15.06.2011
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 26.11.2010 – 12 K 135/07 E,F
- Der Besteuerungstatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG setzt voraus, dass der Optionsinhaber das Basisgeschäft durchführt; denn andernfalls hat er durch das Termingeschäft nichts erlangt.
- Anschaffungskosten verfallener Eurex-Optionen können daher nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die steuermindernde Berücksichtigung der Anschaffungskosten von Optionen.
Im Rahmen der Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1999 und 2001 machte der Kläger Verluste bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Der Beklagte veranlagte den Kläger insoweit zunächst erklärungsgemäß und stellte für die genannten Jahre jeweils einen verbleibenden Verlustabzug aus privaten Veräußerungsgeschäften fest, auf die entsprechenden Bescheide vom 09.04.2001 und vom 11.07.2002 wird Bezug genommen. Ab März 2004 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung eine Prüfung der Einkünfte der Klägers, insbesondere der aus privaten Veräußerungsgeschäften, durch. Die Prüferin gelangte zu dem Ergebnis, dass der Kläger in den Jahren 1999 und 2001 Optionen verfallen ließ und vertrat die Auffassung, dass dieser Vorgang ohne steuerliche Bedeutung sei. Hieraus folge, dass – entgegen der Behandlung in den Steuererklärungen des Klägers – auch die Anschaffungskosten der Optionen im Zeitpunkt des Verfalls nicht zu berücksichtigen seien. Der Beklagte schloß sich dieser Auffassung an und änderte die Einkommensteuerbescheide 1999 und 2001 sowie den Bescheid über den verbleibenden Verlustvortrag aus privaten Veräußerungsgeschäften zum 31.12.2001, den Bescheid über den verbleibenden Verlustvortrag aus privaten Veräußerungsgeschäften zum 31.12.1999 hob er auf. Hiergegen erhob der Kläger jeweils Einspruch, den der Beklagte mit der hier in Bezug genommenen Entscheidung vom 12.12.2006 als unbegründet zurückwies.
Mit dem am 11.01.2007 beim Gericht eingegangenen Schriftsatz verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Sache wurde zunächst im Hinblick auf die beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Verfahren IX R 11/06 und IX R 69/07 nicht weiter betrieben. Nachdem beide Verfahren entschieden sind, führt der Kläger aus, dass der BFH auf das Recht des Optionsinhabers auf Differenzausgleich abstelle. Maßgebend hierfür sei, dass der Market-Maker nach der Börsenordnung einen Preis anbieten und auch wertlose Papiere „ankaufen” müsse. Hieraus resultiere der geringe Preis von nahezu 0,00 EUR, ohne diese Verpflichtung gäbe es für wertlose Papiere faktisch keine Abnehmer. Die Durchführung mache wirtschaftlich auch keinen Sinn; denn der Totalverlust trete auch durch Verfallenlassen ein. Anders als in den vom BFH entschiedenen Fällen seien die vorliegenden Verluste nicht aus Geschäften mit Optionsscheinen, sondern aus Geschäften mit Eurex-Optionen entstanden. Hierbei gebe es keine Verpflichtung des Market-Makers zum Ankauf vor Verfall, ein Recht auf Differenzausgleich bestehe nicht. Zudem sei die Optionsprämie auf der Seite des Optionsverkäufers in jedem Fall voll zu versteuern, diese Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt und vom Gesetzgeber nicht gewollt. Schließlich sei festzustellen, dass die Finanzverwaltung bei Privatpersonen regelmäßig keine Betriebsprüfungen durchführe. Diese Ungleichbehandlung sei auf ein strukturelles Erhebungsdefizit zurückzuführen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid 1999 sowie die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer 1999 und 2001 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.12.2006 zu ändern und die erklärten Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften zu berücksichtigen;
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, dass der BFH eindeutig entschieden habe, dass Verluste aus dem Verfall einer Option steuerlich nicht zu berücksichtigen seien. Es spiele keine Rolle, aus welchem Grund das Basisgeschäft nicht durchgeführt werde. Die Behandlung der Optionsprämie beim Optionsgeber und beim Optionsnehmer müsse nicht zwingend korrespondieren. Bei der Frage, ob ein strukturelles Erhebungsdefizit vorliege, komme es auf die Beurteilung des Einzelfalls nicht an.
Gründe
Die Klage ist unbegründet; denn die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung der von ihm aufgewendeten Optionsprämien als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Der hierfür erforderliche Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und Einkünften aus Kapitalvermögen liegt nicht vor.
Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Einkommensteuergesetz in der für die Streitjahre geltenden Fassung (EStG) gehören zu den nach § 22 Nr. 2 EStG steuerbaren privaten Veräußerungsgeschäften Termingeschäfte, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt, sofern der Zeitraum zwischen Erwerb und Beendigung des Rechts auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil nicht mehr als ein Jahr beträgt. Als Termingeschäfte i. S. d. Vorschrift gelten auch Optionsgeschäfte, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut setzt der Besteuerungstatbestand voraus, dass der Optionsinhaber das Basisgeschäft durchführt; denn andernfalls hat er durch das Termingeschäft nichts „erlangt” (vgl. Bundesfinanzhof – BFH – vom 19.12.2007 IX R 11/06 BStBl 2008 II 519, vom 09.10.2008 IX R 69/07 BFH/NV 2009, 152 und vom 13.01.2010 IX B 110/09 BFH/NV 2010, 869 jeweils m. w. N.). Vorliegend hat der Kläger die erworbenen Optionen nicht ausgeübt. Das jeweilige Basisgeschäft wurde demnach nicht durchgeführt, der Kläger hat durch Termingeschäft nichts erlangt.
Die vom Kläger vorgetragene Behauptung, bei den von ihm getätigten Geschäften bestehe keine Verpflichtung des Market-Makers zum Ankauf vor Verfall und demnach kein Anspruch auf Differenzausgleich, kann als zutreffend unterstellt werden; denn sie ändert an dem vorstehenden Ergebnis nichts. In diesem Fall hätte der Kläger die Optionen zwar nicht bewusst verfallen lassen, die Papiere wären vielmehr ohne sein Zutun wertlos geworden. Gleichwohl hätte er aber nichts durch Termingeschäft erlangt und damit den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG nicht erfüllt (vgl. dazu BFH vom 13.01.2010 IX B 110/09 a. a. O.).
Der Hinweis des Klägers auf den Umstand, dass die gezahlten Optionsprämien vom Optionsverkäufer voll zu versteuern sind, ist ebenfalls ohne Belang. Die Besteuerung der Prämie beim Optionsgeber ist vom Zustandekommen des Basisgeschäftes völlig unabhängig, das Erfordernis einer korrespondierenden Behandlung beim Optionsnehmer folgt hieraus nicht (vgl. BFH vom 17.04.2007 IX R 40/06 BStBl 2007 II 608).
Schließlich kann sich der Kläger auch nicht erfolgreich auf ein strukturelles Erhebungsdefizit berufen. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verlangt für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Für die Prüfung, ob normative Defizite einen gleichmäßigen Belastungserfolg verhindern, ist maßgeblich auf den Regelfall des Besteuerungsverfahrens abzustellen (BVerfG-Urteile vom 27.06.1991 2 BvR 1493/89BStBl 1991 II 654 und vom 9.03.2004 2 BvL 17/02BStBl 2005 II 56). Vollzugsmängel, auf die der Kläger sich vorliegend beruft, führen demnach noch nicht zur Verfassungswidrigkeit der materiellen Steuernorm (vgl. BFH vom 12.05.2009 IX R 45/08 BStBl 2009 II 891).
Die Revision war nicht zuzulassen; denn ein Revisionsgrund liegt nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.