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  • 13.07.2011

    Finanzgericht Sachsen-Anhalt: Urteil vom 10.11.2009 – 4 K 90/06

    1. Auslands-Sprachaufenthalte volljähriger Kinder können nur dann als Berufsausbildung i. S. v. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG anerkannt werden, wenn der Erwerb der Fremdsprachenkenntnisse nicht dem ausbildungswilligen Kind allein überlassen bleibt, sondern Ausbildungsinhalt und Ausbildungsziel von einer fachlich autorisierten Stelle vorgegeben werden. Sind Auslandssprachaufenthalte z. B. im Rahmen von Au-pair-Verhältnissen nicht mit anerkannten Formen der Berufsausbildung verbunden, z. B. mit dem Besuch einer allgemeinbildenden Schule, eines Colleges oder einer ausländischen Universität, können sie regelmäßig nur dann als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn sie von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht im Umfang von mindestens 10 Unterrichtsstunden pro Woche begleitet werden.

    2. Von der volljährigen Tochter im Rahmen eines Au-pair-Aufenthalts in den USA besuchte, nicht vorrangig auf die Sprachausbildung gerichtete Kurse über amerikanische Geschichte, Kultur und Präsidenten genügen grundsätzlich auch dann nicht den Anforderungen an eine hinreichend gründliche theoretisch-systematische Sprachausbildung, wenn zwar in diesen Kursen nur Englisch gesprochen worden ist bzw. alle schriftlichen Arbeiten auf Englisch zu erfolgen hatten, wenn jedoch die Kurse an deutlich weniger als zehn Stunden pro Woche stattgefunden haben und zudem nicht zwingende Zugangsvoraussetzung für das von der Tochter anschließend aufgenommene BWL-Studium waren.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit

    hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt – 4. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 10. November 2009 durch die Richterin am Finanzgericht Gradl als Vorsitzende, den Richter am Finanzgericht Just, den Richter am Finanzgericht Keilig, die ehrenamtliche Richterin … und die ehrenamtliche Richterin …

    für Recht erkannt:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten um Kindergeld für die Tochter des Klägers …, geboren … März 1984. Diese befand sich von August 2003 bis Januar 2005 in einem Au-Pair-Programm in den USA und lebte bei freier Unterkunft und Verpflegung bei einer amerikanischen Gastfamilie. Sie erhielt ein Taschengeld in Höhe von 139 US$ pro Woche.

    Mit Antrag vom 30. März 2005 beantragte der Kläger für seine Tochter Kindergeld. Dem Antrag waren verschiedene in englischer Sprache abgefasste Zertifikate beigefügt:

    US Presidents Course, 3 Credits, vom 11. Dezember 2004

    XAuPair, Teilnahme am EurAupair Programm USA, vom 21. Januar 2005

    Au Pair Programm, 3 Credits, vom 05. Juni 2004

    American history and culture (von Februar bis Dezember 2004), 10 Stunden die Woche, vom 24. Oktober 2004

    XAupair Au Pair Workshop, 3 credits, vom 11. Mai 2004

    XAuPair 21. Juli 2004 – 21. Januar 2005 Au Pair, 3 credits oder 36 Unterrichtsstunden, vom 25. Oktober 2004

    Nachfolgend forderte die Beklagte den Kläger auf, Nachweise vorzulegen. Die Tochter des Klägers wies sodann darauf hin, dass sie nach Rückkehr aus den USA diese Nachweise nicht mehr vorlegen könne bzw. die Zertifikate bereits vorgelegt worden seien.

    Mit Bescheid vom 28. Juni 2005 setzte die Beklagte Kindergeld ab Februar 2005 (nach Rückkehr aus den USA) fest. In dem Bescheid wird ausgeführt, dass über den Anspruch vor Februar 2005 noch nicht entschieden sei. Mit Bescheid vom 29. Juli 2005 lehnte die Beklagte sodann den Antrag für den Zeitraum August 2003 bis Januar 2005 ab und führte aus, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung des Au-Pair-Aufenthaltes als Berufsausbildung nicht erfüllt seien.

    Mit undatiertem und nicht unterschriebenem Schreiben, Eingang bei der Agentur für Arbeit … am 08. September 2005, legte der Kläger „Widerspruch” ein. Er wies darauf hin, dass die Au-Pair-Organisation den Kindergeldanspruch bestätigt habe und bei anderen Kindern Kindergeld gezahlt worden sei.

    Mit Einspruchsbescheid vom 27. Dezember 2005 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Die Einspruchsfrist thematisierte sie nicht. Die Beklagte hielt an ihrer Rechtsauffassung fest und führte aus, dass ein Kurs in amerikanischer Geschichte und Kultur grundsätzlich nicht darauf gerichtet sei, landessprachliche Kenntnisse der Teilnehmer theoretisch-systematisch fundiert zu vertiefen. Der Sprachaufenthalt der Tochter sei nicht mit einem Besuch einer regulären allgemeinbildenden Schule, einem College oder einer Hochschule verbunden gewesen. Auch fehle es an den erforderlichen zehn Wochenstunden theoretisch-systematischen Unterrichts, so dass keine Berufsausbildung i.S.v. § 32 Abs. 4 Nr. 2a Einkommensteuergesetz (EStG) vorliege.

    Am 26. Januar 2006 hat der Kläger Klage erhoben. Er ist der Ansicht, dass seine Tochter während ihres Auslandsaufenthaltes einen Unterricht belegt habe, der mehr als zehn Unterrichtsstunden pro Woche umfasse, wie die vorgelegten Zertifikate beweisen würden.

    So weise die Bescheinigung vom 24. Oktober 2004 aus, dass der Kurs in „Amerikanischer Geschichte und Kultur” von Februar bis Dezember 2004 Lektüre, schriftliche Hausarbeiten, mündliche Klassenpräsentationen und Ausflüge zu historischen Sehenswürdigkeiten beinhalte, das gesamte Programm in Englisch unterrichtet und alle Hausarbeiten in Englisch angefertigt worden seien. Es sei daher nicht auf das Kursthema, sondern auf die Inhalte abzustellen und diese würden auf einen Sprachkurs hinweisen. Die Tochter sei insgesamt mehr als zehn Stunden pro Woche beim Unterricht anwesend gewesen, habe Hausaufgaben vervollständigt und sei zum Campus gependelt (20 Minuten einfache Fahrt). Sie habe auch an Vorlesungen in Form von Klassenunterricht sowie Vorträge in englischer Sprache in Form von Referaten vor der Klasse gehalten. Die Vor- und Nachbereitung des Kurses habe durchschnittlich vier Stunden pro Woche gedauert, zweiwöchentlich seien mündliche Vorträge von einer halben Stunde über verschiedene Themen gehalten worden. Zusätzlich seien mindestens einmal im Monat mehrseitige Aufsätze angefertigt worden, für deren Vorbereitung eine intensive Literaturrecherche erforderlich gewesen sei. Für diesen Kurs seien ihr sechs „credit-points” gutgeschrieben worden.

    Das gleiche gelte für den Kurs „US Presidents”.

    Auch habe die Tochter einen weitergehenden Sprachkurs belegt und „credit-points” erworben. Sie habe vom 20. Januar 2004 bis 11. Mai 2004 an einem Kurs „Advanced English, intensive writing” teilgenommen, für die ihr 3 „credit-points” gutgeschrieben worden seien.

    Ein credit-point sei nach dem ECTS Standard und nach der Kultusministerkonferenz mit 30 Arbeitsstunden anzusetzen.

    Weiter weist der Kläger auf die Studienordnung für den Studiengang Betriebswirtschaftslehre der …-Universität … hin, nach der unter § 3 als „besonders wünschenswerte Qualifikation” die Beherrschung von wenigstens zwei lebenden Fremdsprachen in Wort und Schrift ausdrücklich empfohlen sei. In diesen Studiengang sei die Tochter zwischenzeitlich eingeschrieben.

    Soweit Werbungskosten Berücksichtigung finden müssten, weist der Kläger darauf hin, dass Flugkosten in Höhe von ca. 700 EUR angefallen seien und die Tochter während der Kurse „American history” und „US President” alle zwei Wochen zum Campus gefahren sei mit einer einfachen Strecke von 29 km (wobei der Campus wöchentlich aufgesucht worden sei und man Fahrgemeinschaften gebildet habe) sowie für Fahrten zum Kurs „Advanced Englisch” wöchentliche Fahrten mit 16 km in Ansatz zu bringen seien.

    Auch meint der Kläger, dass es treuwidrig von der Beklagten sei, nunmehr weitere Nachweise zu fordern, da bei einer ersten Ablehnung des Kindergeldes (vor dem Aufenthalt) für den Au-Pair-Aufenthalt nicht auf die besondere Nachweispflicht hingewiesen worden sei.

    Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung führte der Kläger schriftsätzlich noch aus, dass der Einspruch nicht verfristet erhoben worden sei, Voraussetzung für die Teilnahme an einem Au-Pair-Programm gute Fremdsprachenkenntnisse seien, die Sprachkurse nach den Kenntnissen der Teilnehmer ausgewählt würden und die anschauliche Vermittlung der Sprache an verschiedenen Themenkomplexen der Sprachausbildung dienen würden. Der Kurs „Advanced Englisch” habe grammatikalische Grundlagen und der Kurs „American History and Culture” habe dem richtigen Gebrauch der Sprache in Wort und Schrift gedient. Es habe sich um ausgewählte Kurse für die Sprachausbildung im Rahmen des Au-Pair-Programms gehandelt, die von der „Language Exange International” durchgeführt worden seien, so dass in einer Gesamtschau von einem theoretisch-systematischem Unterricht ausgegangen werden könne. Soweit die Stundenzahl von zehn Wochenstunden thematisiert werde, handele es sich lediglich um einen Richtwert, der – wenn zusätzliche fremdsprachenfördernde Aktivitäten wie Teilnahme an Vorlesungen oder Halten von Referaten und Vorträgen erfolgen würden – auch unterschritten werden könne. Auch außerschulische Aktivitäten seien daher nach Ansicht des Klägers zu berücksichtigen. Hierbei sei auch zu beachten, dass die Tochter Pflichten bei der Betreuung der Kinder der Gastfamilie zu erfüllen hatte und die Gastfamilie für die Sprachkurse ein Budget von 500 Dollar aufgebracht habe.

    Der Kläger beantragt,

    den Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Dezember 2005 aufzuheben und dem Kläger Kindergeld für die Tochter … für den Zeitraum August 2003 bis Januar 2005 zu gewähren.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte hält an ihrer Rechtsauffassung fest und weist zusätzlich darauf hin, dass auch nach der Studienordnung der Universität für den Studiengang Betriebswirtschaftslehre ein Sprachaufenthalt im Ausland weder vorgeschrieben noch empfohlen sei.

    Dem Senat hat ein Band Kindergeldakte der Beklagten vorgelegen.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet. Zu Recht hat die Beklagte den Antrag auf Kindergeld für den Streitzeitraum August 2003 bis Januar 2005 abgelehnt. Der Kläger hat in diesem Zeitraum für seine Tochter … keinen Anspruch auf Kindergeld.

    Der Senat lässt dahingestellt, ob die Einspruchsfrist nach § 355 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) eingehalten wurde, da bereits ein materieller Anspruch auf Kindergeld nicht besteht.

    Ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, wird gemäß § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG beim Kindergeld berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. Andere (mögliche) Anspruchsvoraussetzungen sind im Streitfall nicht ersichtlich.

    Das Tatbestandsmerkmal „für einen Beruf ausgebildet” wird vom Gesetz nicht näher umschrieben. Durch die Verweisung in § 63 Abs. 1 Satz 2 EStG auf § 32 Abs. 4 EStG hat der Gesetzgeber aber klargestellt, dass der steuerrechtliche Begriff der Berufsausbildung auch im Kindergeldrecht anzuwenden und somit eine einheitliche steuerrechtliche Auslegung geboten ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu § 32 EStG ist unter Berufsausbildung die Ausbildung zu einem künftigen Beruf zu verstehen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11. Oktober 1984 VI R 69/83, BFHE 142, 140, BStBl. II 1985, 91). In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 23. April 1997 VI R 135/95, BFH/NV 1997, 655, m.w.N.). Der Vorbereitung auf ein Berufsziel dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind.

    Zur Berufsausbildung gehört auch der Erwerb von Sprachfertigkeiten (vgl. BVerfG-Beschluss in BStBl. II 1999, 182, 191). Der erforderliche Bezug zu einem Beruf ist bei einer planmäßigen Sprachausbildung in aller Regel zu bejahen. Fremdsprachenkurse im Ausland sowie der Besuch von allgemeinbildenden Schulen im Ausland sind im Rahmen von Austauschprogrammen als Schulausbildung und damit auch als Berufsausbildung i.S. des § 32 EStG anerkannt. Nichts anderes gilt für die Vervollkommnung bzw. Erweiterung fremdsprachlicher Kenntnisse im nachschulischen Bereich. Nach der Lebenserfahrung ist auch davon auszugehen, dass gute Fremdsprachenkenntnisse eine bessere Ausgangsposition sowohl für den Erwerb eines Ausbildungsplatzes, als auch für das spätere berufliche Fortkommen schaffen (vgl. BFH-Urteil vom 15. Januar 1960 VI 310/58 U, BFHE 70, 316, BStBl. III 1960, 118).

    Dem Tatbestandsmerkmal „für einen Beruf ausgebildet wird” ist allerdings zu entnehmen, dass das Gesetz nicht jeden Auslandsaufenthalt als Berufsausbildung anerkennt, auch wenn sich dadurch die Kenntnisse der jeweiligen Landessprache verbessern. Sprachaufenthalte im Ausland können vielmehr nur dann als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn der Erwerb der Fremdsprachenkenntnisse nicht dem ausbildungswilligen Kind allein überlassen bleibt, sondern Ausbildungsinhalt und Ausbildungsziel von einer fachlich autorisierten Stelle vorgegeben werden.

    Eine Ausbildung in diesem Sinne ist ohne weiteres dann anzunehmen, wenn der Sprachaufenthalt mit anerkannten Formen der Berufsausbildung verbunden wird, z.B. mit dem Besuch einer allgemeinbildenden Schule, eines Colleges oder einer ausländischen Universität. Hieran fehlt es im Streitfall.

    Darüber hinaus können Auslandssprachaufenthalte z.B. im Rahmen eines Au-Pair-Verhältnisses regelmäßig nur dann als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn sie von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet werden. Der erforderliche Umfang der Ausbildung richtet sich dabei nach den Gesamtumständen des Einzelfalles. Ist beispielsweise der Sprachaufenthalt im Ausland in einer Ausbildungs-/Studienordnung vorgeschrieben oder empfohlen, so ist er in der Regel anzuerkennen. Ist der Auslandsaufenthalt dagegen nicht vorgeschrieben oder empfohlen, kann ein begleitender Sprachunterricht von wöchentlich zehn Unterrichtsstunden grundsätzlich als ausreichend angesehen werden, da die Zeit der Vor- und Nachbereitung sowie die praktische Anwendung der Fremdsprache außerhalb des Unterrichts in die Gesamtbetrachtung mit einbezogen werden müssen. Zehn Unterrichtsstunden je Woche können jedoch nur einen Anhaltspunkt für die Intensität der Sprachausbildung geben. So kann Einzelunterricht wegen der umfänglicheren Vor- und Nacharbeit möglicherweise auch dann als ausreichende Ausbildung angesehen werden, wenn er eine geringere Unterrichtsstundenzahl umfasst. Desgleichen kann die Teilnahme an einem Sprachkurs mit einer geringeren Unterrichtsstundenzahl anerkannt werden, wenn er der üblichen Vorbereitung auf einen anerkannten Prüfungsabschluss dient und das Kind den Prüfungsabschluss anstrebt, oder wenn neben dem Sprachunterricht zusätzliche fremdsprachenfördernde Aktivitäten unternommen werden, z.B. die Teilnahme an Vorlesungen oder das Halten von Vorträgen in der Fremdsprache. Feste Vorgaben lassen sich für die Auslegung der Vorschrift des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG nicht aufstellen. Vielmehr sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalls abzuwägen und in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen (vgl. BFH-Urteil vom 09. Juni 1999 – VI R 33/98, BFHE 189, 88, BStBl. II 1999, 701).

    Der Kläger hat keinen (ausreichenden) Nachweis erbracht, dass seine Tochter während ihres Au-Pair-Programms die kindergeldrechtlichen Voraussetzungen für den Bezug von Kindergeld erfüllt hat. Nach Auffassung des hier erkennenden Senats reichen die vorlegten Zertifikate nicht aus, einen theoretisch-systematischen Unterricht mit zehn Stunden die Woche zu belegen bzw. sind auch die anderen möglichen Anspruchsvarianten nicht erfüllt, so dass nicht von einem Kind in Ausbildung i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG ausgegangen werden kann.

    Für den Zeitraum August bis Dezember 2003 und Januar 2005 hat der Kläger überhaupt keine Nachweise für irgendeine Art von Unterricht oder Ausbildung vorgelegt und ist daher auch kein Anspruch auf Kindergeld ersichtlich. Der Aufenthalt in den USA im Rahmen eines Au-Pair-Programms ohne ergänzende Unterrichte ist keine Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG.

    Für den Zeitraum Januar bis Dezember 2004 hat nach Überzeugung des Senats der Kläger ebenfalls nicht nachgewiesen, dass seine Tochter einen theoretisch-systematischen Unterricht absolviert hat.

    Die vorgelegte Bescheinigung für den Kurs „American history and culture” datiert vom 24. Oktober 2004 und weist nur darauf hin, dass die Tochter für den Zeitraum Februar bis Dezember 2004 in dem Programm eingeschrieben war. Ob sie es auch dauerhaft und regelmäßig besucht hat (und weiter bis Dezember 2004 teilgenommen hat), ist nicht nachgewiesen. Der Kläger gab insoweit an, dass die Ausbildungsstätte im Nachgang nicht bereit gewesen sei, eine entsprechende Bescheinigung auszustellen. Dies geht jedoch zu seinen Lasten. Insoweit weist der Senat darauf hin, dass der Kläger bereits vor dem USA-Aufenthalt Kindergeld für das Au-Pair-Programm beantragt hatte und ihm damals von der Beklagten mit Schreiben vom 30. Juli 2003 umfassend mitgeteilt worden war, welche Nachweise und Belege er für die Anerkennung des Aufenthalt als Berufsausbildung vorlegen müsse. Er kann sich daher nunmehr nicht darauf berufen, die Nachweise nicht mehr bringen zu können. Insoweit verhält sich die Beklagte auch nicht treuwidrig, wenn sie entsprechende Nachweise nunmehr vom Kläger einfordert.

    Selbst wenn die Tochter den Kursus die ganze Zeit belegt haben sollte – wovon der Senat im Übrigen ausgeht –, erfüllt ein Kursus über amerikanische Geschichte und Kultur grundsätzlich nicht die Anforderungen an eine hinreichend gründliche theoretisch-systematische Sprachausbildung, auch wenn in diesem Kurs nur Englisch gesprochen worden sein soll bzw. alle schriftlichen Arbeiten auf Englisch zu erfolgen hatten. Im Urteil vom 19.02.02 – VIII R 83/00, BStBl. II 2002, 469, hat sich der BFH dagegen ausgesprochen, einen Geschichtskurs im Ausland grundsätzlich anzuerkennen, da dieser nicht – jedenfalls nicht im Schwerpunkt – darauf gerichtet sei, die landessprachlichen Kenntnisse der Teilnehmer systematisch und theoretisch fundiert zu vertiefen. Dem folgt der hier erkennende Senat.

    Der Kläger hat zur Überzeugung des Senats nicht dargestellt und bewiesen, dass Inhalt dieses Kurses vorrangig und mit Schwerpunkt die Sprachausbildung war, obwohl bereits im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 19. August 2008 das Gericht den Kläger auf diese Problematik aufmerksam gemacht hatte. Hierbei berücksichtigt der Senat auch die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 19. November 2009. Es ist selbstverständlich, dass, bevor ein Au-Pair-Aufenthalt begonnen wird, grundlegende Sprachkenntnisse vorhanden sein müssen und diese ggf. im Vorfeld getestet werden. Weiter ist selbstverständlich, dass alle im Ausland belegten Kurse durch Anwendung der einheimischen Sprache auch der Sprachausbildung bzw. Vertiefung der vorhandenen Sprachkenntnisse dienen. Gleichwohl erfordert die Anerkennung von ausländischen Kursen als Sprachausbildung im Rahmen einer Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG, dass es sich um einen theoretisch-systematischen Unterricht gerade mit einem Schwerpunkt in der Sprachausbildung handelt. Soweit die Tochter des Klägers den Kurs „Advanced English, intensive writing” belegt hat, erfüllt bereits der Inhalt des Kurses die Anforderungen. Die Beschäftigung mit der amerikanischen Geschichte und Kultur – auch wenn sie in englischer Sprache erfolgt – ist demgegenüber nur mittelbar eine Sprachausbildung, die den Schwerpunkt gerade nicht auf der Sprachausbildung legt.

    Soweit die Tochter den Kurs „US Presidents” belegt hat, gibt es keine Einzelangaben zum Zeitpunkt, zur Dauer und zu den Inhalten dieses Kurses. Auch insoweit ist der Senat der Auffassung, dass die Beschäftigung mit amerikanischen Präsidenten nicht im Schwerpunkt der fundierten Sprachausbildung dient. Des weiteren geht der Senat davon aus, dass die Bescheinigung vom 24. Oktober 2004 zu „american history and culture” auch den Kurs „US Presidents” umfasst, da insgesamt sechs credits vergeben worden sind. Hierfür spricht auch die Stellungnahme bzw. Übersetzung der Tochter (Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 28. August 2006), nach der sie von Februar 2004 bis Dezember 2004 „2 Kurse je 3 credits” (unter dem Titel „American history and culture” bei der Language Exchange International) belegt hat.

    Der weitergehende Sprachkurs im Zeitraum 20. Januar 2004 bis 11. Mai 2004 („advanced englisch, intensive writing”) belegt zwar, dass die Tochter Sprachunterricht hatte und drei credit-points erzielt hat, doch handelt es sich ausweislich der Bestätigung der eurAuPair vom 25. Oktober 2004 (Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 29. Mai 2007) um lediglich 36 Unterrichtsstunden im gesamten Zeitraum. Wie sich diese auf die einzelnen Monate des Sprachkurses verteilt haben, hat der Kläger nicht im Detail dargestellt. Bei einer Zeitdauer von 15 – 16 Wochen ergibt sich lediglich ein Sprachunterricht von durchschnittlich wöchentlich 2,25 – 2,4 Stunden. Dies ist – auch im Zusammenhang mit den anderen Aktivitäten der Tochter des Klägers – nicht ausreichend.

    Das Zertifikat von XAupair Au Pair Workshop vom 05. November 2004 (Bl. 91 der Kindergeldakte) bescheinigt keine sprachliche Ausbildung, sondern bestätigt einen Unterricht von mindestens acht Stunden hinsichtlich Sicherheitsmaßnahmen für Kinder, mindestens vier Stunden bezüglich Kleinkinder und 24 Stunden über die Entwicklung der Kinder. Es handelt sich demnach nur um eine Grundschulung für die Betreuung der Kinder der Gastfamilie, die nicht in die sonstigen – ggf. ausbildungsrelevanten – Schulungen einbezogen werden kann. Es gibt insoweit auch keinen Zusammenhang mit der angestrebten weiteren beruflichen Laufbahn der Tochter des Klägers, da diese nach dem Au-Pair-Aufenthalt anschließend Betriebswirtschaft studiert hat. Der Kursus diente damit vorrangig der Allgemeinbildung.

    Eine Anerkennung der durchgeführten Kurse als Vorbereitung auf eine nachfolgende Prüfung oder Zertifizierung eines anerkannten Prüfungsabschlusses oder dem Bestehen eines vorgeschriebenen Fremdsprachentestes kommt nicht in Betracht. Aus dem klägerischen Vortrag ergibt sich nicht, dass die Tochter des Klägers entsprechende Prüfungen oder Tests angestrebt oder abgelegt hat.

    Es kommt auch keine Anerkennung der absolvierten Kurse wegen entsprechender Anforderungen in der Studienordnung des nachfolgend belegten Diplomstudienganges Betriebswirtschaftslehre der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der …-Universität … in Betracht. Unzweifelhaft sind englische Sprachkenntnisse für ein betriebswirtschaftliches Studium sinnvoll und mittlerweile als grundsätzlich vorhanden anzusehen. Dies sieht auch die Studienordnung so, die unter § 3 „Besondere wünschenswerte Qualifikationen” benennt. Danach setzt der erfolgreiche Abschluss des Studiums der Betriebswirtschaftslehre fundierte Kenntnisse u.a. in Englisch voraus. Unzureichende Kenntnisse können durch Brückenkurse ausgeglichen werden. Voraussetzung für die Aufnahme des Studiums sind (nachgewiesene oder geprüfte) Sprachkenntnisse dagegen nicht. Die Studienordnung thematisiert auch nicht, wie diese Kenntnisse überprüft werden. Soweit in § 3 Abs. 3 der Studienordnung vermerkt ist, dass die Beherrschung wenigstens zweier lebender Fremdsprachen in Wort und Schrift besonders förderlich ist, bezieht sich dies „für den beruflichen Erfolg nach einem Studium”. Auch insoweit ist eine Pflicht oder eine Empfehlung (vgl. BFH Urteil vom 09.06.1999 – VI R 33/98, BStBl. II 1999, 701) – z.B. für einen Sprachaufenthalt – nicht statuiert. Eine Empfehlung geht nach § 5 Abs. 4 der Studienordnung lediglich dahin, dass den Studierenden empfohlen wird, zu Beginn des Hauptstudiums bis zu zwei Semester an einer ausländischen Hochschule zu studieren – von anderen (zwingenden) Auslandsaufenthalten ist nicht die Rede.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.