, HFR 2011, 1109 zu Erstausbildungen vor Abschluss einer Berufsausbildung, in denen auf die vorher genannten Urteile ausdrücklich in diesem Zusammenhang Bezug genommen wird). Die Klägerin hat bereits - wenngleich auch nur geringe - Einnahmen aus ihrer Künstlertätigkeit erzielt. Diese wurden schon in Weißrussland vereinnahmt und setzen sich in Deutschland fort.

    c) Der Höhe nach sind die Aufwendungen jedoch nur in Höhe von 9.043,39 EUR zu berücksichtigen. In dieser Höhe handelte es sich um Aufwendungen für das Studium, die die Klägerin unstreitig selbst getragen hat. Die darüber hinausgehenden Aufwendungen (Hausgeld in Höhe von 1.664,00 EUR) waren Aufwendungen des Klägers für die laufende Nutzung der Eigentumswohnung des Klägers in A durch die Klägerin (z.B. Wasserkosten). Diese können jedoch bei Eheleuten nur beim Nichteigentümer-Ehegatten berücksichtigt werden, wenn sie zu Lasten des gemeinsamen Kontos gehen (BFH-Beschl. v. 23. August 1999 GrS 2/97, BStBl. II 1999, 782, 787). Diese Aufwendungen wurden aber vom Konto des Klägers bezahlt, für das die Klägerin nur eine Kontovollmacht hatte.

    Entlastungsbetrag gem. § 24b EStG

    2. Ob die Kläger hinsichtlich ihres Begehrens, der Beklagte möge einen Abzugsbetrag nach § 24b EStG zulassen, überhaupt ein Rechtsschutzbedürfnis hat, da die Steuerfestsetzung insoweit nur vorläufig erfolgte, kann dahingestellt bleiben. Denn es steht den Klägern in der Sache kein Entlastungsbetrag gem. § 24b EStG zu. Die Vorschrift gilt nicht bei Zusammenveranlagten. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zweifelhaft (BVerfG-Beschl. v. 22. Mai 2009 2 BvR 310/07, HFR 2009, 1027; Schmidt-Loschelder, EStG, 29. Aufl. 2010, § 24b EStG Rz. 3).

    Haushaltsnahe Dienstleistungen

    3. Haushaltsnahe Dienstleistungen sind im vom Beklagten anerkannten Umfang (132,12 EUR) noch zu berücksichtigen.

    Sonderausgaben

    4. Die bisher berücksichtigten unbeschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben in Höhe von 4.021,00 EUR sind in Höhe von 4.000 EUR zu kürzen, da ein zusätzlicher Sonderausgabenabzug für die Bildungsaufwendungen neben dem Ansatz als Betriebsausgaben nicht möglich ist.

    II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

    III. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

    VorschriftenEStG § 4 Abs. 4, EStG § 10 Abs. 1 Nr. 7, EStG § 12 Nr. 5