01.09.2011
Finanzgericht Köln: Urteil vom 09.06.2011 – 11 K 3311/08
1. Eine sog. einheitliche Leistung ist anzunehmen, wenn deren einzelne Faktoren so ineinander greifen, dass sie bei natürlicher Betrachtung hinter dem Ganzen zurücktreten. Sämtliche Leistungen (Vermittlungstätigkeit, Nennung einer Gesellschaftsnummer und der persönlichen Lottozahlen, Gewinnausschüttung und Abwicklungsarbeiten wie z.B. Entgelteinzug) dienten dem einheitlichen wirtschaftlichen Zweck, den Kunden die Teilhabe an einem Systemlotto über Spielgemeinschaften zu ermöglichen. Die von der Stpfl. erbrachten Leistungen bauten aufeinander auf und bedingten einander.
2. Die vorgenannten Leistungen stellen keine Vermittlungsleistungen von Gesellschaftsanteilen i.S.d. § 4 Nr. 8f UStG dar.
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat der 11. Senat in der Besetzung: Vorsitzende Richterin am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … ehrenamtlicher Richter … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 09.06.2011 für Recht erkannt:
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Tätigkeit der Klägerin im Inland der Umsatzsteuer unterliegt.
Geschäftsgegenstand der Klägerin ist laut Gewerbeanmeldung die Vermittlung von Unternehmensbeteiligungen, die Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Gesellschaftsanteilen, Unternehmensberatung, Werbung, Büroservice und Internetdienstleistungen. Komplementärin der Klägerin ist die Firma A Service Ltd., deren gesetzlicher Vertreter Herr D. Herr D ist zudem alleiniger Anteilseigner der Komplementärin sowie alleiniger Kommanditist der Klägerin.
Bis zur Gründung der Klägerin Mitte 2005 betrieb Herr D unter dem Namen A e.K. eine gewerbliche Spielvermittlung als Einzelunternehmen. Die Tätigkeit umfasste das Zusammenführen von Spielinteressenten zu Spielgemeinschaften sowie die Vermittlung an den deutschen Lottoblock. Das Einzelunternehmen stellte im Jahr 2005 seine Tätigkeit ein.
Um die Dienstleistungen der Klägerin in Anspruch zu nehmen, füllten interessierte Kunden den folgenden Serviceantrag der Klägerin aus:
„Ja, ich möchte die Serviceleistungen der A Service Ltd. & Co KG in Anspruch nehmen und damit insbesondere monatlich an mindestens 2 Scheinen einer Gesellschaft des deutschen Toto- und Lottoblocks mit insgesamt 2 × dem 9er Vollsystem des Samstagslottos teilhaben. Die Teilnahmescheine befinden sich im Vermögen von Gesellschaften, an denen ich aufgrund der Serviceleistungen monatlich teilhabe. Ich ermächtige die A Service Ltd. & Co KG widerruflich, das jeweilige Entgelt mittels Lastschrift von meinem/unserem Konto (Bank/Sparkasse) einzuziehen. Ich nehme den Service zu den bekannten Bedingungen in Anspruch. Die Mindestvermittlungszeit beträgt einen Monat.” (siehe Bl. 43 der Gerichtsakte).
Die auf der Rückseite des Spielantrags abgedruckten „Allgemeinen Vertragsregelungen des Servicevertrags” enthielten nähere Erläuterungen über die Leistungen der Klägerin und den gesamten Ablauf (siehe Bl. 44 der Gerichtsakte):
§ 2 Gegenstand des Servicevertrages:
A vermittelt dem Kunden die regelmäßige Teilnahmemöglichkeit an nicht auf Dauer angelegten Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die zum Gesellschaftszweck eine möglichst optimale Unterhaltung der Gesellschafter sowie Gestaltung von deren Freizeit zum Gegenstand hat und erbringt hierfür alle erforderlichen Dienstleistungen. Die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Kunden gegenüber A regeln sich nach diesen Teilnahmebedingungen. Ergänzend gelten die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches.
§ 3 Teilnahmemöglichkeit
Die Dienstleistungen von A kann jede juristische oder geschäftsfähige natürliche Person in Anspruch nehmen (…) Nach schriftlicher Annahme des Servicevertrages durch A und wenn der Kunde das von ihm geschuldete Entgelt unwiderruflich gezahlt hat, werden dem Kunden Teilnahmemöglichkeiten an Gesellschaften bürgerlichen Rechts vermittelt, die aus maximal 600 Gesellschaftsanteilen bestehen. Es besteht kein Anspruch auf Vermittlung an eine bestimmte Gesellschaft. (…)
§ 4 Rechte und Pflichten zwischen A und dem Kunden
A bietet dem Kunden monatlich gegen Entgelt die Vermittlung von Gesellschaftsanteilen an auf maximal einen Monat angelegten Gesellschaften bürgerlichen Rechts, in deren Gesellschaftsvermögen sich mindestens 2 Teilnahmescheine einer Gesellschaft des deutschen Toto- und Lottoblocks befinden, die insgesamt 2 × das 9er Vollsystem des Samstagslottos beinhalten. A hat ihre Leistung erfüllt, wenn sie dem Kunden die Eintrittsmöglichkeit in solch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch Abgabe eines auf den Namen des Kunden lautenden Berechtigungsscheines angedient hat. Nach Zahlung der vertraglich geschuldeten und fälligen Gegenleistung ist A verpflichtet, den Berechtigungsschein im Namen und für den Kunden gegen den Verpflichteten geltend zu machen und den Gesellschaftsanteil für den Kunden anzunehmen (…).
§ 5 Kosten der Dienstleistung und Fälligkeit
Das Entgelt von A ist monatlich im Voraus am ersten Werktag eines Monats fällig (…). Aus dem monatlichen Entgelt wird sowohl die Vermittlungstätigkeit der A beglichen wie auch der Gesellschafteranteil an der Gesellschaft bezahlt, an die der Kunde vermittelt wird. (…)
§ 6 Information über die Vermittlungstätigkeit
Der Kunde wird von A monatlich über die erbrachte Vermittlungstätigkeit informiert. Die Gesellschaften, an die der Kunde vermittelt wurde, informieren den Kunden unverzüglich über A über das Gesellschaftsvermögen. (…)
§ 7 Teilnahmedauer und Kündigung
Mit der Annahme des Serviceantrags durch A kommt ein unbefristeter Servicevertrag zustande, welcher von beiden Vertragsparteien jeweils spätestens am 20. eines Monats für den darauf folgenden Monat gekündigt werden kann. (…)
§ 8 Haftungsausschluss
(…) Die vertragliche Haftung von A ist auf den 10fachen Betrag des Entgeltes des Kunden beschränkt, es sei denn, dass A vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat.
Bei dieser Geschäftstätigkeit arbeitete die Klägerin mit einer zypriotischen Gesellschaft, der B Service Ltd. (B), zusammen. Nach dem zwischen der Klägerin und der B am 21.07.2005 abgeschlossenen Rahmenvertrag (siehe Bl. 117 der Gerichtsakte) sollte sich die B um die Gründung der Gesellschaften kümmern, deren Anteile die Klägerin vermittelte:
Hiernach war die B Gesellschafterin bei Gesellschaften, in deren Vermögen sich Gegenstände befanden, die der Freizeitgestaltung dienten. Die Klägerin sollte der B Abnehmer für ihre Gesellschaftsanteile vermitteln und hierbei als Handelsvertreterin für die B entsprechend der Regelungen in §§ 84 ff HGB auftreten. Für jede erfolgreiche Vermittlung sollte der Klägerin ein Provisionsanspruch zustehen. Die Klägerin übernahm den Einzug des Entgelts für die Gesellschaftsanteile bei dem jeweiligen Anteilserwerber. Von diesem Betrag konnte sie die Provisionsforderung abziehen. Hinsichtlich der Berechnung der Provision hatten sich die Vertragspartner anderweitig geeinigt. Die Klägerin war zur Erstellung von monatlichen Abrechnungen berechtigt und verpflichtet.
Mit Rechnung vom 04.08.2005 stellte sie für den Abrechnungs-Beteiligungsmonat 08/2005 z.B. eine Rechnung über Provisionen in Höhe von 45.037 EUR (1553 Kunden mal 29 EUR). In der ebenfalls auf den 04.08.2005 datierten Abrechnung wies sie den vereinnahmten Betrag aus in Höhe von 68.332 EUR (1553 Kunden mal 44 EUR), so dass für die B nach Abzug der Provision ein Guthaben in Höhe von 23.295 EUR blieb (68.332 EUR abzüglich 45.037 EUR).
Die geworbenen Kunden hatten keinen direkten Kontakt zu B. Die Klägerin warb nicht nur die spielinteressierten Kunden, sondern erbrachte ihnen gegenüber auch ein Bündel von Serviceleistungen. Sämtliche Korrespondenz erfolgte mit der bzw. über die Klägerin. Sie übermittelte sämtliche Kundendaten elektronisch an die B. Sie informierte die Kunden über die Nummer der Gesellschaft, an der sie Anteile erworben haben sollten, sowie über die maßgeblichen Lottozahlen. Gewinnbenachrichtigungen erstellte ebenfalls die Klägerin sowie Kündigungsbestätigungen. Schließlich war sie stets auch telefonischer Ansprechpartner (vgl. „Vorgang X”, Bl. 43 ff.; E-mail Korrespondenz zwischen der Klägerin und B, Bl. 100 ff. der Gerichtsakte).
Neben der B war ihre Schwestergesellschaft, die C Services Ltd. (C), Zypern, in das Geschäftsmodell involviert. Sie wurde, ebenfalls wie B, von der E (hier F) Ltd., Zypern gegründet. Die jeweiligen Anteile hielt die E (hier F) Ltd. zunächst treuhänderisch für Herrn D und ab Anfang August 2005 als Treuhänderin für die G Ltd., Dubai. Anteilseigner und Geschäftsführer der G Ltd. war Herr H, der Geschäftspartner von Herrn D. Herr H hat seinen Wohnsitz auf Zypern.
Diese beiden Gesellschaften sollen die fraglichen BGB-Gesellschaften gegründet haben, wobei B die Anteile an die interessierten Kunden abgetreten haben soll, während C mit einem verbleibenden Anteil von 1/60 die Geschäftsführung wahrgenommen haben soll. Der Erwerb der Lottoscheine für die angeblichen BGB-Gesellschaften erfolgte durch die K Consulting Ltd. & Co. KG, J bei Lotto Bundesland. K Consulting Ltd. & Co. KG hat die Lottoscheine an C weitergegeben. C soll die Scheine für die BGB-Gesellschaften gekauft haben. Gewinnauszahlungen erfolgten von Lotto Bundesland auf ein Treuhandkonto von Herrn Rechtsanwalt M, der entsprechend der Informationen von Herrn D (Gewinnerlisten und USB-Stick) die Auszahlungen vorgenommen hat (siehe Protokoll der mündlichen Verhandlung im Verfahren 11 K 4047/08 vom 09.06.2011, Bl. 174 der Gerichtsakte).
In dem Fragebogen zur Anmeldung einer Gesellschaft, der am 28.06.2005 beim Beklagten eingegangen ist, wurde angegeben, dass die Klägerin nur nach § 4 Nr. 8f UStG steuerfreie Umsätze ausführe. Gegenstand des Unternehmens sei die Vermittlung von Unternehmensbeteiligungen und die Erbringung von Dienstleistungen. Umsatzsteuervoranmeldungen und eine Umsatzsteuererklärung gab die Klägerin für das Jahr 2005 nicht ab.
Am 24.07.2006 wurde eine Umsatzsteuersonderprüfung für die Voranmeldungs-Zeiträume 1-12/2005 angeordnet. Im Prüfungsbericht vom 18.12.2007 bestätigte der Beklagte die Steuerfreiheit der Umsätze nicht. Vielmehr erbringe die Klägerin laut Spielauftrag eine Serviceleistung für Tippgemeinschaften, die an Ausspielungen des deutschen Toto- und Lottoblocks teilnehmen würden. Einziges Ziel dieser Gemeinschaften sei die wöchentliche Ziehung der Lottozahlen und die damit verbundenen Gewinnchancen und nicht, wie von der Klägerin angegeben, der Erwerb von Gesellschaftsanteilen i. S. d. § 4 Nr. 8f UStG. Weder der Fiskus noch die Mitspieler könnten erkennen wann, wie und wo sich die angedachten Gesellschaften bildeten bzw. gegründet würden. Außerdem widerspräche es jeder Geschäftslogik, wenn beim Kauf von Gesellschaftsanteilen die Vermittlungsprovision doppelt so hoch sei wie der Wert des erworbenen Anteils selbst.
Die Befreiungsvorschrift setze eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Geschäftsverkehr voraus. Sie greife nur für selbständig handelbare, geldwerte Beteiligungen. Außerdem solle bei Beendigung der Gemeinschaft grundsätzlich ein Anspruch auf Rückzahlung des eingesetzten Kapitals bestehen. Im Vertragswerk der Klägerin seien keine dieser Merkmale enthalten.
Darüber hinaus hätten die Ermittlungen ergeben, dass es sich bei B um eine Domizilgesellschaft handele, die weder wirtschaftlich tätig sei, noch über eigene Mitarbeiter zur Ausführung des Geschäftszwecks verfüge. Sie könne demzufolge die vertraglichen Leistungen nicht erbracht haben.
Hinsichtlich der Serviceleistungen erbringe die Klägerin eine sonstige Leistung i. S. d. § 3 Abs. 9 UStG, die dem Regelsteuersatz unterliege.
Bemessungsgrundlage für den Umsatz seien die Provisionseinnahmen. Deren Höhe ergebe sich aus dem Konto …. Nach Herausrechnen der Umsatzsteuer ergebe sich ein Betrag von 421.243 EUR (488.642 EUR ./. 1,16). Die enthaltene Umsatzsteuer betrage mithin 67.399 EUR.
Aufgrund der anzunehmenden Steuerpflicht stehe der Klägerin auch ein Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 UStG zu. Da bisher sämtliche Kosten brutto gebucht worden seien, seien die abzugsfähigen Vorsteuern im Schätzungswege zu ermitteln. Hierfür seien die Sachkonten 4855 bis 4980 zugrunde zu legen. Bei sich daraus ergebenen Bruttokosten i. H. v. 62.090 EUR betrage die Vorsteuer 8.564 EUR.
Die Feststellungen der Umsatzsteuersonderprüfung wurden im Umsatzsteuerbescheid 2005 vom 14.01.2008 entsprechend umgesetzt. Es wurden (Netto-)Umsätze in Höhe von 421.243 EUR sowie Vorsteuerbeträge in Höhe von 8.564 EUR angesetzt.
Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 27.08.2008 als unbegründet zurück. Die Erlöse seien zu Recht der Umsatzsteuer unterworfen worden. Die Klägerin habe eine Vermittlungsleistung nach § 3 Abs. 9 UStG erbracht, deren Ort gem. § 3a Abs. 1 UStG N sei, der Unternehmenssitz der Klägerin. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8f UStG könne nicht gewährt werden (zur Begründung im Einzelnen: Einspruchsentscheidung vom 27.08.2008, Bl. 6 ff. der Gerichtsakte).
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 28.09.2008 Klage, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt.
Es werde vom Beklagten grundlegend verkannt, dass die Umsätze der Klägerin in der Vermittlung von Gesellschaftsanteilen an BGB-Gesellschaften bestünden. Dies habe das OLG Düsseldorf (1. Kartellsenat) in seinem Urteil vom 12.11.2008 eindeutig festgestellt (Bl. 33 ff. der Gerichtsakte). Selbst wenn dem – wie der Beklagte behaupte – keine Bindungswirkung zukommen solle, rechtfertigten jedoch die vom Beklagten vorgebrachten Bedenken seine gegenteilige Auffassung nicht.
Es sei unzweifelhaft, dass die vorliegenden Gebilde, die von der B und ihrer Schwestergesellschaft C gegründet würden, BGB-Gesellschaften i.S.v. §§ 705 ff. BGB darstellen würden. Die Voraussetzungen von §§ 705 ff. lägen vor. Gesellschafterbeiträge würden geleistet. Der Zweck der jeweiligen Gesellschaft liege in der Teilnahme an Ziehungen im deutschen Lottoblock, wozu Lottoscheine von den Gesellschaften erworben würden (bei der LOTTO Bundesland GmbH). Diese seien Bestandteil des gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögens geworden. Auch eine nur für kurze Zeit bestehende Gesellschaft sei eine solche i.S.v. §§ 705 ff. BGB. Das Gesetz fordere nicht, dass die jeweilige Gesellschaft auf Dauer angelegt sei (vgl. z.B. Ulmer, in Münchener Kommentar, Vorbemerkung zu § 705 BGB Rz. 87). Dementsprechend werde die Insolvenzfähigkeit dieser Art von Gesellschaften bejaht (vgl. z.B. Gummert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, § 22 Rz. 8).
Jeder Kunde erwerbe von der B Anteile an existierenden BGB-Gesellschaften. Die Anzahl der Anteile bestimme der Kunde. Sie könnten selbständig veräußert und übertragen werden. Jedem Kunden werde nach dem Erwerb im Namen und im Auftrag der B von der Klägerin mitgeteilt, dass er Anteile an einer BGB-Gesellschaft erworben habe und wie sich das Gesellschaftsvermögen konkret zusammensetze (d.h. Anzahl der Scheine, konkrete Lottozahlen u. s. w.).
Würden daher zivilrechtlich Anteile an Gesellschaften i. S. d. §§ 705 BGB ff. vorliegen, so handele es sich bei diesen um Anteile i.S.v. § 4 Nr. 8f UStG (vgl. Abschnitt 66 Abs. 1 UStR, Philipowski in Rau/Dürrwächter, § 4 Nr. 8 UStG Rz. 361).
Die Übertragung der Gesellschaftsanteile an private Kunden stelle für die B eine sonstige Leistung i.S.v. § 3 Abs. 9 UStG dar. Die B sei Unternehmerin i.S.v. § 2 UStG. Der Ort dieser Leistung befinde sich auf Zypern, da sie dort ihr Unternehmen betreibe (vgl. § 3a Abs. 1 UStG, Abschnitt 38 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 UStR). § 3a Abs. 4 Nr. 6 a i. V. m. § 3a Abs. 3 UStG finde keine Anwendung, da die Empfänger der übertragenen Gesellschaftsanteile keine Unternehmer, sondern Privatpersonen seien. Die Leistungen der B seien daher in Deutschland nicht steuerbar. Sie wären im Übrigen nach § 4 Nr. 8f UStG steuerfrei.
Dies vorausgeschickt stelle sich die umsatzsteuerliche Behandlung bei der Klägerin wie folgt dar: Die Klägerin erbringe im wesentlichen Vermittlungsleistungen nach § 3 Abs. 9 UStG. Die Vermittlung von Gesellschaftsanteilen bilde den Kernbereich ihrer Tätigkeit. Dahinter würden etwaige Serviceleistungen vollständig zurücktreten, die im Übrigen grundsätzlich im Namen und für Rechnung der B erbracht würden. Für diese Vermittlungsleistung erhalte sie eine Abschlussprovision nach § 652 BGB. Diese Vermittlungsleistungen seien im Inland schon nicht steuerbar. Denn der Ort der sonstigen Leistung sei Zypern. Dies folge aus § 3a Abs. 3 Satz 1 UStG, § 3a Abs. 4 Nr. 6a UStG i. V. m. § 4 Nr. 8f UStG. Die Vermittlungsleistung werde an einen Unternehmer erbracht. Damit würden die sonstigen Leistungen dort ausgeführt, wo der Empfänger, d.h. die B, sein Unternehmen betreibe, d.h. auf Zypern. Die Leistungen seien mithin in Deutschland schon nicht steuerbar, sie wären im Übrigen umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 8f UStG.
Schließlich komme entgegen der Auffassung des Beklagten eine Anwendung von § 3a Abs. 1 UStG auch noch aus anderen Gesichtspunkten nicht in Betracht. So sei § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG die speziellere Norm. Danach werde eine Vermittlungsleistung an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt werde. Der vermittelte Umsatz sei vorliegend jedoch der Verkauf und die Übertragung von Anteilen an BGB-Gesellschaften. Diese Leistung sei nach den vorherigen Ausführungen wegen des Orts der Leistungen auf Zypern in Deutschland nicht steuerbar. Auch danach wäre die Leistung der Klägerin in Deutschland nicht steuerbar.
Im Übrigen wäre vom Beklagten zu beachten, dass bei seiner Sichtweise der Leistung auch die Regelung des § 3a Abs. 4 Nr. 5 i. V. m. § 3a Abs. 3 UStG einschlägig sei. Insoweit würde sich der Ort der sonstigen Leistung nach § 3a Abs. 3 Satz 1 UStG dort befinden, wo der Empfänger, d.h. die B, sein Unternehmen betreibe. Dies sei Zypern, so dass auch insoweit die Leistungen der Klägerin nicht in Deutschland steuerbar wären.
Soweit der Beklagte annehme, es handele sich um Scheingeschäfte bzw. bei der B bzw. der C handele es sich um Domizil- bzw. Briefkastengesellschaften, so sei dies unter Verweis auf das Vorbringen in dem Verfahren 11 K 4047/08 zurückzuweisen. Dies ergebe sich zudem aus der vorgelegten zypriotischen Steuerbescheinigung der B aus dem Jahr 2005 (Bl. 21 der Gerichtsakte). Im Übrigen entspreche es ständiger Rechtsprechung, dass auch Domizil- bzw. Briefkastengesellschaften Unternehmer i.S.v. § 2 UStG seien (z.B. BFH vom 26.06.2003, BFH/NV 2004, 233).
Im Übrigen gehe der Beklagte bislang von einer unzutreffenden Bemessungsgrundlage aus. So habe der Beklagte zu Unrecht die gesamten vereinnahmten Beträge der Klägerin der Umsatzsteuer unterworfen. Dabei seien die der B vertraglich zustehenden Beträge in Höhe von 124.720 EUR nicht als durchlaufende Posten nach § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG behandelt worden. Zudem missachte der Beklagte die bestehenden vertraglichen Verpflichtungen zwischen der Klägerin und der B. Für das Dienstleistungspaket, welches die Klägerin der B zur Verfügung gestellt habe, habe sie von dieser im Jahr 2005 gemäß dem korrigierten Jahresabschluss zum 31.12.2005 vom 19.11.2008 lediglich 334.708 EUR erhalten (und nicht 421.243 EUR = 488.642,54 EUR abzgl. enthaltener Umsatzsteuer).
Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 2005 vom 14.01.2008 und die Einspruchsentscheidung vom 27.08.2008 aufzuheben;
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Verweis auf die Einspruchsentscheidung begründet er dies wie folgt:
Bei der Tätigkeit der Klägerin handele es sich nicht allein um eine Vermittlungsleistung, sondern um ein Dienstleistungspaket. Dies ergebe sich aus § 2 der allgemeinen Vertragsregelungen des Servicevertrags. Dort heiße es:
„A vermittelt dem Kunden die regelmäßige Teilnahmemöglichkeit an nicht auf Dauer angelegten Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die zum Gesellschaftszweck eine möglichst optimale Unterhaltung der Gesellschafter sowie Gestaltung von deren Freizeit zum Gegenstand hat und erbringt hierfür alle erforderlichen Dienstleistungen”.
Die Kunden seien sich nicht darüber im Klaren, dass sie Gesellschaftsanteile kaufen würden. Sie wollten lediglich Lotto spielen. Hierfür erbringe die Klägerin alle erforderlichen Dienstleistungen. Sie ziehe das Geld bei den Kunden ein, verwalte die Einnahmen, halte die Provision ein und überweise nur den verbliebenen Rest an die B. Sie teile den Kunden die angebliche Gesellschaftsnummer und die damit verbundenen Lottozahlen für den jeweiligen Monat mit. Schließlich rechne sie auch die Gewinne gegenüber den Lottospielern ab. Außerdem würden die Kunden lediglich einen Vertrag mit der Klägerin abschließen. Von einer Veräußerung der Gesellschaftsanteile, welche von der B an die Lottospieler verkauft werden sollten, werde in den allgemeinen Vertragsregelungen nichts erwähnt. Die Lottospieler würden den angeblichen Veräußerer der Gesellschaftsanteile bei Vertragsabschluss noch gar nicht kennen. Das einzige, was ihnen von der Klägerin nach Abschluss des Vertrags mitgeteilt würde, sei eine Gesellschaftsnummer. In diesem Schreiben würden die Kunden auch erstmals erfahren, dass die Klägerin im Namen und Auftrag der B die Gesellschaftsanteile vermittelt haben solle. Auch werde dem Kunden nicht mitgeteilt, wie hoch die Vermittlungsgebühr und der Kaufpreis für die Gesellschaftsanteile sein solle, und wie viel tatsächlich am Ende von dem monatlichen Entgelt in Lottoscheine investiert werde.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sei nicht auf Grund des Urteils des Oberlandesgerichts Düsseldorf zwingend von Vermittlungsleistungen auszugehen. Dieses Urteil sei für das Besteuerungsverfahren nicht bindend. Außerdem sei der Sachvortrag der Klägerin der Entscheidung zugrundegelegt worden, weil dieser unwidersprochen geblieben sei. Im Zivilprozess gelte die Parteienmaxime. Das Besteuerungsverfahren sei jedoch ein gesondertes Verfahren, in dem der Amtsermittlungsgrundsatz eingreife.
Der Ort der sonstigen Leistung bestimme sich nach § 3a Abs. 1 UStG und sei N. § 3a Abs. 4 Nr. 10 i. V. m. Nr. 6a, § 4 Nr. 8f und § 3a Abs. 3 UStG, wonach eine davon abweichende Ortsbestimmung vorzunehmen sei, würden nicht eingreifen. Dies scheitere daran, dass die Voraussetzungen von § 4 Nr. 8f UStG nicht vorliegen würden. Denn es würden keine Anteile im Sinne dieser Vorschrift vermittelt. Anteil i. S. d. § 4 Nr. 8f UStG sei das Recht, das dem Gesellschafter oder Mitglied Kraft seiner Zugehörigkeit zur Gesellschaft oder Vereinigung zustehe. Dieses Recht müsse als selbständiger Gegenstand umgesetzt = veräußert werden können (vgl. Rau/Dürrwächter, § 4 Nr. 8f, Rn. 360-361). Im Streitfall könnten die Anteile nicht als selbständige Gegenstände veräußert werden. Bei Beendigung der Gesellschaft erfolge auch keine Rückzahlung des eingesetzten Kapitals. Die Gesellschaften seien auch nicht auf Dauer angelegt, nämlich maximal einen Monat.
Da § 4 Nr. 8f UStG nicht einschlägig sei, bestimme sich nicht nur der Ort der sonstigen Leistung nach § 3a Abs. 1 UStG, sondern die steuerbare Leistung sei auch im Inland steuerpflichtig.
Die Erlöse seien i. H. v. 421.243 EUR (netto) zu 16 % der Besteuerung zu unterwerfen. § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG sei bezüglich der an B weitergeleiteten Beträge nicht anwendbar. Durchlaufende Posten würden vorliegen, wenn der Unternehmer, der die Beträge vereinnahme oder verauslage, im Zahlungsverkehr lediglich die Funktion einer Mittelsperson ausübe, ohne selbst einen Anspruch auf den Betrag gegen den Leistenden zu haben und auch nicht zur Zahlung an den Empfänger verpflichtet sei. Es sei erforderlich, dass zwischen dem Zahlungsverpflichteten und dem, der Anspruch auf die Zahlung habe (Zahlungsempfänger), unmittelbare Rechtsbeziehungen bestünden (vgl. BFH-Urteil vom 24.02.1966, V 135/63, BStBl. III 1966, S. 263). Unmittelbare Rechtsbeziehungen setzten voraus, dass der Zahlungsverpflichtete und der Zahlungsempfänger jeweils den Namen des anderen und die Höhe des gezahlten Betrages erfahren würden (vgl. BFH-Urteil vom 04.12.1969 V R 104/66, BStBl. II 1970, 191). Dies sei im Streitfall nicht so. Die Lottospieler würden keinen Vertrag mit B abschließen, sondern lediglich mit der Klägerin. Erst nach Abschluss des Vertrags würden sie erfahren, dass die Klägerin im Namen und Auftrag der B die Gesellschaftsanteile vermittelt habe. Aus § 5 der allgemeinen Vertragsregelungen ergebe sich lediglich, dass aus dem monatlichen Entgelt sowohl die Vermittlungstätigkeit der Klägerin als auch der Gesellschaftsanteil an der Gesellschaft beglichen werde. Wie die Beträge aufgeteilt würden, erfahre der Kunde entgegen der Auffassung der Klägerin nicht. Genaue Angaben zu den Gesellschaften, die erworben werden sollten, würden ebenfalls nicht mitgeteilt. Das einzige, was die Kunden erfahren würden, sei eine Gesellschaftsnummer.
Im Übrigen habe die Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen (IZA) ermittelt, dass die B eine Briefkastenfirma bzw. eine Domizilgesellschaft sei.
Einen von der Klägerin gerichtlich gestellten Antrag auf Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids 2005 hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 20.09.2010 abgelehnt (11 V 493/10). Wegen des Inhalts dieses Beschlusses wird auf die beigezogenen Gerichtsakten verwiesen (Bl. 78 ff. der Gerichtsakte 11 V 493/10).
Als Reaktion auf diesen ablehnenden Beschluss hat die Klägerin (Bl. 145 ff. der Gerichtsakte), anknüpfend an ihren bisherigen Vortrag, im Tatsächlichen noch einmal hervorgehoben, dass sie zumindest zum Teil ausdrücklich im Namen und Auftrag eines Dritten tätig geworden sei. Dies sei zum Einen bei der Mitteilung der Gesellschaftsnummern (B) und zum Anderen bei der Erlösmitteilung (C) so gewesen. Sie habe dies jeweils in den Schreiben unmittelbar nach der Anrede und bei der Unterschrift deutlich gemacht. Diese Kennzeichnung sei unübersehbar und biete keinen Interpretationsspielraum. Die Briefkopfgestaltung der Klägerin sei daher, anders als nach Ansicht des erkennenden Senats, unerheblich. Im mit den Kunden geschlossenen „Rahmenvertrag” habe sie bewusst einen Hinweis auf einen bestimmten Dritten weggelassen, da sie so im Falle von Dissonanzen in der Geschäftsbeziehung zu ihren damaligen Kooperationspartnern auf andere Vertragspartner hätte ausweichen können.
Sie selbst habe eine Dienstleistung erbracht, und zwar die wiederkehrende Vermittlung von Vertragsabschlüssen. Diese habe sie nicht gegenüber den Kunden, sondern gegenüber ihren Geschäftspartnern geleistet. Von diesen habe sie auch die Provision erhalten. Aus Vereinfachungsgründen, insbesondere auf Grund des Sitzes der Geschäftspartner auf Zypern und damit einhergehenden Wertstellungsnachteilen, habe sie ihre Provision im Wege der Aufrechnung geltend gemacht. Die Einziehung der Gelder bei den Kunden sei im Übrigen im Zusammenhang mit Vermittlungsleistungen üblich. Dies komme z.B. bei Maklern oder der Vermittlung touristischer Dienstleistungen sowie bei Handelsvertretern häufig vor.
Die Entscheidung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg sei vorliegend nicht einschlägig, da die Sachverhalte nicht vergleichbar seien. Für die Kunden seien interne Abreden unerheblich. Wichtig sei nur, dass es bei den angegebenen Preisen für die Gesellschaftsanteile bliebe und nicht noch zusätzliche Kosten hinzukämen und zwar letztlich unabhängig davon, wie viele Samstage es in den jeweiligen Monaten gebe. Die Höhe der Provision habe die Kunden ebenso wenig interessiert wie die Identität ihres Vertragspartners, der ihnen die Gesellschaftsanteile abgetreten hätte. Es sei ihnen nur auf den Erfolg angekommen, nämlich auf den Erwerb von Anteilen an Gesellschaften, die über eine bestimmte Vermögensmasse (nämlich Lottoscheine) verfügt habe.
Die Gerichtsakten der Verfahren 11 K 4047/08 und 11 V 3390/09 wurden hinzugezogen. Ebenso wurde das Protokoll der mündlichen Verhandlung im Verfahren 11 K 4047/08, die zeitlich vorher am 09.06.2011 stattgefunden hat, mit dem Einverständnis der Beteiligten zu diesem Verfahren hinzugezogen (Bl. 174 der Gerichtsakte).
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist nicht begründet. Der Beklagte hat zu Recht im Umsatzsteuerbescheid vom 14.01.2008 steuerpflichtige Umsätze in Höhe von 421.243 EUR angesetzt.
1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen die sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer. Die Klägerin hat im Rahmen ihres Unternehmens sonstige Leistungen gegen Entgelt im Inland erbracht.
a) Die von der Klägerin erbrachten Leistungen sind als einheitliche Leistung zu bewerten, die sie gegenüber den Spielinteressenten (Kunden) erbracht hat.
Umsatzsteuerrechtlich ist eine sog. einheitliche Leistung anzunehmen, wenn deren einzelne Faktoren so ineinander greifen, dass sie bei natürlicher Betrachtung hinter dem Ganzen zurücktreten. Hingegen lässt sich ein auf einem Gesamtvertrag beruhendes Leistungsverhältnis umsatzsteuerrechtlich aufteilen, wenn hierin mehrere ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach selbständige und voneinander unabhängige Einzelleistungen zusammengefasst sind. Eine einheitliche, nicht aufteilbare Leistung kann nicht schon aufgrund der Erwägung bejaht werden, dass sie auf einem einheitlichen Vertrag beruht und gegen ein einheitliches Entgelt erfolgt. Entscheidend ist vielmehr der wirtschaftliche Gehalt der erbrachten Leistungen (BFH-Urteil vom 08.09.1994 V R 88/92, BStBl. II 1994, 959). Bei einem Bündel von Leistungen ist einerseits jede Dienstleistung in der Regel als eigene, selbständige Leistung zu betrachten, zum anderen darf aber eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden; daher ist das Wesen des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Steuerpflichtige dem Verbraucher mehrere selbständige Hauptleistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist (BFH-Beschluss vom 26.04.2010 V B 3/10, BFH/NV 2010, 1664 m. w. N.).
Eine einheitliche Leistung liegt zum Einen dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile aber Nebenleistungen darstellten, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 25.02.1999 Rs. C-349/96 –Card Protection Plan Ltd (CCP)–, UR 1999, 254). Eine Leistung ist insbesondere dann als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck hat, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (EuGH-Urteil vom 01.12.2005 C-394/04, Ygeia, UR 2006, 171, Rz. 19; BFH-Urteil vom 06.12.2007 V R 66/05, BStBl. II 2008, 638).
Eine einheitliche Leistung ist zum Anderen dann anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige für den Verbraucher zwei oder mehr Handlungen vornimmt oder Elemente liefert, die aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (vgl. EuGH-Urteile vom 27.10.2005 Rs. C-41/04 –Levob Verzekeringen und OV Bank–, BFH/NV Beilage 2006, 38, Rz. 22; vom 29.03.2007 Rs. C-111/05 –Aktiebolaget NN–, UR 2007, 420, Rz. 23; vom 21.02.2008 Rs. C-425/06 –Part Service Srl.–, UR 2008, 461, Rz. 53; vom 11.06.2009 Rs. C-572/07 –RLRE Tellmer Property sro–, BFH/NV 2009, 1368, Rz. 19; BFH-Urteil vom 17.04.2008 V R 39/05, BFH/NV 2008, 1712; BFH-Urteil vom 03.03.2011 V R 24/10, BFH/NV 2011, 1092; Oelmaier in Sölch/Ringleb, § 1 UStG, Rz. 16a ff.).
Die letztgenannten Voraussetzungen einer untrennbaren wirtschaftlichen Leistung in Form einer sonstigen Leistung sind im Streitfall bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der durch die Klägerin erbrachten und im Servicevertrag genannten Leistungen, entgegen der Auffassung der Klägerin, erfüllt.
Die Klägerin hat ein Bündel von einzelnen Leistungen erbracht. Sie hat mit einzelnen Kunden einen Servicevertrag abgeschlossen. Geworben wurden die Kunden mit dem Konzept, durch die Teilhabe an Spielgemeinschaften Lotto spielen zu können unter deutlicher Steigerung der Gewinnchancen. Damit die Gewinnchancen maximiert werden konnten, mussten die Kunden mit der Klägerin einen Servicevertrag abschließen. Der Antrag der Kunden lautete: „Ja, ich möchte die Serviceleistungen der A Service Ltd. & Co. KG in Anspruch nehmen und damit insbesondere an mindestens 2 Scheinen einer Gesellschaft des Deutschen Toto- und Lottoblocks mit insgesamt 2 × dem 9er Vollsystem des Samstagslotto teilhaben.” Vertragspartner war die Klägerin. Nach § 3 der allgemeinen Vertragsregelungen (Teilnahme-Möglichkeit) wurden nach schriftlicher Annahme des Servicevertrages durch die Klägerin und nach Zahlung des Entgelts dem Kunden „Teilnahmemöglichkeiten an Gesellschaften bürgerlichen Rechts vermittelt, die aus maximal 600 Gesellschaftsanteilen bestehen”. Dabei bestand aber kein Anspruch auf Vermittlung an eine bestimmte Gesellschaft. Nach Abschluss des Vertrages erhielten die Kunden ein sog. „Begrüßungsschreiben”, in dem im Einzelnen die Tätigkeiten der Klägerin zusammengefasst wurden: Vermittlung an Gesellschaften, die über Lottoscheine verfügen, Abbuchung der Servicebeiträge, Unterrichtung über die persönlichen Lottozahlen, Gewinnabrechnungen und Gewinnauszahlungen. Darüber hinaus ergab sich aus den Allgemeinen Vertragsregelungen, dass die Klägerin auch für Einwände gegen Abrechnungen, Kündigungen und Haftungsfälle zuständig war. Auch war die vertragliche Haftung auf den 10fachen Betrag des Entgeltes des Kunden beschränkt. In § 5 der allgemeinen Vertragsregelungen waren die „Kosten der Dienstleistung und Fälligkeit” geregelt.
All diese Leistungen erbrachte die Klägerin auf Grund eines einheitlichen Servicevertrages und erhielt hierfür ein einheitliches Entgelt. Zwar kommt nach der Rechtsprechung des EuGH bei der Gesamtbetrachtung dem Umstand, dass ein Gesamtpreis in Rechnung gestellt wird, keine entscheidende Bedeutung zu; der EuGH räumt aber ein, dass es für das Vorliegen einer einheitlichen Leistung sprechen kann, wenn ein Leistungserbringer seinen Kunden eine aus mehreren Teilen zusammengesetzte Dienstleistung gegen Zahlung eines Gesamtpreises erbringt (vgl. Urteil Card Protection Plan Ltd (CPP), UR 1999, 254, Rz. 31). Die von der Klägerin erbrachten Leistungen bauten aufeinander auf und bedingten einander. Sämtliche Leistungen (Vermittlungstätigkeit, Nennung einer Gesellschaftsnummer und der persönlichen Lottozahlen, Gewinnausschüttung und Abwicklungsarbeiten wie z.B. Entgelteinzug) dienten dem einheitlichen wirtschaftlichen Zweck, den Kunden die Teilhabe an einem Systemlotto über Spielgemeinschaften zu ermöglichen. Eine Aufspaltung wäre aus Sicht der Kunden wirklichkeitsfremd. Allein durch die Vermittlung von Anteilen an Gesellschaften hätten die Kunden ihr Ziel nicht erreichen können, zumal die Gesellschaften nicht näher bekannt waren (lediglich Mitteilung einer Gesellschaftsnummer), im Ausland lagen und nur für einen kurzen Zeitraum existierten.
Zwar hat die Klägerin nach ihrem Vorbringen auch Vermittlungsleistungen erbracht, aber diese bildeten aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers nicht den Schwerpunkt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Abbuchung der „Servicebeiträge”, die Unterrichtung über die „Gesellschaftsnummer”, die persönlichen Lottozahlen sowie die „Gewinnausschüttungen”, das zur Verfügung stellen der „Service-Hotline” (montags bis freitags von 9.00 bis 14.00 Uhr), die Abrechnung der „Gewinne” und die Übernahme aller erforderlichen Arbeiten im Rahmen einer etwaigen Kündigung keine Vermittlungsleistungen von Gesellschaftsanteilen i.S. des § 4 Nr. 8f UStG darstellen.
Denn § 4 Nr. 8f UStG beruht auf Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG). Danach befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer die Umsätze – einschließlich der Vermittlung, jedoch mit Ausnahme der Verwahrung und der Verwaltung –, die sich u.a. auf Aktien und Anteile an Gesellschaften beziehen. Der Richtliniengeber hat hierdurch eine klare Grundentscheidung getroffen, nach der die Verwaltung und Verwahrung der Anteile nicht steuerbefreit werden dürfen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der nationale Gesetzgeber insoweit entgegen der Vorgabe der Richtlinie Regelungen treffen durfte. Ein Verständnis der Vorschrift des § 4 Nr. 8f UStG dahingehend, dass die Verwahrung oder Verwaltung von Anteilen als unselbständige Nebenleistung zur Ausgabe der Anteile steuerfrei ist, kommt daher nicht in Betracht. Damit wird auch zugleich der Begriff der „Vermittlung” eingeschränkt. Verwaltungs- oder Serviceleistungen fallen nicht unter diesen Begriff.
Bei der danach vorliegenden einheitlichen Serviceleistung handelt es sich um eine sonstige Leistung eigener Art i. S. des § 3 Abs. 9 UStG, die aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers nicht durch die Vermittlungsleistung geprägt war, sondern durch das Leistungsbündel, in dem die einzelnen Leistungen aufeinander abgestimmt waren, um aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers die nach dem Serviceantrag gewünschte Teilhabe „an mindestens 2 Scheinen einer Gesellschaft des Deutschen Toto- und Lottoblocks mit insgesamt 2 × dem 9er Vollsystem des Samstagslottos” zu erreichen.
Dieses Ergebnis vermag auch der Einwand der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht zu erschüttern, dass der Sachverhalt, auf dem das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 17.12.2008 (7 K 5384/05 B) basiere, sich in wesentlichen Punkten von dem hier zu beurteilenden Sachverhalt unterscheide. Zum Einen wird vorliegend bei der Qualifizierung als einheitliche Tätigkeit gar nicht maßgeblich auf dieses Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg abgestellt. Zum Anderen gehörte zu den Dienstleistungen der Klägerin im Verfahren vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg zwar auch das Vorhalten von computeroptimierten Zahlenreihen sowie die Abgabe einer Gewinngarantie. Das Fehlen dieser Leistungselemente bei der Klägerin führt jedoch nicht dazu, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen sinnvoll trennbar sind bzw., dass die Vermittlungsleistung als Hauptleistung und die sonstigen Leistungen als Nebenleistungen zu bewerten sind. Aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers wurde die Tätigkeit der Klägerin nicht durch die Vermittlungsleistung geprägt, sondern sie stellte sich vielmehr als abgestimmtes Leistungsbündel dar, auf Grund dessen der Kunde, ohne sonst noch irgendetwas tun zu müssen (wie z.B. Mitspieler suchen, Lottoschein ausfüllen, einreichen und bezahlen, Lottoziehung überwachen und ggf. Auszahlung veranlassen), „an mindestens 2 Scheinen einer Gesellschaft des Deutschen Toto- und Lottoblocks mit insgesamt 2 × dem 9er Vollsystem des Samstagslottos” teilhaben konnte und ihm zustehende Gewinne erhalten hat.
Diese einheitliche sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 UStG hat die Klägerin gegenüber den Kunden erbracht.
Wer bei einem Umsatz als Leistungsempfänger anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistungsempfänger ist grundsätzlich der Auftraggeber. Vorliegend haben die Kunden die Klägerin durch den Abschluss des Servicevertrags nicht nur beauftragt, Teilnahmemöglichkeiten am Systemlotto über Gesellschaften zu vermitteln, sondern auch alle erforderlichen Dienstleistungen zu erbringen, damit das Ziel der Kunden „günstig Lotto zu spielen und (die) Trefferchancen dabei zusätzlich zu maximieren” (s. Internetausdruck in der Rechtsbehelfsakte des Beklagten) realisiert werden konnte. Das hierfür anfallende Entgelt konnte nach den allgemeinen Vertragsregelungen nur die Klägerin gegenüber den Kunden geltend machen (vgl. §§ 4, 5 der allgemeinen Vertragsregelungen). Auf Grund der Einheitlichkeit der Leistung hat die Klägerin auch den Teil der Vermittlungstätigkeit gegenüber den Kunden erbracht.
Die Klägerin hat mithin einheitliche sonstige Leistungen gegenüber den Spielinteressenten (Kunden) erbracht.
b) Gemäß § 3a Abs. 1 UStG a. F. wurden die streitigen Dienstleistungen an dem Ort ausgeführt, von dem aus die Klägerin ihr Unternehmen betrieben hat. Der Ort der sonstigen Leistung ist N und liegt somit im Inland.
Abweichend von § 3a Abs. 1 UStG a. F. gilt zwar nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG a. F., dass eine Vermittlungsleistung an dem Ort erbracht wird, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird. Der Ort des vermittelten Umsatzes (angebliche Übertragung der Gesellschaftsanteile von der B an die Kunden) könnte im Streitfall auf Zypern liegen.
Allerdings ist § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG a. F. nicht einschlägig, da die Vermittlungsleistung der Klägerin Teil einer einheitlichen Leistung ist, und diese aus der Sicht der Kunden als Durchschnittsverbraucher nicht durch die Vermittlung von Anteilen geprägt wird.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt für die Ortsbestimmung auch § 3a Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 UStG a. F. nicht in Betracht. Es ist nicht erkennbar, dass eine Alternative von Abs. 4 für die Gesamtleistung der Klägerin einschlägig ist.
2. Eine Steuerbefreiung nach § 4 UStG, insbesondere nach § 4 Nr. 8f. UStG, ist für die Gesamtleistung nicht einschlägig. Die steuerbaren Umsätze sind daher auch steuerpflichtig.
Im Übrigen erscheint es auch äußerst zweifelhaft, ob die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8f. UStG eingreifen würde, wenn man die sog. „Vermittlungsleistung” als Hauptleistung ansehen würde. Denn es ist der Klägerin nicht gelungen, die Gründung „zypriotischer BGB-Gesellschaften” nachvollziehbar darzustellen. Weder die Klägerin noch ihr Geschäftspartner H, der für den zypriotischen Teil des Geschäftsmodells zuständig war, konnten die Voraussetzungen für die Gründung einer zypriotischen Gesellschaft nennen, die einer BGB-Gesellschaft nach deutschem Recht entspricht. Ferner konnte Herr H keine konkreten Aussagen zu den Gründungsgesellschaftern dieser sog. „BGB-Gesellschaften” machen. Die Zuordnung von Kunden zu einzelnen Gesellschaften, die Herr H „Pools” nannte, erfolgte zudem computergesteuert mit einem Programm, das ihm Herrn D überlassen hatte. Die Gesellschaftsnummern kamen schließlich nach seiner Aussage ebenfalls „aus dem Computer” (vgl. hierzu das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.06.2011 im Verfahren 11 K 4047/08, Bl. 174 der Gerichtsakte).
Letztlich kann die Frage, ob § 4 Nr. 8f UStG eingreifen würde, dahinstehen, da die vorliegend einheitlich zu beurteilende Gesamtleistung zweifellos keine Vermittlung von Gesellschaftsanteilen i. S. v. § 4 Nr. 8f UStG ist. Gleiches gilt für die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zusätzlich genannte Ausnahme nach § 4 Nr. 8c UStG. Denn die von der Klägerin erbrachte Dienstleistung ist eine sonstige Leistung eigener Art und nicht die Vermittlung eines Geschäfts mit Forderungen.
3. Die Steuer entsteht somit grundsätzlich für die jeweils jährlich ausgeführten Dienstleistungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1a) Satz 1 UStG. Bemessungsgrundlage ist das Entgelt (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG). Das Entgelt umfasst alles, was die jeweiligen Leistungsempfänger für die Serviceleistungen aufwenden, ausgenommen die Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Nicht zum Entgelt gehören diejenigen Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten, § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG).
Unstreitig hat die Klägerin Beträge in Höhe von 488.642,54 EUR vereinnahmt. Hiervon hat der Beklagte zu Recht die Umsatzsteuer abgezogen und eine Bemessungsgrundlage in Höhe von 421.243 EUR zu Grunde gelegt.
a) Die Klägerin zwar hat vorgetragen, dass sie einen Betrag in Höhe von 124.720 EUR an die B für die erworbenen Gesellschaftsanteile weitergeleitet hat. Dieser Betrag mindert aber im Streitfall nicht die Bemessungsgrundlage, da es sich nicht um einen sog. durchlaufenden Posten i. S. v. § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG handelt.
Ein Unternehmer vereinnahmt und verausgabt einen Betrag nur dann im fremden Namen, wenn nicht er diesen Betrag von dem Zahlungsverpflichteten aus eigenem Recht fordern kann, sondern der Zahlungsberechtigte und wenn – von der anderen Seite her betrachtet – der Zahlungsverpflichtete nicht zur Zahlung an den Unternehmer, sondern an den Zahlungsberechtigten verpflichtet ist, der Unternehmer also nur Mittelsperson ist, weil zwischen dem Zahlungsverpflichteten und dem Zahlungsberechtigten unmittelbare Rechtsbeziehungen bestehen. Dies setzt aber in der Regel voraus, dass beide Teile, der Zahlungsverpflichtete und der Zahlungsberechtigte, jeweils den Namen des anderen und die Höhe des gezahlten Betrages erfahren. Der Unternehmer muss also insbesondere namens einer bestimmten, den anderen Beteiligten erkennbaren Person handeln (BFH-Urteil vom 04.12.1969 V R 04/66, BStBl. II 1970, 191,BFH-Beschluss vom 27.02.1989 V B 75/88, BFH/NV 1989, 744).
Zwar kann es bei sog. Bagatellbeträgen entbehrlich sein, dass der Zahlungsberechtigte die Identität der Zahlungsverpflichteten kennt (BFH-Beschluss vom 27.02.1989 V B 75/88, BFH/NV 1989, 744; BFH-Urteil vom 15.04.1999 V R 45/98, BFH/NV 1999, 929). Jedoch ist es nach diesen Entscheidungen erforderlich, dass der Zahlungsverpflichtete die Identität des Zahlungsberechtigten und die Höhe des durchlaufenden Postens kennt (vgl. Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.12.2008 7 K 5384/05 B, EFG 2009, 783, nrkr. – Az. des BFH: XI R 4/09).
Bei Berücksichtigung dieser Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat anschließt, liegen die Voraussetzungen eines durchlaufenden Postens nicht vor. Denn dafür müsste es sich hinsichtlich der Übertragung der Gesellschaftsanteile bei den Kunden um die sog. Zahlungsverpflichteten und bei der B um die Zahlungsberechtigten handeln, und die Kunden müssten die Identität von B ebenso kennen wie die Höhe des an B weitergeleiteten Betrages.
Es erscheint schon äußerst zweifelhaft, dass die Kunden wussten, dass nach den internen Abreden zwischen B und der Klägerin B ihr Vertragspartner hinsichtlich der Übertragung der Gesellschaftsanteile sein sollte. Weder das Antragsformular noch die Allgemeinen Vertragsregelungen der Klägerin enthielten einen Hinweis darauf, welche Gesellschaften neben der Klägerin an dem Geschäftsvorfall beteiligt waren. Auch im Begrüßungsschreiben fehlte jegliche Information darüber. Erstmals in dem Schreiben, in dem die Gesellschaftsnummer und die Lottozahlen mitgeteilt wurden, wurde die B erwähnt (Bl. 47 der Gerichtsakte). Allerdings war das Schreiben von der Klägerin erstellt und zeigte in prägender Größe das Logo von A („…”), so dass die zwei kurzen Hinweise auf B („wir freuen uns, Ihnen im Namen und im Auftrag der B Services Ltd. mitteilen zu können, dass die Gesellschaft, an die Sie vermittelt wurden und an der Sie teilhaben, wie folgt lautet:” sowie die Unterschrift „Ihr A Team handelnd für die B Services Ltd.”) dahinter zurückgetreten sind. Außerdem ergab sich aus der Formulierung für den Kunden nicht zwingend, dass er die Gesellschaftsanteile von der B erworben haben soll, da dies nicht explizit im Schreiben dargestellt wurde. Auch bei Heranziehung der „Allgemeinen Vertragsregelungen” ist dies nicht eindeutig erkennbar. Denn § 5 sah vor, dass aus dem monatlichen Entgelt u.a. „auch der Gesellschafteranteil an der Gesellschaft bezahlt (wird), an die der Kunde vermittelt wird”. Und § 6 regelte, dass „die Gesellschaften, an die der Kunde vermittelt wurde, den Kunden unverzüglich über A über das Gesellschaftsvermögen” informieren. Im Übrigen wurde die Gesellschaft „B Services Ltd.” den Kunden gegenüber in diesem Schreiben das erste Mal ohne nähere Hintergrunderläuterungen erwähnt. Selbst bei Kunden, die mehrere Monate spielten (nach Angaben der Klägerin waren 90 – 92 % der Kunden „Wiederholungstäter”), blieben die dargestellten Unklarheiten bestehen, zumal auch bei einer wiederholten Übersendung der Schreiben nicht deutlicher darauf hingewiesen wurde, dass die Kunden die angeblichen Gesellschaftsanteile von B gekauft haben sollen.
Davon abgesehen wurden die Unklarheiten hinsichtlich der Frage, wer Vertragspartner der Kunden war, noch durch die monatlichen Kundenabrechnungen gesteigert. In diesen unter dem Logo der Klägerin gestalteten Schreiben wurde den Kunden nunmehr „im Namen der verantwortlichen C Service Ltd.” die Erträge mitgeteilt.
Es ist mithin schon äußerst zweifelhaft, dass die Klägerin im fremden Namen aufgetreten ist.
Darauf kommt es letztlich nicht entscheidungserheblich an, da das Vorliegen eines durchlaufenden Postens jedenfalls daran scheitert, dass die Kunden die Höhe des an B weitergeleiteten Betrages nicht kannten.
Das Handeln für fremde Rechnung setzt voraus, dass die Leistungsempfänger (d.h. die vermittelten Kunden) die von ihnen gewährte Provision kennen oder es zumindest später erfahren, so dass damit sichergestellt ist, dass der Betrag des durchlaufenden Postens genau feststeht (vgl. FG Düsseldorf vom 19.02.1993 VIII(XI) 54/77 E, EFG 1983, 546 mit Verweis auf BFH-Urteil vom 24.08.1961 V 98/59 U, BStBl. III 1961, 492 und auf BFH-Urteil vom 24.02.1966 V 135/63, BStBl. III 1966, 263; BFH-Urteil vom 04.12.1969 V R 104/66, BStBl. II 1970, 191; Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.12.2008 7 K 5384/05 B, EFG 2009, 783, nrkr. – Az. des BFH: XI R 4/09).
Soweit ersichtlich kannten die von der Klägerin geworbenen Kunden die Höhe der Provision und damit auch die Höhe des durchlaufenden Postens nicht. Den Kunden wurde lediglich der Preis für einen Gesellschaftsanteil pro Woche mitgeteilt (vgl. Serviceantrag, Bl. 227 der Gerichtsakte zum Verfahren 11 K 4047/08). § 5 der Allgemeinen Vertragsregelungen der Klägerin enthielt den Hinweis, dass mit dem Entgelt sowohl die Vermittlungstätigkeit der Klägerin als auch der Kaufpreis für den Gesellschaftsanteil beglichen wird. Schließlich wurde den Kunden von der Klägerin noch mitgeteilt, dass sich im Vermögen der Gesellschaft, an der sie Anteile erworben hatten, „zwei Scheine mit je 2 × dem 9er Vollsystem des Deutschen Toto- und Lottoblocks” befinden (vgl. Serviceantrag, Blatt 227 der Gerichtsakte zum Verfahren 11 K 4047/08 sowie Schreiben an die Kunden unter Mitteilung der Gesellschaftsnummer sowie der Gewinnzahlen, Blatt 151 der Gerichtsakte zum Verfahren 11 K 4047/08) und, dass jede Gesellschaft aus maximal 600 Gesellschaftsanteilen besteht (§ 3 der Allgemeinen Vertragsregelungen).
Aus diesen Informationen konnten die Kunden keine qualifizierten Rückschlüsse auf die Höhe der Provision und die Höhe der an B weitergeleiteten Beträge ziehen. Dies war auch nicht unter Berücksichtigung der Preise für die Lottoscheine möglich, denn den Kunden wurde nicht bekannt gegeben, wie viele Anteile an den Gesellschaften tatsächlich ausgegeben wurden („maximal 600”). Außerdem aber, und das ist entscheidend, konnten die Kunden auch bei Kenntnis des Preises der Lottoscheine den weitergeleiteten Betrag nicht ausrechnen, weil sie nicht wussten, welchen Betrag die Klägerin B zusätzlich zu den Mitteln für den Erwerb der Lottoscheine überlassen hat.
Zu einem anderen Ergebnis käme man auch nicht bei Berücksichtigung der Beschlüsse des OLG Köln vom 16.09.2009 und 23.11.2009 (Blatt 76 ff. sowie Blatt 80 ff. der Gerichtsakte zum Verfahren 11 V 3390/09). Hier hat der Senat jeweils nicht abschließend zu der Frage Stellung genommen, ob der Kommanditist der Klägerin, Herr D, dringend verdächtigt ist, die Kunden der Klägerin in Bereicherungsabsicht über die Höhe der einbehaltenen Kundengelder getäuscht zu haben. Außerdem wäre eine entsprechende Aussage für das vorliegende Verfahren nur beschränkt von Bedeutung, da eine Täuschungshandlung in Bereicherungsabsicht nicht erforderlich ist für die Frage, ob die Kunden die Höhe der Provision kannten oder nicht. Aus dem gleichen Grund ist es auch unerheblich, dass das Landgericht Köln in seinem Beschluss vom 07.08.2009 (Blatt 30 ff. der Gerichtsakte zum Verfahren 11 V 3390/09) der Auffassung war, dass sämtliche Kunden der Klägerin über den genauen Inhalt des Vertrages und damit die Höhe der von der Klägerin einbehaltenen Kundengelder getäuscht worden seien (vgl. Blatt 37 der Gerichtsakte zum Verfahren 11 V 3390/09).
Die Voraussetzungen eines durchlaufenden Postens sind mithin nicht anzunehmen.
b) Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt eine Verringerung der Bemessungsgrundlage auch nicht unter Verweis auf den geänderten Jahresabschluss der Klägerin zum 31.12.2005 in Betracht. In diesem Jahresabschluss vom 19.11.2008 sind Umsatzerlöse in Höhe von 334.708 EUR enthalten. Hierbei soll es sich nach dem Vorbringen der Klägerin um den Betrag handeln, den sie von der B für das von ihr erbrachte Dienstleistungspaket erhalten hat.
Soweit dieser Betrag auf die Reduzierung der an B weitergeleiteten Beträge in Höhe von 124.720 EUR zurück zu führen ist, kommt eine Berücksichtigung nicht in Betracht, da die Voraussetzungen eines durchlaufenden Postens insoweit nicht gegeben sind. Sonstige Gründe für eine Verringerung der Bemessungsgrundlage sind nicht ersichtlich, und wurden von der Klägerin auch nach Ergehen des Beschlusses vom 20.09.2010 (11 V 493/10), wo auf das Fehlen hingewiesen wurde, nicht nachgereicht. Insbesondere fehlen Erläuterungen zur Reduzierung des Betrages der Umsatzerlöse von 488.642,54 EUR (brutto) bzw. 421.243 EUR (netto) auf 334.708 EUR.
Daher hat der Beklagte ausgehend von den unstreitigen Kundenentgelten in Höhe von 488.642,54 EUR die Bemessungsgrundlage in Höhe von 421.243 EUR zutreffend ermittelt.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
III. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.