15.11.2011
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 13.07.2011 – 15 K 1404/08 Kg
- Eine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG kann nur für die Monatszeiträume eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 b EStG begründen, in denen der Steuerpflichtige die für die fiktive Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG erforderlichen inländischen Einkünfte im Sinne des § 49 EStG erzielt.
- Ein unbeschränkt steuerpflichtiger polnischer Arbeiternehmer mit Familienwohnsitz in Polen hat für die Zeiten, in denen er eine sozialversicherungspflichtige nichtselbständigen Tätigkeit im Inland ausgeübt und tatsächlich Sozialversicherungsbeiträge gezahlt hat, Anspruch auf deutsches Kindergeld.
- Nach der VO (EWG) 1408/71 unterliegt der Arbeitnehmer für diese Zeiten ungeachtet der gleichzeitigen Mitgliedschaft in der polnischen Sozialversicherung ausschließlich den Rechtsvorschriften des Staates der nichtselbständigen Beschäftigung.
- Der Kindergeldanspruch wird in diesem Fall aufgrund des Vorrangs der Regelungen der VO (EWG) 1408/71 nicht gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG durch die Gewährung von Familienleistungen in Polen ausgeschlossen.
- Der deutsche Kindergeldanspruch ist nicht um die in Polen vorgesehenen Familienleistungen zu kürzen, wenn der Anspruch im Wohnland nicht von einer Versicherung, Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit abhängt.
- Der Regelung des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verstößt weder gegen gemeinschaftsrechtliche noch gegen verfassungsrechtliche Vorschriften.
Tatbestand
Die Klägerin ist polnische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Polen. In der Zeit vom 7. März bis 2. Juli 2005 und in der Zeit vom 13. März bis 12. Juli 2006 arbeitete sie in Deutschland als Saisonkraft in einer Gärtnerei. Während ihres ersten Aufenthalts leistete sie in Deutschland Beiträge zur Sozialversicherung; dagegen war sie während des zweiten Deutschlandaufenthalts in Polen sozialversichert. In der Zeit zwischen Mai 2004 bis August 2006 erhielt die Klägerin für ihre drei Kinder („K”, geb. am 26. August 1991, „L”, geb. am 24. Juli 1995, und „J”, geb. am 3. September 2003) in Polen Familienleistungen. In den Jahren 2005 und 2006 wurde sie in Deutschland zur Einkommensteuer veranlagt.
Mit Bescheid vom 7. Januar 2008 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Kindergeld für ihre drei Kinder während des Zeitraums der inländischen Tätigkeit ab. Zur Begründung führte sie an, dass der Klägerin Leistungen in Polen zuständen, die dem Kindergeld vergleichbar seien, und verwies auf die Konkurrenzregelung des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes – EStG –. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 19. März 2008 als unbegründet zurück.
Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Nach den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen bestehe ihr inländischer Kindergeldanspruch in voller Höhe; ein etwaiger Anspruch auf polnische Leistungen ruhe insoweit. Wenn § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG hier im Hinblick auf den Vorrang des Gemeinschaftsrechts überhaupt zur Anwendung gelange, sei jedenfalls zu berücksichtigen, dass diese Regelung nicht gemeinschaftsrechtskonform sei. Der Bundesfinanzhof – BFH – habe die Frage erneut dem Europäischen Gerichtshof – EuGH – vorgelegt, so dass die vom BFH erwogene analoge Anwendung von § 65 Abs. 2 EStG ggf. möglich werde. Zudem habe der BFH die allein national zu klärende Rechtsfrage zu beantworten, welche Wirkungen eine antragsgemäße Veranlagung gemäß § 1 Abs. 3 EStG in zeitlicher Hinsicht betreffend § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b) i.V.m. § 66 Abs. 2 EStG habe.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 7. Januar 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. März 2008 zu verpflichten, Kindergeld für die Kinder „K”, „L” und „J” in Höhe von 4.620 EUR zu gewähren (März bis Juli 2005 und März bis Juli 2006).
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte wendet ein, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig gewesen zu sein. Ungeachtet dessen sei der Kindergeldanspruch jedenfalls nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ausgeschlossen. Die Klägerin habe im gesamten streitigen Zeitraum polnische Familienleistungen erhalten bzw. zumindest einen entsprechenden Anspruch gehabt.
Hinsichtlich der Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Klagevorbringen der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der dem Gericht vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –.
Gründe
Die Klage ist teilweise begründet.
Die angefochtene Ablehnung der Kindergeldgewährung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 101 Satz 1 FGO), soweit die Kindergeldfestsetzung für die Zeiträume März bis Juli 2005 betroffen sind; hinsichtlich der Monate März bis Juli 2006 hat die Beklagte indes einen Kindergeldanspruch zu Recht abgelehnt.
Die Klägerin ist anspruchsberechtigt nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG.
Nach dieser Vorschrift hat Anspruch auf Kindergeld, wer zwar keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, aber nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird. Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen hinsichtlich der hier streitigen Zeiträume (März bis Juli 2005 und März bis Juli 2006). Den nach § 1 Abs. 3 Satz 1 EStG erforderlichen Antrag hat die Klägerin mit Abgabe der Einkommensteuererklärungen 2005 und 2006 gestellt; für die Streitjahre hat die Klägerin unstreitig Einkommensteuer entrichtet. Die unbeschränkte Steuerpflicht entsteht nach § 1 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz EStG (nur), soweit inländische Einkünfte i. S. des § 49 EStG vorliegen, wobei die Konjunktion „soweit” sowohl konditionale Bedeutung hat als auch ein zeitliches Moment beinhaltet mit der Folge, dass die inländischen Einkünfte den Beginn und das Ende der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG markieren (Urteile des Finanzgerichts – FG – Düsseldorf vom 16. März 2010 10 K 1829/09 Kg, Rev. BFH III R 27/10, juris; vom 27. April 2010 10 K 3402/08 Kg, Rev. BFH III R 38/10, juris). Ferner führt die Fiktionsbeschränkung entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht zu einer unberechtigten monatlichen Betrachtungsweise und Prüfung. Die Frage, ob die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG fingiert werden kann, hängt nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 Satz 2 EStG von den Einkommensverhältnissen des Steuerpflichtigen im gesamten Kalenderjahr ab; nur wenn die in dieser Vorschrift genannten relativen und absoluten Einkunftsgrenzen im Kalenderjahr eingehalten werden, ist das Wahlrecht des Steuerpflichtigen nach § 1 Abs. 3 EStG eröffnet. Die Wirkung des ausgeübten Wahlrechts beschränkt sich sodann allerdings nach § 1 Abs. 3 Satz 1 EStG ausdrücklich auf die inländischen Einkünfte; eine Besteuerung des Welteinkommens und damit des gesamten Jahreseinkommens findet nicht statt (Heinicke in Schmidt, EStG, 30. Aufl. 2011, § 1 Rdn. 70). Entsprechend reduziert sich auch die Kindergeldberechtigung.
Die drei minderjährigen Kinder der Klägerin sind gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 EStG steuerlich berücksichtigungsfähig. Dass sie im streitbefangenen Zeitraum nicht in Deutschland lebten, sondern in Polen, ist nach § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG für die Zeit seit Mai 2004 unmaßgeblich, weil Polen seitdem Mitglied der Europäischen Union (EU) ist.
a) Dem Zusammentreffen von Ansprüchen der Klägerin für ihre drei Kinder (deutsches Kindergeld und polnische Familienleistungen) kann, soweit der Zeitraum März bis Juli 2005 betroffen ist, nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass ihr Anspruch auf deutsches Kindergeld durch § 65 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 EStG ausgeschlossen ist. Letztere Vorschrift ist vorliegend mit ihrem Anwendungsbereich ausgeschlossen, weil hier die spezielleren Konkurrenzregeln des Gemeinschaftsrechts eingreifen (vgl. Urteil des FG Düsseldorf vom 1. Februar 2011 10 K 1723/08 Kg, juris).
In welchem Umfang Leistungen eines Mitgliedstaates der EU, in dem der Anspruchsberechtigte und seine Familie wohnen, für dasselbe Kind auf das deutsche Kindergeld anzurechnen sind, richtet sich ausschließlich nach den Kollisionsregeln des Gemeinschaftsrechts in der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (im Folgenden: VO Nr. 1408/71) und Art. 10 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der VO Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (im Folgenden: DVO Nr. 574/72). § 65 EStG wird insoweit durch das Gemeinschaftsrecht verdrängt (vgl. Beschluss des BVerfG vom 8. Juni 2004 2 BvL 5/00, BGBl I 2004, 2570; Urteile des BFH vom 17. April 2008 III R 36/05, BFHE 221, 50, BStBl II 2009, 921; des FG Münster vom 30. April 2009 11 K 998/06 Kg, EFG 2009, 1658, Rev. BFH III R 51/09; des Niedersächsischen FG vom 21. Dezember 2010 12 K 414/08, juris, Rev. BFH III R 3/11). Das „Wiederaufleben” des § 65 EStG wäre – jedenfalls bei Fallgestaltungen der vorliegenden Art – mit dem Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts unvereinbar und würde dort insbesondere die Bestimmungen des Art. 76 der VO 1408/71 bzw. des Art. 10 der VO 574/72 im Ergebnis leer laufen lassen (vgl. Urteil des Niedersächsischen FG vom 21. Dezember 2010 12 K 414/08, juris, Rev. BFH III R 3/11).
Nach diesen Grundsätzen sind vorliegend die (Konkurrenz-)Regeln des Gemeinschaftsrechts anwendbar. Sie bewirken, dass der tatbestandsmäßig dem Grunde nach vorliegende Kindergeldanspruch betr. März bis Juli 2005 nicht durch das europäische Gemeinschaftsrecht ausgeschlossen wird, sondern der Klägerin zuerkannt werden kann.
Das Kindergeld unterfällt dem sachlichen Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71. Beim Kindergeld handelt es sich um eine Familienleistung i. S. von Art. 4 Abs. 1 Buchst. h dieser Verordnung (Urteil des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – vom 8. Juni 2004 2 BvL 5/00, Bundesgesetzblatt – BGBl – I 2004, 2570).
Deren Art. 13 ff. bestimmen, welche Rechtsvorschriften auf innerhalb der Europäischen Union zu- und abwandernde Erwerbstätige anzuwenden sind. Die Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 bezwecken damit, dass die Betroffenen grundsätzlich nur dem System der sozialen Sicherheit eines einzigen Mitgliedstaats unterliegen, um eine Kumulierung anwendbarer Rechtsvorschriften und der sich daraus möglicherweise ergebenden Schwierigkeiten zu vermeiden (Urteile des Europäischen Gerichtshofs – EuGH – vom 20. Mai 2008, C-352/06, Bosmann, Höchstrichterliche Rechtsprechung – HFR – 2008, 877; vom 14. Oktober 2010 C-16/09, Schwemmer, Amtsblatt der Europäischen Union 2010, Nr. C 346, 8 Rz. 40; des BFH vom 7. April 2011 III R 89/08, juris).
Die Klägerin unterliegt auch dem persönlichen Geltungsbereich der Verordnung. Die Klägerin ist Arbeitnehmerin i. S. von Art. 2 der VO Nr. 1408/71, da sie im Jahr 2005 gemäß Art. 1 Buchst. a) Abs. i) sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist; zugleich genügte sie damit den Anforderungen des Anhang I E Buchst. a) zur VO Nr. 1408/71 .
Gemäß Art. 13 Abs. 1 der VO Nr. 1408/71 sind auf Personen, für die diese Verordnung gilt, die Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaates anwendbar. Nach diesem Ausschließlichkeitsgrundsatz soll, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt dem System der sozialen Sicherheit eines Landes unterfällt, auch nur nach diesem System Kindergeld erhalten. Vorliegend führt dieser Grundsatz zu einer Anwendung ausschließlich deutschen Kindergeldrechts.
Nach der Grundregel des Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 unterliegt eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaates abhängig beschäftigt ist, den Rechtsvorschriften dieses Staates, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates wohnt oder ihr Arbeitgeber seinen Wohn- oder Betriebssitz im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates hat. Demnach gilt hier für die Klägerin, die in Deutschland abhängig beschäftigt gewesen ist, ungeachtet ihres Wohnsitzes in Polen das inländische Kindergeldrecht. Zwar steht diese Grundregelung unter dem Vorbehalt anderweitiger Regelungen in Art. 14 bis 17 der VO Nr. 1408/71. Die Ausnahmebestimmungen sind hier indes nicht einschlägig; insbesondere ist die Klägerin keine von ihrem gewöhnlichen Arbeitgeber zur Ausführung einer Arbeit in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats entsandte Arbeitnehmerin i. S. von Art. 14 Nr. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71.
Im besonderen Zusammenhang der Familienleistungen sieht Art. 73 der VO Nr. 1408/71 vor, dass ein Arbeitnehmer, der den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates unterliegt, für seine Familienangehörigen, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des ersten Staates hat, als ob diese Familienangehörigen im Gebiet dieses Staates wohnten. Diese Bestimmung stützt vorliegend die Anwendung des deutschen Kindergeldrechts auf den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch. Diese Zuordnung ist im Streitfall auch deshalb interessengerecht, weil die Klägerin im betroffenen Zeitraum Beiträge zur inländischen Sozialversicherung geleistet hat.
Die sog. Antikumulierungsvorschriften der Art. 76 der VO Nr. 1408/71 und Art. 10 der DVO Nr. 574/72 schränken den Anwendungsvorrang des Beschäftigungsstaates (hier: Deutschland) im vorliegenden Fall allerdings ein.
Art. 76 der VO Nr. 1408/71 regelt die Konkurrenzfälle, in denen Familienleistungen der Kinder die Ausübung einer Erwerbstätigkeit voraussetzen; als Rechtsfolge ruht der Anspruch auf Familienleistungen des Wohnlandes der Kinder. Da die Gesetze in Polen, wo die Kinder der Klägerin wohnen, die Gewährung von Familienleistungen nicht an eine Erwerbstätigkeit, sondern an die Staatsangehörigkeit und den Wohnsitz anknüpfen (vgl. Art. 1 des Gesetzes vom 28. November 2003 über Familienleistungen), findet Art. 76 der VO Nr. 1408/71 im Streitfall keine Anwendung.
Hier ist demgegenüber Art. 10 der DVO Nr. 574/72 einschlägig.
Art. 10 VO (EWG) 574/72 enthält über den hier nicht maßgeblichen Art. 76 VO (EWG) 1408/71 hinaus Vorschriften für das Zusammentreffen von Ansprüchen auf Familienleistungen oder -beihilfen für Arbeitnehmer und Selbständige unter anderem für den Fall, dass der Erwerb eines Anspruchs nicht von einer Beschäftigung abhängt. Als Kollisionsnorm ist Art. 10 nicht nur einschlägig, wenn andere Personen ebenfalls Anspruch auf Familienleistungen haben, sondern auch in Bezug auf den Arbeitnehmer selbst (EuGH Große Kammer, Urteil vom 7. Juni 2005, Rs. C-543/03 Dodl und Oberhollenzer, Sammlung 2005 I, Rand Nr. 58; Urteil des FG Münster vom 30. April 2009 11 K 998/06 Kg, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2009, 1658, Rev. BFH III R 51/09; Urteil des Niedersächsischen FG vom 21. Dezember 2010 12 K 414/08, juris, Rev. BFH III R 3/11; a. A. Urteil des FG Düsseldorf vom 30. August 2010 7 K 4726/09 Kg, juris, Rev. BFH III R 60/10).
Bestehen ein Anspruch auf Familienleistungen im Wohnland, der nicht von einer Versicherung, Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit abhängt, und ein Anspruch auf Familienleistungen im Beschäftigungsland, so ruht nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 574/72 der Anspruch im Wohnland bis zur Höhe der im Beschäftigungsland geschuldeten Leistungen (Urteile des BFH vom 17. April 2008 III R 36/05, BFHE 221, 50, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2009, 921; des FG Münster vom 30. April 2009 11 K 998/06 Kg, EFG 2009, 1658, Rev. BFH III R 51/09; des Niedersächsischen FG vom 21. Dezember 2010 12 K 414/08, juris, Rev. BFH III R 3/11). Da vorliegend im Zeitraum März bis Juli 2005 sowohl ein – nicht von einer Erwerbstätigkeit abhängiger – Anspruch auf Familienleistungen in Polen – dem Wohnland der Kinder – als auch ein Anspruch auf Kindergeld in Deutschland – dem Beschäftigungsland der Klägerin im streitigen Zeitraum – bestehen, ist die Norm einschlägig. Als Rechtsfolge sieht die Regelung vor, dass der Anspruch im Wohnland bis zur Höhe der Leistungen im Beschäftigungsland ruht; nach dieser Prioritäten(grund)regel sind die Leistungen im Beschäftigungsland (hier: Kindergeld nach dem EStG) vorrangig. Das Ruhen des (hier niedrigeren) Anspruchs im Wohnland Polen bis zum Betrag der (höheren) Leistungen im Beschäftigungsland Deutschland hat vorliegend zur Folge, dass der Anspruch in Deutschland ungekürzt bzw. anrechnungsfrei – wie von der Klägerin geltend gemacht – besteht und der Anspruch in Polen im Rahmen der „Antikumulierung” zur Vermeidung einer ungerechtfertigten Doppelleistung ruht. Dass sie gleichwohl Familienleistungen in Polen erhalten hat, mag ggf. dortige Rückforderungsansprüche begründen, ist indes für die hier zu treffende Vorrangbestimmung (Leistungen nach dem Beschäftigungs- oder dem Wohnland) nicht maßgebend.
Zwar greift statt der o. a. Antikumulierungsbestimmung die Regelung des Art. 10 Abs. 1 Buchst. b, i der VO Nr. 574/72 ein, wenn die Person, die im Wohnland einen Anspruch auf Familienleistungen hat, im Wohnland eine Berufstätigkeit ausübt. Daraus ergibt sich eine Prioritätenumkehr mit der Folge, dass der Anspruch auf Familienleistungen im Beschäftigungsland bis zur Höhe der im Wohnland geschuldeten Leistungen ruht (vgl. etwa Fall lt. Urteil des BFH vom 17. April 2008 III R 36/05, BFHE 221, 50, BStBl II 2009, 921). Die Tatbestandsmäßigkeit dieser Prioritätenumkehr ist indes weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
b) Für die Monate März bis Juli 2006 hat die Klage dagegen keinen Erfolg; der Klägerin steht für diesen Zeitraum kein Kindergeld zu.
Ob der tatbestandsmäßig dem Grunde nach vorliegende Kindergeldanspruch nach dem EStG hier durch das europäische Gemeinschaftsrecht ausgeschlossen ist, kann vorliegend dahinstehen; der geltend gemachte inländische Kindergeldanspruch kann der Klägerin jedenfalls nicht zugesprochen werden.
Unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitnehmer dem persönlichen Anwendungsbereich der Verordnung unterfällt und welche Rechtsfolgen sich je nach Fallkonstellation ergeben, ist in der Rechtsprechung der Finanzgerichte umstritten und höchstrichterlich noch nicht geklärt.
Die VO gilt grundsätzlich auch für Arbeitnehmer (Art. 1 Buchstabe a, Art. 2 und Art. 73 der VO Nr. 1408/71), die gegen mindestens ein Risiko der Sozialversicherung versichert sind. Die Mitgliedstaaten haben aber in Anhang I zu der VO den persönlichen Geltungsbereich für Arbeitnehmer i.S. von Art. 1 Buchst. a der VO näher geregelt. In Anhang I Teil I. unter D. Buchstabe a) wird ausgeführt, dass wenn ein deutscher Träger für die Gewährung der Familienleistungen zuständig ist, als Arbeitnehmer nur gilt, wer für den Fall der Arbeitslosigkeit pflichtversichert ist.
Diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin nach Aktenlage im streitigen Zeitraum März bis Juli 2006 nicht; damals unterlag sie nicht der deutschen Sozialversicherung, sondern war ausschließlich in Polen sozialversichert.
Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass die Regelung in Anhang I Teil I den allgemeinen persönlichen Anwendungsbereich der VO Nr. 1408/71 ausschließt. Besteht keine inländische Sozialversicherungspflicht, ergibt sich nach dieser Auffassung bereits daraus die Anwendung des deutschen Kindergeldrechts; mangels Anwendbarkeit der VO kommt ein Ausschluss des inländischen Kindergeldanspruchs nicht in Betracht (Urteile des Hessischen FG vom 23. Mai 2007 3 K 3143/06, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2007, 1527; FG Köln vom 21. Januar 2009 14 K 2020/08, EFG 2009, 848; FG Münster vom 30. November 2009 8 K 2866/08 Kg, EFG 2010, 731; FG Düsseldorf vom 11. Januar 2010 7 K 4616/08 Kg, Rev. BFH III R 83/10, juris; des FG Baden-Württemberg vom 18. November 2008 4 K 4293/08, Rev. BFH III R 96/08, juris; und vom 31. Januar 2011 12 K 928/07, Rev. BFH III R 10/11, juris; vgl. auch Urteil des BFH vom 13. August 2002 VIII R 54/00, BFHE 200, 204, BStBl II 2002, 869: Auch der Generalstaatsanwalt hat festgestellt, dass Arbeitnehmern und Selbständigen das Recht auf Export der deutschen Familienleistungen nur dann gewährt wird, wenn der Berufstätige der Solidargemeinschaft des deutschen Sozialversicherungssystems angehört). Folgt man dieser Ansicht, beurteilt sich die vorliegende Klage nach deutschem Kindergeldrecht.
Teilweise wird dagegen die Auffassung vertreten, dass die Vorschrift in Anhang I Teil I lediglich eine Einschränkung ihres persönlichen Anwendungsbereichs hinsichtlich der Familienleistungen darstelle und insoweit die Frage, welche Rechtsvorschriften nach den Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 anzuwenden sind, vorrangig zu prüfen sei (Urteile des FG Düsseldorf Urteil 22. Dezember 2008 10 K 404/08 Kg, EFG 2009, 497, Rev. BFH III R 5/09; vom 16. März 2010 10 K 1829/09 Kg, Rev. BFH III R 27/10, juris; vom 27. April 2010 10 K 3402/08 Kg, Rev. BFH III R 38/10, juris). Auch diese Ansicht kommt hier für den vorliegenden Sachverhalt zu der Anwendbarkeit deutschen Rechts. Denn nach Art. 13 Abs. 2 Buchstabe a) der VO Nr. 1408/71 gilt bei Arbeitnehmern grundsätzlich das Recht des Tätigkeitsstaats, mithin Deutschlands.
Nach abweichender Auffassung ist indes der Anwendungsbereich der VO Nr. 1408/71 bereits dann eröffnet, wenn der Antragsteller überhaupt – sei es in Deutschland oder im Ausland – der Sozialversicherung angehört hat. Er unterliegt dann gemäß dem Ausschließlichkeitsgrundsatz in Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der VO Nr. 1408/71 den Rechtsvorschriften desjenigen Mitgliedstaates, dessen System der sozialen Sicherheit er angehört (Urteile des FG Düsseldorf vom 24. September 2010 16 K 4953/08 Kg, Rev. BFH III R 61/10, juris; vom 5. Oktober 2010 16 K 3718/08 Kg, juris). Nach diesen Grundsätzen würde die Klägerin in der Zeit von März bis Juli 2004 dem polnischen Recht unterliegen (Folge: Geltend gemachter Anspruch auf deutsches Kindergeld kommt nicht in Betracht).
Nach der vorstehend zuletzt dargelegten Rechtsansichten ist die Klage somit bereits deshalb unbegründet, weil nicht – wie beantragt – deutsches Kindergeldrecht gilt, sondern polnisches Recht maßgebend ist. Der geltend gemachte deutsche Kindergeldanspruch ergäbe sich insoweit auch nicht aus den Gründen des Urteils des EuGH in der Rechtssache Bosmann (Urteil vom 20. Mai 2008, C-352/06, Höchstrichterliche Rechtsprechung –HFR – 2008, 877; keine Anwendungsbestimmung zugunsten des nationalen Rechts, vgl. hierzu im einzelnen die Urteile des FG Düsseldorf vom 27. April 2010 10 K 3402/08 Kg Rev. BFH III R 38/10, juris; vom 24. September 2010 16 K 4953/08 Kg, Rev. BFH III R 61/10, juris). Aber auch nach den anderen Auffassungen führt die Klage nicht zum Erfolg. Denn bei fehlender Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts (sondern deutschen Rechts) beurteilt sich die Kollision zwischen inländischem Kindergeldanspruch und Anspruch auf polnische Familienleistungen nach der Vorschrift des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Danach wird Kindergeld nicht gezahlt, wenn für das Kind im Ausland dem Kindergeld vergleichbare Leistungen gewährt werden oder bei entsprechender Antragstellung hätten gewährt werden müssen.
Derartige Leistungen (polnische Familienleistungen) hat vorliegend die Klägerin unstreitig bezogen. Diese Zahlung schließt – so bereits der Wortlaut des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG – den deutschen Kindergeldanspruch insgesamt aus.
Die Familienleistungen in Polen sind mit den deutschen Kindergeldansprüchen vergleichbar i. S. von § 65 EStG. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass die polnischen Leistungen erheblich geringer sind als das deutsche Kindergeld. Die Vergleichbarkeit mehrerer kindbezogener Leistungen richtet sich nicht nach der rechtlichen Ausgestaltung des Anspruchs, sondern nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Zur Vermeidung von Doppelleistungen kommt es lediglich darauf an, ob die zu vergleichende Leistung wirtschaftlich die gleiche Zielrichtung verfolgt wie das Kindergeld (vgl. Urteil des BFH vom 27. Oktober 2004, VIII R 104/01, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2005, 341). Die Höhe der ausländischen Leistung ist für die Vergleichbarkeit mit dem Kindergeld grundsätzlich nicht maßgebend. Denkbar ist zwar, dass bei ganz geringfügigen ausländischen Leistungen auch die funktionelle Vergleichbarkeit entfällt (Beschluss des BVerfG vom 8. Juni 2004, 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, BGBl I 2004, 2570). Dies ist jedoch bei den polnischen Familienleistungen für in Polen lebende Kinder nicht der Fall. Dabei ist zu berücksichtigten, dass der Kläger, dessen Kinder in Polen leben, keine geringeren Leistungen erhält als andere polnische Familien. Nach Auffassung des polnischen Gesetzgebers reichen die dort gewährten Familienleistungen für einen Ausgleich der kindbedingten Mehrbelastungen aus (Urteile des FG Düsseldorf vom 11. Januar 2010 7 K 4616/08 Kg, juris, Rev. BFH III R 83/10; vom 1. Februar 2011 10 K 1723/08 Kg, juris; des FG Baden-Württemberg vom 14. Februar 2011 10 K 91/10, juris).
Gemeinschaftsrechtliche Vorschriften stehen der nationalen Regelung des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nach Ansicht des Senates nicht entgegen. Außerhalb des Anwendungsvorrangs des Gemeinschafts- bzw. Unionsrechts hat ein nach der VO Nr. 1408/71 gerade nicht zuständiger Mitgliedstaat die Befugnis zu bestimmen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen er in diesem Fall Familienleistungen gewähren will; ebenso muss er entscheiden dürfen, ob und wie er berücksichtigen will, dass in einem anderen Staat ein Anspruch auf eine vergleichbare Leistung besteht. Weil für den nicht zuständigen Staat (hier: die Bundesrepublik) im Hinblick auf den Grundsatz der Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 39 EG (jetzt Art. 45 AEUV) schon keine Verpflichtung besteht, in einem solchen Fall überhaupt Familienleistungen zu gewähren, liegt in § 65 EStG kein Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Der Anwendung des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG stehen vorliegend auch keine gemeinschafts- bzw. unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote entgegen. Der Kläger wird als in der Bundesrepublik nur kurzzeitig beschäftigter Arbeitnehmer insbesondere nicht gegenüber hier nur vorübergehend Beschäftigten diskriminiert. Denn die Situation eines nur vorübergehend im Inland tätigen Arbeitnehmers ist schon nicht vergleichbar mit der Situation eines im Inland nicht nur vorübergehend Beschäftigten. Anders als ein im Inland nicht nur vorübergehend Beschäftigter verlangt er keinen Zutritt zum Arbeitsmarkt des Beschäftigungslandes, da er nach Erfüllung seiner Aufgabe in sein Herkunfts- oder Wohnsitzland zurückkehrt (BFH in seiner – noch anhängigen – EuGH-Vorlage vom 21. Oktober 2010 III R 5/09, BFHE 231, 183, BFH/NV 2011, 360).
Einen Verstoß der Regelung des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gegen das Grundgesetz – GG – vermag der Senat ebenfalls nicht zu erkennen.
Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung durch die Bestimmung des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG besteht nach Ansicht des erkennenden Senates auch nicht zwischen den Besserverdienenden, bei denen die gebotene steuerliche Freistellung für ein Kind im Rahmen des Familienleistungsausgleichs nach § 31 EStG regelmäßig über die Gewährung der Kinderfreibeträge erfolgt, und den geringer Verdienenden, deren Freistellung in der Regel über das Kindergeld vorgenommen wird. Zwar werden für die erste Gruppe von Steuerpflichtigen die ausländischen Leistungen gemäß § 31 Satz 6 EStG lediglich angerechnet, während bei der Festsetzung von Kindergeld die vergleichbaren ausländischen Leistungen nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zur gänzlichen Versagung des inländischen Anspruchs führen können. Im Rahmen des Familienleistungsausgleichs indes ist der „Anspruch auf Kindergeld” maßgebend und sind die ausländischen Leistungen gemäß § 31 Satz 5 EStG in die Vergleichsrechnung betr. Anspruch auf Kindergeld einerseits und Auswirkung der Freibeträge andererseits einzubeziehen (vgl. hierzu Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 31 Rdn. 36 ff.; Dürr in Frotscher, EStG, § 31 Rdn. 47 ff.; Selder in Blümich, EStG, § 31 Rdn. 100 f.). In Fällen mit vorliegender Fallkonstellation wäre einerseits im Hinblick auf die Regelung des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ein Anspruch auf Kindergeld (ggf. in voller Höhe) zu verneinen. Da zugleich die polnischen Familienleistungen eine nur geringe Höhe aufweisen, ergäbe die Vergleichsrechnung nach § 31 Satz 4 EStG typischerweise, dass auch einem geringer verdienenden Steuerpflichtigen der Kinderfreibetrag zu gewähren wäre und somit die geltend gemachte Ungleichbehandlung mit Besserverdienenden bereits aus diesem Grunde ausschiede Somit wird dem verfassungsrechtlichen Gebot, einen Einkommensbetrag in Höhe des Existenzminimums eines Kindes steuerlich frei zu stellen, im Rahmen der sog. Günstigerprüfung gemäß § 65 Absatz 1 EStG i.V.m. § 31 Satz 4 und 5 EStG Rechnung getragen; die Regelung des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist sachlich gerechtfertigt. Nach dieser gesetzlichen Konzeption der §§ 31, 65 EStG entscheidet erst und nur die Höhe des Kinderfreibetrages endgültig darüber, ob den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Verschonung des Existenzminimums der Kinder genügt wird; die Funktion des Kindergeldes beschränkt sich insofern auf eine als vorläufiger „Abschlag” wirkende Steuervergütung (Beschluss des BVerfG vom 8. Juni 2004 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, BGBl I 2004, 2570; vgl. auch Urteil des FG Baden-Württemberg vom 18. November 2008 4 K 4293/08, EFG 2009, 264).
Etwaige Benachteiligungen von Grenzgängern gegenüber uneingeschränkt Kindergeldberechtigten sind zudem aufgrund der anderweitigen Leistung und der Praktikabilitätsanforderungen an Kollisionsregeln bei grenzüberschreitenden Sachverhalten gerechtfertigt. Zu dem Aspekt der anderweitigen sozialen Absicherung (im Ausland) treten Gründe der Einfachheit des Rechts und dessen Praktikabilität im Verwaltungsvollzug, die die Kollisionsnorm des § 65 EStG ebenfalls rechtfertigen (Beschluss des BVerfG vom 8. Juni 2004 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, BGBl I 2004, 2570).
Die Klägerin kann auch nicht verlangen, dass das Kindergeld nach dem EStG für März bis Juli 2006 zumindest in Höhe von 50% der gesetzlich bestimmten Monatsbeträge festgesetzt wird.
Ein solcher Anspruch auf hälftiges Teilkindergeld ließe sich im Wege der Analogie allenfalls aus Artikel 12 Abs. 2 der VO Nr. 1408/71 i. V. m. Artikel 7 Abs. 1 der DVO Nr. 574/72 herleiten. Diese Analogie würde indessen voraussetzen, dass aufgrund des Zusammentreffens von Leistungsansprüchen verschiedener EU-Staaten eine Leistungskürzung oder ein Leistungsausschluss in den betreffenden Staaten (im Streitfall: sowohl in Deutschland als auch in Polen) gedroht hätte. Ein solche Kürzung von Familienleistungen war im Streitfall jedoch nicht zu befürchten, da die Klägerin in Polen für sämtliche Kinder jedenfalls im gesamten streitigen Zeitraum noch die ungekürzten Familienleistungen erhalten hat (vgl. Urteile des Hessisches FG vom 23. Mai 2007 3 K 3143/06, EFG 2007, 1527; des FG Baden-Württemberg vom 18. November 2008 4 K 4293/08, EFG 2007, 1527).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.
Die Revisionszulassung beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO.