13.07.2011
Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 15.06.2011 – 6 K 211/11
1. Wurde ein Anspruch auf Auszahlung von Investitionszulage abgetreten, wurde nach der späteren Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Zedenten der Bescheid über die Bewilligung der Investitionszulage im Hinblick auf die Nichteinhaltung der zulagenrechtlichen Verbleibensfrist nicht aufgehoben, sondern vom FA lediglich eine „Berechnung über die Änderung” der Investitionszulage, die einen Zulagenbetrag von Null EUR auswies, ausgefertigt und zur Insolvenztabelle angemeldet, ist aber bislang weder das Feststellungsverfahren gegenüber dem Insolvenzverwalter rechtskräftig abgeschlossen noch die Eintragung des Investitionszulagen-Rückforderungsbetrag zur Insolvenztabelle erfolgt, so ist das FA nicht nach § 37 Abs. 2 AO zur Rückforderung der abgetretenen Investitionszulage gegenüber dem Zessionar berechtigt.
2. Der Widerruf einer Einverständniserklärung mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter nach § 79a Abs. 3 und Abs. 4 FGO ist jedenfalls dann nicht mehr zulässig, wenn sich die Prozesslage bei objektiver Betrachtung nachträglich nicht wesentlich geändert hat.
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Finanzrechtsstreit
hat der 6. Senat durch die Berichterstatterin … gemäß § 79a Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung ohne mündliche Verhandlung am 15. Juni 2011
für Recht erkannt:
1. Der Rückforderungsbescheid vom 18. September 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Januar 2011 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rückzahlung von Investitionszulage.
Die Klägerin ist die Empfängerin eines Auszahlungsbetrages über 2.000.000,– EUR. Diese Zahlung leistete der Beklagte aus seinem Investitionszulagenbescheid vom 19. Februar 2009 über insgesamt 2.270.363,04 EUR, den er zu Gunsten der P GmbH (nachfolgend Zedentin …) erlassen hatte. Die Zedentin … hatte den Teilbetrag von 2.000.000,– EUR an die Klägerin abgetreten.
Am 1. September 2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Zedentin … eröffnet. Der Beklagte gelangte zu der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Gewährung der Investitionszulage nicht mehr vorlagen, und fertigte unter dem 18. September 2009 eine „Berechnung über die Änderung” der Investitionszulage, die einen Zulagenbetrag von Null EUR auswies. Den Rückforderungsbetrag von 2.270.363,04 EUR meldete er zur Insolvenztabelle an. Der Insolvenzverwalter widersprach der Forderung. Sein Widerspruch ist in die ausgedruckte Übersicht des Amtsgerichts D vom 25. November 2009 über die angemeldeten Forderungen eingetragen. Unter der Rubrik „Bemerkungen” enthält der Ausdruck außerdem die handschriftliche Ergänzung, im Prüfungstermin habe der Gläubiger Rechtsanwalt Dr. H die Forderung in voller Höhe bestritten.
Neben der Berechnung für die Tabellenanmeldung erließ der Beklagte am 18. September 2009 gegenüber der Klägerin auch den streitgegenständlichen Rückforderungsbescheid über 2.000.000,– EUR. Zur Begründung führte er aus, die Zedentin … habe bereits im Juni 2009 die Produktion eingestellt, so dass die Voraussetzungen für die Gewährung der Investitionszulage nicht mehr vorlägen. Die Bewilligung sei deshalb „mit Forderungsanmeldung vom 18. September 2009” geändert worden. Die Klägerin legte Einspruch ein.
In Mit Bescheid vom 29. Juni 2010 stellte der Beklagte gegenüber dem Insolvenzverwalter den angemeldeten Investitionszulagenbetrag als Insolvenzforderung fest. Zur Begründung führte er aus, für einen Teilbetrag von 92.439,– EUR seien die Verbleibensvoraussetzungen nicht erfüllt, da Wirtschaftsgüter im Rahmen des Insolvenzverfahrens verwertet worden seinen. Im Übrigen sei der Investitionszulagenanspruch aufgrund einer Betriebsunterbrechung von mehr als zwölf Monaten entfallen. Den Einspruch des Insolvenzverwalters wies der Beklagte mit Entscheidung vom 4. Januar 2011 zurück, in der er nochmals inhaltlich zum Anspruch auf Investitionszulage Stellung nahm. Die Entscheidung wurde bestandskräftig. Unter dem 9. März 2011 hat der Insolvenzverwalter dem Beklagten mitgeteilt, er werde die Forderung zur Tabelle feststellen.
Ebenfalls am 4. Januar 2011 endete das Einspruchsverfahren zum streitgegenständlichen Rückforderungsbescheid, das ohne Erfolg blieb.
Mit ihrer Klage trägt die Klägerin vor, die Voraussetzungen für die Gewährung der Investitionszulage seien nicht entfallen. Es liege keine zulagenschädliche Betriebsunterbrechung vor, denn es habe eine sanierende Übertragung stattgefunden. Nach dem Sinn und Zweck der Förderung sei die Investitionszulage daher weiterhin zu gewähren, auch wenn der Gesetzeswortlaut dies nicht vorsehe. Einwendungen gegen die materiellrechtliche Würdigung des Beklagtes stünden der Klägerin aufgrund der besonderen Situation zu, die durch die Insolvenz der Zedentin … entstanden sei. Anderenfalls bleibe den Beteiligten gegen den Entzug der Förderung jeglicher Rechtsschutz verwehrt, denn auch die Zedentin … habe keine Möglichkeit gehabt, in das Feststellungsverfahren einzugreifen, das der Beklagte gegen den Insolvenzverwalter geführt habe.
Die Klägerin beantragt,
den Rückforderungsbescheid vom 18. September 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Januar 2011 aufzuheben; hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin hinsichtlich der Herabsetzung des Rückforderungsbetrags auf Null aus Gründen der Billigkeit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
In Abtretungsfällen gelte die formelle Rechtsgrundtheorie. Die Klägerin sei vom Bestand der Festsetzung abhängig und könne keine eigenen Einwendungen gegen die Änderung der Investitionszulage erheben, denn Sie habe lediglich den Anspruch auf Auszahlung der Investitionszulage erworben. Die Beteiligten des Investitionszulagenanspruchs seien auch nicht rechtlos gestellt, da die Zedentin … die Möglichkeit gehabt habe, gegen die Einspruchsentscheidung im Feststellungsverfahren gegen den Insolvenzverwalter Klage zu erheben. Sie habe hiervon jedoch keinen Gebrauch gemacht. Mit der Bestandskraft der Feststellung, die auch die Zedentin … gegen sich gelten lassen müsse, stehe der Rückforderungsanspruch gemäß § 183 Abs. 2 der Insolvenzordnung (InsO) endgültig fest. Auf die Tabelleneintragung komme es nicht an, da dieser im Falle der bestandskräftigen Feststellung lediglich deklaratorische Bedeutung zukomme. Die Rückforderung der Zulage sei vom Wortlaut des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) gedeckt und stehe auch nicht im Widerspruch zum Gesetzeszweck.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin einverstanden erklärt. Nach Ergehen der Entscheidung zum vorläufigen Rechtsschutz hat der Beklagte sein Einverständnis widerrufen. Er hat hierzu auf die in der Entscheidung offenbar werdende Komplexität der rechtlichen Streitpunkte hingewiesen.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die zum Streitfall übergebenen Steuerakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat Erfolg.
Der Rückforderungsbescheid vom 18. September 2009 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Voraussetzungen für seinen Erlass waren bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht gegeben.
Über Streitigkeiten, die die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis betreffen, ist gemäß § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Dies gilt nach § 218 Abs. 2 Satz 2 AO auch, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch im Sinne des § 37 Abs. 2 AO betrifft. Nach § 37 Abs. 2 AO besteht gegenüber dem Leistungsempfänger ein Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrages, wenn unter anderem eine Steuervergütung ohne rechtlichen Grund gezahlt worden ist. Dies gilt gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 AO auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt. Die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften sind auf die Investitionszulage entsprechend anzuwenden (§ 14 InvZulG).
Für die Frage, ob ein rechtlicher Grund für die Zahlung vorliegt, ist im Abrechnungsverfahren allein auf die formelle Bescheidlage abzustellen (Urteil des BFH vom 30. März 2010, VII R 17/09, BFH/NV 2010, 1412 m. w. N.; ständige Rechtsprechung). Solange die ursprüngliche Festsetzung noch besteht, legt allein sie fest, ob und in welcher Höhe ein Erstattungsanspruch geltend gemacht werden kann (Urteil des BFH vom 02. Dezember 2003, II R 5/03, BStBl. II 2004, 203 m. w. N.). Diesen Grundsätzen folgend hat der BFH etwa für das Kindergeld in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass der rechtliche Grund für die Auszahlung dieser Steuervergütung erst mit der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung entfällt (vgl. etwa Urteil des BFH vom 16. März 2004, VIII R 48/03, BFH/NV 2004, 1218).
Rechtsgrund für die Auszahlung an die Klägerin war im Streitfall der gegenüber der Zedentin … ergangene Bewilligungsbescheid vom 19. Februar 2009, der den abgetretenen Anspruch auf Investitionszulage auswies. Dieser ist nicht aufgehoben worden. Statt dessen machte der Beklagte eine Berechnung zur Grundlage seines Rückforderungsbescheides, die er für die Anmeldung zur Tabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Zedentin … anfertigte. Das ist nach Maßgabe der genannten Rechtsrechungsgrundsätze nicht ausreichend.
Es ist zweifelhaft, ob mit dem Beklagte davon ausgegangen werden kann, dass sich aus der bestandskräftigen Feststellung der Investitionszulagenrückforderung gegenüber dem Insolvenzverwalter ein Wegfall des Rechtsgrundes im Sinne von § 37 Abs. 2 Satz 2 AO ergibt. Zunächst ist zu bedenken, dass in Abtretungsfällen nach Maßgabe von § 37 Abs. 2 Satz 3 AO ein zusätzlicher Rückforderungsanspruch gegen den Zedenten besteht. Die Geltendmachung diesem gegenüber tritt mithin neben das Rückzahlungsbegehren gegen den Zessionar. Alle Maßnahmen im Insolvenzverfahren des Streitfalles sind aber lediglich auf die Verwirklichung von Forderungen gegenüber der Zedentin … gerichtet. Sie betreffen zudem nicht das Festsetzungs-, sondern das Erhebungsverfahren. Es kann dahinstehen, ob sich anderes daraus ergeben könnte, dass im Verfahren über die Feststellung der Insolvenzforderung auch eine materiellrechtliche Würdigung stattfand. Denn es ist darüber hinaus fraglich, ob die Klägerin diese Würdigung im Feststellungsbescheid wie eine Aufhebung der Investitionszulagenbewilligung gegen sich gelten lassen muss, obwohl sie gegenüber der Zedentin … keine solche Wirkung entfaltet. Immerhin handelt es sich bei letzterer um die Inhaberin des Investitionszulagenanspruchs, aus dem der Zahlungsanspruch der Klägerin unmittelbar resultiert (vgl. zur Stellung des Zessionars Urteil des BFH vom 23. März 2005, III R 20/03, BStBl. II 2006, 432 m. w. N.). Die Darlegungen des Beklagtes zur Bindungswirkung des Feststellungsbescheides gegenüber der Zedentin … finden weder in der AO noch in der Insolvenzordnung (InsO) eine Grundlage. Es ist nicht ersichtlich, aufgrund welcher verfahrensrechtlichen Regelung für die Zedentin …, die nicht am Feststellungsverfahren beteiligt war, eine eigene Klagebefugnis gegen den an den Insolvenzverwalter gerichteten Feststellungsbescheid und die an diesen ergangene Einspruchsentscheidung bestanden haben könnte. Auch nach § 183 Abs. 1 InsO wirkt eine rechtskräftige Entscheidung, durch die eine vom Verwalter bestrittene Forderung festgestellt wird, (nur) gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern. Gegenüber dem Schuldner bedarf es nach Maßgabe von §§ 201 Abs. 2 Satz 2, 184 InsO gegebenenfalls eines gesonderten Feststellungsverfahrens. Ohne ein solches, das auch im Streitfall fehlt, kann nach § 201 Abs. 2 Satz 1 InsO (erst) die Eintragung in die Insolvenztabelle einem vollstreckbaren Titel gleichstehen; dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der Schuldner selbst keine Einwendungen gegen die angemeldeten Forderungen erhoben hat. Ob die Zedentin … einen eigenen Widerspruch gegen die angemeldeten Forderungen einlegte oder dies unterließ, lässt sich den vorliegenden Unterlagen nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen. Die am 25. November 2009 ausgefertigte Übersicht des Insolvenzgerichts ist in der ausgedruckten Version offenbar unvollständig; darauf deutet jedenfalls der angefügte handschriftliche Vermerk hin.
Darüber hinaus bestehen nach Auffassung des 5. Senats des BFH (Beschluss vom 13. Juli 2006, V B 70/06, BStBl. II 2007, 415) ernstliche Zweifel daran, dass die Eintragung in die Tabelle eine Änderung einer Steuerfestsetzung bewirken könnte und gegenüber Dritten – etwa einer Zessionarin – Wirkung erlangt. Der Wortlaut des § 178 Abs. 3 InsO beschränke – so der BFH – die rechtskraftähnliche Wirkung der Eintragung auf den Rang und den Betrag der Forderung und treffe keine Aussage darüber, ob die Eintragung wie eine Steuerfestsetzung auch Wirkung gegenüber am Insolvenzverfahren nicht Beteiligten haben könne. Dem gegenüber führt der 7. Senat des BFH aus, die Feststellung zur Insolvenztabelle habe die gleichen Rechtswirkungen wie ein Steuerbescheid, denn das Finanzamt sei nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens daran gehindert, einen Steuerbescheid wirksam zu erlassen (Urteil vom 19. August 2008, VII R 36/07, BStBl. II 2009, 90).
Letztlich ist all dies im Streitfall nicht näher zu prüfen und zu würdigen, denn weder die vom Beklagten angeführte Bestandskraft der Forderungsfeststellung im Verfahren gegen den Insolvenzverwalter noch die Tabelleneintragung des Rückforderungsbetrages lagen rechtzeitig vor.
Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist auch bei Anfechtungsklagen grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung über den angefochtenen Verwaltungsakt – das heißt den Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung – abzustellen. Das folgt aus § 367 Abs. 2 Satz 1 AO, wonach die Finanzbehörde, die über den Einspruch entscheidet, die Sache in vollem Umfang neu zu prüfen hat. Dem entsprechend ist gemäß § 44 FGO Gegenstand der Anfechtungsklage nach einem Vorverfahren der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat (zum Ganzen: Urteil des BFH vom 24. April 2008, IV R 50/06, BStBl. II 2009, 35 m. w. N.; ständige Rechtsprechung). Sowohl der rechtskräftige Abschluss des Feststellungsverfahrens gegenüber dem Insolvenzverwalter als auch die Eintragung des Forderungsbetrages zur Tabelle erfolgten nach Erlass der Einspruchsentscheidung zum streitgegenständlichen Rückforderungsbescheid. Sie sind bereits deshalb für die Beurteilung des Streitfalles ohne Belang.
Da die Klägerin mit ihrem Hauptantrag durchdringt, war über den Hilfsantrag nicht zu entscheiden.
Die Entscheidung konnte durch die Berichterstatterin sowie ohne mündliche Verhandlung ergehen, da die Widerrufserklärung des Beklagten unbeachtlich ist.
Ob der Widerruf einer Einverständniserklärung mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter nach § 79a Abs. 3 und Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) überhaupt zulässig sein kann (dagegen etwa Stöcker in Beermann/Gosch, § 79a FGO Rz 44; Bartone in Kühn/v. Wedelstädt, 19. Aufl., § 79a FGO Rz 4; offen gelassen in BFH-Beschlüssen vom 9. Juli 2003 IX B 34/03, BFHE 202, 408, BStBl II 2003, 858; vom 26. April 2005 VII B 83/04, BFH/NV 2005, 1592; vom 13. November 2008 IX B 119/08, nicht amtlich veröffentlicht), ist nicht zu entscheiden, wenn sich die Prozesslage bei objektiver Betrachtung nachträglich nicht wesentlich geändert hat (ebenso Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 79a Rz 26; Thürmer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 79a FGO Rz 119; Fu in Schwarz, § 79a FGO Rz 23; a. A. wohl Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 79a FGO Rz 20). Denn jedenfalls dann ist ein Widerruf ausgeschlossen. Dies folgt aus der Funktion des § 79a Abs. 3 und 4 FGO, es den Beteiligten zu ermöglichen, im Interesse einer Verfahrensbeschleunigung eine Entscheidung durch ein einzelnes Mitglied des an und für sich zuständigen Senats herbeizuführen (vgl. Thürmer, a.a.O., § 79a FGO Rz 100). In Übereinstimmung mit diesem Zweck und wegen der Notwendigkeit klarer prozessualer Verhältnisse kommt ein jederzeitiger Widerruf ohne wesentliche Veränderung der Prozesslage nicht in Betracht (vgl. zu § 90 Abs. 2 FGO bereits BFH-Urteile vom 5. November 1991 VII R 64/90, BFHE 166, 415, BStBl II 1992, 425; vom 9. Oktober 2000 VII R 34/00, BFH/NV 2001, 462; BFH-Beschluss vom 21. November 2001 III B 66/01, BFH/NV 2002, 517); (vgl. zum Ganzen: Beschluss BFH vom 10. Februar 2011, II S 39/10 m. w. N.). Gleiches gilt anerkanntermaßen für den Verzicht auf mündliche Verhandlung (siehe die Verweise auf die Entscheidungen zu § 90 Abs. 2 FGO im Beschluss des BFH vom 10. Februar 2011).
Im Streitfall hat sich die Prozesslage nicht geändert. Die Rechtsprobleme, die dem Fall innewohnen, bestehen seit Verfahrensbeginn und haben insofern auch dem Einverständnis der Beteiligten mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin sowie ohne mündliche Verhandlung zu Grunde gelegen. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Berichterstatterin von dem Einverständnis der Beteiligten Gebrauch machen und eine Entscheidung erlassen kann, wie dies im Verfahren zum vorläufigen Rechtsschutz geschehen ist. Die Prozesslage als solche verändert sich hierdurch nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren folgt aus § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.