22.09.2011
Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 09.12.2010 – 1 K 184/07
1. Der sog. „Stromvergleich” vom 22.12.1992, durch den sich Treuhandanstalt und Energieversorgungsunternehmen bereit erklärten, den beschwerdeführenden Kommunen, sofern sie eine Genehmigung zur Aufnahme der Stromversorgung nach § 5 des Energiewirtschaftsgesetzes erhalten, „auf Verlangen alle örtlichen Versorgungsanlagen (Strom und Fernwärme) gegen Erstattung des Sachzeitwerts auf den Stichtag 31.12.1990” zu übertragen, stellt keine Vermögensrückgabe oder vergleichbaren Vorgang, sondern ein entgeltliches Anschaffungsgeschäft dar.
2. Zur Ermittlung der Anschaffungskosten bei späterer Übertragung der Versorgungsanlagen auf eine kommunale Eigengesellschaft (GmbH) gegen den durch Verzicht auf den Rückübertragungsanspruch aus dem Stromvergleich zu leistenden Sachzeitwert der Anlagen.
3. Die rückwirkende Neuregelung des § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG durch das Jahressteuergesetz 2009, nach der die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung bei kommunalen Eigenbetrieben in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft nicht zu ziehen sind, wenn ein Dauerverlustgeschäft aus den dort aufgeführten Gemeinwohlgründen unterhalten wird, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken und stellt keine neue Beihilfe im Sinne des Art. 108 Abs. 3 AEUV dar.
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Finanzrechtsstreit
hat der 1. Senat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht …, des Richters am Finanzgericht …, des Richters am Finanzgericht … sowie der ehrenamtlichen Richter … und … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 9. Dezember 2010
für Recht erkannt:
1. Unter Änderung des Körperschaftsteuerbescheides 1998 vom 31. Mai 2006 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 2. Januar 2007 wird das Einkommen im Sinne des § 47 Abs. 2 Nr. 3 EStG auf den Betrag festgestellt, der sich ergibt, wenn der Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von 755.697,– DM unterbleibt.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 18 % und dem Finanzamt zu 82 % auferlegt.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine Eigengesellschaft (GmbH) der Stadt X, die u.a. die Stromversorgung der Stadt und einen Freizeitpark betreibt.
A.
Im Jahr 1990 gehörten die örtlichen Anlagen der Stromversorgung und Fernwärme der Stadt X einem Regionalversorgungsunternehmen (RVU), das zum 1. Juli 1990 gemäß § 11 des Treuhandgesetzes (TreuhG) kraft Gesetzes in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wurde. Hierbei handelt es sich um die Y AG (Y), die aus dem früheren Energiekombinat Z, zu dessen Gunsten u.a. die Stadt X in Bezug auf die Stromversorgung enteignet worden war, hervorgegangen ist. Inhaberin aller Anteile der Y war gemäß § 1 Abs. 4 TreuhG zunächst die Treuhandanstalt (später: Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben – BvS –). Gemäß § 4 Abs. 2 Kommunalvermögensgesetzes (KVG) vom 6. Juli 1990 (GBl. I S. 660), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. März 1991 (BGBl. I S. 786), standen der Stadt X die ihren (ehemaligen) Betrieben und Einrichtungen entsprechenden Anteile an der Y zu.
Im Rahmen mehrerer Kommunalverfassungsbeschwerden ostdeutscher Kommunen, darunter auch der Stadt X, wurde der Treuhandanstalt u.a. eine „Vereinbarung zur Beilegung des Streits vor dem Bundesverfassungsgericht über die Struktur der Stromversorgung in den neuen Bundesländern” vom 22. Dezember 1992 getroffen (sog. Stromvergleich). Danach erklärten sich Treuhandanstalt und Energieversorgungsunternehmen bereit, den beschwerdeführenden Kommunen, sofern sie eine Genehmigung zur Aufnahme der Stromversorgung nach § 5 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) erhalten, „auf Verlangen alle örtlichen Versorgungsanlagen (Strom und Fernwärme) gegen Erstattung des Sachzeitwerts auf den Stichtag 31. Dezember 1990” zu übertragen (Tz. 1.1 des Stromvergleichs). Der Sachzeitwert sollte dabei dadurch abgegolten werden, dass die jeweilige Gemeinde für alle übertragenen Grundstücke, Gegenstände und Rechte auf ihren Anspruch nach § 4 Abs. 2 KVG auf Kapitalbeteiligung an den RVU verzichtet (Tz. 2 des Stromvergleichs). Nach Veräußerung der Kapitalanteile, auf die die Kommunen verzichten, sollte das übertragende Versorgungsunternehmen von der Treuhand den daraus erzielten Erlös erhalten (Tz. 3 des Stromvergleichs). Durch den Vollzug der Übertragung waren alle Ansprüche der jeweiligen Beschwerdeführerin mit Bezug auf das örtliche Strom- und Fernwärmevermögen abgegolten.
In Erfüllung des gesetzlichen Beteilungsanspruchs nach § 4 Abs. 2 KVG übertrug die BvS zunächst mit Vertrag vom 21. Juni 1995 / 20. Mai 1996 der Stadt X 1.995 Aktien der Y zu einem Nennwert von 100,– DM (0,133 % des Grundkapitals an der Y). Am 18. Dezember 1997 bot die BvS der Stadt X zusätzlich den Kauf frei gewordener Kapitalanteile der früher selbständigen Gemeinde K und S an der Y im Nennwert von 100,– DM zum Preis von 272,21 DM/Aktie an (669 Stück für insgesamt 182.106,78 DM). Die Stadt nahm das Angebot teilweise an und erwarb zwischen 40 und 80 Aktien.
Nachdem ihr am 29. September 1997 vom Freistaat Sachsen die Genehmigung zur Aufnahme der Stromversorgung erteilt worden war, schloss die Klägerin am 8. Mai 1998 auf Grundlage des Stromvergleichs mit der Y und der Stadt X eine notariell beurkundete Übertragungsvereinbarung über die Übernahme der örtlichen Stromversorgungsanlagen im Versorgungsgebiet der Stadt X. Danach übertrug die Y zum 1. Juli 1998 die im Einzelnen aufgeführten Versorgungsanlagen und sonstigen Einrichtungen, beweglichen Sachen und Fernmeldekabel sowie Grundstücke und Gebäude samt Belastungen auf die Klägerin (§ 2 Abs. 1 und 3 der Vereinbarung). Laut den der Vereinbarung als Anlage beigefügten Aufstellungen waren die „Anlagen-Altbestände” (Anschaffung bis 1990) bei der Y mit Werten in Höhe von 448.589,58 DM für das Niederspannungsnetz und 275.087,10 DM für das Mittelspannungsnetz ausgewiesen.
Als Gegenleistung für die übertragenen Vermögensgegenstände per 31. Dezember 1990 sollte die Klägerin „den Sachzeitwert durch Verzicht gegenüber der BvS auf den Anspruch gemäß § 4 Abs. 2 KVG auf Beteiligung an der Y” gemäß Ziffer 2 des Stromvergleichs vom 22. Dezember 1992 leisten (§ 3 Abs. 1 der Vereinbarung). Zugleich war der Anspruch gemäß § 4 Abs. 2 KVG von der Stadt X auf die Klägerin übertragen worden. In Erfüllung der Vereinbarung trat die Klägerin mit Vertrag vom 1. Juli 1998 ihre Rechte an den Aktien der Y (1.815 Namensaktien im Nennwert von 100,– DM je Aktie) unentgeltlich wieder an die BvS ab (= Rückabwicklung des Vertrags vom 21. Juni 1995 / 20. Mai 1996).
Neben den Altanlagen wurden gemäß § 3 Abs. 2 der Vereinbarung die von der Y auf die übertragenen Anlagen bzw. im Versorgungsgebiet getätigten Investitionen ab dem 1. Januar 1991 bis zum 30. Juni 1998 ebenfalls auf die Klägerin übertragen. Diese Anlagen und Investitionen bis zum 31. Dezember 1997 sollten durch eine Zahlung in Höhe von 1 Mio. DM zzgl. der gesetzlichen Umsatzsteuer (Fälligkeit: 1. Juli 1998) abschließend ausgeglichen werden (vgl. § 3 Abs. 2 der Vereinbarung). Mit der Umsetzung der Vereinbarung vom 8. Mai 1998 sollten alle Ansprüche der Klägerin und der Stadt auf Beteiligung am energiewirtschaftlichen Vermögen der Y abgegolten sein (§ 3 Abs. 3 der Vereinbarung).
In ihrer Bilanz für 1998 wies die Klägerin die „Neuanlagen” mit Anschaffungskosten von 1 Mio. DM und die Altanlagen mit einem Wert von 5.408.738,45 DM aus. Der Wert beruht auf einem Gutachten zum Sachzeitwert des übertragenen Vermögens auf den 1. Juli 1998. Hieraus machte sie im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechung AfA geltend.
B.
Neben den Anlagen der Strom-/Fernwärme-/Wasser- und Abwasserversorgung betreibt die Klägerin auch den Freizeitpark der Stadt X. Dieser bietet die Nutzungsmöglichkeiten Baden im Freibad, Sauna, Tennis, Basketball und andere Ballsportarten sowie im Winter Eislauf und Eishockey an. Außer von Privatpersonen werden diese Möglichkeiten vor allem von Vereinen, Freizeitgruppen, Kindergärten, Schulen, Wasserwacht oder Polizei genutzt (vgl. Aufstellung auf Seite 61 der FG-Akte).
Die kaufmännische Betreuung und Verbuchung der Einnahmen und Ausgaben des Freizeitparks erfolgte im Rahmen eines gemeinsamen Buchungskreises mit den anderen Sparten. Die technische Wartung erfolgte durch das technische Personal der entsprechenden Sparten. In der Zeit von 1997 bis 2000 machte die Klägerin mit dem „Freizeitpark” Verluste in Höhe von insgesamt 3.118.953,– DM. In den Steuererklärungen wurden die Verluste aus dem Freizeitpark mit den Ergebnissen der anderen Sparten zusammengefasst und der Besteuerung zu Grunde gelegt. Im Streitjahr 1998 hat die Klägerin Verluste aus dem Freizeitpark in Höhe von 755.697,– DM mit den Ergebnissen der übrigen Sparten verrechnet und den Gewinn um diesen Betrag vermindert.
C.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung (vgl. geänderter Bericht über die Außenprüfung vom 19. April 2006) vertrat der Prüfer die Auffassung, dass im Falle der Übertragung der Altanlagen unter Verzicht auf den Anspruch nach § 4 Abs. 2 KVG nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen von einem entgeltlichen Vorgang auszugehen sei. Als Anschaffungskosten seien die in der Übertragungsvereinbarung aufgeführten, von der Y unter Zugrundelegung der linearen AfA ermittelten Sachzeitwerte der Altanlagen (723.676,10 DM), anzusetzen (= Minderung der AfA um 119.192,63 DM). Des Weiteren war der Prüfer der Auffassung, dass die Klägerin die Verluste aus dem Freizeitpark im Interesse ihrer alleinigen Gesellschafterin, der Stadt X, in Kauf genommen habe und setzte insoweit eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 755.697,– DM an.
Der Beklagte (das Finanzamt) folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und setzte mit Bescheid vom 31. Mai 2006 die Körperschaftsteuer für 1998 auf 0,– EUR und das Einkommen im Sinne des § 47 Abs. 2 Nr. 3 KStG auf 288.898,– DM fest (JÜ: ./. 455.353,– DM; vGA: 755.697,– DM). Das hiergegen durchgeführte Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 2. Januar 2007).
D.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, dass kein entgeltlicher Anschaffungsvorgang hinsichtlich der Altanlagen vorliege. Der erklärte Verzicht auf den Anspruch gem. § 4 Abs. 2 KVG stelle keine Gegenleistung für die Übertragung der Altanlagen dar, da er nicht gegenüber der Y, sondern gegenüber der Treuhandanstalt erklärt worden sei. Auch sei der entgeltliche Charakter der Übertragung ausgeschlossen, da es sich um eine Vermögensrückgabe handle. Die Übertragungsvereinbarung stelle lediglich eine „Vollstreckungshandlung” (Vollzug des Stromvergleichs) insbesondere zur Abgeltung von Restitutionsansprüchen dar. Die ostdeutschen Kommunen, die Stadtwerke gründen wollten, hätten Ansprüche auf Herausgabe des kommunalen Vermögens (Restitutionsansprüche) und Ansprüche auf Kapitalbeteiligungen gehabt. Die Energieversorgung sei den Kommunen als Selbstverwaltungsaufgabe zugewiesen worden und die dazu erforderlichen Anlagen sollten diesen hierzu übertragen werden (Hinweis auf § 1 Abs. 1 TreuhG; §§ 2, 6 KVG).
Die in § 4 Abs. 2 KVG getroffene Regelung könne nicht dahingehend verstanden werden, dass die Rechte der Kommunen auf eine Minderheitskapitalbeteiligung an den RVU reduziert werden sollten. Vielmehr sei der Weg der Vemögensübertragung beabsichtigt gewesen. Die im Rahmen des Einigungsvertrags (EV) getroffene Ergänzung des § 4 Abs. 2 KVG um einen Satz 2 könne nur so verstanden werden, dass die Kommunen nach der Kommunalisierung und Restitution noch einen Anspruch auf Übertragung von 49 % der Kapitalanteile von umgewandelten RVU haben, sofern diese auf überkommunaler Ebene noch bestünden. So habe das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden, dass der öffentlich-rechtliche Restitutionsanspruch (Art. 22 Abs. 1 Satz 7, Art. 21 Abs. 3 Einigungsvertrag) durch § 4 Abs. 2 KVG nicht ausgeschlossen werde. Auch das Bundesverfassungsgericht habe sich im Rahmen der Vergleichsverhandlungen dahingehend geäußert, dass es die Auffassung vertrete, dass den Kommunen sowohl ein Herausgabeanspruch bezogen auf die örtlichen Versorgungsanlagen zustehe, wie auch ein Anspruch auf Kapitalbeteiligung gemäß § 4 Abs. 2 KVG. Mit dem Stromvergleich trete der Rechtsübergang zwar nicht kraft Gesetzes ein, jedoch bestehe ein aus den gesetzlichen Regelungen folgender Anspruch auf Übertragung.
Die Übertragungsvereinbarung vom 8. Mai 1998 sei lediglich der Vollzug des Stromvergleichs auf örtlicher bzw. regionaler Ebene. Der in der Vereinbarung niedergelegte Verzicht auf Kapitalanteile gemäß § 4 Abs. 2 KVG sei keine unmittelbare Verzichtsleistung im Gegenseitigkeitsverhältnis. Daher sei auch nachvollziehbar, dass der Wert der zu übertragenden Wirtschaftsgüter nicht konkret festgestellt worden sei. Es habe keine Kaufpreisverhandlungen gegeben, da das Altvermögen schlicht herauszugeben gewesen sei.
Zu bilanzieren sei der Herausgabeanspruch der Kommune, der verdeckt in die Klägerin eingelegt worden sei, nach den allgemeinen Regeln mit dem Teilwert gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG (= dem Wert des Restitutionsanspruchs). Daher sei zu Recht der per 1. Juli 1998 ermittelte Sachzeitwert bei der Bilanzierung zu Grunde gelegt worden. Der Sachzeitwert sei eine nach der zivilrechtlichen Rechtsprechung zulässige Methode zur Bestimmung des Kaufpreises. Ein Übernehmer könne keine Überlassung zu einem unter dem Sachzeitwert liegenden Entgelt verlangen. Auf die Werte in der DM-Eröffnungsbilanz des Regionalversorgers Y komme es nicht an, da kein Erwerbsgeschäft vorliege. Im Übrigen sei die Bewertung in der DM-Eröffnungsbilanz der Y zu niedrig erfolgt. Der Buchwert der Anlagen entspreche in keinem Fall dem Sachzeitwert der Anlagen. Für den Fall, dass ein Anspruch auf Vermögensrückgabe verneint werde, müsse die Abwicklung und Bewertung über den Stromvergleich erfolgen, der als Übertragungswert auch den Sachzeitwert benenne.
Hinsichtlich der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung könne der Auffassung des Finanzamts ebenfalls nicht zugestimmt werden, da die Besonderheiten von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und der von ihnen wahrgenommenen Aufgaben keine ausreichende Berücksichtigung gefunden hätten. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe mit Urteil vom 14. Juli 2004 entschieden, dass die Zusammenfassung unterschiedlicher Betriebe gewerblicher Art einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft in der Organisationsform einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich als zulässige Handlungsform anzuerkennen sei. Die pauschale Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung im Falle der Zusammenfassung von kommunalen Gewinn- und Verlustbetrieben habe er dabei abgelehnt. Die Übernahme der Verluste durch die Klägerin sei nicht durch das private Interesse des Gesellschafters veranlasst.
Die Sparten dürften zusammengefasst werden, da das Freizeitbad der Daseinsvorsorge der Bevölkerung im weiteren Sinne diene. Es bestünden umfangreiche wechselseitige Beziehungen. Durch die Integrierung des maroden Freizeitbades und der anschließenden Sanierung und Erweiterung zum heute bestehenden Freizeitpark seien der Klägerin Fördermittel in Höhe von 6 Mio. DM zugeflossen, die bilanziell durch ihren Ausweis als Sonderposten zum Anlagevermögen auf der Passivseite der Bilanz zwischen Eigenkapital und Rückstellungen einen unverzichtbaren eigenkapitalstärkenden Posten darstellten. Im Übrigen sei § 8 Abs. 7 KStG in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 19. Dezember 2008 (BGBl I S. 2794) auch im Streitfall zu beachten.
Hinsichtlich des Vortrags der Klägerin im Einzelnen wird auf die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten zu 2. vom 23. April 2007, 12. Oktober 2007, 19. Februar 2008 und 24. April 2008 sowie des Prozessbevollmächtigten zu 1. vom 12. Oktober 2007 verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Körperschaftsteuerbescheids 1998 vom 31. Mai 2006 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 2. Januar 2007 das Einkommen im Sinne des § 47 Abs. 2 KStG für 1998 auf den Betrag festzusetzen, der sich ergibt, wenn die AfA um 119.192,63 DM erhöht, der Verlust aus der Sparte „Freizeitpark” in Höhe von 755.697,– DM berücksichtigt und insoweit keine verdeckte Gewinnausschüttung angesetzt wird.
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es trägt vor, dass für den Ausweis der Altanlagen mit den Werten des von ihr in Auftrag gegebenen Sachzeitwertgutachtens keine gesetzliche Grundlage bestehe. Die Klägerin habe die Versorgungsanlagen auf Grundlage des sog. Stromvergleichs entgeltlich erworben. Die Übertragung sei ausdrücklich gegen Erstattung des Sachzeitwerts erfolgt, welcher durch den Verzicht auf den Anspruch gem. § 4 Abs. 2 KVG geleistet worden sei. Daran ändere sich auch nichts dadurch, dass die Klägerin den Verzicht nicht gegenüber der Y, sondern gegenüber der Treuhand erklärt habe. Es sei nur entscheidend, dass und nicht auf welchem Weg der Verkäufer den Kaufpreis erhalte. Die Y habe nach Veräußerung der von der Kommune gehaltenen Anteile den erzielten Erlös erhalten. Im Übrigen seien handelsrechtlich gemäß § 253 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) Vermögensgegenstände höchstens mit den Anschaffungs- und Herstellungskosten anzusetzen. Dieser Betrag werde mit dem Ansatz der Klägerin überschritten.
Auch dem Argument, dass es sich um eine Vermögensrückgabe handele, könne nicht gefolgt werden. Denn das gesamte ehemalige Vermögen der volkseigenen Betriebe sei zunächst gem. § 11 Abs. 1 TreuhG in das Eigentum der Y übergegangen. Andere Eigentumsverhältnisse sollten später nach den Regelungen des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen berücksichtigt werden. Dieses gelte für die Kommunen aber ausdrücklich nicht, soweit die Ansprüche in den Regelungen des KVG erfasst seien. Für die Versorgungsanlagen sehe § 4 Abs. 2 KVG aber gerade keine Vermögensrückgabe vor. Das Selbstverwaltungsrecht sei auch dann gewahrt, wenn für die Gemeinden die Möglichkeit bestehe, über die Versorgung Konzessions- bzw. Staatsverträge mit Versorgungsunternehmen abzuschließen. Schließlich könne eine private GmbH nicht Anspruchsverpflichteter eines Restitutionsanspruchs sein.
Zur Höhe der Anschaffungskosten sei festzustellen, dass die Klägerin auf ihre Anteile gem. § 4 Abs. 2 KVG verzichtet und die mit den Anlagen verbundenen Belastungen übernommen habe. Der Wert dieser Leistungen ergäbe die anzusetzenden Anschaffungskosten, sei aber zum Übertragungszeitpunkt nicht klar zu bestimmen. In solchen Fällen sei für die Bestimmung der eigenen Leistung der Wert der empfangenen Leistung auch steuerlich maßgeblich. Dies entspreche auch den Regelungen des Stromvergleichs, der eine Wertgleichheit der zu erbringenden Leistungen unterstelle. Der Wert der anzusetzenden Leistungen entspreche den Buchwerten der übertragenen Anlagen, der für die Altanlagen auch dem Sachzeitwert entspreche (§ 6 Abs. 2 DM-BilG). Dies beruhe darauf, dass zum 1. Juli 1990 gemäß §§ 7, 51 DM-BilG alle Vermögenswerte neu mit den Wiederbeschaffungs- oder Wiederherstellungskosten, höchstens mit dem Zeitwert anzusetzen gewesen seien. Die von der Y vorgenommenen Ansätze seien mehrfach geprüft und testiert worden; nachträgliche Erkenntnisse seien gem. § 36 Abs. 4 DM-BilG berücksichtigt worden. In keinem bekannten Fall habe die erhaltene Erstattung nach Verkauf der Anteile, auf die die Gemeinden verzichtet haben, über dem Buchwert der Anlagen gelegen.
Hinsichtlich der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung ist das Finanzamt der Auffassung, dass der Freizeitpark weder einen vergleichbaren Versorgungsbetrieb darstelle noch eine enge wechselseitige Verflechtung der Sparten bestehe. Der bloße Bezug von Wasser und Strom der Stadtwerke reiche insoweit nicht aus. Die Klägerin nehme die Verluste aus dem Freizeitpark im Interesse der Stadt X als Gesellschafterin in Kauf. Grundsätzlich sei es Sache der Gemeinde die Freizeitanlagen bereitzustellen und zu unterhalten und dementsprechend die Verluste abzufangen und auszugleichen. Durch die Eingliederung in das Unternehmen der Klägerin werde die Stadt hiervon freigestellt. Ein Geschäftsführer in der freien Wirtschaft würde keinen auf Dauer defizitär arbeitenden Betrieb in eine bereits bestehende Gesellschaft aufnehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zu Gericht gereichten Steuerakten, die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und das Protokoll über die mündliche Verhandlung am 9. Dezember 2010 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
A. Soweit sich die Klägerin gegen die vom Finanzamt vorgenommene Bilanzierung der Altanlagen und die sich daraus ergebende Minderung der AfA-Beträge wendet, ist die Klage unbegründet. Das Finanzamt ist zu Recht von einem entgeltlichen Erwerb der Altanlagen ausgegangen. Der Ansatz mit einem durch Wertgutachten auf den 1. Juli 1998 ermittelten Sachzeitwert kommt nicht in Betracht. Im Einzelnen:
I. Bei der Übertragung der Altanlagen handelt es sich nicht um eine Vermögensrückgabe oder einen vergleichbaren Vorgang, sondern um ein entgeltliches Anschaffungsgeschäft. Die Übertragung der Altanlagen von der Y auf die Klägerin beruht auf einem entgeltlichen Erwerbsvorgang. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
1. Die Klägerin hat mit zivilrechtlicher Vereinbarung vom 8. Mai 1998 von einer juristischen Person des Privatrechts (der Y) Wirtschaftsgüter ausdrücklich gegen Erbringung einer Gegenleistung übertragen erhalten (vgl. § 2 und 3 der Vereinbarung). Es handelt sich daher bereits von der äußeren Form her um einen Kauf- oder Tauschvertrag im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), d.h. steuerrechtlich um einen entgeltlichen Anschaffungsvorgang. Daran ändert auch die Bezugnahme auf die Regelungen des so genannten Stromvergleichs nichts. Zum einen handelt es sich bei diesem – trotz der Zustimmung der Treuhandanstalt und der Abstimmung mit verschiedenen Bundesministerien – ebenfalls um eine zivilrechtliche Vereinbarung zur Beilegung eines Rechtsstreits vor dem Bundesverfassungsgericht. Zum anderen ändert sich durch die Bezugnahme auf den Stromvergleich unter dem Punkt „Gegenleistung” nicht der rechtliche Charakter der mit der Y getroffenen Vereinbarung.
2. Soweit die Klägerin meint, dass dennoch nicht von einem Anschaffungsgeschäft auszugehen sei, weil sie in § 2 Abs. 1 Satz 2 der Übertragungsvereinbarung nicht gegenüber der Y, sondern gegenüber der Treuhandanstalt auf ihren Anspruch gemäß § 4 Abs. 2 KVG auf Kapitalbeteiligung an der Y … verzichtet habe (keine Gegenseitigkeit der Leistungen), teilt der Senat diese Auffassung nicht. Grundsätzlich besteht zwar die Pflicht zur Kaufpreiszahlung gemäß § 433 Abs. 2 BGB durch Zahlung in Geld an den Veräußerer. Es ist aber im Rahmen der Besteuerung ohne Bedeutung, wenn die Vertragsparteien statt einer Geldzahlung den Verzicht auf einen Gegenanspruch vereinbaren, wie dies der Übertragungsvereinbarung unter Hinweis auf den sogenannten „Stromvergleich” vom 22. Dezember 1992 geschehen ist. Im Ergebnis liegt ein an den Veräußerer geleistetes Entgelt vor, da der Erlös aus der Veräußerung der Anteile, auf die verzichtet wurde, entsprechend Tz. 3 des Stromvergleichs dem Versorgungsunternehmen – also der dem Verkäufer Y – zu Gute kommt.
3. Schließlich vermag die Klägerin auch nicht mit ihrem Vorbringen durchzudringen, bei der Vereinbarung aufgrund des Stromvergleichs handele es sich um eine Vermögensrückgabe.
a) Zwar sollte gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 TreuhG und §§ 1, 6 Abs. 1 KVG das der Erfüllung kommunaler Aufgaben dienende Vermögen wieder in kommunales Eigentum überführt werden. Auch besteht grundsätzlich ein Anspruch der Gemeinden auf Zuordnung von Vermögenswerten nach Art. 21 Abs. 1 und 2, Art. 22 Abs. 1 Satz 1 EV. Falls aber der Stromversorgungsbetrieb – wie hier – bereits in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt worden war, hatte die Kommune nach § 4 Abs. 2 KVG einen Anspruch (entgegen dem Wortlaut gehen die Gesellschaftsanteile nicht kraft Gesetzes auf die Gemeinden über; vielmehr verleiht § 4 Abs. 2 KVG ihnen einen Anspruch auf Übertragung, vgl. BVerwG-Urteil vom 29. April 1994 7 C 30.93, BVerwGE 96, 1), als Gesellschafter an der Kapitalgesellschaft – hier der Y – entsprechend beteiligt zu werden. Damit werden zugleich Ansprüche der Gemeinden auf Zuordnung von Gegenständen aus dem Vermögen dieser Kapitalgesellschaften ausgeschlossen; an die Stelle des Anspruchs auf Vermögenswerte ist der Anspruch auf Kapitalbeteiligung getreten. In dieser Auslegung ist § 4 Abs. 2 KVG gültiges Recht und nach Auffassung des Senats auch mit Art. 28 Abs. 2 GG vereinbar (so auch: BVerwG-Urteil vom 11. November 2004 3 C 36/03, BVerwGE 122, 157).
b) Selbst dann, wenn man davon ausgehen sollte, dass der öffentliche Restitutionsanspruch nach §§ 21, 22 EV durch § 4 Abs. 2 KVG nicht ausgeschlossen wird (so noch BVerwG-Urteil vom 18. Mai 1995 7 C 58.94, BVerwGE 98, 273), ändert sich an dem gefundenen Ergebnis nichts. Denn einen solchen Anspruch haben die Klägerin oder die Stadt X gerade nicht geltend gemacht. Vielmehr wurde eine vertragliche Vereinbarung unter Verzicht auf den Anspruch nach § 4 Abs. 2 KVG getroffen, der auf die Übertragung von Gesellschaftsanteilen und nicht von Vermögenswerten des Gesellschaftsvermögens gerichtet ist. Hat aber der Beteiligungsanspruch aus § 4 Abs. 2 KVG den Anspruch der Gemeinden auf Zuordnung der Betriebe, Einrichtungen und sonstigen Gegenstände „ihres” Stromvermögens verdrängt, so kann er durch eine Zuordnung dieser Vermögenswerte auch nicht erfüllt werden.
c) Im Übrigen könnte sich ein Restitutionsanspruch auch nicht gegen die Y als Aktiengesellschaft des privaten Rechts richten. Denn die kommunale Selbstverwaltungsgarantie Art. 28 Abs. 2 GG ist weder eine Ermächtigung zu Eingriffen in die Rechtsstellung Privater noch stellt sie eine Verteilungsregel zwischen Staat und Wirtschaft dar. Es bleibt vielmehr beim Vorrang der grundrechtlich geschützten Betätigung der Privatwirtschaft (vgl. Urteil des OLG Rostock vom 14. September 2000 1 U 187/98, juris, wonach Art. 28 Abs. 2 GG durch den Verbleib der örtlichen Stromversorgungsanlagen beim Regionalversorger nicht verletzt wird). Auch die Annahme einer Vermögensrückgabe nach dem VermG scheidet in Bezug auf die Versorgungsanlagen bereits grundsätzlich aus, da die Übertragung der Versorgungsanlagen nach der ausdrücklichen Regelung des § 4 Abs. 2 KVG in Verbindung mit § 1 Abs. 8 Buchstabe d VermG keine Vermögensrückgabe ist.
II. Die vom Finanzamt angesetzte Höhe der Anschaffungskosten mit 723.676,– DM (entgegen den Ausführungen des Finanzamts im Einspruchs- und Klageverfahren erfolgte die Ermittlung des Einkommens gemäß Betriebsprüfung auf Basis von 448.589,– DM für das Niederspannungsnetz zzgl. 275.087,– DM für das Mittelspannungsnetz) ist nicht zu beanstanden. Nach Auffassung des Senats wäre sogar der Ansatz eines noch geringeren Betrages möglich gewesen.
1. Handelsrechtlich sind gemäß § 253 Abs. 1 HGB Vermögensgegenstände höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Auch steuerlich sind Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, die der Abnutzung unterliegen, mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Anschaffungskosten sind gemäß § 255 Abs. 1 HGB die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben.
2. Mit der Übertragungsvereinbarung vom 8. Mai 1998 hat die Klägerin die streitbehafteten Vermögensgegenstände durch Verzicht auf ihren Anspruch gemäß § 4 Abs. 2 KVG erworben. Der Wert dieser Leistung ergibt die anzusetzenden Anschaffungskosten. Denn es handelt sich um einen Kaufvertrag, bei dem die Vertragsbeteiligten sich darüber einig waren, dass die örtlichen Versorgungsanlagen und der Anspruch auf Kapitalbeteiligung nach § 4 Abs. 2 KVG sich gleichwertig gegenüberstehen. Entgegen der Auffassung des Finanzamts lässt sich der Wert der Anteile aus dem frühestens Ende Dezember 1997 erfolgten Kauf frei gewordener Kapitalanteile der früher selbständigen Gemeinde KS im Nennwert von 100,– DM zum Preis von 272,21 DM/Aktie ermitteln. Für die vom Verzicht betroffenen 1.815 Stück zum Nennwert von 100,– DM ergibt sich danach ein Kaufpreis von 494.061,15 DM. Da die Kapitalanteile an den RVU mit dem Betrag zu vergüten waren, der dem Kaufpreis für den Erwerb der Anteile durch die EVU nach den so genannten Stromverträgen entspricht (Tz. 3 Abs. 3 des Stromvergleichs), erscheint es unwahrscheinlich, dass der von der BvS im bis zum 22. April 1998 gültigen Angebot vom 18. Dezember 1997 genannte Kaufpreis nicht den Marktwert der Anteile widerspiegelt. Unter Berücksichtigung möglicher sonstiger Umstände ist die Kaufpreisschätzung des Finanzamts somit im Ergebnis nicht zu beanstanden.
3. Selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass sich der Wert der von der Klägerin erbrachten Gegenleistung zum Übertragungszeitpunkt nicht genau bestimmen lässt, kommt der Ansatz des sich aus dem Gutachten ergebenden – um ein Vielfaches höheren – Sachzeitwerts auf den 8. Mai 1998 nicht in Betracht. Hierfür fehlt es an einer Rechtsgrundlage, weil dieser Wertansatz über dem Anschaffungswert für die Versorgungsanlagen laut der Übertragungsvereinbarung liegt und damit gegen § 253 Abs. 1 HGB verstoßen würde. Die Klägerin erwarb die Versorgungsanlagen ausweislich der Übertragungsvereinbarung entgeltlich gegen Erstattung des in der Anlage 2 zu dieser Vereinbarung ausgewiesenen Sachzeitwertes, der als gleichwertig mit den Ansprüchen gemäß § 4 Abs. 2 KVG angesehen wurde (vgl. Beschluss des Sächsisches Finanzgerichts vom 26. Januar 2010 4 V 837/09, juris). Insoweit wäre für die Bestimmung der eigenen Leistung der Wert der empfangenen Leistung auch steuerlich maßgeblich, d.h. es wären die in der Anlage angeführten Werte der erhaltenen Wirtschaftsgüter anzusetzen. Diese entsprechen – eine ordnungsgemäße Bilanzierung der Y unterstellt – darüber hinaus dem maßgeblichen Sachzeitwert, da auch nach dem DM-BilG die Wirtschaftsgüter bei der erstmaligen Bewertung zum 1. Juli 1990 mit den Wiederbeschaffungs- oder Wiederherstellungskosten, höchstens mit dem Zeitwert anzusetzen waren und auch nachträgliche Erkenntnisse gem. § 36 DM-BilG Eingang gefunden haben.
B. Die Klage hat dagegen Erfolg, soweit sie sich gegen den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung durch das Finanzamt wendet. Gemäß der Regelung in § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 KStG in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2794), die nach § 34 Abs. 6 Satz 4 KStG n.F. auch für Veranlagungszeiträume vor 2009 uneingeschränkt anwendbar ist, sind im vorliegenden Fall die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht zu ziehen. Im Einzelnen:
I. Nach § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG n.F. sind die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bei kommunalen Eigenbetrieben in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft nicht zu ziehen, wenn ein Dauerverlustgeschäft aus den dort aufgeführten Gemeinwohlgründen unterhalten wird. Ein Dauerverlustgeschäft liegt dabei u.a. vor, wenn aus gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird (§ 8 Abs. 7 Satz 2 KStG). Darunter fällt auch der Betrieb von Bädern und Sportanlagen (vgl. Rn. 46 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen IV C 7-S 2706/08/10004 vom 12. November 2009, BStBl I 2009, 1303).
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor, da die Stadt X alleinige Anteilseignerin der Klägerin ist und das streitgegenständliche Freizeitbad einen Dauerverlustbetrieb darstellt, der ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird. Denn eine Kostendeckung hätte – wie sich aus den Feststellungen der Betriebsprüfung ergibt – nicht umsetzbare Eintrittspreise in einer Höhe von (damals) 27,– bis 29,– DM erfordert.
II. Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist auch nicht deshalb zu bejahen, weil der Klägerin neben dem Bäderbetrieb auch noch die Versorgung der Gemeinde X mit Strom, Wasser und Wärme obliegt.
1. Die hierzu in § 8 Abs. 9 KStG n.F. neu getroffenen Regelungen zur so genannten Spartentrennung finden im Gegensatz zu § 8 Abs. 7 KStG keine rückwirkende Anwendung. Denn die Regelungen des § 8 Abs. 8 und 9 KStG sind nach § 34 Abs. 6 Sätze 7 ff KStG n.F. erstmals für den Veranlagungszeitraum 2009 anwendbar. Gleiches gilt für § 4 Abs. 6 KStG n.F. zur Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art (BgA). Damit ist nach dem Wortlaut der Regelungen der Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung in Fällen wie dem vorliegenden für Veranlagungszeiträume vor 2008 ausgeschlossen (vgl. Dötsch/Jost/Pung/Witt, KSt, § 8 Abs. 7 Rn. 69).
2. Auch ohne Berücksichtigung der Neuregelung in § 8 Abs. 9 KStG war die vorgenommene Zusammenfassung der Betriebe in einer Eigengesellschaft nach Auffassung des Senats grundsätzlich möglich. Denn es entspricht der ständigen Rechtsprechung und der herrschenden Auffassung, dass eine Körperschaft öffentlichen Rechts es in der Hand hat, die organisatorischen Maßnahmen bei der Konzeption nicht nur ihrer Hoheitsbetriebe, sondern auch ihrer BgA i.S. von § 4 KStG im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften so zu treffen, wie sie es für zweckmäßig hält (vgl. BFH-Urteil vom 14. Juli 2004 I R 9/03, BFHE 207, 142). Davon ausgehend ist auch die Zusammenfassung verschiedener BgA einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft in der Organisationsform privatrechtlicher Kapitalgesellschaften grundsätzlich als zulässige Handlungsform anzusehen. Eine andere Beurteilung kann nur gerechtfertigt sein, wenn die Zusammenfassung ausschließlich oder zumindest überwiegend zum Zwecke der Steuervermeidung erfolgt.
3. Nach diesen Grundsätzen stellt auch die vorliegend zu beurteilende Zusammenfassung von Eigenbetrieben der Stadt X in Form der Versorgungsbetriebe und des Bäderbetriebs in einer Kapitalgesellschaft als solche keine Gestaltung dar, die zur Erreichung des damit angestrebten wirtschaftlichen Ziels als unangemessen angesehen werden könnte. Die Klägerin hat im Klageverfahren auf die organisatorischen Vorteile und Synergieeffekte hingewiesen, die eine Zusammenfassung der Sparten in einer privatrechtlichen Organisationsform insbesondere aufgrund der umfangreichen wechselseitigen Beziehungen mit sich bringt. Für die grundsätzliche Anerkennung dieser Zusammenfassung spricht im Streitfall nicht zuletzt, dass es sich sowohl bei der Energieversorgung als auch dem Bäderbetrieb um Betriebe handelt, die jeweils – zumindest im weiteren Sinne – der Daseinsvorsorge dienen. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich insoweit ausschließlich um Versorgungsbetriebe i.S. des § 4 Abs. 3 KStG handelt und ob zwischen ihnen eine technisch-wirtschaftliche Verflechtung gegeben ist (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 14. Juli 2004, a.a.O., bestätigt durch BFH-Urteil vom 22. August 2007 I R 32/06). Diesen Grundsätzen folgt auch die Finanzverwaltung. Nach Abschn. 5 Abs. 11 a Satz 1 KStR 1995 ist die Zusammenfassung mehrerer BgA einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft im Rahmen von Kapitalgesellschaften grundsätzlich anzuerkennen. Dabei müssen nicht die Voraussetzungen des Abschn. 5 Abs. 9 KStR 1995 vorliegen, die für die Zusammenfassung verschiedener BgA zu einem Betrieb gelten.
III. Die Regelungen in § 8 Abs. 7 KStG in Verbindung mit den weiteren Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2009 begegnen nach Auffassung des Senats keinen rechtlichen Bedenken. Es handelt sich, da das Gesetz von der Auslegung durch den BFH abweicht, um eine echte Rückwirkung. Da diese sich allerdings grundsätzlich zu Gunsten des Steuerpflichtigen (dem BgA oder der Eigengesellschaft) auswirkt, bestehen insoweit keine verfassungsrechtlichen Bedenken (so auch Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, § 8 KStG, Rn. 262). Zudem stellen die Regelungen keine neue Beihilfe im Sinne des Art. 108 Abs. 3 AEUV dar (vgl. Urteil des FG Köln vom 9. März 2010 13 K 3181/05, EFG 2010, 1345; das Revisionsverfahren wurde nach Rücknahme eingestellt).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit und den Vollstreckungsschutz ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10 und § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe vorliegt. Insbesondere handelt es sich bei der Frage der Bilanzierung der Altanlagen um keine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung, da ein Sondersachverhalt vorliegt, zu dem nach Angaben des Klägervertreters keine anderen Verfahren anhängig sind und der darüber hinaus auslaufendes Recht betrifft. Auch hinsichtlich der Auslegung und Anwendung des § 8 Abs. 7 KStG n.F., stellen sich aus Sicht des Senats keine grundsätzlich klärungsbedürftigen Fragen. Im Übrigen weicht der Senat nicht von der Rechtsprechung des BFH oder anderer Finanzgerichte ab.