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  • 03.11.2011

    Bundesfinanzhof: Beschluss vom 31.08.2011 – I B 9/11


    Gründe

    1

    I. Gegenstand der Klage war die Frage, ob die bei der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) --eine zum A-Konzern als Zwischenholding gehörenden GmbH-- durchgeführte Außenprüfung zur Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) geführt hat und demgemäß die im Anschluss an die Prüfung für die Streitjahre (1992 bis 1997) im Oktober und November 2005 ergangenen Änderungsbescheide (Steuer- und Feststellungsbescheide) rechtmäßig sind.

    2

    Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Es ist hierbei davon ausgegangen, dass dann, wenn --wie vorliegend-- mit der Außenprüfung nicht wie in der Prüfungsanordnung vorgesehen (hier: 3. Dezember 1997), sondern auf Antrag des Steuerpflichtigen erst zu einem späteren Zeitpunkt (hier: im Verlauf des Jahres 1998) begonnen werde (§ 171 Abs. 4 Satz 1, Variante 2 AO), der Ablauf der Festsetzungs- und Feststellungsfristen auch dann gehemmt sei, wenn die Außenprüfung i.S. von § 171 Abs. 4 Satz 2 AO unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus von der Finanzbehörde zu vertretenden Gründen unterbrochen werde. Im Übrigen lägen --so die Vorinstanz weiter-- auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 171 Abs. 4 Satz 2 AO nicht vor. Entgegen dem Betriebsprüfungsbericht, nach dem die Prüfung am 12. August 1998 begonnen, sowie abweichend von der Prüferhandakte, nach der die erste Prüfungshandlung auf den Tag (22. April 1998) falle, an dem an die Klägerin die Prüferanfrage 1 (betr. die Feststellung und Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals --vEK--) gerichtet worden sei, sei der Prüfungsbeginn bereits in den dieser Anfrage vorausgegangenen Gesprächen zur Abstimmung der Gliederungsansätze zwischen Angehörigen der Steuerabteilung der Klägerin sowie dem Prüfer zu sehen. Demnach scheide --abweichend vom Vorbringen der Klägerin-- auch eine Unterbrechung unmittelbar nach Beginn der Außenprüfung (§ 171 Abs. 4 Satz 2 AO) aus, da die Prüfungshandlungen erste verwertbare Prüfungsergebnisse gezeitigt hätten; Letztere seien "mit der Feststellung der Prüferanfrage Nr. 1" darin zu sehen, dass den bereits bewirkten Gewinnausschüttungen nicht die in den Steuererklärungen berücksichtigten vEK-Beträge zugrunde zu legen seien. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) habe insoweit unwidersprochen vorgetragen, dass die Steuerbilanzen und die Bestände des vEK nicht abgestimmt worden seien und deshalb der Prüfer den Leiter der Steuerabteilung darüber unterrichtet habe, dass mit erheblichen steuerlichen Auswirkungen gerechnet werden müsse. Der Klägerin sei auch nicht darin zu folgen, dass im Streitfall die Prüfung förmlich abgebrochen worden sei. Schließlich könne die Klägerin sich auch nicht auf die Verwirkung der gegen sie gerichteten Steueransprüche berufen, da das Verhalten des FA keinen Anlass zur Annahme gegeben habe, es werde diese (Steuer-)Ansprüche aufgeben.

    3

    Die Klägerin beantragt,

    die Revision zuzulassen.

    4

    II. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg. Dabei kann der Senat offenlassen, ob die Beschwerdeschrift den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügt. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet und deshalb zurückzuweisen.

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    1. Der Rechtsfrage, ob die Regelung des § 171 Abs. 4 Satz 2 AO, nach der die Ablaufhemmung entfällt, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn aus vom FA zu vertretenden Gründen für die Dauer von mehr als sechs Monaten unterbrochen wird, auch zu beachten sei, wenn der Prüfungsbeginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben wird (§ 171 Abs. 4 Satz 1 Variante 2 AO), kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

    6

    a) Die Klägerin macht zwar insoweit zutreffend geltend, dass das von der Vorinstanz für ihren ablehnenden Standpunkt herangezogene Urteil des FG Nürnberg (vom 23. Mai 1997 VI 33/96, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1998, 82) sowie die vom FG zitierte Kommentarstelle (Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 171 AO Rz 43) sich nicht ausdrücklich mit der aufgeworfenen Rechtsfrage beschäftigen (vgl. auch Frotscher in Schwarz, AO, § 171 Rz 37 ff.; Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl., § 171 Rz 65 ff.; Hartmann in Beermann/Gosch, § 171 AO Rz 40 ff.). Zudem könnten entgegen der Einschätzung des FA die Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. März 2010 IV R 54/07, BFHE 229, 20, BStBl II 2011, 7, nach denen bei einem Antrag auf Verschieben des Beginns einer Außenprüfung (§ 171 Abs. 4 Satz 1 Variante 2 AO) die Hemmung der Verjährungsfristen nicht ohne zeitliche Grenze fortwirkt, sondern daran gebunden ist, dass die Finanzbehörde vor Ablauf von zwei Jahren nach Antragseingang mit der Außenprüfung beginnt, dafür sprechen, die Bestimmung des § 171 Abs. 4 Satz 2 AO, die verhindern will, dass die Finanzbehörde die Voraussetzungen der Ablaufhemmung nur "pro forma" herbeiführt (BTDrucks 7/4292, S. 33; BFH-Urteil in BFHE 229, 20, BStBl II 2011, 7), nach Maßgabe ihrer Tatbestandsmerkmale auch in Fällen eines auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschobenen Prüfungsbeginns anzuwenden (ebenso --wenn auch nicht entscheidungserheblich-- BFH-Urteil vom 8. Juli 2009 XI R 64/07, BFHE 226, 19, BStBl II 2010, 4, zu II.2.c).

    7

    b) Gleichwohl ist die Revision wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit der vorstehend genannten Rechtsfrage nicht zuzulassen. Bestimmend hierfür ist, dass die Vorinstanz die Klageabweisung auch --d.h. kumulativ und selbständig tragend-- darauf gestützt hat, dass im Streitfall eine Prüfungsunterbrechung gemäß § 171 Abs. 4 Satz 2 AO nicht vorgelegen habe. Da die Klägerin diesbezüglich keine durchgreifenden Gründe für die Zulassung der Revision vorgetragen hat (s. nachfolgend), kann der Frage, ob die Regelung des § 171 Abs. 4 Satz 2 AO im Falle eines auf Antrag der Steuerpflichtigen hinausgeschobenen Prüfungsbeginns überhaupt anzuwenden ist (s.o.), keine für ein Revisionsverfahren rechtserhebliche (entscheidungserhebliche) Bedeutung beigemessen werden (Beermann in Beermann/Gosch, § 115 FGO Rz 109; Lange in HHSp, § 115 FGO Rz 123 a.E.; Ruban in Gräber, a.a.O., § 115 Rz 31, jeweils m.w.N.).

    8

    aa) Das FG ist zum einen davon ausgegangen, dass nach der Rechtsprechung des BFH das Merkmal des Beginns der Außenprüfung (§ 171 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AO) zwar bereits mit der ersten ernsthaften und qualifizierten Ermittlungshandlung (z.B. ein informatives Gespräch oder das Verlangen nach Auskünften und Unterlagen) gegeben sei, bei der weiteren Frage jedoch, ob eine Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn unterbrochen worden sei (§ 171 Abs. 4 Satz 2 AO), die vor der Prüfungsunterbrechung vorgenommenen Handlungen zu gewichten seien. Folge hiervon ist, dass eine Außenprüfung nur dann nicht mehr unmittelbar nach Beginn unterbrochen ist, wenn die bis zur Unterbrechung vorgenommenen Prüfungshandlungen entweder bezogen auf den gesamten Prüfungsstoff nach Umfang und zeitlichem Aufwand ein erhebliches Gewicht erreicht oder erste verwertbare Ergebnisse gezeitigt haben. Letzteres bedeutet allerdings nicht, dass die ermittelten Ergebnisse geeignet sein müssen, unmittelbar als Besteuerungsgrundlage Eingang in einen Steuer- oder Feststellungsbescheid zu finden; ausreichend ist vielmehr, dass Ermittlungsergebnisse vorliegen, an die bei der Wiederaufnahme der Prüfung angeknüpft werden kann (vgl. zu allem umfassend BFH-Urteil vom 24. April 2003 VII R 3/02, BFHE 202, 32, BStBl II 2003, 739; Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 171 Rz 33 ff., 41 ff.). Zum anderen hat die Vorinstanz berücksichtigt, dass sowohl über den Begriff des Prüfungsbeginns als auch über die im Rahmen von § 171 Abs. 4 Satz 2 AO gebotene Gewichtung der Prüfungshandlungen anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu entscheiden ist (BFH-Urteile in BFHE 226, 19, BStBl II 2010, 4; in BFHE 202, 32, BStBl II 2003, 739).

    9

    bb) Soweit die Vorinstanz insoweit den Streitfall dahin gewürdigt hat, dass die Prüfung bereits vor der Prüferanfrage 1 (am 22. April 1998) durch informative Gespräche des Prüfers mit den Vertretern der Steuerabteilung begonnen habe und diese Würdigung nicht nur durch die Übergabe einer Excel-Tabelle am 31. März 1998 gestützt werde, sondern zugleich auch erkläre, weshalb der Prüfer bereits am 23./27. April 1998 eine weitere Excel-Tabelle sowie einen Vermerk der A-AG zu dieser Anfrage erhalten habe, ist der Senat an diese tatsächliche Feststellung gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Gleiches gilt für die Würdigung der Vorinstanz, dass bereits die in die Prüferanfrage 1 eingegangenen Feststellungen betreffend die fehlende Abstimmung der bewirkten Gewinnausschüttungen mit den tatsächlichen vEK-Beständen angesichts der hiermit verbundenen erheblichen steuerlichen Auswirkungen als verwertbares Ergebnis zu qualifizieren seien, die eine Prüfungsunterbrechung unmittelbar nach ihrem Beginn (§ 171 Abs. 4 Satz 2 AO; s.o.) ausschlössen.

    10

    cc) Die Klägerin hat hiergegen keine Rügen erhoben, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten.

    11

    aaa) Dies gilt zunächst für die Verfahrensrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO; vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 76 a.E.), dass es sich bei den Vermerken über den Beginn der Außenprüfung (§ 198 Satz 2 AO) --gemäß Laufzettel des Prüfers am 22. April 1998; gemäß Betriebsprüfungsbericht am 12. August 1998-- um öffentliche Urkunden i.S. von § 415 der Zivilprozessordnung (ZPO) handle und deshalb an einen Gegenbeweis strenge Anforderungen zu stellen seien. Dabei kann offenbleiben, ob die Prämisse der Klägerin zutrifft, d.h. die genannten Vermerke tatsächlich i.S. von § 415 Abs. 1 ZPO als öffentliche Urkunden über eine vor der Behörde abgegebene Erklärung errichtet worden sind (so z.B. Gosch in Beermann/Gosch, a.a.O., § 198 AO Rz 16; Schallmoser in HHSp, § 198 AO Rz 24) oder i.S. von § 418 Abs. 1 ZPO (sog. Zeugnisurkunde) einen anderen als den in den §§ 415, 417 ZPO genannten Inhalt haben. Hierauf kommt es vorliegend deshalb nicht an, weil die Beweiskraft der Urkunden nach § 415 ZPO sich lediglich auf die richtige Beurkundung der abgegebenen Erklärung (sog. formelle Beweiskraft), nicht hingegen auf die inhaltliche Richtigkeit der Erklärung erstreckt (z.B. Reichold in Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 32. Aufl., § 415 Rz 5, m.w.N.), und auch die Beweiskraft der Zeugnisurkunde nach § 418 ZPO nur die in der Urkunde bezeugten Tatsachen (Abs. 1), nicht aber die hiermit verbundenen rechtlichen Beurteilungen erfasst (Huber in Musielak, ZPO, 8. Aufl., § 418 Rz 3, m.w.N.). Hiernach ist --soweit ersichtlich-- auch nicht streitig, dass über die inhaltliche Richtigkeit eines Vermerks gemäß § 198 Satz 2 AO das FG im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO zu entscheiden hat); gleiches muss erst recht gelten, wenn --wie vorliegend-- der Inhalt zweier Vermerke voneinander abweicht. Hieran anknüpfend hat das FG auch im Rahmen seines pflichtgemäß auszuübenden Ermessens darüber zu entscheiden, welcher Beweismittel es sich zur Sachverhaltsaufklärung bedient (Gräber/ Stapperfend, a.a.O., § 76 Rz 23).

    12

    bbb) Soweit die Klägerin rügt, dass das FG den genauen Zeitpunkt des Prüfungsbeginns hätte ermitteln müssen, um die weitere Feststellung treffen zu können, dass die Außenprüfung nicht unmittelbar nach ihrem Beginn unterbrochen worden sei (§ 171 Abs. 4 Satz 2 AO), ist der Vortrag auch dann unschlüssig, wenn er auf die Geltendmachung eines Verfahrensmangels zielen sollte (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Klägerin hat insoweit nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Vorinstanz eine Prüfungsunterbrechung i.S. von § 171 Abs. 4 Satz 2 AO nicht im Hinblick auf das (absolute/relative) zeitliche oder quantitative Gewicht der bis zur Prüferanfrage 1 vorgenommenen Prüfungshandlungen, sondern --im Einklang mit der Rechtsprechung (s.o.)-- mit Rücksicht auf die bis dahin ermittelten Prüfungsergebnisse verneint hat. Von diesem materiell-rechtlichen Standpunkt (vgl. dazu Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 96) aus konnte das FG dahinstehen lassen, zu welchem konkreten Zeitpunkt die den Prüfungsbeginn begründenden ersten informativen Gespräche des Prüfers mit den Angehörigen der Steuerabteilung stattgefunden haben.

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    ccc) Nicht durchzugreifen vermag ferner die Rüge, das FG habe keine substantiierten Feststellungen zu den in der Zeit vom 22. April 1998 (Prüferanfrage 1) bis 27. Mai 1999 (Prüferfeststellung 1) durchgeführten Prüfungshandlungen getroffen. Der Senat lässt offen, ob damit nicht lediglich ein für die Revisionszulassung unbeachtlicher materieller Rechtsfehler geltend gemacht wird. Die Rüge ist jedenfalls deshalb unschlüssig, weil die Vorinstanz eine Prüfungsunterbrechung i.S. von § 171 Abs. 4 Satz 2 AO bereits mit Rücksicht auf die vor der Prüferanfrage 1 vorgenommenen Handlungen des Prüfers sowie den hierbei gewonnenen und mit der Prüferanfrage 1 dokumentierten "verwertbaren Ergebnisse" (s.o.) verneint hat und eine spätere Unterbrechung die eingetretene Ablaufhemmung unberührt lasse (Hinweis auf BFH-Urteil vom 16. Januar 1979 VIII R 149/77, BFHE 127, 128, BStBl II 1979, 453).

    14

    2. Unsubstantiiert ist schließlich die Rüge, die Revision sei deshalb wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen, weil es der Klärung bedürfe, ob --abweichend von der Rechtsprechung des BFH (s. z.B. BFH-Urteil vom 24. Oktober 2006 I R 90/05, BFH/NV 2007, 849)-- eine überlange Verfahrensdauer (hier: rund 13 Jahre vom Beginn der Außenprüfung im Jahre 1998 bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens im Dezember 2010) für sich gesehen, d.h. ohne Hinzutreten weiterer Umstände, zur Verwirkung der streitbefangenen Steueransprüche führen könne.

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    a) Zwar weist die Klägerin insoweit zutreffend darauf hin, dass das FG Rheinland-Pfalz mit Aussetzungsbeschluss vom 17. Dezember 2010 6 V 1924/10, EFG 2011, 757 entschieden hat, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) allein aus einer überlangen Verfahrensdauer einen Verstoß gegen Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) betreffend das Recht auf Gewährung eines fairen Verfahrens ableite und deshalb erhebliche rechtsstaatliche Bedenken bestünden, ob die Rechtsprechung des BFH fortgeführt werden könne.

    16

    b) Gleichwohl ist der Vortrag unschlüssig, da die Klägerin nicht darlegt, weshalb die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK Einfluss auf den Tatbestand der Verwirkung von Steueransprüchen haben kann. Erläuterungen dazu wären vor allem deshalb erforderlich gewesen, weil nach ständiger Rechtsprechung sowohl des EGMR als auch des BFH Art. 6 EMRK wegen des öffentlich-rechtlichen Charakters der Besteuerung im Steuerprozess keine Anwendung findet (z.B. EGMR-Urteile vom 12. Juli 2001 44759/98, Neue Juristische Wochenschrift 2002, 3453; vom 13. Januar 2005 62023/00, Europäische Grundrechte-Zeitschrift 2005, 234; Beschlüsse des BFH vom 21. Februar 2006 I B 32/05, BFH/NV 2006, 1305; vom 22. Juli 2008 II B 18/08, BFH/NV 2008, 1866; vom 9. August 2009 VI B 72/07, [...]). Demgemäß ist auch nicht ersichtlich, weshalb die Rechtsprechung des EGMR Anlass geben könnte, von der ständigen Rechtsprechung des BFH abzuweichen, nach der die Verwirkung von Steueransprüchen neben dem Zeitablauf das Hinzutreten weiterer Umstände erfordert, die auf eine Aufgabe des Anspruchs durch das FA schließen lassen (BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 849). Erläuterungen hierzu finden sich weder in der Beschwerdeschrift noch in dem von der Klägerin herangezogenen Beschluss des FG Rheinland-Pfalz in EFG 2011, 757.