Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 14.07.2011

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 07.01.2011 – 3 K 60/10

    Gehen mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen einer grundbesitzenden Personengesellschaft auf neue Gesellschafter über, ist der Tatbestand des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG auch dann erfüllt, wenn ein Gesellschafter seinen Anteil von 50 % an seinen Ehegatten veräußert hat. Art. 6 Abs. 1 GG gebietet insoweit keine einschränkende Auslegung.

    Das gilt auch dann, wenn der erwerbende Ehegatte den Anteil fortan treuhänderisch für den veräußernden Ehegatten hält.

    Die Grunderwerbsteuer ist allerdings gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 3 Nr. 4 GrEStG in Höhe von 50 % nicht zu erheben.


    Tatbestand

    A.

    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen an der Klägerin in Bezug auf deren Grundstücke einen grunderwerbsteuerbaren Vorgang darstellte und ob dieser Vorgang ggf. insoweit steuerfrei ist, als ein Gesellschafter seinen Anteil an seine Ehefrau veräußerte.

    I.

    Die Klägerin wurde am ... 2004 gegründet. Persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin ist die Grundstücksgesellschaft A mbH (vgl. Handelsregisterauszug, Finanzgerichtsakten -FGA- vor Bl. 1), die am Gesellschaftsvermögen nicht beteiligt ist. Mit einer Kommanditeinlage von je Euro 25.000,00 beteiligt waren bei Gründung die Kommanditisten B und C. Letzterer ist auch Geschäftsführer der Komplementär-GmbH.

    Die Klägerin erwarb durch Auflassung vom 20. August 2004 die Grundstücke X-Straße 1 (Grundbuch von D Bl. ..., Feststellungs-Grunderwerbsteuerakten -FestA- Bl. 13 ff.), X-Straße 3 (Grundbuch von D Bl. ..., FestA Bl. 27 ff.) und Y-Straße (Grundbuch von D Blatt ..., FestA Bl. 39 ff.). Der Eigentumsübergang wurde jeweils am ... Juli 2005 im Grundbuch eingetragen.

    II.

    Herr B trat seinen Kommanditanteil mit Wirkung zum ... Oktober 2005 an Frau E, die Ehefrau des Herrn C, ab (vgl. Handelsregisteranmeldung vom ... 2005, FestA Bl. 2 f.). Die Abtretung wurde am ... 2005 in das Handelsregister eingetragen.

    Am ... März 2006 trat Herr C seinen Kommanditanteil ebenfalls an Frau E ab (Handelsregisteranmeldung vom ... 2006, FestA Bl. 4). Diese Abtretung wurde am ... 2006 in das Handelsregister eingetragen.

    III.

    Auf die mit Schreiben vom 20. Juli 2006 geäußerte Bitte des Beklagten um diverse Auskünfte zur Prüfung der Frage, ob ein grunderwerbsteuerlicher Vorgang verwirklicht worden sei, reichte die Klägerin mit Schreiben vom 31. Juli 2006 einen auf den 27. März 2006 datierten, zwischen den Eheleuten C/E geschlossenen Treuhandvertrag ein (FestA Bl. 11 ff.). Hierin war vereinbart, dass Frau E den von Herrn C übernommenen Gesellschaftsanteil treuhänderisch für Herrn C halten und die Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsverhältnis im Innenverhältnis im Auftrag, für Rechnung und entsprechend den Weisungen des Herrn C wahrnehmen solle. Auf den weiteren Vertragsinhalt wird Bezug genommen.

    Der Beklagte erließ am 03. Januar 2007 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einen Feststellungsbescheid gemäß § 17 Abs. 3a Grunderwerbsteuergesetz (-GrEStG-; FestA Bl. 64 f.). Hierin stellte er fest, dass durch die Veräußerung des Kommanditanteils am ... März 2006 ein vollständiger Gesellschafterwechsel stattgefunden habe und somit der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG verwirklicht worden sei. Das zuständige Finanzamt D habe der Besteuerung für jedes der drei Grundstücke der Klägerin den Wert gemäß § 138 BewG zu Grunde zu legen. Gemäß § 6 i. V. m. § 3 Nr. 4 GrEStG sei die Grunderwerbsteuer allerdings in Höhe von 50 % nicht zu erheben, da Frau E die Ehefrau des Veräußerers sei.

    Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 1. Februar 2007 (FestA Bl. 73) Einspruch ein, den der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 30. März 2007 mangels Begründung als unbegründet zurückwies.

    Am 09. Februar 2009 erließ der Beklagte einen geänderten Feststellungsbescheid (FestA Bl. 103 f.) und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. In diesem Bescheid ging der Beklagte davon aus, dass die Grunderwerbsteuer in voller Höhe zu erheben sei.

    Die Klägerin legte gegen den Änderungsbescheid mit Schreiben vom 09. März 2009 (FestA Bl. 106) Einspruch ein. Der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG sei nicht erfüllt, da der Veräußerer, Herr C, aufgrund des Treuhandverhältnisses nach wie vor an der Gesellschaft beteiligt sei. Darüber hinaus entbehre die Verböserung einer Rechtsgrundlage.

    Der Beklagte wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 22. März 2010 als unbegründet zurück. Durch die Übertragung der Kommanditbeteiligungen auf Frau E seien innerhalb von fünf Jahren 100 % der Gesellschaftsanteile an der Klägerin übertragen und damit der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG verwirklicht worden. Dabei sei allein auf die zivilrechtliche Gesellschafterstellung des Erwerbers abzustellen; auf das Treuhandverhältnis zwischen den Eheleuten C/E komme es insoweit nicht an.

    Eine Steuerbefreiung in Höhe von 50 % gemäß § 6 i. V. m. § 3 Nr. 4 GrEStG wegen des Eheverhältnisses komme nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 23. Oktober 1974 II R 87/73) nicht in Betracht. Frau E sei als Treuhänderin zwar dinglich an der Gesellschaft beteiligt, aber nicht an deren Vermögen.

    IV.

    Die Klägerin hat am 22. April 2010 Klage erhoben. Sie trägt vor, dass der Erwerb der streitgegenständlichen Grundstücke zur Realisierung eines durch eine Schwestergesellschaft durchgeführten Projektes, der Errichtung eines ... auf einem Nachbargrundstück, erforderlich gewesen sei. Die Gesellschaftsanteile seien auf Frau E übertragen worden, um die Finanzierung des Erwerbs sicherzustellen. Herr B und Herr C hätten das ihnen nach den Richtlinien der finanzierenden Bank zustehende Kreditvolumen bereits durch andere Grundstücksentwicklungsprojekte ausgeschöpft.

    Durch die Übertragung der Gesellschaftsanteile sei der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG nicht verwirklicht worden.

    Die Auffassung des BFH, bei einem Treuhandverhältnis an einem Gesellschaftsanteil sei der Treuhänder bürgerlich-rechtlich Gesellschafter, finde im Zivilrecht tatsächlich keine Stütze. So sei bei einer fremdnützigen Verwaltungstreuhand, wie sie im Streitfall vorliege, zivilrechtlich anerkannt, dass das Treugut in der Insolvenz des Treuhänders und in der Zwangsvollstreckung in sein Vermögen wirtschaftlich dem Treugeber zuzurechnen sei.

    Zudem erkenne der BFH im Rahmen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG an, dass der Treugeber mittelbar über den Treuhänder an dem Gesellschaftsanteil beteiligt sei. Dies müsse aus systematischen Gründen ebenso im Rahmen des § 1 Abs. 2a GrEStG gelten.

    Die von der Abgabenordnung abweichende grunderwerbsteuerliche Zurechnung des Gesellschaftsanteils beim Treuhänder sei jedenfalls bei Ehegatten verfehlt. Im Hinblick auf Art. 6 Grundgesetz (GG) sei eine Interpolation von Befreiungsvorschriften vorzunehmen. Übertragungsvorgänge zwischen Ehegatten sollten nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich steuerfrei sein. Die Treuhänderschaft zwischen Ehegatten dürfe daher keine Steuerpflicht nach § 1 Abs. 2a GrEStG auslösen. Da die Eheleute C/E nach wie vor zu 50 % an der Klägerin beteiligt seien, seien nicht mehr als 95 % der Anteile übertragen worden.

    Die Verböserung hin zu einer vollen Steuerpflicht sei rechtswidrig. Für eine Steuerbefreiung nach § 6 GrEStG komme es auf die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen an, die die höchstrichterliche Rechtsprechung einem Treugeber abspreche. Der Beklagte spreche aber auch dem Treuhänder die vermögensmäßige Beteiligung ab und gelange so zu dem sinnwidrigen Ergebnis, dass bei einem Treuhandverhältnis zwischen Ehegatten keiner am Gesellschaftsvermögen beteiligt und die Befreiung des § 3 Nr. 4 GrEStG nicht zu gewähren sei.

    Die Klägerin beantragt,

    die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer vom 03. Januar 2007 sowie - verbösert - vom 09. Februar 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. März 2010 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte nimmt zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung vom 22. März 2010 Bezug.

    V.

    Auf das Sitzungsprotokoll des Erörterungstermins vom 16. Dezember 2010 (FGA Bl. 37 ff.) wird Bezug genommen.

    Der Senat hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 8. November 2010 (FGA Bl. 36) auf die Einzelrichterin übertragen.

    Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

    Dem Gericht hat ein Band Feststellungs-Grunderwerbsteuerakten (St.-Nr. .../.../...) vorgelegen.

    Gründe

    B.

    Die Klage ist zulässig und zum Teil begründet.

    I.

    Die Klägerin konnte die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vollen Umfangs anfechten und musste die Anfechtung nicht auf den Umfang der Änderung im Änderungsbescheid vom 09. Februar 2009 beschränken, obwohl der ursprüngliche Bescheid vom 03. Januar 2007 durch die von der Klägerin nicht angefochtene Einspruchsentscheidung vom 30. März 2007 formell bestandskräftig wurde (s. oben A.II.2. und 3.).

    Nach § 42 Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 351 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) kann ein Verwaltungsakt, der einen unanfechtbaren Verwaltungsakt ändert, nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reicht, es sei denn, dass sich aus den Änderungsvorschriften etwas anderes ergibt. Diese Regelungen stehen indes weder der Zulässigkeit noch der Begründetheit eines auf die vollständige Anfechtung des Änderungsbescheides gerichteten Klagebegehrens entgegen, wenn der geänderte Bescheid - wie hier - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen (§ 164 AO) und deshalb einer materiellen Bestandskraft nicht fähig war (BFH-Beschluss vom 11. März 1999 V B 24/99, BFHE 188, 128, BStBl II 1999, 335).

    In einem derartigen Fall bewirkt § 42 FGO i. V. m. § 351 Abs. 1 letzter Halbsatz AO eine Vereinfachung in der Weise, dass der Steuerpflichtige nicht den Änderungsbescheid anfechten muss, soweit es um den neuen Regelungsgehalt geht, und einen Änderungsantrag im Verpflichtungswege verfolgen muss, soweit es um den Regelungsgehalt des ursprünglichen Verwaltungsaktes geht (von Beckerath in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 42 FGO Rz. 41), sondern, wie hier geschehen, einen umfassenden Anfechtungsantrag stellen kann.

    Das Gericht legt den Aufhebungsantrag der Klägerin so aus, dass hierin als Minus der Antrag auf Änderung des angefochtenen Bescheides dahingehend enthalten ist, dass der Besteuerungswert auf 50 % des Wertes gemäß § 138 BewG festgestellt wird.

    II.

    Der angefochtene Bescheid ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), als hierin der Wert gemäß § 138 BewG voll und nicht nur zur Hälfte als der Besteuerung zugrunde zu legen festgestellt wird.

    Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig (1.). In materieller Hinsicht ist der streitgegenständliche Vorgang zwar gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG grunderwerbsteuerbar (2.), jedoch ist die Steuer in Höhe von 50 % nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 3 Nr. 4 GrEStG nicht zu erheben (3.).

    Nach § 17 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG werden die Besteuerungsgrundlagen in den Fällen des § 1 Abs. 2a GrEStG durch das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der Gesellschaft befindet, gesondert festgestellt, wenn ein außerhalb des Bezirks dieses Finanzamtes liegendes Grundstück betroffen wird.

    Die festzustellenden Besteuerungsgrundlagen sind die Steuerpflicht dem Grunde nach, etwaige Steuerbefreiungen nach §§ 3 und 4 GrEStG bzw. etwaige Nichterhebungen nach §§ 5 bis 7 GrEStG, die Steuerschuldner und das zur Steuerfestsetzung berufene Finanzamt (Pahlke in Pahlke/Franz, GrEStG, 3. Aufl., § 17 Rz. 14).

    Die Geschäftsleitung der Klägerin befindet sich unstreitig in Hamburg und damit im Zuständigkeitsbereich des Beklagten, während die betroffenen Grundstücke in D liegen. Der Beklagte stellte in dem angefochtenen Bescheid die Steuerpflicht der Anteilsübertragungen nach § 1 Abs. 2a GrEStG fest, die Steuerschuldnerschaft der Klägerin (vgl. § 13 Nr. 6 GrEStG), der Höhe nach die Besteuerung zu 100 % und das Finanzamt D als für die Steuerfestsetzung zuständiges Finanzamt.

    Bei der Veräußerung der Gesellschaftsanteile an der Klägerin handelt es sich um einen grunderwerbsteuerbaren Vorgang gemäß § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG. Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 vom Hundert der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, so gilt dies nach der genannten Vorschrift als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Als Ausnahme vom Grundsatz der Nichtsteuerbarkeit des Wechsels im Personenstand einer Gesamthand fingiert das Gesetz einen Rechtsträgerwechsel auf eine neue Gesellschaft, wenn mehr als 95 % der Gesellschaftsanteile veräußert werden.

    a. Zum Vermögen der Klägerin gehörten zur Zeit der beiden Gesellschaftsanteilsübertragungen die drei inländischen Grundstücke X-Straße 1 und 3 und Y-Straße in D.

    b. Die Übertragungsakte fanden am 15. Oktober 2005 und am 29. März 2006 und damit innerhalb von fünf Jahren statt.

    c. Da die persönlich haftende Gesellschafterin am Vermögen der Klägerin nicht beteiligt war, gingen durch die Veräußerung beider Kommanditanteile an der Klägerin an Frau E mehr als 95 %, nämlich sogar 100 %, der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf eine neue Gesellschafterin über.

    Weder das Treuhandverhältnis (aa.) noch das Ehegattenverhältnis zwischen Herrn C und Frau E (bb.) führt zu einem anderen Ergebnis.

    aa. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass Herr C als Treugeber auch nach der Anteilsveräußerung mittelbar am Gesellschaftsvermögen beteiligt geblieben und daher nur 50 % der Anteile übergegangen wären.

    Dabei kann offen bleiben, ob das Treuhandverhältnis den steuerrechtlichen Anforderungen an Abschluss und Durchführung des Treuhandvertrages entspricht. Denn grunderwerbsteuerlich kommt es allein darauf an, wer bürgerlich-rechtlich und handelsrechtlich Gesellschafter und als solcher am Gesellschaftsvermögen beteiligt ist (BFH-Beschluss vom 28. September 2004 II B 162/03, BFH/NV 2005, 72). Wenn der Tatbestand des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG auch eine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes erfasst, so sollen durch diese Formulierung über die unmittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes hinaus weitere Fallgestaltungen erfasst werden. Sie bewirkt hingegen nicht, dass eine unmittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes dann nicht als tatbestandsmäßig anzusehen wäre, wenn die Altgesellschafter als Treugeber weiterhin an der Gesellschaft beteiligt bleiben (BFH-Beschluss vom 17. März 2006 II B 157/05, BFH/NV 2006, 1341).

    Die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung des BFH zu § 1 Abs. 3 GrEStG kann insoweit nicht herangezogen werden. Der BFH hat bei der Frage, ob alle Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft in einer Hand vereinigt werden, die durch einen Treuhänder gehaltenen Anteile zwar beim Treugeber berücksichtigt und dieses Ergebnis mit der auf dem Weisungsrecht und dem Herausgabeanspruch beruhenden Sachherrschaft des Treugebers über das Gesellschaftsgrundstück begründet (BFH-Urteil vom 16. Juli 1997 II R 8/95, BFH/NV 1998, 81). Das Urteil bezieht sich jedoch auf die Anteile an einer Kapitalgesellschaft; die hier dargelegten Grundsätze können auf die Beteiligung an einer Personengesellschaft nicht übertragen werden. Anders als bei einer Kapitalgesellschaft wird die Gesellschafterstellung bei einer Personengesellschaft nicht über ein Vermögensrecht (eine Aktie oder einen Anteil) vermittelt, sondern ist an die Person des Gesellschafters geknüpft. Nur der Gesellschafter selbst, und sei er lediglich Treuhänder, ist am Gesellschaftsvermögen und damit am Gesellschaftsgrundstück beteiligt (Fischer in Boruttau, GrEStG, 16. Aufl., § 1 Rz. 943).

    Ebenso wenig kann die Klägerin geltend machen, der Treugeber sei zivilrechtlich als Gesellschafter anzusehen, weil seine Rechte am Treugut in der Insolvenz des Treuhänders und bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ihm gegenüber geschützt sind. Das Aussonderungsrecht des Treugebers in der Insolvenz und die Möglichkeit der Drittwiderspruchsklage in der Zwangsvollstreckung begründen nicht die Gesellschafterstellung des Treugebers. Es ist gerade das Wesen einer Treuhand, das der Treuhänder im Außenverhältnis Vollrechtsinhaber ist. Bei einer Treuhand an einem Personengesellschaftsanteil ist daher allein der Treuhänder Inhaber aller gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten und der dinglichen Mitberechtigung am Gesamthandseigentum (Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 1829).

    bb. Das Ehegattenverhältnis zwischen Herrn C und Frau E führt nicht dazu, dass die zwischen ihnen vorgenommene Übertragung des Kommanditanteils aus der Berechnung für die 95-Prozent-Grenze herauszunehmen wäre. Weder kommt, wie die Klägerin meint, eine "Interpolation von Befreiungstatbeständen" unter Heranziehung des § 3 Nr. 4 GrEStG in Betracht, noch ist § 1 Abs. 2a GrEStG im Lichte des Art. 6 GG entsprechend einschränkend auszulegen.

    aaa. Nach § 3 Nr. 4 GrEStG wird ein Grundstückserwerb durch den Ehegatten des Veräußerers von der Besteuerung ausgenommen. Diese an die Person des Erwerbers anknüpfende Steuerbefreiung kann aus systematischen Gründen nicht dazu führen, dass ein an sich tatbestandsmäßiger Erwerbsvorgang i. S. des § 1 GrEStG als nicht steuerbar behandelt wird. Nach der Gesetzessystematik werden in § 1 GrEStG die steuerbaren "Erwerbsvorgänge" (vgl. amtliche Überschrift) beschrieben, während in § 3 GrEStG der "Erwerb" als der einseitig beim Erwerber eingetretene Erfolg des Erwerbsvorgangs, also dessen Ergebnis, von der Steuerpflicht befreit wird (Fischer in Boruttau, GrEStG, 16. Aufl., § 1 Rz. 2 ff.; Franz in Pahlke/Franz, GrEStG, 3. Aufl., § 3 Rz. 3). § 3 Nr. 4 GrEStG kann, ebenso wie bei einer tatsächlichen Grundstücksübertragung zwischen zwei Personengesellschaften, lediglich bewirken, dass der Erfolg eines Vorgangs i. S. des § 1 Abs. 2a GrEStG, soweit er einen Ehepartner betrifft, von der Steuerpflicht befreit wird. Bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen zwischen Eheleuten ist daher zur Vermeidung von Systembrüchen auf die vom Gesetzgeber als Rechtsfolge angeordnete Fiktion einer Übereignung des Gesellschaftsgrundstücks abzustellen und eine Steuerbefreiung nur in Höhe des fraglichen Anteils am Gesellschaftsvermögen zu gewähren (ebenso Franz in Pahlke/Franz, GrEStG, 3. Aufl., § 3 Rz. 11; Sack in Boruttau, GrEStG, 16. Aufl., § 3 Rz. 51a, 362a; zur Interpolation mit § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG s. unten 3.a.).

    bbb. Eine einschränkende Auslegung des § 1 Abs. 2a GrEStG widerspräche auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Wie dargelegt, soll ein an sich nicht steuerbarer Wechsel im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft nach § 1 Abs. 2a GrEStG dann zu einem steuerbaren Vorgang führen, wenn mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen übertragen werden. Die fast vollständige personelle Änderung soll auch grunderwerbsteuerlich zu einer geänderten Zuordnung des Grundstücks führen, indem für diesen Fall die Übertragung auf eine andere Gesamthand fingiert wird. Ist es aber gerechtfertigt, in einem solchen Fall eine Grundstücksübertragung zu fingieren, ist nicht ersichtlich, aus welchem Grunde die fiktive Übertragung in einem weiteren Umfang steuerfrei bleiben sollte als eine tatsächliche. Die geänderte grunderwerbsteuerliche Zuordnung tritt nämlich auch ein, wenn an der Veräußerung der Gesellschaftsanteile Eheleute beteiligt sind. Dieser Vorgang muss ebenso steuerbar sein wie die Veräußerung eines Grundstücks durch eine Gesellschaft an eine andere, an der der Ehegatte eines Gesellschafters der Veräußerin beteiligt ist.

    ccc. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts zwingt Art. 6 GG nicht dazu, die Bestimmung des § 1 Abs. 2a GrEStG in der Weise einschränkend auszulegen, dass eine Anteilsübertragung zwischen Ehegatten entgegen der dargestellten Gesetzessystematik als nicht tatbestandsmäßig behandelt und bei der Ermittlung der 95-Prozent-Grenze nicht herangezogen wird. Der Schutzbereich des Art. 6 GG umfasst die eheliche Lebens-, Erwerbs- und Wirtschaftsgemeinschaft (Badura in Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 6 Rz. 82). Art. 6 Abs. 1 GG enthält ein spezielles Diskriminierungsverbot. (Steuerliche) Begünstigungen zugunsten der Ehe und Familie sind danach zulässig, aber nicht schlechthin geboten (BFH-Urteil vom 25. April 2001 II R 72/00, BFHE 194, 462, BStBl II 2001, 610); der Gesetzgeber muss allerdings dafür Sorge tragen, dass die Ehe die Funktion erfüllen kann, die ihr von der Verfassung zugewiesen ist (Pieroth in Jarass/Pieroth, GG 11. Aufl., Art. 6 Rz. 12, 14).

    Um die eheliche Wirtschaftsgemeinschaft zu schützen, sollen Grundstücksübertragungen zwischen Eheleuten gemäß § 3 Nr. 4 GrEStG keiner Grunderwerbsteuerpflicht unterliegen. Dem Schutzzweck des Art. 6 GG ist hierdurch Genüge getan. Es ist verfassungsrechtlich nicht geboten, eine Grunderwerbsteuerpflicht zu vermeiden, die nicht an die innereheliche Vermögensübertragung selbst anknüpft, sondern durch diese nur mit ausgelöst wird. So ist die Anteilsübertragung von Herrn C auf seine Ehefrau zwar der Auslöser dafür, dass aus der ansonsten nicht steuerbaren Anteilsübertragung von Herrn B auf Frau E ein steuerbarer Erwerbsvorgang wird. Da diese Übertragung aber in keiner Weise durch das Eheverhältnis der Eheleute C/E bedingt ist, beinhaltet ihre Besteuerung keine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 GG.

    Die Grunderwerbsteuer ist jedoch gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 3 Nr. 4 GrEStG in Höhe von 50 % nicht zu erheben.

    a. Wird ein Grundstück von einer Gesamthand auf eine andere übertragen, wird die Grunderwerbsteuer nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG in Höhe des Anteils nicht erhoben, in der ein Gesamthänder an beiden Gesamthandsvermögen beteiligt ist. Eine Interpolation dieses Befreiungstatbestandes, mit dem des § 3 Nr. 4 GrEStG ergibt, dass die Steuer bei Veräußerung eines Grundstücks von einer Personengesellschaft an eine andere in der Höhe nicht erhoben wird, in der der Ehegatte eines Mitgesellschafters der Veräußerin an der Erwerberin beteiligt ist (BFH-Beschluss vom 26. Februar 2003 II B 202/01, BFHE 201, 323, BStBl II 2003, 528, für § 5 i. V. m. § 3 Nr. 6 GrEStG; FG Hamburg, Beschluss vom 31. Januar 1996 II 4/95, EFG 1996, 389, für § 5 Abs. 2 i. V. m. § 3 Nr. 4; Franz in Pahlke/Franz, GrEStG, 3. Aufl., § 3 Rz. 219). Für einen nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG fingierten Grundstücksübergang gilt Entsprechendes (Sack in Boruttau, GrEStG, 116. Aufl., § 3 Rz. 51a; s. auch BFH-Urteil vom 12. Oktober 2006 II R 79/05, BFHE 215, 286, BStBl II 2007, 409, für § 3 Nr. 2 GrEStG). Im Streitfall ist die Steuer folglich in Höhe der von Herrn C an Frau E veräußerten Kommanditbeteiligung von 50 % nicht zu erheben.

    b. Das zwischen den Eheleuten bestehende Treuhandverhältnis ändert hieran entgegen der Auffassung des Beklagten nichts.

    aa. Für die vom Beklagten vorgenommene Differenzierung zwischen der "dinglichen Mitberechtigung" des Treuhänders am Gesellschaftsvermögen einerseits und der "vermögensmäßigen" Berechtigung des Treugebers andererseits gibt es keine gesetzliche Grundlage. Der Treuhänder ist als Vollrechtsinhaber und Gesellschafter am Vermögen der Gesellschaft gesamthänderisch beteiligt. Insoweit gelten dieselben Maßstäbe wie im Rahmen des § 1 Abs. 2a GrEStG (s. oben B.II.2.c.aa.). Auch im Rahmen der §§ 5 und 6 GrEStG kommt es allein auf die bürgerlich-rechtliche und handelsrechtliche Beteiligung am Gesamthandsvermögen an. Bei einem Treuhandverhältnis ist daher der Treuhänder unmittelbar dinglich mitberechtigt am Gesamthandsvermögen (BFH-Beschluss vom 08. August 2000 II B 134/99, BFH/NV 2001, 66).

    Aus dem vom Beklagten zitierten Urteil des BFH vom 23. Oktober 1974 (II R 87/73, BFHE 114, 124, BStBl II 1975, 152) ergibt sich nichts anderes. Nach dieser Entscheidung kann von der Erhebung der Grunderwerbsteuer nicht nach § 5 Abs. 2 GrEStG abgesehen werden, wenn eine Gesamthand ein Grundstück erwirbt und an ihr ein Gesellschafter beteiligt ist, der seinen Gesellschaftsanteil treuhänderisch für den Veräußerer hält. Der BFH spricht hier dem Treugeber die für die Steuerbefreiung erforderliche gesamthänderisch gebundene Mitberechtigung ab, nicht jedoch dem Treuhänder eine wie auch immer geartete "vermögensmäßige" Beteiligung.

    bb. Die Anwendung der Befreiungsvorschriften ist nicht gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG ausgeschlossen. Danach ist Absatz 1 der Vorschrift, also die Steuerbefreiung, insoweit nicht anzuwenden, als sich der Anteil des Gesamthänders am Vermögen der erwerbenden Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks von der einen auf die andere Gesamthand vermindert. Hiervon werden nach dem Willen des Gesetzgebers auch die Fälle erfasst, in denen der Anteil zwar formal unverändert bleibt, sich aber die wirtschaftliche Teilhabe an dem eingebrachten Grundstück verringert (Viskorf in Boruttau, GrEStG, 16. Aufl., § 5 Rz. 78 f.).

    Hiervon könnte - entsprechend der Argumentation des Beklagten zur fehlenden "vermögensmäßigen" Beteiligung - im Streitfall wegen der nur treuhänderischen Beteiligung der Frau E, die ihr keine wirtschaftliche Teilhabe am Grundstückswert vermittelte, auszugehen sein. Allerdings kann diese Frage ebenso wie die Frage, ob das Treuhandverhältnis besteht und steuerlich anzuerkennen ist, offen bleiben. Denn die Vorschrift des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG ist nach dem Rechtsgedanken des § 3 Nr. 4 GrEStG jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn sich der Anteil - wie hier - zugunsten eines Ehegatten vermindert (Viskorf in Boruttau, GrEStG, 16. Aufl., § 5 Rz. 73a).

    III.

    Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung ohne mündliche Verhandlung und gemäß § 6 FGO durch die Einzelrichterin.

    Das Verfahren war nicht wegen einer eventuell vorliegenden Verfassungswidrigkeit des § 8 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG i. V. m. § 138 Bewertungsgesetz (BewG) (vgl. hierzu BFH-Beschlüsse vom 29. Juli 2009 II R 8/08, BFH/NV 2010, 60; vom 27. Mai 2009 II R 64/08, BFHE 225, 508, BStBl II 2009, 856) auszusetzen (gemäß Art. 100 Abs. 1 GG zur Einholung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder in entsprechender Anwendung des § 74 FGO bis zum Abschluss des BFH-Verfahrens). Gemäß § 17 Abs. 3a GrEStG sind die Werte i. S. des § 138 BewG nicht in die gesonderte Feststellung nach § 17 Abs. 3 GrEStG aufzunehmen. Eine mögliche Verfassungswidrigkeit dieser Bewertung hat daher keinen Einfluss auf den Regelungsinhalt und damit die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Feststellungsbescheides.

    IV.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. FGO.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

    Gründe, die Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, liegen nicht vor.

    Anmerkung

    Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH II B 13/11)

    VorschriftenGrEStG § 1 Abs. 2a Satz 1, GrEStG § 3 Nr. 4, GrEStG § 6 Abs. 3, GrEStG § 13 Nr. 6, GrEStG § 17 Abs. 3 Nr. 2, GrEStG § 17 Abs. 3a, GG Art. 6 Abs. 1