Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 15.06.2011

    Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 19.05.2010 – 5 K 5056/09

    1. Vor Eintragung in das Handelsregister besteht eine als GmbH gegründete Gesellschaft als sog. Vorgesellschaft. Steuerrechtlich wird die Vorgesellschaft als Kapitalgesellschaft behandelt, sofern sie später als GmbH eingetragen wird. Eine Vorgesellschaft, die später nicht als GmbH eingetragen wird, ist –unabhängig von einer eventuellen zivilrechtlichen Einordnung als Kapitalgesellschaft – nicht körperschaftsteuerpflichtig.

    2. Steuerrechtlich kommt es auf die Frage, ob zivilrechtlich eine sog. echte oder unechte Vorgesellschaft vorliegt, nicht an.

    3. Eine tätig gewordene Vorgesellschaft ist umsatzsteuerlich als Unternehmerin i. S. d. § 2 Abs. 1 UStG anzusehen.

    4. Eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung i. S. d. § 14 UStG 1999 erfordert Angaben, anhand derer leicht feststellbar ist, welche Lieferungen und Leistungen der Leistende an den Rechnungsempfänger konkret erbracht wurden. Diese Voraussetzung erfüllen Rechnungen, die als Leistungsgegenstand nur „Renovierungsarbeiten” angeben, nicht.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit

    hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg – 5. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19. Mai 2010 durch die Richterin am Finanzgericht … als Einzelrichterin für Recht erkannt:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

    Tatbestand:

    Mit notariellem Vertrag vom 30.3. 2000 gründeten die Gesellschafter der Klägerin die X-GmbH, an der Herr A eine Stammeinlage in Höhe von 24.500,00 EUR und Frau B eine Stammeinlage in Höhe von 500,00 EUR hielten. Da die X-GmbH nicht ins Handelsregister eingetragen wurde, behandelte die Finanzverwaltung sie als Gesellschaft bürgerlichen Rechts.

    Im Jahr 2005 führte das Finanzamt M bei der Klägerin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch. Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass der Vorsteuerabzug aus zwölf Rechnungen der Firma Y.f in N zu versagen sei. Es habe sich bei dem Rechnungsaussteller um eine Zweigstelle einer in Frankreich niedergelassenen Gesellschaft handeln sollen. Das Finanzamt N habe mitgeteilt, dass die dort ursprünglich geführte Firma Y-S.A.R.L. an das Finanzamt O abgegeben und dort zum 01.01.1999 gelöscht worden sei. Damit habe zum Zeitpunkt des angeblichen Tätigwerdens für die Klägerin die in den Rechnungen angegebene Niederlassung nicht mehr bestanden. Hinsichtlich der Einzelheiten der Rechnungen wird auf die zur Akte gereichte Musterrechnung vom 12.11.2001 verwiesen (Blatt 48 der Verfahrensakte).

    Der Beklagte folgte der Auffassung des Prüfers und setzte die Umsatzsteuer 2001 mit Bescheid vom 25.03.2008 (Blatt 37 der beigezogenen Umsatzsteuerakte) geändert fest. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. In seiner Einspruchsentscheidung vom 29.1.2009 führte der Beklagte im Wesentlichen aus, die Klägerin sei als sog. unechte Vorgesellschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu behandeln. Am 10.02.2009 erließ der Beklagte einen geänderten Umsatzsteuerbescheid 2001.

    Die Klägerin macht zur Begründung ihrer Klage geltend, dass der Bescheid falsch adressiert worden sei. Es habe zu keiner Zeit eine X-GbR existiert. Frau B habe zwar 2 % des Stammkapitals der gegründeten GmbH halten sollen. Sie sei aber nie im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf eigene Rechnung und auf eigene Verantwortung tätig geworden. Es habe nur eine Vorgesellschaft zu der gegründeten GmbH bestanden, die dann, wenn es nicht zur Eintragung ins Handelsregister komme, als erfolgloser Unternehmer behandelt werden müsse. Dass das Unternehmen nach außen aufgetreten sei, begründe noch keine Mitunternehmerschaft.

    Der Vorsteuerabzug dürfe nicht versagt werden. Rechnungsaussteller sei eine französische Gesellschaft, die in Frankreich im entsprechenden Register eingetragen sei und die in N eine Betriebsstätte unterhalten habe. Das Unternehmen habe fortbestanden, wenngleich das Gewerbe rechtswidrig abgemeldet worden sei. Auch die in den Rechnungen verwendete Leistungsbeschreibung sei eindeutig und üblich.

    Die Klägerin beantragt,

    den Umsatzsteuerbescheid 2001 vom 25.03.2008 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 29.01.2009 sowie den Änderungsbescheid vom 10.02.2009 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er macht ergänzend geltend, dass die Leistungsbeschreibung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspreche.

    Neben der Verfahrensakte und der Akte zum Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung haben dem Gericht bei der Entscheidung folgende Akten des Beklagten vorgelegen: Umsatzsteuerakte, Akte zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung, Bilanzakte, Akte zur einheitlichen und gesonderten Feststellung sowie Gewerbesteuerakte.

    Entscheidungsgründe:

    Die Klage ist unbegründet.

    Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid ist rechtmäßig.

    Der Beklagte hat den Bescheid zutreffend an die X-GbR gerichtet. Auf die Klägerin sind die steuerlichen Regelungen der Mitunternehmerschaft anzuwenden. Da sie bereits ein Handelsgewerbe aufgenommen hatte, war sie als offene Handelsgesellschaft zu qualifizieren, auf die die Regeln der Gesellschaft bürgerlichen Rechts Anwendung finden (§ 105 Handelsgesetzbuch).

    Vor Eintragung in das Handelsregister besteht die als GmbH gegründete Gesellschaft als sog. Vorgesellschaft. Steuerrechtlich wird die GmbH-Vorgesellschaft als Kapitalgesellschaft behandelt, sofern sie später als GmbH in das Handelsregister eingetragen wird (Lambrecht in Gosch, Körperschaftsteuergesetz, 2. Auflage München 2009, § 1 Rdnr. 35 mwN; Sauter in Erle/Sauter KStG 3. Auflage 2010 § 1 Rn 83 mwN). Eine Vorgesellschaft, die später nicht als GmbH eingetragen wird, ist nicht körperschaftsteuerpflichtig. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – (Urteil vom 18.3.2010 IV R 88/06 mwN), der sich das Gericht anschließt, ist der Begriff der Kapitalgesellschaft für den Bereich des Körperschaftsteuerrechts in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG abschließend bestimmt und einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich. Die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG knüpft die Steuerpflicht für Kapitalgesellschaften an ihre Rechtsform. Entscheidend für die Einordnung eines Rechtsgebildes in die Gruppe der Kapitalgesellschaften des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG ist allein, ob es die zivilrechtliche Rechtsform einer AG, einer KGaA, einer GmbH oder einer anderen der dort aufgeführten Kapitalgesellschaften hat. Fehlt einer Personenvereinigung die zivilrechtliche Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, dann besteht auch keine Körperschaftsteuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG. Die Vorgesellschaft ist daher nicht körperschaftsteuerpflichtig, weil sie in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG nicht genannt ist. Die (eventuelle) zivilrechtliche Einordnung einer Gesellschaft als Kapitalgesellschaft vermag die Körperschaftsteuerpflicht nicht zu begründen; vielmehr ist das Zivilrecht lediglich dafür maßgeblich, ob eine der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG genannten Gesellschaften vorliegt. Nach diesen Rechtsgrundsätzen kommt es steuerrechtlich also auf die Frage, ob zivilrechtlich eine sog. echte oder unechte Vorgesellschaft vorliegt, nicht an.

    Da die Gesellschaft bereits tätig geworden war, war die X-GbR Unternehmerin im Sinne des § 2 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz in der im Streitjahr geltenden Fassung – UStG –.

    Der Beklagte hat den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Firma Y.f zutreffend versagt hat. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen im Sinne des § 14 gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt abziehen, als Vorsteuer abziehen. Rechnungen im Sinne des § 14 UStG müssen u. a. Angaben über Art und Umfang der sonstigen Leistung enthalten. Zwar verweist § 15 UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung nicht auf die Rechnungsvoraussetzungen des § 14 Abs. 1 UStG, sondern auf den allgemeinen Rechnungsbegriff des § 14 Abs. 4 UStG (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 24.09.1987 V R 50/85, BStBl II 1988, 688). Danach ist eine Rechnung jede Urkunde, mit der ein Unternehmer oder in seinem Auftrag ein Dritter über eine Lieferung oder sonstige Leistung gegenüber dem Leistungsempfänger abrechnet, gleichgültig, wie diese Urkunde im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Allerdings erfordert auch dieser allgemeine Rechnungsbegriff nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine bestimmte Bezeichnung der Leistung dergestalt, dass – ggf. unter Heranziehung weiterer Geschäftsunterlagen – ihre Identifizierung eindeutig und leicht nachprüfbar möglich ist (vgl. Urteile des BFH vom 24.09.1987 V R 50/85, a.a.O.; 10.11.1994 V R 45/93, BStBl II 1995, 395; vom 8.10.2008 V R 59/07, BStBl II 2009, 218; Beschlüsse vom 09.11.1998, V B 55/98, BFH/NV 1999, 683; vom 16.12.2008 V B 228/07, BFH/NV 2009, 620). Diese Anforderung steht auch in Einklang mit der Richtlinie 77/388/EWG. Hierauf hat der BFH im Urteil vom 10.11.1994 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 14. Juli 1988 Rs.123, 330/87, Slg. 1988, 4537, 4545,) ausdrücklich hingewiesen.

    Danach sind Angaben erforderlich, anhand derer leicht feststellbar ist, welche Lieferungen und Leistungen der Leistende an den Rechnungsempfänger konkret erbracht hat (Schlosser-Zeuner in Bunjes/Geist, UStG 9. Auflage, § 14 Rdnr. 48 mwN). Diese Voraussetzung erfüllen die fraglichen Rechnungen nicht. Darin ist als Leistungsgegenstand nur „Renovierungsarbeiten” angegeben. Damit kann nicht im Einzelnen festgestellt werden, welche Arbeiten wann und wo genau erbracht worden sind, eine ggf. erforderliche Abgrenzung zu Renovierungsleistungen anderer Unternehmer ist nicht möglich. Zudem enthalten die Rechnungen auch keinen Verweis auf konkrete andere Geschäftsunterlagen, aus denen der Leistungsgegenstand ersichtlich wäre. Da der Vorsteuerabzug folglich bereits an einer hinreichen bestimmten Leistungsbezeichnung scheitert, kommt es auf die Fragen, ob der Rechnungsaussteller in der Rechnung richtig bezeichnet ist und ob die angeblich Leistende im Streitjahr noch existiert hat, nicht an.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –.

    VorschriftenKStG 1999 § 1 Abs. 1 Nr. 1, UStG 1999 § 2 Abs. 1, UStG 1999 § 15 Abs. 1 Nr. 1, UStG 1999 § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3