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  • 25.08.2011

    Finanzgericht Sachsen-Anhalt: Urteil vom 24.03.2011 – 1 K 971/08

    1. Errichtet ein Unternehmen aus einzelnen Maschinen bestehende unterschiedliche, zu einer Großserienproduktion u.a. von Gelenkwellen eingesetzte Fertigungsstraßen und begleitet der einzige Kunde bzw. Auftraggeber die Investition in 3 Phasen (Detail- und Realisierungsplanung, Vorserienphase bis zum Produktionsstart sowie „Anlaufbegleitung” beim Produktionsstart nach Inbetriebnahme der Maschinen zur Erreichung der erforderlichen Qualität und der angestrebten Produktionszahlen), so gehört die Phase der „Anlaufbegleitung” jedenfalls dann, wenn schon mehr als 1 Jahr seit der Inbetriebnahme der Maschinen vergangen ist, nicht mehr zur investitionszulagebegünstigten „Anschaffung” bzw. „Herstellung” der Maschinen, wenn nur noch Optimierungen des Produktionsablaufs (u.a. Anpassung der Taktzeiten, bessere Einstellungen der einzelnen Maschinen) vorgenommen werden, die Funktionsweise der einzelnen Maschinen aber nicht mehr wesentlich verändert wird.

    2. Es ist von einem Anschaffungsvorgang i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1999 auszugehen, wenn die einzelnen Maschinen der Großserienproduktion nicht derart eng miteinander verbunden und aneinander angepasst sind, dass sich die Bearbeitung eines Werkstücks vom Einführen in die Fertigungsstraße bis hin zum Auswurf des Endproduktes als einheitlicher Vorgang darstellt, bei dem die Funktion der jeweiligen Maschine in der Funktion der daraus errichteten Fertigungsstraße regelrecht aufgeht, sondern wenn die Maschinen von ihrem äußeren Erscheinungsbild her eher einem Baukastensystem vergleichbar zusammengestellt und nur durch ein Förderband nebst einiger Absaugvorrichtungen miteinander verbunden sind.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit

    hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt – 1. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. März 2011 durch den Präsidenten des Finanzgerichts Karl als Vorsitzenden, den Richter am Finanzgericht Dr. Amler, die Richterin am Finanzgericht Gehlhaar, den ehrenamtlichen Richter … und die ehrenamtliche Richterin …

    für Recht erkannt:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die … AG plante insbesondere für die Großserienproduktion ihres neuen … das seinerzeit modernste Gelenkwellenwerk Europas mit völlig neuer Produktionstechnik, entschied sich nach Bestellung der ersten Maschinen dann aber doch, diese Produktion auszulagern. Infolgedessen erhielt die Klägerin im Mai 2002 von der … AG den Auftrag für eine mehrjährige Serienproduktion, trat in die Bestellungen bei den diversen Lieferanten ein und errichtete aus den einzelnen Maschinen unterschiedliche Fertigungsstraßen zur Produktion von Achszapfen, Gelenkwellen und sonstigen Kleinteilen wie Kugelnabe, Kugelkäfig und Verschlussstopfen. Die für die jeweiligen Produkte errichteten Fertigungsstraßen bestehen aus einzelnen Maschinen, die aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen mit Schutzgittern oder Kunststoffgehäusen umgeben sind und an sich unabhängig voneinander arbeiten. Sie sind jedoch durch ein Förderband miteinander verbunden, das am Anfang durch eine Beladeeinrichtung bestückt wird und anschließend die Werkstücke jeweils hinter oder über den Abnahmestationen der jeweiligen Maschinen entlang führt, wo sie dann mittels Greifarmen, Kränen, Pufferstationen u.s.w. programmgesteuert entnommen und später auf ähnliche Weise wieder eingefügt werden. An Maschinen mit Spanabfällen sind zudem Absauganlagen stationiert, mittels deren die Abfälle über ein unter der Decke installiertes Rohrleitungssystem abgeleitet werden. Hinzu kommen Messstationen, an denen teils automatisch, teils manuell Qualitätsprüfungen durchgeführt werden. Um die unterschiedlichen Bearbeitungszeiten in den Maschinen optimal zu auszunutzen und Staus oder Leerläufe zu vermeiden, stehen teilweise auch Maschinen gleicher Bauart und Bestimmung nebeneinander. Probleme an einzelnen Maschinen erkennt der Computer und lagert dann die betroffenen Werkstücke beispielsweise bei Staus vorübergehend in einem sog. Puffer zwischen, so dass – je nach Problemlage – die an der Problemstelle schon vorbeigelaufenen oder davon nicht betroffenen Werkstücke noch fertig bearbeitet werden können, mitunter aber auch die betreffende Straße ganz stillsteht. Am Schluss werden die Werkstücke aus den einzelnen Produktionsstraßen dann durch eine weitere Maschine montiert und versandfertig verpackt.

    Da jedoch die … AG sicherstellen wollte, dass es nicht zu Lieferengpässen oder -ausfällen kommt, und die Klägerin, dass sie die erwarteten Quantität und Qualität produzieren konnte, vereinbarten beide zeitgleich mit dem Serienauftrag, dass die …-AG das Vorhaben in drei Phasen ab Dezember 2001 begleitet, sollte nämlich bei der Detail- und Realisierungsplanung für die Fertigung bis zur 26. Kalenderwoche 2002, von der Vorserienphase (0- Serie) bis zum Produktionsstart in der 48. Kalenderwoche 2002 und beim Produktionsanlauf nach Inbetriebnahme der Maschinen bis September 2003. Die letzte Phase, die sog. Anlaufbegleitung, sollte insbesondere dazu dienen, das Zusammenspiel der einzelnen Maschinen nach der Verkettung so zu optimieren, dass die Zielvorgaben des Abnehmers an die extrem hohe Qualität und die angestrebten Stückzahlen für die beabsichtigte Großserienproduktion erreicht wurden. Obwohl die Klägerin den Probebetrieb, die Vorserienphase und der Produktionsanlauf planmäßig bis Dezember 2002 aufnahm, erreichte sie sowohl die geplanten Produktionszahlen, insbesondere die Taktzeiten, als auch die geplante Qualität, insbesondere hinsichtlich des Werkzeugverbrauches oder des Ausschusses, erwartungsgemäß erst im September 2003 sowie die für notwendig erachtete Menge von 4.000 Stück pro Tag erst im Folgejahr 2004 und bezahlte (nach zwischenzeitlichen Anpassungen der Zahlungsmodalitäten) dann auch erst die letzten hier streitigen 200.000 EUR des Gesamtpreises für die Anlaufbegleitung durch …. Trotzdem aktivierte sie die Maschinen bereits Ende 2003 in ihrem Anlageverzeichnis, so dass sich entsprechende Abschreibungen ergaben, gab im Investitionszulagenantrag als Tag der Anschaffung bzw. Herstellung den März bzw. November 2003 an und vermerkte zudem in ihrer Bilanz 2003, dass Anfang Dezember 2002 die Produktion habe planmäßig anlaufen können und dass das Jahr 2003, als immerhin schon Umsätze von über 1.000.000 EUR erzielt und die Beschäftigtenzahl von 15 auf 71 erhöht wurden, das „erste volle produktive Geschäftsjahr” gewesen sei.

    Als der Beklagte der Klägerin die für diese letzte Phase der Anlaufbegleitung beantragte Investitionszulage von 25 vom Hundert von 200.000 EUR nach einer Inaugenscheinseinnahme sowohl mit Investitionszulagenbescheid 2004 vom 14. Juli 2005 als auch – nach fristgerechtem Einspruch und Anhörung – mit Einspruchsbescheid vom 4. Juni 2008, einem Mittwoch, versagte, hat die Klägerin am 8. Juli 2008 die vorliegende Klage erhoben.

    Die Klägerin meint, die Aufwendungen für die Anlaufbegleitung seien eher als Herstellungs- denn als Anschaffungskosten zu beurteilen. Die Klägerin habe nämlich auf eigene Gefahr und eigene Rechnung die Investitionen in Auftrag gegeben und getätigt, folglich das wirtschaftliche Risiko getragen und damit das Herstellungsgeschehen beherrscht, auch wenn der Wertumformungsprozess insgesamt durch fremde Unternehmer durchgeführt worden sei. Damit seien die Kosten der Anlaufbegleitung begünstigt, egal ob es sich nun um echte oder unechte Gemeinkosten gehandelt habe.

    Selbst wenn es sich jedoch um Anschaffungskosten gehandelt haben sollte, so seien diese begünstigt. Bei einer Großserienproduktion wie der vorliegenden werde eine bestimmungsgemäße Nutzung nicht schon durch die bloße Montage und das erste Anschalten der Maschinen, sondern erst durch einen entsprechenden Automatisierungsgrad sowie einen absolut reibungslosen Produktionsan- und -ablauf zu den erwarteten Stückzahlen in vereinbarter Qualität ermöglicht, so dass die Betriebsbereitschaft erst durch die Anlaufbegleitung gewährleistet werde. Infolgedessen sei diese hier nach Art und Umfang sowie Sinn und Zweck für eine bestimmungsgemäße Verwendung so gravierend, dass sie als wesentlicher Teil des eigentlichen Anschaffungsvorganges zu werten und damit begünstigt sei, auch wenn sich die Kosten nicht unmittelbar den einzelnen Vermögensgegenständen zuordnen ließen. Ähnlich wie beim Erwerb eines Grundstücks mit aufstehenden Gebäuden, wo sich die Erwerbsnebenkosten (wie etwa Grunderwerbsteuer, Notar- und Grundbuchkosten, Maklerprovisionen etc) nicht unmittelbar den einzelnen Vermögensgegenständen zuordnen ließen, aber gleichwohl vollständig aufzuteilen und zwingend zu aktivieren seien, müssten vorliegend auch die variablen, d.h. direkt im Zusammenhang mit der Anschaffung stehenden Kosten als sog. unechte Gemeinkosten mitaktiviert werden. Dem vom Beklagten erwähnten Aktivierungsverbot unterlägen nämlich nur die oftmals nur intern (also nicht von Dritten bezogenen) Aufwendungen als sog. echte Gemeinkosten. Dem könne der Beklagte auch nicht entgegen halten, dass diese Kosten nach der eigentlichen Betriebsbereitschaft angefallen seien und die … AG überdies auch gar nicht der Veräußerer gewesen sei. Insofern sei der Vorgang nämlich mit den Verkäufen eines geschlossenen Immobilienfonds vergleichbar, bei denen das Objekt häufig auch nicht durch den Projektentwickler selbst verkauft werde und der Verkäufer ebenfalls bestimmte wirtschaftliche Ergebnisse (etwa langfristige Mietverträge) – vergleichbar hier mit der Anlaufbegleitung – zusichere. In derartigen Fällen habe der BMF (mit Schr. v. 20. Oktober 2003, IV C 3 – S 2253a-48/03, BStBl. I 2003, 546) Kosten der technischen Beratung ebenfalls als auf die Erlangung des jeweiligen Objektes gerichtet angesehen und damit als Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten bewertet. Ferner sei zu bedenken, dass die Klägerin auf eine Kostenaufteilung insbes. wegen der Gemeinkosten ganz hätte verzichten können, wenn sie das gesamte schlüsselfertige Werk bei der … AG in Auftrag gegeben und die Abnahme bis zur Erreichung des vertragsgemäß zugesicherten Standards verweigert hätte.

    Ferner stünden die Aufwendungen insbesondere in einem engen sachlichen sowie wirtschaftlichen, aber auch in einem gewissen (und das sei nach BFH-Urt. v. 8. März 1984, IX R 45/80, BFHE 141/137, BStBl. 1984, 702ff ausreichend) zeitlichen Zusammenhang mit dem Herstellungs- bzw. – Anschaffungsvorgang, weil sie zum ersten von Anfang an geplant gewesen seien bzw. sich als notwendig herausgestellt hätten und zum zweiten unmittelbar nach Herstellung bzw. Anschaffung begonnen worden seien. Sachlich und wirtschaftlich gesehen habe die … AG den Vorgang nämlich vereinbarungsgemäß von der Maschinenherstellung über die Abnahme beim Hersteller sowie den Wiederaufbau bei der Klägerin bis zur Optimierung der Fertigungs- und Standzeiten begleitet und die Planungskosten dann dezidiert auf die einzelnen Maschinen aufgeteilt, nachdem die Schulungskosten zuvor – in Absprache mit dem Prüfer – ausgesondert worden seien. Weitergehende Zuordnungen, wie etwa die vom Beklagten geforderten Kostenaufteilungen, Einzelnachweise oder Stundenaufzeichnungen, seien nicht möglich und versprächen überdies auch keinen neuen Erkenntniswert, weil derartige unechte Gemeinkosten nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB eben nur direkt zurechenbar seien. Entscheidend sei die Leistungserbringung und die werde schon durch die eindeutig nachvollziehbaren Kennzahlen sowie die Ausschussquoten, Werkzeugverbräuche etc. wie auch die finanziellen Auswirkungen der Verbesserungen bewiesen. Zeitlich gesehen gehöre (nach Jasper/Sönksen/Rosarius-Rosarius, Handbuch zur Investitionsförderung, Loseblatt Februar 2007, § 2 InvZulG Tz. 26) zur Herstellungsphase auch noch eine angemessene Zeit für die Erprobung, welche bei einer Investition von 40 Mio. EUR in eine vollautomatische Großserienproduktion entsprechend großzügiger zu bemessen sei, so dass der Herstellungsprozess (nach Adler/ Düring/ Schmalz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, Komm. zum HGB, 6. Aufl. § 255 Tz. 169) erst ende, wenn Wertsteigerungen aufgrund von Be- und Verarbeitungen nicht mehr vorlägen, und das sei im Jahr 2004 der Fall gewesen. Dem stehe auch nicht entgegen, dass es sich bei den von … erbrachten Leistungen quasi um unselbstständige Teile eines einheitlichen Investitionsvorganges gehandelt habe, denn selbst die Verbindung von zwei nacheinander angeschafften, selbstständig bewertbaren Wirtschaftsgütern sei (nach BFH, Urt. v. 10. April 1997, III R 37/92, BFH/ NV 1998, 213) zulagebegünstigt, erst recht also von vornherein vereinbarte und zweifellos notwendige Anpassungsarbeiten sowie (laut Rosarius, a.a.O. § 2 InvZulG Tz. 24 f) Nachbesserungs- und Zusatzarbeiten.

    Die Klägerin beantragt,

    den Beklagten zu verpflichten, unter Änderung des Investitionszulagenbescheides 2004 vom 14. Juli 2005 und der Einspruchsentscheidung vom 4. Juni 2008 für das Kalenderjahr 2004 die Investitionszulage um 50.000 EUR zu erhöhen,

    sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte meint, die Aufwendungen für die Anlaufbegleitung seien – unabhängig davon, ob es sich nun um eine Anschaffung oder eine Herstellung handele – nicht begünstigt.

    Allerdings geht er davon aus, dass es sich um die Anschaffung einzelner Maschinen und nicht etwa um die Herstellung einer Maschinenstraße handele, weil nämlich die einzelnen Maschinen auch nach der Montage einzeln nutzungs- und bewertungsfähig geblieben seien. Dann aber gehörten zu den Anschaffungskosten gemäß § 255 Abs. 1 HGB nur diejenigen Aufwendungen, die geleistet würden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, und die insbesondere dem Gegenstand einzeln zugeordnet werden könnten (also insbesondere Nebenkosten des Erwerbs, des Transports oder der Inbetriebnahme), nicht aber Gemeinkosten, die im Unternehmen des Erwerbers selbst anfielen und dem Gegenstand lediglich über einen Verteilungsschlüssel zugeordnet werden könnten. Vorliegend seien die Betreuungskosten erstens nicht etwa zur Vervollständigung der Anlagen und Maschinen, sondern zur Verbesserung ihrer Handhabung sowie der betrieblichen Abläufe entstanden, was sich auch daran zeige, dass sie im Investitionszulagenantrag als Technologie- und Fertigungs- Know-how bezeichnet worden seien. Folglich hätten sie nur zu einer gewinnbringenderen Verwertbarkeit beigetragen, nicht aber zur Herstellung der Betriebsbereitschaft der einzelnen Maschinen oder wenigstens zur Aufnahme der Serienproduktion durch die Maschinenstraße, welche nämlich beide schon im Dezember 2002 stattgefunden hätten. Und sie seien zweitens den einzelnen Maschinen nicht direkt zugeordnet, sondern schlicht nach einem Verteilungsschlüssel aufgeteilt worden, ganz abgesehen davon, dass die vorgelegten Besprechungsprotokolle auch Wirtschaftsgüter beträfen, die nicht zu den im Jahr 2002 bestellten Fertigungsstraßen gehörten.

    Aber selbst wenn vorliegend von der Herstellung einer Maschinenstraße auszugehen sei, könnten die Aufwendungen nicht berücksichtigt werden, weil sie entgegen § 255 Abs. 2 Satz 5 HGB (und entgegen BFH, Urt. v. 17. Oktober 2001, I R 32/00, BStBl. II 2002, 349) nach Fertigstellung und bestimmungsgemäßer Verwendung aufgewandt worden seien. Insofern gehe der Vergleich der Klägerin mit schlüsselfertigen Bauten schon deshalb fehl, weil die … AG nicht Veräußerer sei und eine Begleitung der Serienproduktion von über einem Jahr unüblich sei.

    Im Übrigen habe die Klägerin unter Missachtung der ihr obliegenden Feststellungslast für investitionszulagenerhöhende Tatsachen keine konkrete Zuordnung der strittigen Kosten zu den jeweiligen Maschinen vorgenommen, geschweige denn nachprüfbare Belege dazu vorgelegt. Das aber sei trotz der Tatsache, dass über § 5 Abs. 1 Satz 1 InvZulG alle im Wirtschaftsjahr abgeschlossenen Investitionen begünstigt seien, unzureichend, weil dann nämlich die Zugehörigkeits- und Verbleibensvoraussetzungen der jeweiligen Wirtschaftsgüter nicht überprüfbar seien.

    Außerdem sei zu beachten, dass das von der Klägerin behauptete Erreichen der Produktionszahlen im Jahr 2004 ihrer Aktivierung der Wirtschaftsgüter bereits im Vorjahr widerspreche und dass der Beklagte in den Vorjahren bereits einen erheblichen Teil der Zusatzkosten anerkannt habe. Abschließend sei zu bedenken, dass bei der von Klägerseite vorgeschlagenen Gesetzesinterpretation, wann ein Anschaffungs- oder Herstellungsvorgang abgeschlossen sei, der Investitionsabschluss durch jedwede Anpassung des Plansolls auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben werden könne, was jedoch nicht mit den handelsrechtlichen Grundsätzen des § 253 HGB vereinbar sei.

    Dem Senat haben die die Klägerin betreffenden Investitionszulagen- und Rechtsbehelfsakten vorgelegen.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist zulässig, insbesondere fristgemäß, denn der vom BFH als Frist bezeichnete Dreitageszeitraum zwischen der Aufgabe eines Verwaltungsakts zur Post und seiner vermuteten Bekanntgabe nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO verlängert sich, wenn das Ende auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend fällt, bis zum nächstfolgenden Werktag (BFH, Urt. v. 14. Oktober 2003, IX R 68/98, BStBl.II 2003, 898), so dass der Einspruchsbescheid vom 4. Juni 2008, einem Mittwoch, selbst bei einer Aufgabe zur Post noch am gleichen Tag, erst am Montag, dem 9. Juni 2008 als zugegangen gilt und deshalb mit der Klage vom 8. Juli 2008 fristgemäß angefochten wurde.

    Die Klage ist jedoch unbegründet.

    Gemäß § 2 InvZulG sind begünstigte Investitionen die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens.

    Anschaffung ist der entgeltliche Erwerb eines bestehenden, bisher einem anderen zuzurechnenden Wirtschaftsgutes (BFH – Urt. v. 30. November 1976 VIII R 202/72, BFHE, 120, 522, BStBl. II 1977, 384). Herstellung ist die Schaffung eines bisher noch nicht vorhandenen Wirtschaftsgutes (BFH – Urt. v. 19. Juli. 1979 VI R 235/75, BStBl. II 1980, 3), wobei der Übergang zwischen der Anschaffung eines Wirtschaftsgutes einschließlich seiner Anpassung an die betriebsinternen Bedürfnisse und der Herstellung eines Wirtschaftsgutes fließend ist, insbesondere in den Fällen, in denen angeschaffte Wirtschaftsgüter im eigenen Betrieb noch montiert oder in bestehende Anlagen (z.B. Fertigungsstraßen) integriert werden müssen. Allerdings ist Herstellung anzunehmen, wenn die Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes erst durch die Verbindung mit anderen Wirtschaftsgütern erreicht werden kann, wobei der Grad der Festigkeit der Verbindung, der Zeitraum, auf den sie angelegt ist, sowie das äußere Erscheinungsbild vor- und nachher von Bedeutung sind. Demgegenüber liegt Anschaffung vor, wenn die Zweckbestimmung und die Funktion des Wirtschaftsgutes zwar zusätzliche Fertigungsmaßnahmen erfordern, diese jedoch von untergeordneter Bedeutung sind und die von vorneherein feststehende Funktion nicht verändern (Jasper/ Sönksen/ Rosarius, Handbuch der Investitionsförderung, Loseblatt Februar 2007, § 2 Rdnr. 23).

    Danach ist im vorliegenden Fall von einem Anschaffungsvorgang auszugehen. Die betreffenden Maschinen sind nämlich nicht derart eng miteinander verbunden und aneinander angepasst, dass sich die Bearbeitung eines Werkstücks vom Einführen in die Fertigungsstraße bis hin zum Auswurf des Endproduktes als einheitlicher Vorgang darstellt, bei dem die Funktion der jeweiligen Maschine in der Funktion der daraus errichteten Fertigungsstraße regelrecht aufgeht. Vielmehr sind die Maschinen von ihrem äußeren Erscheinungsbild einem Baukastensystem vergleichbar zusammengestellt und nur durch ein Förderband nebst einiger Absaugvorrichtungen miteinander verbunden. Zwar fahren die betreffenden Werkstücke über die Förderbänder eine vorgegebenen Weg entlang, müssen bei den einzelnen Maschinen aber immer wieder ein- und wieder ausgeführt werden, was den Produktionsvorgang zumindest von außen betrachtet unterteilt und die Funktion der einzelnen Maschine sichtbar erhält. Außerdem wirkt die Verbindung der einzelnen Maschinen auch insofern nicht allzu fest und dauerhaft, als es zwar sicherlich unwirtschaftlich, aber nicht unmöglich erscheint, den Ausfall einer einzelnen Maschine durch eine parallel arbeitende andere Maschine oder den Ausfall des Förderbandes bzw. einzelner Belade- und Abnahmevorrichtungen sogar von Hand auszugleichen, während der Ausfall einer einheitlichen Fertigungsstraße erst einmal die ganze Produktion zum Erliegen bringen dürfte.

    Handelt es sich also um einen Anschaffungsvorgang, kann eine Investitionszulage folglich auch nur für Anschaffungskosten gewährt werden. Anschaffungskosten sind jedoch gemäß § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB nur die Aufwendungen, die einem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können und geleistet werden, um ihn zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Insofern mag der Begriff der Anschaffungskosten – abgesehen vom Ausschluss der Gemeinkosten – umfassend sein und wegen § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB auch Nebenkosten sowie die nachträgliche Anschaffungskosten erfassen, wenn diese in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anschaffung stehen. Jedoch reicht ein bloßer kausaler oder zeitlicher Zusammenhang mit der Anschaffung nicht aus, sondern es bedarf auch noch einer entsprechenden Zweckbestimmung der Aufwendungen (BFH – Urt. v. 17. Oktober 2001, I R 32/00, BFHE 197, 58, BStBl. II 2002, 349).

    Nach diesem Maßstab steht die hier streitige Anlaufbegleitung des Jahres 2004 zum Einen nicht in einem hinreichenden wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anschaffung der hier zu betrachtenden einzelnen Maschinen. Zu diesem Zeitpunkt waren die einzelnen Maschinen nämlich seit über einem Jahr montiert und zudem auch noch in Betrieb, so dass die Kosten der Anlaufbegleitung jedenfalls nicht durch den bereits abgeschlossenen Anschaffungsvorgang veranlasst sein können. Zugleich können sie auch nicht (in Anlehnung an BFH – Urteil v. 10. April 1997 III R 37/92, BFH/ NV 1998, 213) als unselbständiger Teil dieses Investitionsvorganges angesehen werden, denn der spätere Zusammenbau der Maschinen und damit erst recht deren Feinabstimmung auf andere Maschinen berührt nicht mehr die bestimmungsgemäße Verwendung der nach obigen Ausführungen selbständig zu betrachtenden einzelnen Maschine. Die Verwendung der Maschine selbst wird nämlich durch die Feinabstimmung mit den Zeiten der anderen Maschinen in ihrer Funktionsweise nicht wesentlich verändert, sondern es werden allenfalls ihre Taktzeiten angepasst oder aber andere Maschinen bzw. Fördermöglichkeiten ergänzt oder abgestimmt. Entsprechendes gilt für die vorgenommenen Anpassungen beim Werkzeugverbrauch oder Ausschuss, denn die jeweilige Maschine war vorher wie nachher gleichermaßen betriebsbereit und wurde lediglich besser justiert oder besser durch andere Maschinen ausgenutzt, was aber ihre Funktionsweise an sich nicht allzu sehr verändert.

    Zum anderen lassen sich die Kosten für die Anlaufbegleitung den Maschinen nicht einzeln bzw. direkt zuordnen, denn dazu genügt – soll der Ausschluss von Gemeinkosten überhaupt einen Sinn ergeben – nicht schon jede prozentuale Aufteilung sämtlicher Kosten auf die einzelnen Wirtschaftsgüter, sondern es wäre auch jeweils nachzuweisen, dass die entsprechenden Kosten durch die Anschaffung der jeweiligen Maschine und nicht etwa anderer veranlasst sind. Das ist aber insbesondere da nicht darstellbar, wo die Klägerin zur Optimierung des Produktionsprozesses zusätzliche „Maschinenbausteine” erworben hat, die gar nichts mit der ursprünglich bestellten Anlage und damit erst recht nichts mit den ursprünglich angeschafften Maschinen zu tun haben.

    Letztlich stünde der Klägerin aber selbst dann keine Investitionszulage für die Anlaufbegleitung zu, wenn – abweichend vom Vorstehenden – nicht von der Anschaffung einzelner Maschinen, sondern von der Herstellung einer Fertigungsstraße auszugehen wäre. Herstellungskosten sind nämlich gemäß § 255 Abs. 2 Satz 1 1. Alternative HGB Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Wirtschaftsguts entstehen. Insofern mag der Begriff der Herstellungskosten – in Bezug auf die Gemeinkosten – umfassender sein, jedoch endet die Herstellung mit der Fertigstellung des Erzeugnisses, d. h. wenn das Wirtschaftsgut seiner Bestimmung gemäß nutzbar ist, so dass Nebenkosten und nachträglich anfallende Kosten nur dann noch einzubeziehen wären, wenn das bereits bestehende Wirtschaftsgut anschließend einem weiteren Herstellungsvorgang unterzogen worden wäre, was wiederum eine Erweiterung oder eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung (§ 255 Abs. 2 Satz 1 2. und 3. Alternative HGB) voraussetzen würde.

    Vorliegend waren die jeweiligen Fertigungsstraßen auch ohne die anschließende Feinjustierung oder die Ergänzung durch weitere Bausteine betriebsbereit, halfen beachtliche Umsätze zu erzielen und waren nach eigenem Bekunden der Klägerin in der Bilanz auch schon ein Jahr voll produktiv. Folglich wären die Kosten für die daran anschließende Anlaufbegleitung erst nach Herstellung der Fertigungsstraßen angefallen. Dann aber können sie weder diesem Herstellungsprozess noch einem neuen Herstellungsvorgang zugerechnet werden, denn der erste Prozess war abgeschlossen und ein neuer Herstellungsprozess mit der dafür notwendigen wesentlichen Verbesserung lässt sich allein aus den Quantitäts- und Qualitätsverbesserungen nicht ableiten. Ebenso wenig aber lassen sie sich (in Anlehnung an BFH – Urteil v. 10. April 1997, III R 37/92, BFH/ NV 1998, 213) als „unselbstständiger Teil” eines einheitlichen Herstellungsvorganges werten.

    Im Grunde ist nämlich sowohl dem Begriff der Anschaffung als auch dem der Herstellung immanent, dass der Vorgang irgendwann einmal abgeschlossen ist. Daher lässt sich die Zurechnung zu einem einheitlichen Herstellungsvorgang vorliegend weder damit rechtfertigen, dass die Optimierungsmaßnahmen von vorneherein absehbar waren, noch damit, dass sie (womöglich) nahtlos an den eigentlichen Herstellungsvorgang anschlossen, denn andernfalls wären komplexe industrielle Anlagen, die ja einem permanenten Erprobungs-, Anpassungs-, Modernisierungs- und Rationalisierungsprozess unterliegen und dadurch auch durchaus immer wieder Wertsteigerungen erfahren, selten oder nie abgeschlossen. Außerdem besteht bei beiden Definitionen in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit, dass das Ende des betreffenden Vorgangs nur nach objektiven Kriterien zu bestimmen sein. Daher kann die investitionszulagenrechtliche Begünstigung vorliegend auch nicht davon abhängen, wie die Klägerin oder die … AG die Leistungsparameter der neuen Anlage definiert oder wann sie sie als erfüllt angesehen haben. Zuletzt können für die Abgrenzung auch nur Kriterien herangezogen werden, die auch tatsächlich in dem Wirtschaftsgut selbst angelegt sind. Daher kann der Herstellungsprozess auch nicht etwa deshalb als noch andauernd angesehen werden, weil die Fertigungsstraßen bei der damals erreichten Menge und Qualität noch nicht wirtschaftlich genug arbeiteten, wobei dahinstehen mag, was die Klägerin damit letztlich meint.

    Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die über die Revisionszulassung aus § 115 Abs. 2 Nr. 1, 1. Alt. FGO, da unklar ist, inwieweit sich die vom BFH (gerade im Urt. v. 10. April 1997, III R 37/92, BFH/ NV 1998, 213) aufgestellten Grundsätze auf moderne Industrieanlagen übertragen lassen.

    VorschriftenInvZulG 1999 § 2 Abs. 1 S. 1, InvZulG 1999 § 5 Abs. 1, HGB § 255 Abs. 1, HGB § 255 Abs. 2