15.06.2011
Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 27.10.2010 – 2 K 1271/07
Der Umstand, dass für den Kläger für die Streitjahre eine Einkommensteuerveranlagung durchgeführt wurde, stellt keinen Nachweis eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland dar. Die Einkommensteuerbescheide sind nicht bindend für die Frage, ob diese Voraussetzungen für den Bezug von Kindergeld erfüllt waren.
Tatbestand
Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Kindergeld wegen eines behaupteten Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland.
Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 22. Februar 2005 Kindergeld für seine am 13. März 1987 (K) und 17. Oktober 1992 (M) geborenen und in Polen lebenden Kinder. Seine Ehefrau lebt ebenfalls in Polen. Er legte den Entwurf einer Bescheinigung E 411 vor. Auf die Bescheinigung wird verwiesen (Blatt 10 und 13 der Kindergeldakte).
Die Beklagte antwortete, die Vordrucke E 411 und 401 müssten in Polen bestätigt werden. Sie ermittelte eine Meldeanschrift des Klägers in L, Z-Straße (Deutschland) seit dem 2. Mai 2004.
Der Kläger teilte der Beklagten am 30. März 2005 mit, dass die polnischen Behörden die in deutscher Sprache gehaltenen Bescheinigungen nicht ausfüllten. Mit Schriftsatz vom 4. April 2005 wurde der Kläger unter seiner Adresse in L darüber belehrt, dass die polnischen Behörden Vordrucke in polnischer Sprache ausfüllten, die von der Beklagten anerkannt würden. Nach einem Aktenvermerk der Beklagten vom 21. April 2005 ergab sich, dass ein Arbeitskollege Vordrucke E 401 und 411 für den Kläger haben wollte, weil sich dieser in Österreich befinde. Er wisse nicht, wann der Kläger sich in der Z-Straße aufhalte. Er nehme für ihn die Post entgegen.
Am 30. Mai 2005 gingen bei der Beklagten die Bescheinigungen E 401 und 411 ein, auf welche verwiesen wird (Blatt 29 bis 32 der Kindergeldakte). Daraus ergab sich, dass die seit dem 1. Januar 2005 berufstätige Ehefrau des Klägers vom 1. Mai 2004 bis 31. Dezember 2004 und vom 1. Februar 2005 bis 31. August 2005 Familienleistungen in Polen bezogen und für Januar 2005 keinen Antrag gestellt habe. Für K wurde danach bis zum 30. August 2005 und für M bis zum 31. Oktober 2008 eine Zahlung in Aussicht gestellt.
Mit Schreiben vom 8. August 2005 wurde der Kläger aufgefordert, einen Mietvertrag und einen Nachweis über die Zahlung der laufenden Nebenkosten oder Nachweise über seinen überwiegenden Arbeitseinsatz seit Mai 2004 in Deutschland vorzulegen. Hierauf antwortete eine Firma S GmbH, V (Deutschland) dass der Kläger seit dem 24. Mai 2004 bei ihr als Montagearbeiter angestellt sei.
Mit Schreiben vom 12. September 2005 mahnte die Beklagte die geforderten Nachweise an. Der Arbeitgeber habe keine Einsatzorte angegeben. Wegen der Ausbildung der Tochter sei eine Bescheinigung E 403 erforderlich. Diese legte der Kläger vor. Danach war seine Tochter bis zum 30. Juni 2006 an drei Tagen mit wöchentlich 24 Stunden für umgerechnet 30 € monatlich in einer Ausbildung zur Frisöse tätig (Blatt 41 bis 42 der Kindergeldakte).
Mit Bescheid vom 21. November 2005 wurde der Antrag auf Kindergeld abgelehnt, da der Kläger weder seinen Wohnsitz in Deutschland durch Vorlage eines Mietvertrages und Nebenkostenabbuchungen noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt durch Vorlage von Einsatzplänen des Arbeitgebers nachgewiesen habe.
Mit seinem Einspruch hiergegen vom 7. Dezember 2005 trug der Kläger vor, sein Wohnsitz sei in L. Die Miete werde von seinem Arbeitgeber bezahlt. Dieser habe seine Bereitschaft zur Beantwortung weiterer Fragen bekundet. Aus seinem Personalausweis werde seine aktuelle Anschrift in L ersichtlich.
Die Beklagte antwortete, es sei ihr bekannt geworden, dass er sich während seiner Beschäftigung längere Zeit in Österreich aufgehalten und ein Kollege Post entgegen genommen habe. Wegen der Ermittlung eines Wohnsitzes/gewöhnlichen Aufenthaltes seien daher die Einsatzpläne des Arbeitgebers angefordert worden.
Aus einem Aktenvermerk vom 4. Januar 2006 ergibt sich, dass ein Herr W aus A im Namen des Klägers um Fristverlängerung gebeten habe, eine Vollmacht werde vorgelegt.
Aus einer Bescheinigung des Arbeitgebers vom 9. Januar 2006 (Blatt 57 der Kindergeldakte) ergibt sich, dass der Kläger seit März 2005 wegen der Ausführung von Aufträgen in Österreich tätig sei. Nach Beendigung der zurzeit laufenden Aufträge in Österreich (zum 9. Januar 2006) werde er weiterhin für Aufträge in Deutschland eingesetzt.
Auf Nachfrage der Beklagten, wo der Kläger von Mai 2004 bis Februar 2005 eingesetzt worden sei, wann der Auftrag in Österreich ende und ob der Kläger während des Auslandseinsatzes nach Deutschland zurückkehre und die vom Arbeitgeber angemietete Unterkunft nutze und welche Kosten er trage, antwortete der Arbeitgeber, der Auftrag, bei dem der Kläger momentan eingesetzt werde (Österreich), dauere voraussichtlich noch drei bis vier Monate. Fragen zur Freizeit des Klägers könnten nicht beantwortet werden und man wisse nicht, ob der Kläger nach Deutschland zurückkehre oder ins Ausland fahre. Auf die Antwort wird verwiesen (Blatt 66 der Kindergeldakte).
Auf Nachfrage der Beklagten, bei welchem Finanzamt der Kläger erfasst sei und seit wann und wo er während seiner Tätigkeit in Österreich wohne, und ob er seit März 2005 regelmäßig nach Deutschland zurückkehre, antwortete der Kläger mit Schreiben vom 23. April 2006, er sei von 2004 bis Mai 2005 beim Finanzamt F gemeldet gewesen. Ab dem Jahr 2006 werde er „beim Arbeitsamt L verrechnet”. Er sei jedes Wochenende von Freitag bis Sonntag in L wohnhaft, so dass er rechtzeitig auf seiner Arbeitsstelle sei. Mit weiterem Schreiben vom 9. Mai 2006 führte der Kläger aus, die Tätigkeit in Österreich sei im Monat April 2006 beendet worden. Er wohne in der Stadt Li. (Deutschland) in einem Hotel. Leider könne er keine Nachweise vorlegen, da die Formalitäten vom Chef erledigt würden. Auf weitere Nachfrage antwortete der Kläger am 20. Mai 2006, er sei seit dem 10. April 2006 in unbezahltem Urlaub und werde ab Juni 2006 von seinem jetzigen Arbeitgeber wieder in Deutschland eingesetzt. Der Ort sei bisher unbekannt.
Mit Teilabhilfebescheid vom 10. August 2006 wurde für beide Kinder für Mai 2004 bis Februar 2005 Kindergeld in Höhe des Differenzbetrages zu den in Polen gezahlten Familienleistungen festgesetzt (144 € monatlich für jedes Kind, insgesamt 2880 €).
Nach einer Auskunft der Stadtverwaltung L ergab sich, dass der Kläger am 27. März 2006 nach Polen verzogen sei. Mit Schriftsatz vom 25. September 2006 führte der Kläger aus, er sei weiterhin in Deutschland beschäftigt und bitte um Kindergeldzahlung ab März 2006. Weiterhin legte er eine Arbeitsbescheinigung des Arbeitgebers vor, nach der er u.a. vom 1. März 2005 bis zum 18. April 2006 und vom 29. Mai 2006 bis zum 16. August 2006 für ihn tätig gewesen sei (Blatt 92 der Kindergeldakte). Er legte zudem einen Arbeitsvertrag mit einer Firma IFG J. W., F (Deutschland) vom 9. September 2006 vor, nach der er bei dieser als Maurer eingestellt sei (Blatt 93 bis 94 der Kindergeldakte).
Auf Bitte um Vorlage eines Gehaltsnachweises für die Zeit vom 29. Mai 2006 bis 16. August 2006 der S GmbH und um Beantwortung der Frage, warum er in einem Schreiben vom 15. September 2006 eine polnische Anschrift angegeben habe, warum am 27. März 2006 die Abmeldung nach Polen erfolgt sei und wo er den Wohnsitz während seiner Beschäftigung bis zum 16. August 2006 beziehungsweise ab 11. September 2006 gehabt habe, antwortete der Kläger, sein Arbeitgeber habe ihn aus der Wohnung abgemeldet, er habe leider erst vor kurzem davon erfahren. In seinem Schreiben vom 15. September 2006 habe er seine polnische Anschrift angegeben, weil er von der Beklagten unter dieser angeschrieben worden sei. Dem Schreiben legte der Kläger Lohnabrechnungen der Saartechnik für Mai bis Juli 2006 bei. Auf Nachfrage bestätigte die Stadtverwaltung Ludwigshafen nochmals den Abmeldetermin 27. März 2006. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2006 erläuterte der Kläger nochmals seine Anstellungsverhältnisse und sagte diesbezügliche Bescheinigungen zu. Auf das Schreiben wird verwiesen (Blatt 107 der Kindergeldakte). Er legte Meldebescheinigungen zur Sozialversicherung seines Arbeitgebers IFG vor sowie Lohnabrechnungen für September bis Oktober 2006.
Mit Einspruchsentscheidung vom 24. Januar 2007 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zu Begründung trug die Beklagte vor, der Kläger habe keinen Wohnsitz/gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Am 27. März 2006 sei die Abmeldung nach Polen erfolgt. Der Kläger habe die Tatsache, nach wie vor in Deutschland zu wohnen nicht durch Nachweise bezüglich eines Wohnsitzes belegt.
Mit seiner Klage hiergegen trägt der Kläger vor, er habe als Oberschlesier sowohl die deutsche wie auch die polnische Staatsbürgerschaft. In der Kindergeldveranlagungszeit sei er durchgehend bei einem Unternehmen mit Sitz im Zuständigkeitsbereich der Beklagten als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen. Er habe sämtliche Abgaben als Arbeitnehmer abgeführt. Nach § 62 EStG bestehe ein Anspruch auf Kindergeld, da er entgegen den Feststellungen im angefochtenen Bescheid seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD gehabt habe beziehungsweise als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt worden sei. § 62 EStG nenne als Anspruchsvoraussetzung nicht die Vorlage eines Mietvertrages. Seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland können er auch ohne schriftlichen Mietvertrag gehabt haben. Ausweislich vorliegender Lohnsteuerbescheinigungen aus 2005 und 2006 der S GmbH sei er voll abgabenpflichtig beschäftigt gewesen. Es sei nicht vorstellbar, dass er täglich vom Wohnort in Oberschlesien zu seiner Arbeit in die Pfalz gependelt sei. Mit dem Nachweis einer Vollzeitbeschäftigung sei regelmäßig der Anscheinsbeweis geführt, dass der Arbeitnehmer seinen Aufenthalt in Deutschland habe. Nach dem Grundgesetz habe er einen Anspruch darauf, in seiner Freizeit seine Familie in Polen aufzusuchen, ohne dass dadurch Kindergeldansprüche entfielen.
Dass er während des Kindergeldveranlagungszeitraums bei der S GmbH beschäftigt gewesen sei und während dieser Zeit seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt habe, könnten die Geschäftsführer der Firma bezeugen. Deren Sitz sei V. Nach dem Anwendungserlass zu § 9 AO habe jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er regelmäßig an Arbeitstagen im Inland übernachte und sich nur am Wochenende beziehungsweise an Feiertagen und im Urlaub zu seiner Wohnung im Ausland begebe. Der Kläger sei sowohl in Deutschland gemeldet und habe auch je nach Einsätzen des Arbeitgebers in Deutschland oder an den jeweiligen Beschäftigungsorten seinen gewöhnlichen Aufenthalt. Auch dies könne eine Zeugin, Frau W. bestätigen. Falls dem Kläger kein Kindergeld zugesprochen werde, werde die Verletzung seiner Grundrechte gerügt.
Der Kläger legte seiner Klage Nachweise zu seiner Staatsangehörigkeit und der seiner Familie, eine elektronische Lohnsteuerbescheinigung für den Zeitraum 11. September bis 31. Dezember 2006 des Arbeitgebers IFG in F, Kontounterlagen in deutscher und polnischer Sprache sowie weitere Unterlagen in polnischer Sprache vor (Blatt 34 bis 66 der Prozessakte). In der Folge legte er noch Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006 vom 8. Januar 2007 beziehungsweise 18. Juli 2007 vor (Blatt 81 bis 84 der Prozessakte).
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids vom 10. August 2006 in der Fassung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 24. Januar 2007 die Beklagte zu verpflichten, für die beiden Kinder des Klägers K und M ab März 2005 Kindergeld in der gesetzlichen Höhe und für die in Betracht kommenden Zeiträume festzusetzen und zu gewähren,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt hierzu vor, in den Einkommensteuerbescheiden sei die Adresse Z-Straße, L angegeben, obwohl der Kläger dort seit dem 27. März 2006 nicht mehr gemeldet sei. Am 17. Oktober 2006 habe er mitgeteilt, dass er erst vor kurzem erfahren habe, dass er dort nicht mehr gemeldet sei. Die Lohnsteuerbescheinigung der Firma IFG trage ebenfalls diese Anschrift. In der Klagebegründung werde angeführt, dass der Kläger durchgehend bei beiden Unternehmen mit Sitz im Zuständigkeitsbereich der Beklagten beschäftigt gewesen sei. Dies treffe jedenfalls ab dem 11. September 2006 nicht mehr zu.
Hierauf erwidert der Kläger, er sei vom Dezember 2006 bis April 2007 ohne sein Wissen vom Arbeitgeber abgemeldet gewesen. Gleichwohl habe das Arbeitsverhältnis fortbestanden. Ab April 2007 sei er bei seinem Schwager in Augsburg gemeldet gewesen. Auf die Anmeldebestätigung werde verwiesen (Blatt 103 der Prozessakte). Auf die konkrete Meldung komme es indes nicht an, da jedenfalls bei erwiesener Vollzeitbeschäftigung der gewöhnliche Aufenthalt des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland gewesen sei. Auf die Begründung eines Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens (III B 44/08) werde verwiesen. Die Revision sei zugelassen worden.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.Der Kläger hat weder nach § 8 AO seinen Wohnsitz noch gemäß § 9 AO seinen gewöhnlichen Aufenthalt u.a. durch Nachweis einer dauerhaften und geplanten Beschäftigung im Inland nachgewiesen.
Aus der Verordnung VO (EWG) 1408/71 ergibt sich unmittelbar kein Kindergeldanspruch des Klägers. Artikel 13 der Verordnung regelt vielmehr, welches nationale Recht zur Anwendung kommt. Für das Bestehen eines Kindergeldanspruchs nach dem deutschen EStG müssen - zusätzlich zur Anwendbarkeit deutschen Rechts gemäß der VO (EWG) 1408/71 - die Voraussetzungen der §§ 62ff EStG erfüllt sein.
Die Voraussetzungen für den Bezug von Kindergeld nach den Regelungen des Einkommensteuergesetzes sind im Streitfall ab dem März 2005 nicht erfüllt. Damit sind alle gemäß dem Klageantrag in Betracht kommenden Zeiträume von der Entscheidung mit umfasst.
Der Kindergeldberechtigte muss gemäß § 62 Absatz 1 Nummer 1 EStG im Inland den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben (§§ 8, 9 AO) oder gemäß § 62 Absatz 1 Nummer 2 EStG nach § 1 Absatz 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sein beziehungsweise nach § 1 Absatz 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werden. Die Staatsangehörigkeit ist kein Tatbestandsmerkmal dieser Vorschrift.
Im Streitfall hat der Kläger über keinen inländischen Wohnsitz verfügt.
Nach § 8 AO hat jemand seinen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und nutzen wird. Eine Wohnung setzt dauerhaft zum Wohnen geeignete Räume voraus. Die betreffende Person muss diese Räume aber auch innehaben, also über sie verfügen können, und sie als Bleibe entweder ständig oder doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit nutzen. Einer nur vorübergehenden oder notdürftigen Unterbringung fehlt die Bestimmung zum dauerhaften Aufenthalt. Eine Schlafstelle in einem Bauwagen, den Geschäftsräumen des Arbeitgebers, bei Verwandten oder im gelegentlich genutzten Hotelzimmer ist deshalb keine Wohnung (BFH-Urteil vom 25. Januar 1989 I R 205/82, Bundessteuerblatt II 1990, 687).
Eine derartige Wohnung oder andere Räumlichkeiten zum dauerhaften Wohnen hat der der Kläger nicht vorgehalten. So hat er nicht aus eigenem Recht eine Wohnung, wie behauptet in der Z-Straße, L innegehabt. Vielmehr wurde ihm dort eine Unterkunft seines Arbeitgebers überlassen. Dieser soll Mieter der Unterkunft gewesen sein. Der Kläger selbst hat weder Miete gezahlt noch Nebenkosten geleistet. Die tatsächliche Nutzung von Räumlichkeiten als eigene Wohnung im Sinne der obigen Definition ist ebenso wenig nachgewiesen worden.
Auch seinen gewöhnlichen Aufenthalt nach § 9 AO hatte der Kläger (zumindest) ab dem März 2005 nicht im Inland. Weder für diesen Zeitraum noch für davor liegender Zeiträume, aufgrund derer die Beklagte Kindergeld für den Zeitraum bis Februar 2005 bewilligt hatte, hat der Kläger Umstände vorgetragen, aufgrund derer von einer Notwendigkeit eines gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland auszugehen gewesen ist.
Nach § 9 Satz 1 AO hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Nach Satz 2 der Vorschrift ist ein von Beginn an zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer stets als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzusehen; dabei bleiben kurzfristige Unterbrechungen unberücksichtigt. Diese Sechs-Monatsfrist enthält einen Anhaltspunkt dafür, welche Aufenthaltsdauer nicht mehr als nur vorübergehend anzusehen ist. Entscheidend ist, ob ursprünglich ein mehr als sechs Monate dauernder Aufenthalt im Inland geplant war (BFH Urteil vom 27. April 1995 III R 57/93, BFH/NV 1995, 968).
Ausgehend von diesen Grundsätzen geht der Senat nicht davon aus, dass der behauptete gewöhnliche Aufenthalt des Klägers im Inland, insbesondere in einer Unterkunft in L gegeben gewesen ist. Ab März 2005 hat der Kläger eine Beschäftigung bei seiner Arbeitgeberin nachgewiesen, aber in Österreich. Ab dem März 2005 hat er daher seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, sofern überhaupt begründet gewesen, aufgegeben. Sein Aufenthalt in Österreich wegen seines Arbeitseinsatzes durch die S GmbH war auf längere Zeit angelegt. Aus einer Aussage im Schriftsatz des Arbeitgebers vom 9. Januar 2006 ergab sich, dass die zu diesem Zeitpunkt noch laufenden Aufträge in Österreich noch andauern würden. Im Zusammenhang damit hat der Kläger selbst angegeben, dass ihn sein Arbeitgeber mit Wirkung ab März 2005 unter seiner Adresse in L abgemeldet habe. Dass dies der Kläger nicht gewusst haben will, ist unbeachtlich. Entscheidend ist, dass der Arbeitgeber nicht mehr von der Notwendigkeit einer Meldung eines Arbeitnehmers unter dieser Adresse im Inland ausging. Ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland war daher für die Zeit der Beschäftigung des Klägers in Österreich, wie vorgetragen bis April 2006, nicht nachweisbar.
Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Tätigkeit in Österreich durch den Kläger selbst gegenüber der Beklagten nicht offenbart wurde. Vielmehr hat diese, ohne dass dies Inhalt der Auskunft der Arbeitgeberin des Klägers zu seinen Einsatzzeiten gewesen wäre, von dem langwierigen Arbeitseinsatz (mindestens 12 Monate) in Österreich zufällig erfahren. Dem gemäß sieht der Senat auch für die nach Beendigung dieser Zeit folgenden Zeiträume den Nachweis eines gewöhnlichen Aufenthaltes als nicht erbracht an, obwohl der Kläger wiederum die Fortsetzung und Eingehung von Arbeitsverhältnissen mit im Inland ansässigen Arbeitgebern ab Juni 2006 zumindest bis zum Ende des Jahres 2006 nachgewiesen hat.
So konnte der Kläger die Wiederbegründung seines gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland nach Ende der Tätigkeit im April 2006 in Österreich nicht belegen. Dies gilt insbesondere für den Zeitraum einer Beurlaubung bis zur behaupteten Wiederaufnahme einer Tätigkeit für die S GmbH im Juni 2006. Für diesen Zeitraum sind keine Umstände erkennbar, dass nach Ende des Einsatzes in Österreich ein planmäßiger gewöhnlicher Aufenthalt im Inland begonnen hat. Gleiches gilt für den behaupteten Arbeitseinsatz für die S GmbH vom 29. Mai 2006 bis 16. August 2006 (laut Bescheinigung vom 11. September 2006). Weder ist der Einsatzort genannt noch sind Umstände ersichtlich, nach denen es sich um einen dauerhaften Einsatz im Inland gehandelt haben könnte.
Für die Zeit ab September 2006 bis Dezember 2006 besteht ebenso wenig ein Anspruch. Der Senat erkennt aufgrund des Erklärungsverhaltens des Klägers im Zusammenhang mit seinem Österreich-Aufenthalt keine glaubhaften Nachweise dafür als erbracht an, dass die Arbeitseinsätze für die Firma IFG, F planmäßig und dauerhaft im Inland angelegt gewesen sind. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den Dezember 2006 hinaus, also über 6 Monate, ist nicht ersichtlich. Der Kläger hat dies zwar behauptet, aber nicht nachgewiesen. Ebenso wenig hat er nachgewiesen, dass seiner Anmeldung bei seinem Schwager in Augsburg ab April 2007 eine Wohnsitznahme oder ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland zu Grunde lag.
Auch ein Anspruch nach § 1 Absatz 3 EStG besteht nicht. Der Kläger hat nicht den Nachweis geführt, und hierfür sprechen auch nicht die vorgelegten Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006, dass er auf Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wurde.
Ebenso wenig ergibt sich aus dem Umstand, dass für den Kläger mit Einkommensteuerbescheiden für 2005 und 2006 eine Veranlagung durchgeführt wurde, der Nachweis eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland. So sind diese Einkommensteuerbescheide nicht bindend für die Frage, ob die genannten Voraussetzungen für den Bezug von Kindergeld erfüllt gewesen sind.
Eine Verletzung des Klägers in seinen Grundrechten durch die Beschränkungen des § 62 Absatz 1 Nummer 2 EStG auf Personen, die als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werden, ist nicht erkennbar. Die Beschränkung des Kindergeldanspruchs nach dem EStG auf den in § 62 Absatz 1 EStG aufgeführten Personenkreis ist als Ausfluss des Territorialitätsprinzips, das dem Steuerrecht zu Grunde liegt, sachlich gerechtfertigt (zum Ganzen Urteil des FG Nürnberg vom 6. November 2009 7 K 590/2008; Nichtzulassungsbeschwerde abgelehnt durch Beschluss des BFH vom 14. Oktober 2010 III B 197/09, nicht dokumentiert).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Absatz 1 FGO.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 115 Absatz 2 FGO bestehen nicht.