15.12.2011
Finanzgericht Thüringen: Urteil vom 13.04.2011 – 1 K 615/07
1. Ein Anspruch auf Investitionszulage für ein Betriebsgebäude scheidet gem. § 2 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 InvZulG 1999 aus, wenn vor dem 1.1.2005 lediglich der Keller fertig gestellt ist, der aber keinen Gebäudeteil mit einem selbständigen Nutzungs- und Funktionszusammenhang darstellt.
2. Fraglich bleibt, ob ein Gebäude durch bloße Vereinbarung vor einem gesetzlichen Stichtag, zu dem das zu fördernde Objekt fertig gestellt sein muss, in unterschiedliche Wirtschaftsgüter aufgeteilt werden kann.
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
hat der I. Senat des Thüringer Finanzgerichts … am 13. April 2011 für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in den Kalenderjahren 1999 bis 2004 über die Gewährung einer Investitionszulage für ein Betriebsgebäude.
Der Kläger betreibt in A-Stadt eine Bau- und Möbeltischlerei. Am 24. September 1999 stellte er einen Bauantrag für den Neubau einer Werkstatt und Gebäude mit Spänebunker sowie eines Anbaus an sein Wohnhaus. Das Landratsamt erteilte ihm am 21. Februar 2000 die Baugenehmigung (vgl. Blatt 12 der Investitionszulageakten II).
Für diese Baumaßnahmen stellte der Kläger in den Jahren 1999 bis 2004 Investitionszulageanträge in folgender Höhe:
1999 | 4.764,73 EUR | (9.319,00 DM) |
2000 | 12.761,33 EUR | (24.959,00 DM) |
2001 | 2.718,35 EUR | (5.316,63 DM) |
2002 | 17.706,00 EUR | |
2003 | 35.184,00 EUR | |
2004 | 16.412,27 EUR |
Am 25. April 2002 führte er beim Kläger eine Nachschau – Anlass war die Investitionszulage für das Kalenderjahr 2000 – durch. Der Vertreter des Beklagten konnte hinsichtlich der Baumaßnahme (Werkstattgebäude, Spänebunker und Lager) lediglich den Abschluss der ersten Bauphase (Spänebunker sowie Rückwand des künftigen Werkstattgebäudes) feststellen. Der Mitarbeiter des Finanzamts wies den Kläger darauf hin, dass die Baumaßnahme gemäß § 2 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 des Investitionszulagengesetzes 1999 (InvZulG) lediglich gefördert werde, wenn sie vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen werde.
Am 1. Juli 2004 schloss der Kläger mit seinem Sohn Andreas folgende „Mietvereinbarung” (Blatt 104 der Investitionszulageakte III):
„Zwischen der Firma Hartmut X. und der Firma Andreas X. wird folgende Vereinbarung getroffen:
Der von der Firma Hartmut X. begonnene Neubau (Kellergeschoss) wird kostenlos von der Firma Andreas X. genutzt.
Das geplante Erd- und Dachgeschoss wird von der Firma Andreas X. errichtet (Bauherrenwechsel muss erfolgen).
Die notwendige Installationsheizung, Elektro, Absaugung wird durch die Firma Andreas X. ausgeführt und finanziell übernommen.
Die Nutzung des gesamten Objektes (Neubau) erfolgt bis zum 31. Dezember 2016 kostenfrei.
Der „Mietvereinbarung” ist eine weitere Vereinbarung angefügt, die mit „Mietvertrag” überschrieben ist. Darin wird der Beginn des Mietverhältnisses mit dem 1. Juli 2004 angegeben (Ende 30. Juni 2014 mit Verlängerungsklausel auf unbestimmte Zeit). Ein Mietzins fällt nach dieser Vereinbarung nicht an. Als „Mietzuschlag für Nebenkostenstrom” haben die Parteien die Zahlung von 100 EUR vereinbart.
Am 27. Oktober 2004 nahm die Bauaufsicht den Bau des Klägers in Augenschein. Die Vertreterin des Landratsamtes stellte fest, dass der Wohnhausanbau nicht mehr ausgeführt werden sollte. Das Werkstatt- und Lagergebäude im Kellergeschoss hatte man im Rohbau erstellt. Der Spänebunker sowie das Treppenhaus einschließlich des Aufzugsschachtes waren bis ins Dachgeschoss fertig gestellt. Die Heizung im Heizraum des Spänebunkers war installiert und lief seit einer Woche im Probelauf. Die erforderlichen Brandschutztüren waren eingebaut worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des damaligen Bautenstandes wird auf den Aktenvermerk vom 27. Oktober 2004 verwiesen (vgl. Aktenvermerk zur Ortsbesichtigung Blatt 102 der Investitionszulageakte III).
Am 2. November 2004 bescheinigte der als Bauleiter auftretende Ingenieur gegenüber dem Landratsamt die Teilfertigstellung des Kellergeschosses Werkstatt und des Spänebunkers. Dem Anschreiben hatte er die Bescheinigung des Bezirksschornsteinfegermeisters zur Nutzungsaufnahme einer Feuerstätte beigefügt (Blätter 109 und 110 der Investitionszulageakte III).
Am 24. März 2006 besichtigte der Beklagte den Neubau des Klägers erneut. Die Prüferin stellte fest, dass das Kellergeschoss planmäßig zu Lagerzwecken genutzt wurde (Abstellen von Maschinen sowie Montageteilen). Es verfügte zu diesem Zeitpunkt noch über keinen Innenputz. Elektrik, Heizung, Fenster und Türen sowie Estrichfußboden waren fertig gestellt. Nach ihren Erkenntnissen hatte der Sohn des Klägers zum 1. Januar 2005 die Baumaßnahme fortgeführt (Bauherrenwechsel, so auch die Aussage der Sachbearbeiterin Bauaufsicht, Bl. 13 der Rechtsbehelfsakte; erforderlich ist nur die Anzeige).
Am 9. Mai 2006 erließ der Beklagte Änderungsbescheide über die Gewährung einer Investitionszulage für die Kalenderjahre 1999 bis 2003, in denen er keine Investitionszulage mehr für den Werkstattneubau gewährte. Die Investitionszulage für das Kalenderjahr 2004 setzte er ebenfalls mit 0 EUR fest.
Gegen die Änderungsbescheide legte der Kläger im Mai 2006 Einspruch ein. Er machte geltend, das Kellergeschoss planmäßig erstellt und eigenbetrieblich genutzt zu haben. Die restlichen Gebäudeteile hätten in einem anderen Nutzungs- und Funktionszusammenhang gestanden (Nutzung durch den Sohn zu eigenbetrieblichen Zwecken). Im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens machte er darüber hinaus geltend, dass der Mietvertrag, den er mit seinem Sohn abgeschlossen habe, lediglich dazu gedient habe, seinem Sohn die kostenlose Nutzung des Kellergeschosses zu ermöglichen. Von dieser Möglichkeit habe dieser selten Gebrauch gemacht.
Der Beklagte führte am 18. Dezember 2006 nochmals eine Ortsbesichtigung durch. Gegenüber dem Mitarbeiter des Finanzamts gab der Kläger an, das Kellergeschoss weiterhin als Lager- und Werkstattraum zu nutzen. Das über diesem Raum liegende Erdgeschoss befand sich noch in der Rohbauphase, wobei Fenster, Elektroinstallation (Kabelverlegung) und Wand bereits vorhanden waren. Das Erdgeschosses verfügte lediglich über einen Rohfußboden und kein Tor (vgl. Bilder Blatt 37 ff. der Rechtsbehelfsakte). Die Decke über dem Erdgeschoss war provisorisch als Flachdach ausgestaltet. Der Kläger gab an, mittelfristig darauf ein Obergeschoss errichten zu wollen. Im circa 2,50 m hohen Kellergeschoss fand der Außendienstmitarbeiter die Heizkesselanlage vor. Sie dient zur Verbrennung anfallender beziehungsweise zugelieferter Holzreste (Späne, Holzschnitzel). Die hierbei erzeugte Abwärme wird zur Beheizung des Kellergeschosses und des angrenzenden Produktionsgebäudes (Altbestand) genutzt.
Bei dem über dem Kellergeschoss angeordneten Späneturm handelt es sich nach der Ansicht des Beklagten um eine Betriebsvorrichtung. Der Kläger konnte die Aufwendungen für den Späneturm nicht von den übrigen Gesamtaufwendungen abgrenzen. Der Außendienstmitarbeiter schätzte daher – ausgehend vom Anteil an dem Gesamtbau nach Kubikmetern – einen Anteil von den Gesamtaufwendungen i. H. v. 21 %. In der Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2007 berücksichtigte er bei der Investitionszulage 1999 daher einen Betrag i. H. v. 1.000 DM und gewährte für den Späneturm eine Investitionszulage von 100 DM (Zulagensatz 10 %). Die gesamte Investitionszulage 1999 betrug danach 787,70 EUR. Mit dem Bescheid äußerlich verbunden erließ der Beklagte einen Zinsbescheid i. H. v. 132 EUR. Im Übrigen wies er die Einsprüche des Klägers als unbegründet zurück.
Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vom 13. April 2011 eine tatsächliche Verständigung über die noch in Streit stehende Bemessungsgrundlage für eine eventuell daraus zu gewährende Investitionszulage getroffen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Der Kläger wendet sich mit der vorliegenden Klage gegen die Änderung der ursprünglich ergangenen Investitionszulagenbescheide beziehungsweise gegen die Festsetzung der Investitionszulage für das Kalenderjahr 2004 mit 0 Euro. Er könne den Ausführungen des Finanzamts in der Einspruchsentscheidung nur in tatsächlicher Hinsicht folgen.
Er habe das Kellergeschoss errichtet und nutzte diesen Teil seit Ende 2004 eigenbetrieblich als Lagerraum. Die Werkstatt im Erdgeschoss habe man am 5. Juli 2007 fertig gestellt. Sein Sohn habe es ab diesem Tag fremdbetrieblich genutzt.
Bei abschnittsweiser Errichtung eines Gebäudes, dessen einzelne Teile nicht in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stünden und somit selbstständige Gebäudeteile darstellten, sei es nicht erforderlich, dass auch die übrigen Gebäudeteile bereits fertig gestellt seien. Das gelte auch dann, wenn das Gebäude aufgrund einer einheitlichen Bauplanung errichtet werde (Hinweis auf die Kommentierung in Rosarius, Investitionsförderung Fach 4 Investitionszulagengesetz Tz. 35, Bl. 4 der Gerichtsakte). Das Bauvorhaben müsse für die Gewährung der Investitionszulage in einzelne Gebäudeteile (nicht Bauabschnitte) unterteilt werden. Es gebe keine rechtliche Grundlage dafür, auf die Bauplanung für Zwecke der Investitionszulage abzustellen. Es sei vielmehr von den tatsächlichen Gegebenheiten auszugehen. Er habe bereits seit 1999 geplant, das Kellergeschoss eigenbetrieblich zu nutzen. Die beabsichtigte fremdbetriebliche Nutzung seines Sohnes habe sich mit der Fertigstellung des Erdgeschosses in 2007 bestätigt. Die zeitliche Verzögerung bei der Nutzung des Erdgeschosses erkläre sich aus den hohen Baukosten.
Der Kläger beantragt,
die Investitionszulagenbescheide 1999 bis 2004, zuletzt in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 21. Juni 2007, dahingehend zu ändern, dass weitere Investitionszulagen unter Zugrundelegung der in der o. g. tatsächlichen Verständigung ermittelten Bemessungsgrundlage gewährt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist darauf, dass eine Förderung der in Streit stehenden Immobilie (§ 2 Abs. 3 InvZulG) nur erfolgen könne, wenn sie der Kläger als Anspruchsberechtigter vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen habe (§ 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 InvZulG). Seiner Ansicht nach sei dies vorliegend nicht der Fall gewesen. Er könne nicht feststellen, dass das Gebäude seine bestimmungsgemäße Einsatzbereitschaft vor dem 1. Januar 2005 erreicht habe und der Kläger es entsprechend seiner Zweckbestimmung hätte nutzen können. Denn ein Gebäude, bei dem lediglich erst ein Teil für den Betrieb nutzbar sei, könne nicht als fertig gestellt betrachtet werden.
Als Beginn der Herstellung würde bei Gebäuden der Zeitpunkt des Antrags auf Baugenehmigung gelten. Fertig gestellt werden müsse demnach die mit dem Antrag auf Baugenehmigung geplante einheitliche Baumaßnahme. Eine Investitionszulage könne daher weder gewährt werden, wenn das tatsächlich errichtete Gebäude gegenüber dem in dem ursprünglichen Bauantrag dargestellten Objekt Änderungen aufweise noch dann, wenn wesentliche Teile des in dem Bauantrag ausgewiesenen Objekts noch unfertig seien. Die Fertigstellung nur einzelner Bauabschnitte der ursprünglich geplanten einheitlichen Baumaßnahme begründe keinen Anspruch auf Investitionszulage (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 16. Dezember 1988 III R 186/83, Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 155, 450, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1989, 203). Insoweit sei allein ausschlaggebend, ob die Bauarbeiten am Stichtag soweit abgeschlossen seien, dass das Gebäude in all seinen wesentlichen Teilen, entsprechend seiner vorgesehenen Nutzungsmöglichkeit für den Betrieb zur Verfügung stehe (BFH-Urteil vom 21. Juli 1989 III R 89/85, BStBl II 1989, 906).
Im vorliegenden Fall habe der Kläger am 24. September 1999 einen Bauantrag über „Neubau Werkstatt-, Lagergebäude und Spänebunker” gestellt. Diese mit dem Antrag auf Baugenehmigung geplante einheitliche Baumaßnahme habe der Kläger somit nicht innerhalb der vom Gesetzgeber vorgegebenen Frist (vor dem 1. Januar 2005) fertig gestellt.
Dem Bauantrag könne er auch nicht entnehmen, dass eine unterschiedliche Nutzung der einzelnen Geschosse für den Betrieb des Klägers (eigenbetrieblich) und seinen Sohn (fremdbetriebliche) geplant gewesen sei. Seiner Ansicht nach sei daher die nachträgliche Änderung der zunächst geplanten einheitlichen Nutzung nicht entscheidungsrelevant.
Selbst wenn man die Nutzungsänderung aus der Mietvereinbarung vom 1. Juli 2004 anerkennen wolle, käme er zu keiner anderen Rechtsauffassung. Im Streitfall solle der Sohn des Klägers das Kellergeschoss weitgehend kostenfrei nutzen können. die gleichen Rechte habe ihm der Kläger für das Gesamtobjekt (Neubau) bis zum 31. Dezember 2016 eingeräumt, so dass dann eine einheitliche fremdbetriebliche Nutzung erfolgt wäre. Damit wäre kein unterschiedlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang innerhalb des Gebäudes mehr gegeben gewesen. Auch hier müsse auf die Fertigstellung des gesamten Gebäudes abgestellt werden. Dass der Sohn des Klägers das Erd- und Dachgeschoss tatsächlich genutzt habe, stehe zudem nicht fest.
Der Kläger habe zudem lediglich behauptet, eine fremdbetriebliche Nutzung irgendwann geplant zu haben. Genauso hätte er sich jedoch später entscheiden können, dass Erd- und Dachgeschoss selbst zu nutzen. Andernfalls könne man die Mietvereinbarung auch hinsichtlich der beiden Obergeschosse so auslegen, dass er seinem Sohn lediglich eine kostenlose Mitbenutzung habe einräumen wollen.
Die Parteien haben den Rechtsstreit am 14. Oktober 2010 erörtert. Wegen des Ergebnisses des Erörterungstermins wird auf die Niederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die Entscheidung des Beklagten, dem Kläger keine weitere Investitionszulage zu gewähren, verletzt diesen nicht in seinen Rechten.
Nach dem vorliegend einschlägigen InvZulG 1999 kann ein Berechtigter gem. § 2 Abs. 3 Satz 1 für die Herstellung neuer Gebäude, soweit die Gebäude mindestens 5 Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung in einem Betrieb des verarbeitenden Gewerbes verwendet werden und soweit es sich um Erstinvestitionen handelt, eine Förderung mittels Investitionszulage beanspruchen. Gem. § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999 sind die zuvor genannten Investitionen i. S. d. Abs. 3 Nr. 1, soweit sie – wie hier – nach dem 31. Dezember 1998 begonnen wurden, vor dem 1. Januar 2005 zum Abschluss zu bringen.
Der Kläger kann keine Investitionszulage beanspruchen, da er das in Streit stehende Gebäude nicht vor dem 1. Januar 2005 fertig gestellt hat.
1. Das InvZulG 1999 regelt den Begriff der „Fertigstellung” nicht näher. Der Begriff ist vielmehr dem Einkommensteuerrecht entlehnt. Dementsprechend sind die für die Einkommensbesteuerung entwickelten Grundsätze anzuwenden, es sei denn, aus Sinn und Zweck des InvZulG ergebe sich etwas anderes (vgl. BFH-Urteil v. 16.12.1988, III R 186/83, BFHE 155, 450, BStBl II 1989, 202). Der Begriff der Fertigstellung hat im Einkommensteuerecht vor allem bei Wohngebäuden eine Rolle gespielt. Wohngebäude sind nach der gefestigten Rechtsprechung danach fertig gestellt, wenn sie bezugsfertig sind (vgl. schon BFH-Urteil v. 08.04.1954, IV 393/53 U, BFHE 58, 692, BStBl III 1954, 175). Die Rechtsprechung hat die zu Wohngebäuden entwickelten Maßstäbe auf Betriebsgebäude übertragen. Danach gilt ein Betriebsgebäude als fertig gestellt, wenn die wesentlichen Bauarbeiten abgeschlossen sind und der Bau soweit gefördert ist, dass das Gebäude in all seinen wesentlichen Bereichen für den Betrieb nutzbar ist (BFH-Urteil v. 20.02.1975, IV R 79/74, BFHE 115, 535, BStBl II 1975, 510). Das Gebäude muss in all seinen wesentlichen Bereichen für den Betrieb nutzbar sein. Ein Stand der Bauarbeiten, bei dem lediglich erst ein Teil des Gebäudes für den Betrieb nutzbar ist, reicht für die Fertigstellung nicht aus (BFH-Urteil v. 16.12.1988, III R 186/83, BFHE 155, 450, BStBl II 1989, 203). Die Frage der Nutzungsmöglichkeit eines Gebäudes ist in diesem Zusammenhang anhand objektiver Kriterien und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung zu entscheiden (BFH-Urteil v. 25.07.1980, III R 46/78, BFHE 132, 99, BStBl II 1981, 152 und BFH-Beschluss v. 03.02.2000, I B 48/99, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2000, 947).
Der Kläger hat das geplante und in Gestalt des Bauantrages konkretisierte Betriebsgebäude nicht – wie es § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999 fordert – vor dem 01. Januar 2005 fertig gestellt. Denn er hat unstreitig lediglich den Kellerraum bis zum 31. Dezember 2004 unvollständig errichtet.
2. Der Kläger kann keine Investitionszulage für den Gebäudeteil Keller als selbstständiges Wirtschaftsgut beanspruchen.
Nach den auch im Investitionszulagenrecht anwendbaren Grundsätzen des Großen Senats des BFH (BFH-Urteil v. 26.11.1973, GrS V/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132) kann ein Gebäude in ebenso viele Wirtschaftsgüter aufgeteilt werden, wie einzelne Gebäudeteile in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen stehen (BFH-Urteil v. 14.07.1989, III R 29/88, BFHE 157, 472, BStBl II 1989, 903). Unterfällt ein Gebäude unterschiedlichen Kategorien, kann für jedes dieser Wirtschaftsgüter Investitionszulage gewährt werden.
Voraussetzung für die Annahme mehrerer Wirtschaftsgüter ist jedoch, dass der weitere Gebäudeteil – hier in Form einer fremdbetrieblichen Nutzung durch den Sohn – bereits als selbstständiges Wirtschaftsgut entstanden ist (BFH-Urteil v. 09.08.1989, X R 77/87, BFHE 158, 51, BStBl II 1991, 132). Dies war vorliegend nicht der Fall. Denn vor dem 1. Januar 2005 hatten der Kläger und sein Sohn lediglich das Kellergeschoss im Wesentlichen und im Übrigen den Späneturm sowie das Treppenhaus einschließlich des Aufzugsschachtes bis in das Dachgeschoss fertig gestellt. Insoweit bestanden vor dem 1. Januar 2005 noch keine selbstständigen Wirtschaftsgüter „eigenbetriebliches und fremdbetriebliches Gebäude”, das den Kläger berechtigte, für seinen Teil Investitionszulage in Anspruch zu nehmen (anderer Ansicht wohl Rosarius, Investitionsförderung Fach 4: InvZulG 1999 Rz. 350 m. w. N.).
Selbst wenn man der Argumentation des Klägers vorliegend folgen würde, könnte er keine Investitionszulage für die Teilerrichtung des Kelleranteils des geplanten Betriebsgebäudes beanspruchen. Denn der Kläger hat nicht den Nachweis erbringen können, dass er und sein Sohn vor dem 1. Januar 2005 Wirtschaftsgüter mit unterschiedlichem Nutzungs- und Funktionszusammenhang gebildet hatten.
Ein selbstständiges Wirtschaftsgut „fremdbetriebliches Obergeschoss” entstand nicht aufgrund von Abreden zwischen Vater und Sohn im Kalenderjahr 2004. Den Nachweis einer verbindlichen Abrede, dass der Sohn das Obergeschoss des Betriebsgebäudes hatte errichten und nutzen sollen, ist der Kläger schuldig geblieben. Die zivilrechtlichen Abreden zwischen Vater und Sohn geben insoweit lediglich Absichtserklärungen zum weiteren Bauverlauf wieder, der erklärtermaßen weder vom Kläger noch seinem Sohn absehbar war. Anders ist die Sachlage nicht zu beurteilen, weil der Sohn ab 2007 das Obergeschoss eigenbetrieblich genutzt hat. Bei dem zeitlichen Abstand zum 1. Januar 2005 entfaltet dieser Umstand nicht einmal eine Indizwirkung für einen im Jahr 2004 getroffenen endgültigen Entschluss.
Bei dieser Sachlage muss der Senat nicht über die Frage entscheiden, ob es überhaupt möglich ist, abweichend vom Investitionszulagenantrag ein Gebäude durch (bloße) Vereinbarung vor einem gesetzlichen Stichtag, zu dem das zu fördernde Objekt fertig gestellt sein muss, in unterschiedliche Wirtschaftsgüter aufzuteilen. Die Frage lässt sich am vorliegenden Rechtsstreit verdeutlichen. Unterstellt, der vorliegende Bau wäre nicht über die Bauphase des Kalenderjahres 1994 weiterverfolgt worden, würde für eine unfertige Baumaßnahme Investitionszulage gewährt, ohne dass jemals unterschiedliche Nutzungs- und Funktionszusammenhänge gebildet worden wären. Das Gewähren einer Investitionszulage würde vom Antrag abgekoppelt und abstrahiert. Für eine solche Vorgehensweise findet sich im Gesetz keine Stütze. Vielmehr geht es davon aus, dass der (mit Investitionszulage) zu fördernde Gegenstand genau zu bezeichnen ist, Herstellung (oder Anschaffung) sich auf diesen Gegenstand beziehen und die Finanzverwaltung auf dieser Grundlage in die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen eintritt (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2 InvZulG 1999). Darüber hinaus müsste in Fällen dieser Art die Finanzverwaltung ggf. Jahre abwarten, um entscheiden zu können, ob ein Gebäudeteil in einem selbständigen Nutzungs- und Funktionszusammenhang zum gesetzlichen Stichtag erstellt wurde. Das hat der Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird zugelassen.