06.06.2011
Finanzgericht München: Urteil vom 14.01.2011 – 10 K 3574/08
1. Kosten der Alterversorgung eines Kindes dienen im Unterschied zu Krankenversicherungsaufwendungen nicht der aktuellen Existenzsicherung des Kindes und mindern ebenso wie die Kosten einer privaten Zusatzkrankenversicherung nicht die Kindeseinkünfte im Rahmen der Grenzbetragsberechnung gem. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG.
2. Dem steht nicht entgegen, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung ein besonders frühzeitiger Aufbau der privaten Altersvorsorge wünschens- oder empfehlenswert ist.
Gründe
I.
Streitig ist die Abziehbarkeit von privaten Vorsorgeaufwendungen eines gewerbliche Einkünfte erzielenden studierenden Kindes.
Der Kläger ist u.a. Vater des am 12. Januar 1983 geborenen Sohnes C. C schloss sein Studium der Informatik am 6. Mai 2008 ab. Mit Schreiben vom 29. Mai 2008 forderte die Familienkasse Einkommensnachweise für die Kalenderjahre 2004 bis zum Ende des Studiums an. Ausweislich des vorgelegten Steuerbescheides für das Kalenderjahr 2006 erzielte C Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 8.956 EUR.
C leistete in 2006 private Vorsorgeaufwendungen in Höhe von insgesamt 1.601,19 EUR. Diese setzten sich zusammen wie folgt:
677,10 EUR Beiträge zur freiwilligen gesetzl. Kranken- und Pflegevers. bei der AOK
63,72 EUR Beiträge zur privaten Krankenversicherung, Bay. Beamtenkr.kasse
240,00 EUR Beitrag zu einer fondsgebundenen Lebensversicherung bei MLP
31,68 EUR Beitrag fondsgeb. LV, Berufsunfähigkeitszusatzrente, MLP
55,08 EUR Beitrag fondsgeb. LV, Berufsunfähigkeitsrente, MLP
218,61 EUR Beitrag Berufsunfähigkeitsversicherung, DEVK
315,00 EUR Beitrag Rentenversicherung, DEVK
1.601,19 EUR gesamt
Hinsichtlich der Einzelheiten der Versicherungen wird auf die vorgelegten Vertragsunterlagen verwiesen.
Mit Bescheid vom 30. Juli 2008 hob die beklagte Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld für 2006 auf und forderte insoweit überzahltes Kindergeld in Höhe von 1.848 EUR zurück, weil die Einkünfte und Bezüge des Sohnes den maßgeblichen Grenzbetrag überschritten.
Der deshalb eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 2. Oktober 2008 als unbegründet zurückgewiesen.
Zur Begründung der dagegen gerichteten Klage trägt der Kläger im Wesentlichen Folgendes vor: Von den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 8.956 EUR seien unvermeidbare Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 1.604,79 EUR abzuziehen. Gemessen an den Einkünften entspreche dies einem Vomhundertsatz von 18 %, was unter dem Vomhundertsatz der gesetzlichen Sozialversicherung liege. Der Kläger müsse so gestellt werden, als wäre sein Sohn verpflichtet, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten. Der Bescheid verstoße insoweit gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Insbesondere seien die Aufwendungen zur privaten Rentenversicherung auch nicht vermeidbar. Es werde daher eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht angeregt. Auch die Beiträge zu einer privaten Krankenzusatzversicherung stünden für die Lebenshaltung nicht zur Verfügung. Der Streitfall sei nicht vergleichbar zu den Sachverhalten in den von der Familienkasse zitierten Urteilen. Für seine weitere Berufsausbildung habe C zudem 170 EUR an Semestergebühren aufgewendet. Daher betrage sein verfügbares Einkommen 7.181,21 EUR.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Klägers wird auf die Schriftsätze vom 31. Oktober 2008 sowie vom 9. Februar, 19. März, 14. Mai, 17. Juli und 15. September 2009 jeweils samt Anlagen verwiesen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 30. Juli 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Oktober 2008 aufzuheben.
Die Familienkasse beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt zur Klageerwiderung im Wesentlichen Folgendes vor: Beiträge zu privaten Rentenversicherungen und zu privaten Krankenzusatzversicherungen könnten nicht vom Einkommen des Kindes abgezogen werden. Bei Abzug der nachgewiesenen Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 677, 10 EUR verbleibe ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 8.278,90 EUR. Die Einkommensgrenze sei dadurch weiterhin überschritten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Familienkasse wird auf die Schriftsätze vom 5. Januar, 12. März, 28. April, 22. Juni und 31. August 2009 verwiesen.
Gründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
Die Einkünfte und Bezüge des Kindes überschreiten den maßgeblichen Grenzbetrag.
1. Nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) besteht für ein volljähriges Kind Anspruch auf Kindergeld, wenn das Kind Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 7.680 EUR im Kalenderjahr hat.
a) Der Begriff der Einkünfte ist in § 2 Abs. 2 EStG gesetzlich definiert und kann deshalb nicht als „zu versteuerndes Einkommen” interpretiert werden. Er ist aber verfassungskonform so auszulegen, dass der Relativsatz „die zur Bestreitung des Unterhalts (…) bestimmt oder geeignet sind” nicht nur auf Bezüge, sondern auch auf Einkünfte des Kindes zu beziehen ist. Daher sind auch Einkünfte des Kindes nur dann in die Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einzubeziehen, wenn sie zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet seien. Nicht als Einkünfte anzusetzen sind daher jedenfalls diejenigen Beträge, die – wie die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge – von Gesetzes wegen dem Einkünfte erzielenden Kind oder dessen Eltern nicht zur Verfügung stehen und deshalb die Eltern finanziell nicht entlasten können (Bundesfinanzhof – BFH-Urteil vom 16. November 2006 III R 74/05, BStBl II 2007, 527 m.w.N.).
b) Die nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ermittelten Einkünfte und Bezüge des Kindes sind um ausbildungsbedingten Mehraufwand zu kürzen (BFH-Urteile vom 14. November 2000 VI R 62/97, BFHE 193, 444, BStBl 2001 II S. 491 und vom 29. Mai 2008 III R 33/06, BFH/NV 2008, 1664). Es handelt sich dabei um solche Aufwendungen, die wegen der Ausbildung zu den Kosten der Lebensführung hinzukommen (z.B. Studiengebühren, Aufwendungen für Bücher usw.). Sie orientieren sich dem Grunde und der Höhe nach an den Beträgen, die im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses als Werbungskosten anzusetzen wären (BFH-Urteil vom 25. Juli 2001 VI R 77/00, BFHE 196, 159, BStBl II 2002, 12).
c) Beiträge des Kindes zu einer freiwilligen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie unvermeidbare Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung hat der BFH den Sozialversicherungsbeiträgen gleichgestellt und nicht in die Bemessungsgröße des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einbezogen (BFH-Urteile vom 16. November 2006 III R 74/05, BFHE 216, 69, BStBl 2007 II S. 527 und vom 14. Dezember 2006 III R 24/06, BFHE 216, 225, BStBl II 2007, 530). Beiträge zu privaten Krankenversicherungen hat er nur insoweit als unvermeidbar angesehen, als sie eine Mindestvorsorge für den Krankheitsfall ermöglichen, nicht dagegen Beiträge für eine private Zusatzkrankenversicherung (zu den Einzelheiten s. BFH-Urteil vom 26. September 2007 III R 4/07, BFHE 219, 112, BFH/NV 2008, 434).
2. Dies zu Grunde gelegt, betragen die Einkünfte und Bezüge des Sohnes im Streitfall 8.108,90 EUR und überschreiten damit den maßgeblichen Grenzbetrag von 7.680 EUR.
a) Die Semestergebühren inklusive Studentenwerksbeiträge in Höhe von 170 EUR sind als besondere Ausbildungskosten abziehbar (BFH-Urteil vom 14.11.2000 VI R 62/97, BStBl 2000 II S. 489 bestätigt durch BFH-Urteil vom 18.05.2006 III R 5/05, BFH/NV 2006, 1745). Die um die Studiengebühren verminderten Einkünfte und Bezüge betragen 8.786 EUR.
b) Die vom Kläger nachgewiesenen Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen in Höhe von 677,10 EUR sind abziehbar (vgl. BFH-Urteil vom 16. November 2006 III R 74/05, BStBl II 2007, 527). Danach errechnen sich Einkünfte und Bezüge in Höhe von 8.108,90 EUR (8.786 EUR – 677,10 = 8.108,90 EUR).
c) Nicht zu den bei der Ermittlung der Einkünfte nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG abzuziehenden Aufwendungen gehören dagegen die – im Streitfall geleisteten – Beiträge für eine private Zusatzkrankenversicherung in Höhe von 63,72 EUR (vgl. BFH-Urteil vom 26. September 2007 III R 4/07, BStBl II 2008, 738).
d) Auch die streitigen Vorsorgeaufwendungen des Kindes in Höhe von insgesamt 326,76 (fondsgebundene Lebensversicherung) und 533,61 EUR (Rentenversicherung) sind bei Ermittlung der Einkünfte nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht abzuziehen.
Die Beträge stehen den Eltern für den Unterhalt zur Verfügung. Die Nichtabziehbarkeit verstößt auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz.
aa) Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (BverfG – Urteil vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260) verstößt die Berücksichtigung der – einkommensteuerrechtlich den Sonderausgaben zuzurechnenden – Sozialversicherungsbeiträge als Einkünfte des Kindes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), weil Eltern mit sozialversicherungspflichtigen Kindern, deren Einkünfte und Bezüge den Jahresgrenzbetrag nur wegen der als Einkünfte behandelten Sozialversicherungsbeiträge überschritten, gegenüber Eltern mit nicht sozialversicherungspflichtigen Kindern benachteiligt seien, deren Einkünfte und Bezüge den Jahresgrenzbetrag nicht überstiegen. Daher seien im Wege verfassungskonformer Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG Einkünfte – ebenso wie die Bezüge – nur zu berücksichtigen, soweit sie zur Bestreitung des Unterhalts und der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet seien. Offen bleiben könne, „in welchen Fällen der Relativsatz im Einzelfall auf Einkünfte anzuwenden” sei. Jedenfalls seien diejenigen Beträge, die – wie die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge – „von Gesetzes wegen” dem Einkünfte erzielenden Kind oder dessen Eltern nicht für den Unterhalt zur Verfügung stünden und deshalb die Eltern finanziell nicht entlasten könnten, nicht als Einkünfte anzusetzen. Es ist daher jeweils im Einzelfall zu prüfen, welche Teile der Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 2 EStG wegen eines sonst vorliegenden Grundrechtsverstoßes im Wege verfassungskonformer Einschränkung nicht angesetzt werden dürfen.
bb) Die streitigen Beträge zur Lebens- und Rentenversicherung stehen den Eltern für den Unterhalt zur Verfügung.
Denn während die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge „von Gesetzes wegen” dem Einkünfte erzielenden Kind oder dessen Eltern nicht für den Unterhalt zur Verfügung stehen und die Eltern finanziell nicht entlasten können, gelangen beim nicht sozialversicherungspflichtige Einkünfte erzielenden Kind die Einkünfte in voller Höhe in dessen Verfügungsbereich. Erst eine Entscheidung des Kindes, freiwillige Vorsorgeaufwendungen zu tätigen, verringert den für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Betrag.
cc) Auch Grundsätze der Gleichbehandlung gebieten es nicht, im Wege der verfassungskonformen Einschränkung die streitigen Vorsorgeaufwendungen bei der Ermittlung der Einkünfte nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht anzusetzen.
aaa) Eltern mit Kindern, die nicht sozialversicherungspflichtige Einkünfte erzielen und den Grenzbetrag überschreiten, sind gegenüber Eltern mit sozialversicherungspflichtigen Kindern, deren (theoretisch gleich hohe) Einkünfte und Bezüge den Jahresgrenzbetrag wegen der Berücksichtigung der Sozialversicherungsbeiträge unterschreiten, nicht ungerechtfertigt benachteiligt. Denn die Einkünfte sind – anders als die freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung – nicht durch unvermeidbare (zwangsläufige) Aufwendungen gebunden und stehen zur Bestreitung des Existenzminimums zur Verfügung.
Beiträge des Kindes zu einer freiwilligen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie unvermeidbare Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung sind solche unvermeidbaren Aufwendungen. Die (Mindest-)Vorsorge für den Krankheitsfall führt zu Aufwendungen, welche die steuerliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen unvermeidbar mindern und für ihn indisponibel sind. Die Absicherung gegen existenzgefährdende Wechselfälle des Lebens ist zwingendes Erfordernis einer „sozialgerechten Existenz”. Versicherungsschutz insbesondere gegen Krankheit ist existentiell notwendig (vgl. BFH-Urteil vom 16. November 2006 III R 74/05, BStBl II 2007, 527 m.w.N.; und vom 14. Dezember 2006 III R 24/06, BStBl II 2007, 530).
Aufwendungen für eine Lebensversicherung oder Altersvorsorge dienen im Unterschied zu Krankenversicherungsaufwendungen nicht der aktuellen Existenzsicherung des Kindes. Sie sind besonders geartete und gesicherte Sparleistungen (vgl. BFH-Urteil vom 16. Oktober 2002 XI R 41/99, BFHE 200, 529, BStBl 2003 II S. 179 unter II. 1., und BFH-Urteil vom 26. September 2007 III R 4/07, BStBl II 2008, 738). Während eine Krankenversicherung nicht nur „in die Zukunft gerichtet” ist, da sich das versicherte Risiko – die Krankheit – jederzeit aktualisieren kann, hat das Kind nach dem Abschluss seiner Berufsausbildung und damit nach dem Ende seiner Berücksichtigung für das Kindergeld gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ausreichend Zeit, um für das Alter (auch) privat vorzusorgen (BFH-Urteil vom 26. September 2007 III R 4/07, BStBl II BStBl 2007 II S. 2008, BStBl 2007 II S. 738).
Dies gilt nach Auffassung des Gerichts nicht nur in dem bereits höchstrichterlich entschiedenen Fall des Kindes, das Beiträge zur privaten Rentenversicherung leistet, obwohl es sich in Berufsausbildung befindet und in der gesetzlichen Rentenversicherung bereits pflichtversichert ist (BFH-Urteil vom 26. September 2007 III R 4/07, BStBl II 2008, 738).
Diese Auslegung wird bestätigt durch die zivilrechtlichen Unterhaltsregelungen. Danach sind Eltern bis zur Beendigung der Ausbildung des Kindes nicht verpflichtet, die Kosten für eine Altersvorsorge des Kindes zu tragen. Eine Altersversorgung gehört nicht zum Lebensbedarf des Kindes i.S. des § 1610 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), weil die Eltern durch Zahlung des Ausbildungsunterhalts die Voraussetzungen für eine spätere berufliche Tätigkeit schaffen, welche das Kind in die Lage versetzt, selbst für das Alter vorzusorgen. Wenn das Kind aber von seinen unterhaltsverpflichteten Eltern nicht die Kosten für eine private Altersversorgung verlangen könnte, ist es auch nicht gerechtfertigt, diese Aufwendungen beim Kind selbst als unvermeidbar anzusehen (BFH-Urteil vom 26. September 2007 III R 4/07, BStBl II 2008, 738 m.w.N.).
bbb) Auch die Tatsache der etwaigen Begünstigung der Unterhaltsverpflichteten durch die Risikoabsicherung des versicherten Kindes in den verschiedenen gesetzlichen Versicherungen im Vergleich zum Unterhaltsverpflichteten, dessen Kind sich mit Hilfe seiner Einkünfte und Bezüge (ohne Berücksichtigung beim Grenzbetrag) erst noch versichern muss, gebietet keine Abziehbarkeit freiwilliger Vorsorgeleistungen im Wege verfassungskonformer Auslegung.
Denn der sachliche Differenzierungsgrund hierfür liegt in den vorgenannten Erwägungen, nämlich darin, dass die dafür verwendeten Beträge zunächst zugeflossen sind, mithin in die Verfügungsmacht gelangt sind, und der Abfluss der Versicherungsbeiträge zur Altersvorsorge nicht der aktuellen Existenzsicherung dient und damit vermeidbar ist.
Auch wenn bei wirtschaftlicher Betrachtung ein besonders frühzeitiger Aufbau der privaten Altersvorsorge wünschens- oder empfehlenswert sein mag, so zwingt diese Betrachtungsweise nicht, die Wertung und Pauschalierung des Gesetzgebers, der zur typisierenden Ermittlung des Wegfalls der Leistungsfähigkeitsminderung der Eltern den Grenzbetrag für den Kindergeldbezug am für einen Alleinstehenden steuerfrei zu stellenden Existenzminimum (im Einzelnen vgl. hierzu BFH-Urteil vom 21. Juli 2000 VI R 153/99, BStBl II 2000, 566) orientiert hat, zu umgehen. Der Gleichheitssatz fordert nicht eine immer mehr individualisierende und spezialisierende Steuergesetzgebung, sondern die Regelung eines allgemein verständlichen und möglichst unausweichlichen Belastungsgrundes. Deshalb darf der Gesetzgeber einen steuererheblichen Vorgang um der materiellen Gleichheit willen im typischen Lebensvorgang erfassen und individuell gestaltbare Besonderheiten unberücksichtigt lassen. Insbesondere schließt die Verpflichtung zur Belastungsgleichheit nicht aus, dass das Erhebungsverfahren um der Allgemeinheit und Verlässlichkeit der Besteuerung willen je nach Einkunftsart entsprechend den typischen Lebensvorgängen verschieden geregelt wird (BVerfG-Beschluss vom 10. April 1997 2 BvL 77/92, BStBl II 1997, 518).
e) Bei diesem Ergebnis kann offen bleiben, ob die Beiträge zur Berufsunfähigkeitsversicherung i.H.v. 218,61 anders zu beurteilen sind. Denn selbst wenn man diese zum Abzug zulassen würde, würde der Grenzbetrag überschritten (8.108,90 EUR ./. 218,61 ./. 86,76 ./. 31,68 EUR = 7.771,85 EUR).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Es erscheint als sachgerecht, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90a FGO). Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).