15.12.2011
Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 20.09.2011 – 1 K 13/2008
Ausländische Gesellschaften, die hinsichtlich ihrer rechtlichen Struktur einer deutschen Kapitalgesellschaft entsprechen und im Inland weder Geschäftsleitung noch Sitz haben, sind mit ihren inländischen Einkünften in Deutschland beschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Die Anwendung der deutschen Gewinnermittlungsvorschriften ist dabei auf den durch die inländische Zweigniederlassung erzielten Gewinn beschränkt; bei der Gewinnermittlung darf die Körperschaftsteuer nicht gewinnmindernd abgezogen werden.
Der von einer ausländischen EU-Kapitalgesellschaft durch eine Zweigniederlassung im Inland erzielte Gewinn ist unter Anwendung der Grundsätze der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 und 48 EG bzw. vormals Art. 52 und 58 EGV) mit dem Steuersatz zu besteuern, der unter vergleichbaren Umständen bei einer inländischen Tochtergesellschaft, die ihren Gewinn voll ausschüttet („Ausschüttungsfiktion”), angewandt würde.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin für die Streitjahre 1997 – 2000 Anspruch auf die Anwendung eines niedrigeren Körperschaftsteuersatzes hat.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach ungarischem Recht, die in den Streitjahren weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland hatte.
Nach einer steuerlichen Außenprüfung erließ das Finanzamt am 10.09.2003 geänderte Körperschaftsteuerbescheide für die Streitjahre. Dabei wandte es die für beschränkt Steuerpflichtige im jeweiligen Körperschaftsteuergesetz vorgesehenen Steuersätze an. Bestehende Vorbehalte der Nachprüfung hob es auf.
Die Steuerfestsetzungen im Einzelnen:
Veranlagungszeitraum | Steuersatz | Festgesetzte Körperschaftsteuer |
1997 | 42% | 19.182 DM (= 9.807,60 €) |
1998 | 42% | 134.495 DM (= 68.766,20 €) |
1999 | 40% | 103.578 DM (= 52.958,59 €) |
2000 | 40% | 158.407 DM (= 80.992,21 €) |
Im Hinblick auf das beim EuGH anhängige Verfahren hat das Gericht am 30.01.2006 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Nach Ergehen des Urteils des EuGH in der Rechtssache CLT-UFA am 23.02.2006 (Slg. 2006, I-1831, BFH/NV 2006, Beilage 3, 237) und des nachgelagerten Urteils des BFH am 09.08.2006 I R 31/01 (BStBl. II 2007, 838), hat das Gericht den Rechtsstreit fortgeführt.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, analog der CLT-UFA-Entscheidung des EuGH (a.a.O.) bestehe auch für die Klägerin ein Anspruch auf die Anwendung eines niedrigeren Körperschaftsteuersatzes. Zwar sei Ungarn erst zum 01.05.2004 – zeitlich also weit nach den Streitjahren – der Europäischen Union (EU) beigetreten, jedoch sei diesem Beitritt eine zehnjährige Assoziierungsphase mit entsprechenden Übergangsregelungen vorausgegangen, die eine weitestgehende wirtschaftliche und rechtliche Gleichstellung ungarischer Unternehmen mit EU-Gesellschaften zum Ziel gehabt habe. Die Assoziierungsphase, die sich in zwei Phasen zu je 5 Jahren unterteilt habe, begründe spätestens in der zweiten Phase, die Klagejahre 1999 und 2000 betreffend, eine europarechtliche Auslegung des zwischen den Mitgliedsstaaten der EU und Ungarn geschlossenen Assoziationsabkommens (Europa-Abkommen, BGBl. II 1993, 1473, im Folgenden EA) und damit auch eine Anwendung der Rechtsprechung des EuGH. Damit entfalte das CLT-UFA-Urteil (a.a.O.) auch für die Streitjahre unmittelbare Wirkung hinsichtlich der Besteuerung der Klägerin.
Dies bedeute, dass die gegen die Klägerin festgesetzte Körperschaftsteuer und der festgesetzte Solidaritätszuschlag für 1997 um insgesamt
5.891,11 DM (= 3.012,08 €), für 1998 um 40.540,38 DM (= 20.727,97 €), für 1999 um 27.318,06 DM (=13.967,50 €) und für 2000 um 41.779,37 € (= 21.361,45 €) zu mindern sei. Entgegen den Vorgaben der Steuerverwaltung (vgl. BMF-Schreiben vom 17.10.2007, BStBl. I 2007, 766) habe die Klägerin bei ihren Berechnungen wegen nichtabziehbarer Betriebsausgaben i.S.d. § 31 Abs. 1 Nr. 4 KStG a.F. keine Zuschläge vorgenommen, da diese nicht gerechtfertigt seien.
Unbeschadet des zeitlichen Eintritts der zweiten Stufe der Assoziierungsphase und der damit in Zusammenhang stehenden Anwendungsregelung von Art. 44 Abs. 4 EA (Ungarn) werde für sämtliche Streitjahre die Diskriminierung der Klägerin durch die Anwendung überhöhter Betriebsstättensteuersätze gerügt. Schließlich sei zwischen Deutschland und Ungarn bereits 1989 eine Vereinbarung über die Entsendung ungarischer Arbeitnehmer aus in Ungarn ansässigen Unternehmen zur Beschäftigung auf Grund von Werkverträgen (vgl. BGBl. II 1989, 245) abgeschlossen worden. Da es der Klägerin in sämtlichen Streitjahren im Rahmen dieser Vereinbarung gestattet worden sei, durch ihre im Inland belegene Niederlassung entsprechende Werkverträge abzuschließen, seien ihr die innergemeinschaftlichen Rechte – die steuerrechtliche Gleichstellung inbegriffen – für sämtliche Streitjahre zuzuerkennen.
Die Klägerin hat deshalb beantragt,
die Körperschaftsteuer für 1997 auf 13.701,90 DM (= 7.005,67 €), für 1998 auf 96.068,10 DM (= 49.118,84 €) für 1999 auf 77.684,10 DM (= 39.719,25 €) und für 2000 auf 118.805,70 DM (= 60.744,39 €) herabzusetzen.
Das Finanzamt hat Klageabweisung beantragt.
Zur Begründung hat es vorgetragen, das in Art. 44 EA (Ungarn) niedergelegte Niederlassungsrecht entspreche nicht dem Gewährleistungsumfang der in Art. 52 EGV / Art. 43 EG garantierten Niederlassungsfreiheit. Die Rechtsprechung des EuGH zu Art. 43 EG in der Streitsache „CLT-UFA” (a.a.O.) lasse sich demnach nicht auf Art. 44 EA (Ungarn) übertragen. Insbesondere genüge nach der EuGH-Rechtsprechung eine Ähnlichkeit der Formulierung der Niederlassungsfreiheit in den Assoziationsabkommen einerseits und im EGV / EG andererseits nicht, um die Niederlassungsfreiheit des EGV / EG mit dem Niederlassungsrecht von Assoziationsabkommen gleichzusetzen; hierzu verweist es auf das EuGH-Urteil vom 27.09.2001 (C-235/99 „KONDOVA”, Slg. 2001, I-6427 Rn. 51 m.w.N.).
Das EA (Ungarn) regele unter „Kapitel II Niederlassungsrecht” in Art. 44 Abs. 3 lediglich das grundsätzliche Niederlassungsrecht, nicht jedoch, wie Art. 52 EGV / Art. 43 EG, das subjektive Recht der Niederlassungsfreiheit.
Die von der Klägerin beanspruchte Gleichstellung der Klägerin mit EU-Gesellschaften könne auch nicht aus Zweck und Kontext des Assoziationsabkommens hergeleitet werden. Dieses habe lediglich bezweckt, Ungarn näher an die EU heranzuführen bzw. den EU-Beitritt vorzubereiten. Es sei daher in der Assoziierungsphase noch nicht um die Herstellung eines Binnenmarkts zwischen den Vertragsstaaten gegangen. Erst nach dem endgültigen Beitritt habe mit der Niederlassungsfreiheit und den anderen Grundfreiheiten der Europäischen Gemeinschaft ein grenzenloser Binnenmarkt geschaffen bzw. gewährleistet werden sollen.
Die vom EuGH entwickelten Grundsätze zur Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten seien daher nicht auf die vom Assoziationsabkommen verbürgten Niederlassungsrechte übertragbar. Die Anwendung des im Nachgang zum EuGH-Urteil vom 23.02.2006 (CLT-UFA, a.a.O.) ergangenen BFH-Urteils vom 09.08.2006 (a.a.O.) auf den Streitfall scheide für die Streitjahre deshalb aus.
Die Anwendung des Art. 44 Abs. 3 EA (Ungarn) scheide für die Streitjahre 1997 und 1998 bereits deshalb aus, weil die Vorschrift gemäß Abs. 4 erst ab der zweiten Assoziierungsphase Rechtswirkung entfalte. Da diese zweite Stufe erst 1999 erreicht worden sei, könne frühestens ab dem Veranlagungszeitraum 1999 eine Anwendung dieser Vorschrift in Betracht kommen. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass eine von den Berechnungsvorgaben des BMF (vgl. BMF-Schreiben vom 17.10.2007, a.a.O.) abweichende Ermittlung eines geminderten Körperschaftsteuersatzes nicht in Betracht komme.
Das von der Klägerin erwähnte Abkommen vom 03.01.1989 über die Entsendung ungarischer Arbeitnehmer sei für den Streitfall irrelevant, da es keine Regelungen über das Besteuerungsverfahren enthalte; insofern sei auf die allgemeinen Grundsätze zurückzugreifen.
Auf die Finanzgerichtsakte, die dem Finanzgericht vorliegenden Akten des Finanzamts und die Sitzungsniederschrift vom 20.09.2011 wird Bezug genommen.
Gründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die Klägerin hat für die Streitjahre keinen Rechtsanspruch auf die Anwendung eines niedrigeren Körperschaftsteuersatzes.
1. In den Streitjahren 1997 – 2000 unterlag die Klägerin gemäß § 2 Nr. 1 KStG a.F. in Deutschland mit ihren inländischen Einkünften der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht.
Ausländische Gesellschaften, die wie die Klägerin – eine ungarische „korlátolt felelösségü társaság” (kft) – hinsichtlich ihrer rechtlichen Struktur einer deutschen Kapitalgesellschaft entsprechen (siehe Tabelle 2 zum BMF-Schreiben vom 24.12.1999, BStBl. I 1999, 1076) und im Inland (= Deutschland) weder Geschäftsleitung noch Sitz haben, sind mit ihren inländischen Einkünften in Deutschland beschränkt körperschaftsteuerpflichtig (§ 2 Nr. 1 KStG a.F.). Zu den inländischen Einkünften gehört der Gewinn aus Gewerbebetrieb, wenn für den Betrieb im Inland (mindestens) eine Betriebsstätte unterhalten wird (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 EStG a. F. i.V.m. § 2 Nr. 1 und § 8 Abs. 1 KStG a. F.). Betriebsstätten sind alle festen Geschäftseinrichtungen, die der Tätigkeit eines Unternehmens dienen; insbesondere gehören zu ihnen auch Zweigniederlassungen (§ 12 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 AO).
Zu Recht ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Klägerin in den Streitjahren aufgrund der in ihrer deutschen Zweigniederlassung ausgeübten Tätigkeiten inländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte.
Die Höhe dieser Einkünfte (des sog. Betriebsstättengewinns) wird nach deutschem Steuerrecht durch Vermögensvergleich ermittelt (vgl. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG a.F.). Die Anwendung der deutschen Gewinnermittlungsvorschriften ist dabei auf den durch die inländische Zweigniederlassung erzielten Gewinn beschränkt; bei der Gewinnermittlung darf die Körperschaftsteuer nicht gewinnmindernd abgezogen werden (vgl. BFH-Urteil vom 09.08.2006, a.a.O.).
Hinsichtlich des Besteuerungsrechts Deutschlands und der Abgrenzung des Betriebsstättengewinns von dem durch andere Unternehmensteile der Klägerin erzielten Gewinnanteil gilt nach dem Abkommen zwischen Deutschland und Ungarn zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen, Ertrag und Vermögen vom 18.07.1977 (BGBl. II 1979, 627) – DBA-Ungarn – Folgendes:
Deutschland hat das Besteuerungsrecht für den Gewinn der Klägerin, soweit er auf die in Deutschland befindliche Betriebsstätte entfällt (Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA-Ungarn). Bei der Ermittlung des auf die Betriebsstätte entfallenden Gewinns werden der Betriebsstätte diejenigen Gewinne zugerechnet, die sie hätte erzielen können, wenn sie eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen als selbständiges Unternehmen ausgeübt hätte und im Verkehr mit dem Unternehmen, dessen Betriebsstätte sie ist, völlig unabhängig gewesen wäre (Art. 7 Abs. 2 DBA-Ungarn). Bei der Ermittlung der Gewinne einer Betriebsstätte werden die für diese Betriebsstätte entstandenen Aufwendungen, einschließlich der Geschäftsführungs- und allgemeinen Verwaltungskosten, zum Abzug zugelassen, gleichgültig, ob sie in dem Staat, in dem die Betriebsstätte liegt oder anderswo entstanden sind (Art. 7 Abs. 3 DBA-Ungarn). Einer Bauausführung oder Montage dürfen in dem Vertragsstaat, in dem sich die Betriebsstätte befindet, nur solche Gewinne zugerechnet werden, die ein Ergebnis dieser Tätigkeiten selbst sind. Gewinne, die aus einer mit diesen Tätigkeiten im Zusammenhang stehenden oder davon abhängig erfolgten Warenlieferung der Hauptbetriebsstätte oder einer anderen Betriebsstätte des Unternehmens oder einer dritten Person berühren, sind der Bauausführung oder Montage nicht zuzurechnen (vgl. Protokoll Nr. (1) Zu Art. 7 DBA-Ungarn).
Die vom Finanzamt in Anwendung dieser Regelungen angesetzte Höhe des Betriebsstättengewinns und damit die Höhe des der Steuerfestsetzung zugrunde gelegten zu versteuernden Einkommens ist im Klageverfahren von der Klägerin dem Grunde nach nicht bestritten worden.
Der einheitliche Körperschaftsteuersatz für die inländischen Einkünfte beschränkt Steuerpflichtiger belief sich – in der jeweils gültigen Fassung des KStG für die entsprechenden Veranlagungszeiträume – gemäß § 23 Abs. 3, Abs. 2 Satz 1, § 2 Nr. 1 KStG für die Veranlagungszeiträume 1997 und 1998 auf 42% bzw. gemäß § 23 Abs. 1 KStG für die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 auf 40%. Das Finanzamt hat die Steuern der Klägerin für die Streitjahre in den hier gegenständlichen Änderungsbescheiden auf dieser Grundlage korrekt festgesetzt.
2. Ein Anspruch der Klägerin auf Anwendung eines niedrigeren Körperschaftsteuersatzes ergibt sich auch nicht aus einer direkten Anwendung des EA (Ungarn).
Dem EA (Ungarn) ist zu entnehmen, dass es nach seinem Sinn und Zweck der stufenweisen Heranführung Ungarns an die EU dienen sollte und allenfalls eine Vorstufe für eine EU-Vollmitgliedschaft mit entsprechenden Teilhaberechten darstellen sollte. Die vollständige Gewährung der europäischen Grundfreiheiten und die Teilnahme am gemeinsamen Binnenmarkt sollten ungarischen Unternehmen erst nach positivem Abschluss der Assoziationsphase eingeräumt werden.
U.a. unter den Gesichtspunkten, dass Ungarn letztlich die Mitgliedschaft in der EU anstrebte und dass die im EA (Ungarn) vereinbarte Assoziation zur Verwirklichung dieses Zieles beitragen würde (vgl. die Präambel des EA – Ungarn – vom 16.12.1991), wurde zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Ungarn andererseits eine Assoziation gegründet. Ihr Ziel war es gemäß Art. 1 u.a., Fortschritte bei der gegenseitigen Gewährung der wirtschaftlichen Freiheiten zu erzielen, die die Grundlage der Gemeinschaft bilden sowie die wirtschaftliche Zusammenarbeit auf einer möglichst breiten Grundlage zu fördern.
Gemäß Art. 6 EA (Ungarn) umfasste die Assoziation eine Übergangszeit von höchstens zehn Jahren, die sich, beginnend mit dem Inkrafttreten des Abkommens, in zwei aufeinanderfolgenden Stufen von jeweils fünf Jahren gliederte. Die erste Stufe begann am 01.02.1994 mit dem Inkrafttreten des EA und endete am 31.01.1999. Danach trat die zweite Stufe der Übergangszeit in Kraft.
Der Übergang zur zweiten Stufe der Assoziation hatte für die Vertragsparteien verschiedene Konsequenzen. U.a. gewährten die Mitgliedstaaten der EU von da an für die Niederlassung ungarischer Zweigniederlassungen, Agenturen und Staatsangehöriger, die eine selbständige Tätigkeit aufnehmen, in der EU Inländerbehandlung nach Artikel 44 Abs. 3 EA (Ungarn).
Das EA (Ungarn) enthält keine Regelung zur steuerlichen Behandlung ungarischer Niederlassungen in den jeweiligen Mitgliedstaaten der EU. Insbesondere aus Art. 44 Abs. 3 EA (Ungarn) lässt sich dergleichen nicht direkt ableiten.
Der entsprechende Wortlaut des Art. 44 EA (Ungarn) [Titel IV (Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Niederlassungsrecht, Dienstleistungsverkehr), Kapitel II (Niederlassungsrecht] lautet (auszugsweise) wie folgt:
Abs. 3:
Die Mitgliedstaaten [der EU] gewähren vom Inkrafttreten dieses Abkommens an für die Niederlassung ungarischer Gesellschaften […] im Sinne des Artikels 48 eine Behandlung, die nicht weniger günstig ist als die Behandlung ihrer eigenen Gesellschaften […], und für die Geschäftstätigkeiten der in ihrem Gebiet niedergelassenen ungarischen Gesellschaften […] eine Behandlung, die nicht weniger günstig ist als die Behandlung ihrer eigenen Gesellschaften […].
Abs. 4:
Unbeschadet [des Absatzes] 3 wird die in [Absatz] 3 vorgesehene Inländerbehandlung für Zweigniederlassungen [und] Agenturen […], die eine selbständige Tätigkeit aufnehmen, erst vom Beginn der in Artikel 6 genannten zweiten Stufe an gewährt.
Abs. 5:
Im Sinne dieses Abkommens
a. bedeutet Niederlassung
[…] ii. im Falle der Gesellschaften das Recht auf Aufnahme und Ausübung von Erwerbstätigkeiten durch die Errichtung und Leitung von Tochtergesellschaften, Zweigniederlassungen und Agenturen […]
Als „ungarische Gesellschaft” in diesem Sinne gilt gemäß Art. 48 Abs. 1 EA (Ungarn) eine Gesellschaft oder eine Firma, die nach den Rechtsvorschriften Ungarns gegründet wurde und ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung im Gebiete Ungarns hat.
Die Klägerin fällt als ungarische Kapitalgesellschaft grundsätzlich in den persönlichen Anwendungsbereich dieser Vorschrift (vgl. Art. 44 Abs. 3, 48 Abs. 1 EA). Allerdings stehen ihr wegen Art. 44 Abs. 4 EA (Ungarn) erst ab dem 01.02.1999 (Beginn der zweiten Assoziierungsphase) die Rechte aus Art. 44 Abs. 3 zu, so dass die hierauf gestützte Klage bezüglich der Streitjahre 1997 und 1998 schon deshalb keinen Erfolg haben kann.
Aber auch bzgl. der Streitjahre 1999 und 2000 kann die Klägerin aus dem Wortlaut des Art. 44 Abs. 3 EA (Ungarn) keinen Anspruch auf die Anwendung eines niedrigeren Körperschaftsteuersatzes herleiten, da keine Benachteiligung der Niederlassung der in Ungarn ansässigen Klägerin gegenüber einer Niederlassung einer inländischen Kapitalgesellschaft besteht.
Mit dem Steuersatz von 40% auf die Gewinne der Zweigniederlassung in den Jahren 1999 und 2000 war die Klägerin bzgl. des Steuersatzes im Wesentlichen einer inländischen, thesaurierenden Kapitalgesellschaft, die im Inland eine unselbständige Zweigniederlassung unterhielt, gleichgestellt, nachdem sich in diesen Streitjahren der Thesaurierungssteuersatz ebenfalls auf 40% belief. Eine Betrachtung der Streitjahre 1997 und 1998 unter diesem Blickwinkel führt überdies zu dem Ergebnis, dass die Klägerin mit ihrem Steuersatz von damals 42% gegenüber einer inländischen Kapitalgesellschaft (Thesaurierungssteuersatz: 45%) sogar bessergestellt war.
3. Auch aus dem Urteil des EuGH vom 23.02.2006 (CLT-UFA, a.a.O.) ist die Anwendung eines niedrigeren Körperschaftsteuersatzes nicht herzuleiten. Die dort benannten europarechtlichen Grundfreiheiten fanden in den Streitjahren auf ungarische Gesellschaften mit Niederlassungen im Gemeinschaftsgebiet noch keine hinreichende Anwendung.
3.1. In der Entscheidung CLT-UFA (a.a.O.) hatte der EuGH für einen innergemeinschaftlichen Sachverhalt entschieden, dass Art. 43 EG und Art. 48 EG (vormals Art. 52 und 58 EGV) einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach die Gewinne einer Zweigniederlassung einer Gesellschaft, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat, mit einem höheren Steuersatz (für thesaurierte Gewinne) belastet werden als die Gewinne einer Tochtergesellschaft einer solchen Gesellschaft, die ihre Gewinne voll an die Muttergesellschaft ausschüttet. Da nämlich Art. 43 EG den Wirtschaftsteilnehmern ausdrücklich die Möglichkeit lässt, die geeignetere Rechtform für die Ausübung ihrer Tätigkeiten in einem anderen Mitgliedstaat frei zu wählen, darf diese freie Wahl nicht durch diskriminierende Steuerbestimmungen eingeschränkt werden. Bei Anwendung des Steuersatzes auf thesaurierte Gewinne auf Zweigniederlassungen ist es für die Gesellschaften, die ihren Sitz in anderen Mitgliedstaaten haben, weniger attraktiv, die Niederlassungsfreiheit durch eine Zweigniederlassung auszuüben. Dadurch wird die Freiheit eingeschränkt, die geeignete Rechtsform für die Ausübung von Tätigkeiten in einem anderen Mitgliedstaat zu wählen.
Im Nachgang zu diesem Urteil hat der BFH mit Urteil vom 09.08.2006 (a.a.O.) sinngemäß entschieden, dass der von einer ausländischen EU-Kapitalgesellschaft durch eine Zweigniederlassung im Inland erzielte Gewinn unter Anwendung der Grundsätze der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 und 48 EG bzw. vormals Art. 52 und 58 EGV) mit dem Steuersatz zu besteuern ist, der unter vergleichbaren Umständen bei einer inländischen Tochtergesellschaft, die ihren Gewinn voll ausschüttet („Ausschüttungsfiktion”), angewandt würde.
Nach der Verwaltungsauffassung (vgl. BMF-Schreiben vom 17.10.2007, a.a.O.) sind diese Urteilsgrundsätze in allen offenen Fällen von beschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften anzuwenden, deren Sitz oder Geschäftsleitung in einem EU/EWR-Mitgliedstaat liegt und die Gewinne in einer inländischen Betriebsstätte erzielen.
3.2. Ungarn war in den Streitjahren noch kein Vollmitglied der EU; die Aufnahme in die EU erfolgte erst zu einem späteren Zeitpunkt (s.o.). Das zuvor zwischen den Mitgliedstaaten der EU und Ungarn abgeschlossene EA ist nicht dahingehend zu verstehen, dass Ungarn während der dem Beitritt vorangehenden Assoziierungsphase einem Mitgliedstaat bereits rechtlich gleichgestellt sein sollte (s.o. unter 2.).
3.3. In Art. 44 Abs. 4 EA (Ungarn) hatten die Vertragsstaaten klargestellt, dass sie die in Abs. 3 niedergelegten Bestimmungen erst von Beginn der zweiten Assoziierungsphase an gegen sich gelten lassen wollten. Da diese Regelung auch hinsichtlich einer europarechtlichen Auslegung des Art. 44 Abs. 3 EA (Ungarn) zu beachten ist, kann Art. 44 Abs. 3 EA (Ungarn) in den Streitjahren 1997 und 1998 keine subjektiv-öffentlichen Rechte für die Klägerin entfalten.
3.4. Aber auch für die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 ist Art. 44 Abs. 3 EA (Ungarn) nicht so zu verstehen, dass – jeweils bezogen auf eine ungarische Kapitalgesellschaft – eine inländische Zweigniederlassung einer rechtlich selbständigen inländischen Tochtergesellschaft im Sinne der Niederlassungsfreiheit gleichzustellen ist.
3.4.1. Hierbei wird der Klägerin nicht das grundsätzliche Recht abgesprochen, sich unmittelbar auf die Regelung des Art. 44 Abs. 3 EA (Ungarn) zu berufen.
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist eine Bestimmung eines von den Mitgliedstaaten der EU mit Drittländern geschlossenen Abkommens unmittelbar anwendbar, wenn sie unter Berücksichtigung ihres Wortlauts und im Hinblick auf Zweck und Wesen des Abkommens eine klare und eindeutige Verpflichtung enthält, deren Erfüllung oder deren Wirkungen nicht vom Erlass eines weiteren Akts abhängen (vgl. EuGH-Urteil vom 27.09.2001 C-235/99 „KONDOVA”, a.a.O., Rz. 31, EuGH-Urteil vom 27.09.2001 C-63/99 „GLOSZCZUK”, curia, Rz. 30 ff). Art. 44 EA (Ungarn) erfüllt diese Kriterien nach seinem Wortlaut. Die Bestimmung verbietet den Mitgliedstaaten klar, eindeutig und unbedingt, ungarische Staatsangehörige, die auf ihrem Gebiet als Selbständige, Gründer oder Geschäftsführer von Firmen tätig sind, die sie tatsächlich kontrollieren, aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminierend zu behandeln. Dieses Gleichbehandlungsgebot begründet eine Verpflichtung zur Erreichung eines ganz bestimmten Ziels und ist seinem Wesen nach geeignet, vom Einzelnen vor einem nationalen Gericht zur Stützung des Begehrens geltend gemacht zu werden, diskriminierende Vorschriften des Rechts eines Mitgliedstaats unangewendet zu lassen. Ergänzender Durchführungsvorschriften bedarf es insofern nicht.
Art. 58 Abs. 1 EA (Ungarn) steht der Feststellung nicht entgegen, dass Art. 44 Abs. 3 unmittelbar anwendbar ist. Aus Art. 58 Abs. 1 EA (Ungarn) ergibt sich nur, dass die Mitgliedstaaten die Befugnis behalten, im Rahmen des EA ihr nationales Einreise-, Aufenthalts- und Niederlassungsrecht anzuwenden. Art. 58 Abs. 1 EA (Ungarn) betrifft daher nicht die Durchführung der Bestimmungen des EA über die Niederlassung durch die Mitgliedstaaten und macht die Durchführung oder die Wirkungen des Gleichbehandlungsgebots des Art. 44 Abs. 3 EA (Ungarn) nicht vom Erlass zusätzlicher nationaler Maßnahmen abhängig (vgl. EuGH-Urteil „GLOSZCZUK”, a.a.O. Rz. 37).
3.4.2. Allerdings ist das in Art. 44 Abs. 3 EA (Ungarn) eingeräumte Niederlassungsrecht nicht der in Art. 43 EG niedergelegten Niederlassungsfreiheit in dem in ständiger EuGH-Rechtsprechung bestätigten Sinne gleichzustellen, wie sie Unternehmern im Rahmen des gemeinsamen Binnenmarktes innerhalb des Gemeinschaftsgebiets eingeräumt wird. Das für ein luxemburgisches Unternehmen gefällte EuGH-Urteil CLT-UFA (a.a.O.) findet mithin nicht in der Weise auf die Klägerin Anwendung, dass sie aus dem ihr in den Streitjahren 1999 und 2000 zustehenden Niederlassungsrecht einen Anspruch auf eine rechtsformunabhängige steuerliche Gleichbehandlung gegenüber EU-Gesellschaften herleiten könnte.
Art. 43 EG (vormals: Art. 52 EGV) hat folgenden Wortlaut:
Abs. 1:
„Die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Das gleiche gilt für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig sind.”
Abs. 2:
„Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Art. 48 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen.”
Im CLT-UFA-Urteil (a.a.O.) hat der EuGH ausgeführt, dass die in Art. 52 Abs. 1 Satz 2 EGV (neu: Art. 43 Abs. 1 Satz 2 EG) niedergelegte Niederlassungsfreiheit den Wirtschaftsteilnehmern ausdrücklich die Möglichkeit lasse, die geeignete Rechtsform für die Ausübung ihrer Tätigkeiten in einem anderen Mitgliedsstaat frei zu wählen; diese Wahlfreiheit dürfe nicht durch diskriminierende Steuerbestimmungen eingeschränkt werden.
Diese Rechtsprechungsgrundsätze finden auf die Klägerin bis zu deren EU-Beitritt im Jahre 2004 keine Anwendung.
3.4.2.1. Obgleich der Wortlaut des Art. 43 EG und der des Art. 44 Abs. 3 EA (Ungarn) bei oberflächlicher Betrachtung gewisse Ähnlichkeiten aufweisen, kommt eine Übertragung der Auslegung des Art. 43 EG auf Art. 44 Abs. 3 EA (Ungarn) nicht in Betracht.
Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH (vgl. die EuGH-Entscheidung GLOSZCZUK vom 27.09.2001, a.a.O., Rz. 48 m.w.N.) genügt eine schlicht ähnliche Fassung einer Bestimmung eines Grundvertrags der Gemeinschaften und eines völkerrechtlichen Vertrags zwischen der Gemeinschaft und einem Drittland nicht, um der Bestimmung des völkerrechtlichen Vertrags die Bedeutung zu geben, die den Bestimmungen der Gründungsverträge zukommt. Die Übertragung der Auslegung einer Bestimmung des EG-Vertrags auf eine vergleichbar, ähnlich oder übereinstimmend gefasste Bestimmung eines Abkommens zwischen der Gemeinschaft und einem Drittland hängt hiernach insbesondere davon ab, welchen Zweck diese Bestimmungen in dem ihnen je eigenen Rahmen verfolgen. Insoweit kommt dem Vergleich von Zweck und Kontext des Abkommens und des EG-Vertrags erhebliche Bedeutung zu (vgl. die EuGH-Entscheidung GLOSZCZUK vom 27.09.2001, a.a.O., Rz. 49, m.w.N.). In der Entscheidung GLOSZCZUK (a.a.O., Rz. 50) führte der EuGH hierzu aus:
„Das Europa-Abkommen bezweckt schlicht, einen geeigneten Rahmen für die schrittweise Integration […] in die Gemeinschaft zum Zwecke […] eines späteren Beitritts zu bieten, während der Zweck des EG-Vertrags die Schaffung eines Binnenmarktes ist, der durch die Beseitigung der Hindernisse für den freien Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedstaaten gekennzeichnet ist.”
Obgleich die Entscheidung GLOSZCZUK das mit Polen geschlossene EA behandelte, sind diese Grundsätze in vollem Umfang auf das vorliegende Klageverfahren übertragbar, da die in weiten Teilen wortgleichen Assoziationsabkommen der EU mit Polen und Ungarn der gleichen Zielrichtung dienten, in zeitlich engem Zusammenhang standen und jeweils erfolgreich umgesetzt werden konnten.
Eine Interpretation des Art. 44 Abs. 3 EA (Ungarn) im Sinne des Art. 43 EG scheidet wegen der divergierenden Zweckverfolgung mithin aus.
3.4.2.2. Art. 44 Abs. 3 EA (Ungarn) gewährt ungarischen Unternehmungen lediglich ein Niederlassungsrecht. Daraus lässt sich aber nicht das Gebot einer „Rechtsformneutralität” entnehmen, das der EuGH aus Art. 43 EG herleitet (CLT-UFA-Entscheidung, a.a.O.). Art. 44 Abs. 3 EA (Ungarn) sollte ungarischen Gesellschaften – gleich in welcher Rechtsform – die Möglichkeit eröffnen, im Wirtschaftsraum der EU wirtschaftliche Tätigkeiten zu entfalten. Ein Anspruch, wonach es steuerlich unbeachtlich sein müsse, in welcher Gestalt und welcher Rechtsform die ungarische Gesellschaft von diesem Recht Gebrauch macht, lässt sich dieser Bestimmung nicht entnehmen. Insofern ist deutlich zu unterscheiden zwischen der Rechtsstellung einer EU-Gesellschaft, die ihre Rechtsposition aus der Gesamtschau sämtlicher europäischer Grundfreiheiten ableiten kann, und einer in einem Nicht-EU-Staat ansässigen Gesellschaft, die sich lediglich auf einen völkerrechtlichen Vertrag – hier: das EA (Ungarn) – berufen kann. In diesem Punkt ist es rechtserheblich, dass die in Luxemburg ansässige Klägerin im Verfahren CLT-UFA ihre innergemeinschaftliche Niederlassungsfreiheit geltend machen konnte, wohin gehend sich die hier klagende Gesellschaft lediglich isoliert auf ein in Art. 44 Abs. 3 EA (Ungarn) eingeräumtes Niederlassungsrecht berufen kann.
3.4.2.3. Es ist zudem davon auszugehen, dass die Vertragsstaaten im Zeitpunkt des Abschlusses des EA (Ungarn) am 16.12.1991 nicht von einem solchen Gebot der Rechtsformneutralität ausgegangen sind; zum damaligen Zeitpunkt war die Rechtsprechung des EuGH noch nicht in der Weise angelegt, als dass eine Beurteilung des nationalen Ertragssteuerrechts an den Maßstäben des Europarechts in Betracht zu ziehen gewesen wäre. Insofern kann auch eine Auslegung des Art. 44 Abs. 3 EA (Ungarn) nicht in der Weise erfolgen, dass es dem Willen der damaligen Vertragsstaaten entsprochen hätte, das vereinbarte Niederlassungsrecht bewirke für die Aktivitäten ungarischer Gesellschaften in der EU – ohne dass dies einer besonderen Regelung bedurft hätte – einen Anspruch auf Rechtsformneutralität, die selbst auf das Gebiet des Steuerrechts Auswirkungen entfaltet. Hierbei ist zu bedenken, dass eine Harmonisierung der Ertragsteuern selbst im Binnenmarkt bislang nur in den Grundzügen angelegt ist.
3.4.3. Da kein Anspruch der Klägerin auf den Ansatz eines niedrigeren Körperschaftsteuersatzes ersichtlich ist, bedarf es im Streitfall keiner Entscheidung über das Vorbringen der Klägerin, die vom Finanzamt vorgelegten Berechnungsentwürfe, die auf Basis des einschlägigen BMF-Schreibens vom 17.10.2007 (a.a.O.) gefertigt wurden, seien materiell-rechtlich zu beanstanden.
4. Auch der Argumentation der Klägerin, der Ansatz eines niedrigeren Körperschaftsteuersatzes ergebe sich aus der Vereinbarung zwischen Deutschland und Ungarn aus dem Jahr 1989 über die Entsendung von Arbeitnehmern aus in Ungarn ansässigen Unternehmen zur Beschäftigung auf der Grundlage von Werkverträgen (a.a.O.), ist nicht zu folgen.
Diese Vereinbarung trifft keine Regelung über die Besteuerung, so dass die allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätze anzuwenden sind; eine steuerliche Privilegierung ungarischer Gesellschaften, die auf den in dem Abkommen benannten Geschäftsfeldern im Inland tätig werden, ist damit nicht verbunden. Alleine die Tatsache, dass es der Klägerin in sämtlichen Streitjahren im Rahmen dieser Vereinbarung gestattet worden war, durch ihre im Inland belegene Niederlassung entsprechende Werkverträge abzuschließen, führt nicht dazu, dass ihr die innergemeinschaftlichen Rechte – die steuerrechtliche Gleichstellung inbegriffen – zuzuerkennen sind.
Auch nach seinem Sinn und Zweck ist dieser Vereinbarung keine Sonderregelung auf steuerrechtlichem Gebiet zu entnehmen. Das Abkommen soll alleine einem geregelten, kontingentierten Zugang ungarischer Arbeitskräfte, die bestimmte Wirtschaftsleistungen erbringen, dienen. Einer steuerrechtlichen Sonderregelung für diesen Personenkreis bedurfte es nicht; eine Behandlung nach den allgemeinen Besteuerungsgrundsätzen lässt keine systemwidrigen Regelungslücken erkennen.
5. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da die Rechtssache über den Klagefall hinaus grundsätzliche Bedeutung hat und der BFH – soweit ersichtlich (vgl. auch Sydow in IWB 2010, 203, Ausgabe Nr. 6 vom 24.03.2010) – bislang noch nicht mit der gegenständlichen Rechtsfrage befasst war.
6. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen, da sie im Klageverfahren unterlegen ist (§ 135 Abs. 1 FGO).