07.12.2011
Finanzgericht München: Urteil vom 21.09.2011 – 14 K 145/10
1. Die Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme von Strom für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes und damit die Steuerbegünstigung des § 9 Abs. 3 StromStG knüpft nicht an den Verbrauch, sondern an den Verbraucher an.
2. Ob ein mittels Werkvertrags in den Produktionsprozess eines Unternehmens des Produzierenden Gewerbes eingebundener Subunternehmer selbst als „kleinste selbständige Einheit” i. S. v. § 2 Nrn. 3 und 4 StromStG anzusehen ist, ist allein unter Anknüpfung an formale Gesichtspunkte wie die Rechtsform zu ermitteln.
3. Verfügt der rechtlich selbstständige (im Streitfall ausländische) Subunternehmer selbst nicht über eine Genehmigung zur steuerbegünstigten Stromentnahme, so ist eine vergünstigte Entnahme desjenigen Stroms, den das Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Rahmen der Durchführung des Werkvertrags an den Subunternehmer weitergibt, nicht zulässig.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In der Streitsache
hat der 14. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung sowie der ehrenamtlichen Richter … und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. September 2011
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Streitig ist, ob die Klägerin im Jahr 2006 zu Recht Strom zum ermäßigten Steuersatz bezogen hat.
Die Klägerin ist ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes und stellt Wurst- und Schinkenerzeugnisse her. Sie verfügt über eine Erlaubnis zur Entnahme von steuerermäßigtem Strom zu betrieblichen Zwecken und bezog im Streitjahr … MWh Strom zum ermäßigten Steuersatz. Eine Erlaubnis zur Weiterleitung von steuerbegünstigt bezogenem Strom an andere Unternehmen bestand nicht.
In den Produktionsprozess war im Jahr 2006 u. a. die Firma A, Ungarn (A) eingebunden, die nicht über eine Erlaubnis zur Entnahme von steuerermäßigtem Strom zu betrieblichen Zwecken verfügte. Im Einzelnen waren in der Produktion neben eigenem Personal der Klägerin (40 Personen) ca. 30 Mitarbeiter der A eingesetzt, die von A bezahlt wurden und die Tätigkeiten in der Wurstproduktion übernahmen und Fleisch zerlegten und bearbeiteten, das im Eigentum der Klägerin stand.
Zwischen der Klägerin und der A bestand im Jahr 2006 ein Werkvertrag, worin u. a. geregelt war, dass die A ihre Tätigkeiten (Zerlegung und Bearbeitung von Fleisch sowie der damit verbundenen Arbeiten) selbständig und eigenverantwortlich zu erledigen habe. Zur Verrichtung der genannten Tätigkeiten hatte die Klägerin der A unentgeltlich bestimmte Flächen in ihrem Betrieb sowie Maschinen, Strom und Wasser zur Verfügung zu stellen. Die Organisation der vertraglichen Leistungen und aller zur Erfüllung des Vertrages notwendigen Handlungen oblagen allein der A. Die Arbeitnehmer der A sollten ausschließlich deren Weisungen unterliegen, während der Klägerin insoweit kein Weisungsrecht zustand. Die Klägerin war berechtigt, Qualitäts- und Hygienekontrollen durchzuführen. Die A war für die Sozialversicherung ihrer Arbeitnehmer zuständig. Die Bezahlung der von der A ausgeführten Tätigkeiten erfolgte auf der Grundlage eines Leistungsverzeichnisses, in dem ein bestimmter Nettopreis pro Stück oder Kilogramm vereinbart war. Für Sonderfälle war ein Stundenlohn vereinbart (vgl. Werkverträge zwischen der Klägerin und der A vom … und vom … einschließlich des jeweils dazugehörigen Leistungsverzeichnisses).
Im Rahmen einer Außenprüfung wurde festgestellt, dass die Klägerin im Streitjahr in ihrem Betrieb in der Produktion Mitarbeiter der A einsetzte, bei der es sich um ein rechtlich selbständiges Unternehmen gehandelt habe. Dadurch habe die Klägerin unberechtigt zum ermäßigten Steuersatz bezogenen Strom an ein anderes Unternehmen weitergegeben. Das mit der Außenprüfung beauftragte Hauptzollamt B teilte den zum ermäßigten Steuersatz bezogenen Strom anhand der in der Produktion beschäftigten Personen (40 Mitarbeiter der Klägerin, 30 Mitarbeiter der A) auf und errechnete eine begünstigte Strommenge von … MWh sowie eine nicht begünstigte Menge von … MWh (vgl. Prüfungsbericht vom …).
Aufgrund der Feststellungen im Prüfungsbericht setzte das für die Durchführung des Besteuerungsverfahrens zuständige Hauptzollamt (HZA) mit Steuerbescheid vom 23. September 2009 gegen die Klägerin für das Jahr 2006 Stromsteuer i. H. v. … EUR fest. Außerdem änderte es den Vergütungsbescheid vom 18. April 2007 mit Änderungsbescheid vom 5. Oktober 2009 dahingehend, dass der Klägerin für das Kalenderjahr 2006 eine Vergütung i. H. v. … EUR anstatt den bisher errechneten … EUR zustehen sollte.
Gegen beide Bescheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 21. Oktober 2009 Einspruch ein. Die Einsprüche der Klägerin wies das HZA jeweils mit Einspruchsentscheidung vom 11. Dezember 2009 zurück.
Dagegen erhob die Klägerin Klage, die sie im Wesentlichen folgendermaßen begründet: Sie habe im Streitjahr Strom zu ihren eigenen betrieblichen Zwecken entnommen, auch wenn sie einen Subunternehmer eingesetzt habe. Denn die Einschaltung von Subunternehmern in den von ihr beherrschten und kontrollierten Produktionsprozess führe nicht dazu, dass Strom für außerbetriebliche Zwecke entnommen werde, da die Subunternehmen ihr Eigentum (das Fleisch) mit ihren Arbeitsmitteln und nach ihren Vorgaben ver- und bearbeitet hätten. Es würde den Sinn und Zweck des Stromsteuergesetzes konterkarieren, wenn eine Entnahme zu betrieblichen Zwecken nur dann gegeben wäre, wenn die Produktionsstufen, die bei ihr von Subunternehmern erledigt werden, durch eigene Mitarbeiter abgearbeitet werden, obwohl der Energieverbrauch identisch sei. Die Rechtsauffassung des HZA wäre zudem mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden. Sie habe nicht für fremde Dritte Dienstleistungen erbracht, sondern Strom ausschließlich zu eigenbetrieblichen Zwecken entnommen. Ihre Subunternehmer könnten nicht als kleinste rechtlich selbständige Einheiten gewertet werden.
Die Klägerin beantragt,
den Steuerbescheid vom 23. September 2009 und den Änderungsbescheid vom 5. Oktober 2009 sowie die jeweils dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 11. Dezember 2009 aufzuheben.
Das HZA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Begünstigung des Produzierenden Gewerbes habe den Sinn, deutsche Unternehmen mit hohem Energieeinsatz in der Produktion nicht zu stark zu belasten und dadurch diese Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern. Daher sei auf die kleinste rechtlich selbständige Einheit abzustellen. Denn es entspreche nicht dem Sinn des Stromsteuergesetzes, ein deutsches Unternehmen für Strommengen zu begünstigen, die von einem ausländischen Unternehmen für dessen betriebliche Zwecke verbraucht werden. Während ausdrücklich geregelt sei, dass Arbeitskräfte im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung dem zu beurteilenden Unternehmen zugerechnet werden, gelte das nicht für die Beschäftigung eines rechtlich selbständigen Subunternehmens. Die Systematik des Stromsteuergesetzes und der Stromsteuer-Durchführungsverordnung sowie die hierzu ergangene Rechtsprechung schließe die Einbindung eines Subunternehmens in den Produktionsprozess aus. Im Stromsteuerrecht sei hinsichtlich des Unternehmensbegriffs eine formale Betrachtungsweise anzulegen. Die Klägerin habe schließlich nicht über eine Erlaubnis verfügt, Strom an Mietern oder Pächtern vergleichbare Vertragsparteien zu leisten. Bei dem Antrag auf Vergütung von Stromsteuer habe die Klägerin die relevanten Strommengen anzumelden und entsprechend nachzuweisen. Die Beweislast hierfür liege bei der Klägerin. Im Übrigen nimmt es auf seine Einspruchsentscheidungen Bezug.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akte, die im Verfahren eingereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung hingewiesen.
II.
Die Klage ist nicht begründet.
1. Das HZA hat zu Recht mit Steuerbescheid vom 23. September 2009 gegen die Klägerin für das Jahr 2006 Stromsteuer i. H. v. … EUR festgesetzt, weil die Klägerin steuerbegünstigt bezogenen Strom unberechtigterweise an die A weitergegeben hat.
a) Die Klägerin ist ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes (vgl. § 2 Nr. 4 i. V. m. Nr. 3 des Stromsteuergesetzes in der hier maßgeblichen Fassung – StromStG) und hat im Streitjahr über eine entsprechende Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme von Strom i. S. d. § 9 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 StromStG verfügt. Diese Erlaubnis hat nur den Strom umfasst, den die Klägerin in ihrem Unternehmen selbst verbraucht hat. Denn gem. § 9 Abs. 3 StromStG darf der Wirtschaftszweig des Produzierenden Gewerbes Strom nur für eigenbetriebliche Zwecke steuervergünstigt beziehen (Urteil des Bundesverfassungsgerichts – BverfG – vom 20. April 2004 1 BvR 1748/99, 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274). Insbesondere ist eine Abgabe des von einem begünstigten Unternehmen entnommenen Stroms an andere Unternehmen von der Erlaubnis nach § 9 Abs. 4 StromStG nicht umfasst.
Denn die Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme von Strom und damit die Steuerbegünstigung des § 9 Abs. 3 StromStG bezieht sich nicht – unabhängig von der ausführenden Person – auf alle Tätigkeiten und Produktionsprozesse, die zur Herstellung einer bestimmten Ware durchgeführt werden, sondern wird personenbezogen erteilt („Wer … entnehmen will”; vgl. auch Urteil des FG Düsseldorf vom 13. Dezember 2006 4 K 3683/05 VSt, n. v.).
Dementsprechend hat das BVerfG in seinem Urteil vom 20. April 2004 (1 BvR 1748/99, 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274) festgestellt, dass die Vorschriften des § 9 Abs. 3 und des § 10 Abs. 1 und 2 StromStG nicht an den Verbrauch, sondern an den Verbraucher anknüpfen.
Der von der Klägerin an die A weitergeleitete Strom ist nicht schon deshalb von der der Klägerin eingeräumten Steuerbegünstigung umfasst, weil das von der A verarbeitete Fleisch der Klägerin gehört hat und die von Arbeitern der A ausgeführten Produktionsschritte teilweise auch von eigenen Arbeitern durchgeführt worden sind.
b) Vielmehr ist für den Strom, den die Klägerin der A zur Erfüllung der werkvertraglich vereinbarten Leistungen zur Verfügung gestellt hat, gem. § 9 Abs. 6 Satz 2 StromStG die Stromsteuer entstanden, weil die Weitergabe von Strom an ein anderes Unternehmen – hier die A – nicht von ihrer Erlaubnis umfasst gewesen ist und die Klägerin den Strom daher zu einem anderen als dem in der Erlaubnis genannten Zweck entnommen hat.
Gem. § 2 Nr. 4 i. V. m. Nr. 3 StromStG wird ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes definiert als kleinste rechtlich selbständige Einheit. Unter welchen Voraussetzungen diese rechtliche Selbständigkeit bejaht werden kann, hat der Gesetzgeber jedoch nicht näher definiert. Insbesondere hat er nicht festgelegt, ob die rechtliche Selbständigkeit allein unter Anknüpfung an formale Gesichtspunkte wie die Rechtsform zu ermitteln oder vielmehr eine Gesamtbetrachtung anzustellen ist, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind.
Für eine formelle Betrachtungsweise spricht schon, dass die Erlaubnis i. S. d. § 9 Abs. 4 Satz 1 StromStG personenbezogen erteilt wird. Dementsprechend verweist die Vorschrift auf § 4 Abs. 2 und 4 StromStG, wonach die Erlaubnis grundsätzlich auf Antrag Personen erteilt wird, die ordnungsgemäß kaufmännische Bücher führen, rechtzeitig Jahresabschlüsse aufstellen und gegen deren steuerliche Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen. Die Führung von kaufmännischen Büchern und die Erstellung von Jahresabschlüssen sind zwar keine zwingenden Voraussetzungen, weshalb der Begriff der rechtlichen Selbständigkeit nicht allein an handelsrechtlichen Kriterien festgemacht werden darf (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 StromStG). Allerdings ist dieser Vorschrift zumindest zu entnehmen, dass als Erlaubnisinhaber in Betracht kommt, wer nach handelsrechtlichen Gesichtspunkten als eigenständiges Unternehmen anzusehen ist.
Dafür, dass einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes nicht jede beliebige Tätigkeit zugeordnet werden kann, sofern sie in irgendeinem Zusammenhang mit dessen Produktionsvorgängen steht, spricht auch § 15 der Stromsteuer-Durchführungsverordnung (StromStV). Gem. § 15 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 StromStV kann der Antragsteller, sofern sein Unternehmen aufgrund der verschiedenen Tätigkeiten nicht eindeutig in der Klassifikation der Wirtschaftszweige eingeordnet werden kann, den Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeiten durch den Abschnitt der Klassifikation der Wirtschaftszweige bestimmen, in dessen Tätigkeiten im letzten Kalenderjahr vor der Antragstellung im Durchschnitt die meisten Personen tätig waren. Als Personen in diesem Sinne sind gem. § 15 Abs. 5 Satz 2 Nr. 4 StromStV u. a. solche Arbeitskräfte anzusehen, die von anderen Unternehmen gegen Entgelt gemäß dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) zur Arbeitsleistung überlassen wurden. Dadurch wird deutlich, dass ein Arbeitnehmer und damit auch die von ihm ausgeführten Tätigkeiten nur dann einem Unternehmen zugeordnet werden können, die in einem engen und durch das AÜG geregelten Verhältnis zum Unternehmen stehen. Tätigkeiten, die im Rahmen eines Werkvertrages ausgeführt werden, bei dem lediglich ein Arbeitserfolg und nicht die höchstpersönliche Leistungserbringung durch einen bestimmten Arbeitnehmer geschuldet ist, erfüllen diesen engen Zusammenhang dagegen nicht.
Die Anknüpfung an die Klassifikation der Wirtschaftszweige spricht darüber hinaus auch deshalb für eine formale Betrachtungsweise, weil dort Tätigkeiten typisiert eingeordnet werden.
Für einen formalen Standpunkt spricht schließlich auch, dass im Rahmen des Stromsteuerrechts Anträge in großer Anzahl zu bearbeiten sind und eine zeitnahe und effektive Bearbeitung nur dann gewährleistet werden kann, wenn nicht für jeden Einzelfall eine Gesamtbetrachtung der individuellen Umstände durchgeführt werden muss. Gleiches gilt für das übrige Energiesteuerrecht, wo der Begriff des Unternehmens des Produzierenden Gewerbes ebenfalls eine zentrale Rolle spielt (vgl. z. B. § 51, § 54, § 55 des Energiesteuergesetzes).
Einer formalen Definition des Unternehmensbegriffs hat sich – zumindest bis in die jüngere Vergangenheit – auch der Bundesfinanzhof – BFH – angeschlossen und festgestellt, dass für die Auslegung des Begriffs „Unternehmen des Produzierenden Gewerbes” nach den Wertungen des Gesetzgebers auf eine rein formale Betrachtungsweise und damit auf das prägende Merkmal der rechtlichen Selbständigkeit abzustellen sei (BFH-Beschluss vom 31. Januar 2008 VII B 79/07, BFH/NV 2008, 1013). Durch diesen Ansatz werde eine für den Gesetzesvollzug notwendige Kongruenz mit dem Unternehmensbegriff der Klassifikation der Wirtschaftszweige hergestellt (vgl. auch BFH-Urteil vom 30. November 2004 VII R 41/03, BFHE 208, 361). Die Steuerbegünstigung des § 9 Abs. 3 StromStG ist demnach nicht nur an die Tätigkeit eines Unternehmens geknüpft, sondern formal zu betrachten, indem auf die kleinste rechtlich selbständige Einheit abgestellt werden muss. Denn durch eine weitere Betrachtungsweise würden letztlich andere Unternehmen, theoretisch auch solche aus dem Dienstleistungssektor, in die Steuerbegünstigung einbezogen. Es entspricht jedoch den Wertungen des Gesetzgebers, auf eine formale Betrachtungsweise und damit auf die rechtliche Selbständigkeit eines Unternehmens abzustellen, wie sie ihren Ausdruck in der jeweiligen zivilrechtlichen Organisationsform gefunden hat (BFH-Urteil vom 30. November 2004 VII R 41/03, BFHE 208, 361).
In einem neueren, nicht veröffentlichten Urteil scheint der BFH – wie sich aus den veröffentlichten Leitsätzen entnehmen lässt – jedoch eine Gesamtbetrachtung angestellt zu haben, ohne allerdings eine griffige Abgrenzungsformel dafür zu finden, wann es sich um einen dem Unternehmen zuzuordnenden Betriebsteil und wann um ein stromsteuerrechtlich selbständiges Unternehmen handelt (vgl. Leitsätze des BFH-Urteils vom 2. November 2010 VII R 48/09 mit Urteilsanmerkung von Rüsken BFH/PR 6/2011 in www.haufe.de).
Abgesehen davon, welcher Betrachtungsweise in Bezug auf den Unternehmensbegriff der Vorzug zu geben ist, hat sich die Rechtsprechung ersichtlich noch nicht mit der Zurechnung von werkvertraglich in den Räumen des Erlaubnisinhabers durchgeführten Tätigkeiten befasst. Denn soweit eine rechtliche Selbständigkeit in den bisher entschiedenen Fällen bejaht worden ist (vgl. für den Fall eines Kommissionärs i. S. d. § 383 HGBBFH-Beschluss vom 31. Januar 2008 VII B 79/07, a. a. O., und Urteil des Hessischen FG vom 31. Januar 2007 7 K 4492/01, n. v.; vgl. für den Fall von verpachteten Verkaufsstellen, in denen Personen im Rahmen einer selbständigen und eigenverantwortlichen Handelsvertretertätigkeit tätig sind BFH-Urteil vom 2. November 2010 VII R 48/09 (nicht veröffentlicht) mit Anmerkung Rüsken, BFH/PR 6/2011 in www.haufe.de/steuern, der einer rein formalen Betrachtungsweise kritisch gegenüber steht; vgl. zu Fällen, denen ein Pachtverhältnis zugrunde gelegen hat Urteile des FG Hamburg vom 6. Juni 2008 4 V 34/08, StEW 2008, 92, und vom 5. Oktober 2010 4 K 154/09, bisher n. v.; Urteil des FG München vom 8. Dezember 2005 14 K 2984/03, ZfZ 2006, 208), sind diese Fälle mit dem vorliegenden nicht vergleichbar.
Unabhängig davon, ob rein auf formale Kriterien wie beispielsweise die zivilrechtliche Organisationsform oder die Rechtsform abgestellt wird, sprechen – abgesehen davon, dass es sich bei der Klägerin und der A um zwei handelsrechtlich verschiedene Unternehmen handelt – vorliegend verschiedene Gesichtspunkte für eine rechtliche Selbständigkeit der A.
Denn, auch wenn die A Tätigkeiten in der Wurstproduktion der Klägerin ausgeführt hat, die die Klägerin teilweise auch von eigenen Arbeitnehmern durchführen lässt, und das von der A zerlegte und bearbeitete Fleisch im Eigentum der Klägerin gestanden hat, hat das zwischen den Beteiligten im Streitjahr bestehende Werkvertragsverhältnis der A ihre rechtliche Selbständigkeit belassen.
In dem genannten Werkvertrag haben die Beteiligten zunächst ausdrücklich geregelt, dass die A ihre Tätigkeiten selbständig und eigenverantwortlich zu erledigen gehabt hat. Dementsprechend hat der Klägerin gegenüber den Arbeitern der A kein Weisungsrecht zugestanden. Dass die Klägerin berechtigt gewesen ist, Qualitäts- und Hygienekontrollen durchzuführen, ändert daran nichts. Denn bei mangelnder Qualität der Ware ist die Klägerin lediglich berechtigt gewesen, die Ware nicht abzunehmen und den vereinbarten Werklohn nicht zu bezahlen. Konsequenzen für die Arbeitnehmer hat die Klägerin aufgrund dessen jedoch nicht herbeiführen können.
Dafür, dass die A selbständig gewesen ist und die von ihr ausgeführten Tätigkeiten nicht der Klägerin zugerechnet werden können, spricht darüber hinaus, dass die eingesetzten Arbeitnehmer bei der A angestellt gewesen sind, in deren Verantwortungsbereich es auch gefallen ist, die Sozialversicherung für ihre Arbeitnehmer zu entrichten. Außerdem hat die A die geschuldeten Leistungen nicht unter Einsatz bestimmter Arbeitnehmer ausführen müssen, sondern hat das Personal nach eigenem Ermessen bereitstellen können. Dementsprechend hat auch die Organisation der vertraglichen Leistungen und aller zur Erfüllung des Vertrages notwendigen Handlungen allein der A oblegen. Die Bezahlung der von der A ausgeführten Tätigkeiten hat sich weiterhin allein nach den erbrachten Stückzahlen oder dem Gewicht bemessen, wobei Qualitätsmängel zu einer entsprechenden Kürzung der Vergütung haben führen können. Soweit für Sonderfälle ein Stundenlohn vereinbart gewesen ist, ist dies in Anbetracht des umfangreichen Leistungsverzeichnisses von untergeordneter Bedeutung.
Auch der Umstand, dass die Klägerin der A zur Verrichtung der genannten Tätigkeiten unentgeltlich bestimmte Flächen in ihren Betrieb sowie Maschinen, Strom und Wasser zur Verfügung zu stellen hatte und die Tätigkeiten im Gebäude der Klägerin – wenn auch an separaten Produktionslinien – erbracht worden sind, führt lediglich zu einer räumlichen Eingliederung in das Unternehmen der Klägerin, ändert jedoch nichts an der rechtlichen Selbständigkeit der A.
Die Tätigkeiten, die durch Mitarbeiter der A ausgeführt worden sind, können auch nicht einer Betriebsstätte (§ 12 Satz 1 AO) der Klägerin i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 5 der StromsteuerDurchführungsverordnung in der hier maßgeblichen Fassung (StromStV) zugeordnet werden. Denn – abgesehen davon, dass die Mitarbeiter der A in den Räumen der Klägerin tätig gewesen sind und nicht umgekehrt – hat der BFH ausdrücklich festgestellt, dass der stromsteuerrechtliche Unternehmensbegriff nicht mit dem Begriff der Betriebsstätte gleichzusetzen ist (vgl. Leitsätze des BFH-Urteils vom 2. November 2010 VII R 48/09, n. v.).
Die Mitarbeiter der A können der Klägerin schließlich auch nicht nach § 15 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 StromStV zugerechnet werden, da diese nicht im Wege der Arbeitnehmerüberlassung, sondern im Rahmen eines Werkvertrages bei der Klägerin tätig gewesen sind.
b) Das HZA hat die Stromsteuer für das Kalenderjahr 2006 auch in der richtigen Höhe festgesetzt.
Das HZA hat zu Recht gem. § 9 Abs. 6 Satz 2 und 3 StromStG die Steuer i. H. d. Unterschiedsbetrages von 8,20 EUR/MWh zwischen dem Regelsteuersatz nach § 3 StromStG und dem ermäßigten Steuersatz nach § 9 Abs. 3 StromStG nacherhoben.
Die Aufteilung des Stroms anhand der in der Produktion beschäftigten Personen ist nicht zu beanstanden. Das HZA hat die Aufteilung gem. § 162 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung 1977 schätzen dürfen, weil die Klägerin den an die A abgegebenen Strom nicht mittels Stromzähler erfasst hat und sie somit nicht in der Lage gewesen ist, den verbrauchten Strom genau zuzuordnen. Die Anknüpfung der Schätzung an die in der Produktion eingesetzten Personen ist schlüssig, möglich und nachvollziehbar. Die Schätzung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil das HZA die Personen, die bei der Klägerin in der Verwaltung eingesetzt sind, außer acht gelassen hat, da der hauptsächliche Stromverbrauch in der Produktion erfolgt ist. Die Klägerin hat es zudem weder dem HZA noch dem Senat ermöglicht, eine anderweitige Aufteilung im Schätzungsweg vorzunehmen, weil sie trotz Aufforderung keine Angaben dazu gemacht hat, wie die Schätzung anderweitig soll, weil sie der Auffassung war, dass das HZA die Feststellungslast trägt und insoweit übersehen hat, dass sie sich auf eine Steuerbegünstigung beruft und daher selbst die Feststellungslast trifft.
2. Weiterhin hat das HZA zu Recht mit Änderungsbescheid vom 5. Oktober 2009 die für das Kalenderjahr 2006 festgesetzte Vergütung auf … EUR herabgesetzt.
Ausgehend von einer Stromsteuerbelastung von … MWh für begünstigte Zwecke und damit zum ermäßigten Steuersatz nach § 9 Abs. 3 StromStG hat das HZA ordnungsgemäß die ursprünglich festgesetzte Vergütung korrigiert. Dabei hat es zu Recht ebenfalls die vom Prüfer vorgeschlagene Aufteilung der gesamten in der Produktion verwendeten Strommenge anhand der in der Produktion eingesetzten Mitarbeiter von 40:30 zugrunde gelegt (s. o.).
Dass eine Entlastung nach § 10 StromStG nicht für Strommengen gewährt werden kann, die ohne Erlaubnis an andere Unternehmen weitergegeben werden, ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck des StromStG. Dieser bestand darin, den Energieverbrauch zu verteuern und im Gegenzug den Faktor Arbeit zu entlasten. Die Ausnahmen zugunsten des Produzierenden Gewerbes sind eingeführt worden, um den Wirtschaftsstandort Deutschland nicht zu gefährden (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuerreform, BT-Drucks. 14/40 vom 17. November 1998). Dies bedeutet, dass die Belastung durch die Stromsteuer und die Beschäftigung der Arbeitnehmer in einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes zusammenfallen müssen.
3. Die Kostenfolge beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.
4. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).