10.02.2011
Finanzgericht Sachsen-Anhalt: Gerichtsbescheid vom 29.12.2010 – 4 K 305/10
Aus den Sonderregelungen zur Nichtanrechung des einmaligen Kinderbonus von 100 EUR je Kind für sozialrechtliche Vorschriften folgt, dass der gem. § 66 Abs. 1 S. 2 EStG bestehende Anspruch auf den Einmalbetrag nicht gem. § 74 Abs. 1 EStG anteilig oder vollständig an den Sozialleistungsträger abgezweigt werden kann.
IM NAMEN DES VOLKES
GERICHTSBESCHEID
In dem Rechtsstreit
hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt – 4. Senat – am 29. Dezember 2010 durch den Richter am Finanzgericht Keilig, die Richterin am Finanzgericht Kuhtz und den Richter am Finanzgericht Just
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Das Kind der Beigeladenen, …, lebt aufgrund seiner geistigen Behinderung seit mehreren Jahren in einer Betreuungseinrichtung. Die Klägerin leistet aufgrund fehlenden Vermögens des Kindes zum Selbstunterhalt Eingliederungshilfe gem. § 54 SGB XII in der stationären Einrichtung in Form von fachlichen Leistungen und Leistungen zum Lebensunterhalt.
Im erledigten Klageverfahren 4 K 65/07 begehrte die Klägerin ab Juli 2005 nach § 74 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) die Abzweigung des Kindergeldes abzüglich des monatlichen Unterhaltsbetrages der Eltern nach § 94 Abs. 2 SGB XII an sich. Mit Bescheid vom 06. April 2009 wurde diesem Begehren entsprochen. Ab Juli 2005 wurden an die Klägerin 108,00 EUR und ab Januar 2009 118,00 EUR monatlich abgezweigt.
Mit Schreiben vom 28. September 2009 begehrte die Klägerin sodann die Abzweigung des Einmalbetrages nach § 66 Abs. 1 Satz 2 EStG in Höhe von 100 EUR. Dieses Begehren lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08. Oktober 2009 ab. Die Beklagte führte wie folgt aus: „ Wird das Kindergeld an einen Sozialleistungsträger abgezweigt, ist der Einmalbetrag aufgrund des Gesetzes zur Nichtanrechnung des Kinderbonus (Artikel 5 des Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland vom 2. März 2009, BGBl. I Nr. 11 S. 416) nicht an den Sozialleistungsträger, sondern unmittelbar an den Kindergeldberechtigten zu zahlen.”
Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 28. Oktober 2009, der trotz Aufforderung nicht begründet worden ist. Mit Einspruchsentscheidung vom 26. Januar 2010 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet ab.
Am 01. März 2010 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie weist darauf hin, dass seitens des Sozialhilfeträgers die Unterhaltsleistung mangels Erbringung von Unterhaltszahlungen durch den Kindergeldbezugsberechtigten erfolge. Soweit das Bundeszentralamt für Steuern mit Einzelanweisung vom 11. März 2009 (St II 2 – S2474-3/2009, BStBl. 2009 I, 488) die Auffassung vertrete, dass der Einmalbetrag aufgrund des Gesetzes zur Nichtanrechnung des Kinderbonus nicht an den Sozialleistungsträger auszuzahlen sei, könne dies nach der Ratio des Gesetzes jedoch nicht in Abzweigungsfällen zum Tragen kommen. Bei Abzweigungsfällen werde das Kind durch Dritte betreut und würden die unterhaltsverpflichteten Eltern Unterhaltsleistungen für das Kind insgesamt nicht erbringen. Auch sollten durch den Kinderbonus nicht die Belange der Eltern gefördert werden, sondern die Belange der Kinder, so dass im Falle einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft gerade ein Mehreinkommen in der Bedarfsgemeinschaft durch den Einmalbetrag zur Verfügung stehen sollte. Diese Zweckbestimmung des Gesetzgebers werde dagegen im Falle einer Fremdunterbringung nicht erfüllt. Bei einer Abzweigung nach § 74 Abs. 1 EStG solle demjenigen Kindergeld gezahlt werden, der tatsächliche Unterhaltsleistungen gewähre.
Für den Einmalbetrag würden grundsätzlich alle Vorschriften gelten, die auch für das festgesetzte und im Allgemeinen monatlich ausgezahlte steuerliche Kindergeld maßgebend seien. Der Einmalbetrag habe die Wirkung einer einmaligen Erhöhung des bestehenden Kindergeldanspruches für einen Monat. Ein gesonderter Antrag auf Festsetzung oder Auszahlung sei daher nicht erforderlich gewesen.
Die Klägerin beantragt,
den Ablehnungsbescheid vom 08. Oktober 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Januar 2010 dahingehend zu ändern, dass der für das Kind …, geleistete Kinderbonus (Einmalbetrag) für 2009 an die Klägerin zu zahlen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an ihrer im Verwaltungsverfahren vertretenen Auffassung fest und weist darauf hin, dass der Kinderbonus dazu gedient habe, einen gezielten und kurzfristigen gesamtwirtschaftlichen Nachfrageimpuls und eine Belebung der Konjunktur zu schaffen. Die allgemeine Zielsetzung des Gesetzes zur Stärkung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland liege ausdrücklich in der „ Stärkung der Leistungsbereitschaft und Zuversicht der Menschen” (BT-Drucksache 16/11740 Seite 1). Die Auszahlung des Kinderbonus habe insbesondere bei Familien mit geringem Einkommen und mehreren Kindern zur Stärkung der Konjunktur gedient (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucksache 16/11740, BT-Drucksache 16/13776). Daher habe der Gesetzgeber auch die Nichtanrechnung des Kinderbonus als Einkommen bei vom Einkommen abhängigen Sozialleistungen beschlossen. Der einmalige Kinderbonus soll den Beziehern von Sozialleistungen zusätzlich zu den regelmäßigen staatlichen Leistungen zur Verfügung stehen. Der Kinderbonus diene der Konjunkturstärkung, nicht dagegen dazu, die Eltern bei ihren Unterhaltsaufwendungen für die Kinder zu entlasten. Mit einer Auszahlung des Kinderbonus an Sozialleistungsträger wären die vorgesehenen politischen und wirtschaftlichen Ziele nicht zu erreichen. Es käme zu einer Finanzierung von Sozialleistungen und damit der kommunalen Haushalte, nicht dagegen zu einer zusätzlichen Förderung von Privatpersonen und -haushalten. Die Beklagte geht davon aus, dass aus der Nichtanrechnung als Einkommen auch geschlossen werden könne, dass eine direkte Auszahlung an Sozialleistungsträger nicht vorgesehen sei. Andernfalls könnte es zu einer Umgehung der ausdrücklich per Gesetz ausgeschlossenen Anrechnung auf Sozialleistungen kommen.
Sollte eine Abzweigung vorgenommen werden, weist die Beklagte darauf hin, dass die Abzweigung des regelmäßigen Kindergeldes nur quotal erfolgt sei und damit allenfalls eine anteilige Abzweigung des Kinderbonus in Betracht komme.
Mit Beschluss vom 30. Juli 2010 wurde die Kindsmutter zum Verfahren notwendig beigeladen. Diese hat auf Befragen des Gerichts mitgeteilt, dass die 100 EUR in einer Sparbüchse für den Sohn aufbewahrt werden. Das Geld solle zum Wohle des Kindes ausgegeben werden, bisher habe noch keine Gelegenheit bestanden, das Geld für den Sohn einzusetzen. Einen eigenen Antrag hat die Beigeladene nicht gestellt.
Dem Senat hat die Kindergeldakte der Beklagten vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet durch Gerichtsbescheid nach § 90a Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Entscheidung über die Abzweigung des Einmalbetrages nach § 66 Abs. 1 Satz 2 EStG ist nach Klärung des zugrundeliegenden Sachverhaltes lediglich eine Rechtsfrage. Die diesbezüglichen Argumente sind zwischen den Beteiligten hinreichend schriftsätzlich ausgetauscht worden, so dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entbehrlich erscheint. Durch den Erlass eines Gerichtsbescheides kann die streitige Rechtsfrage kurzfristig auf gerichtlicher Tatsachenebene einer Entscheidung zugeführt werden.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Ablehnungsbescheid und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Klägerin hat nach § 74 Abs. 1 EStG keinen Anspruch auf Abzweigung des Einmalbetrages gemäß § 66 Abs. 1 Satz 2 EStG.
Nach § 74 Abs. 1 EStG kann das für ein Kind festgesetzte Kindergeld nach § 66 Abs. 1 EStG an das Kind bzw. an die unterhaltsgewährende Person oder Stelle ausgezahlt werden, wenn der Kindergeldberechtigte dem Kind gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt. Im Streitfall leistet die Beigeladene aufgrund eingeschränkter eigener Unterhaltsfähigkeit lediglich einen Regelunterhalt von 46 EUR monatlich. Dies hat zur Folge, dass der Differenzbetrag zum gesetzlichen monatlichen Kindergeld nach § 66 Abs. 1 Satz 1 EStG an die Klägerin abzuzweigen ist und auch abgezweigt wurde.
§ 74 Abs. 1 EStG verweist hinsichtlich des Abzweigungsbetrages vollumfänglich auf § 66 Abs. 1 EStG. Eine Differenzierung zwischen Satz 1 und Satz 2 des § 66 EStG erfolgt nicht. Mit Einfügung des § 66 Abs. 1 Satz 2 EStG durch Artikel 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland vom 02. März 2009 (BGBl. I 416) wurde § 74 Abs. 1 EStG nicht verändert. Der Senat schließt daraus, dass der Einmalbetrag (Kinderbonus) entgegen der Ansicht der Beklagten dem Grunde nach vollumfänglich einer Abzweigung unterliegen kann.
Der Senat vertritt jedoch die Überzeugung, dass eine Abzweigung des Kinderbonus an einen Sozialleistungsträger der öffentlichen Hand ausgeschlossen ist. Dies ergibt sich aus dem mit dem Gesetz verfolgten Zweck, einen Nachfrageimpuls zur Stärkung der Konjunktur zu schaffen. Der Senat sieht hier eine planwidrige Regelungslücke im Einkommensteuergesetz. Sonderregelungen zur Nichtanrechnung des Kinderbonus sind zwar für sozialrechtliche Vorschriften, nicht dagegen für Abzweigungsfälle (insbesondere an die öffentliche Hand) im Einkommensteuergesetz geschaffen worden. Eine steuerliche Regelung für den Fall der Abzweigung an die öffentliche Hand scheint übersehen worden zu sein.
Nach dem Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland (BT-Drucksache 16/11740 Seite 1) sollte zur Bekämpfung der globalen Wirtschaftskrise durch das Gesetz die Stärkung der Wachstumskräfte und Sicherung von Arbeitsplätzen erreicht werden. Ziel war es, die Leistungsbereitschaft und Zuversicht der Menschen zu stärken und bereits im Abschwung die Grundlagen für neue Arbeitsplätze, Innovationen und für eine bessere soziale Infrastruktur zu legen (BT-Drucksache 16/11740 Seite 1 und Begründung). In Umsetzung des Maßnahmepakets „Pakt für Beschäftigung und Stabilität in Deutschland” sollten unter anderem alle Kindergeldberechtigten für das Jahr 2009 eine Einmalzahlung in Höhe von 100 EUR je Kind (Kinderbonus) erhalten. Dies wurde in Artikel 1 Nr. 5 des Gesetzes geregelt.
Darüber hinaus wurden neben anderen Regelungen umfangreiche Haushaltsmittel für Investitionen der öffentlichen Hand und zur Stärkung von Forschung und Konjunktur zur Verfügung gestellt (vgl. z.B. Artikel 6 des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Investitions- und Tilgungsfonds”, BGBl. I 416, 417, und Artikel 7 Gesetz zur Umsetzung von Zukunftsinvestitionen der Kommunen und Länder, BGBl. I 416, 428).
In Artikel 5 des Gesetzes wurde ein „ Gesetz zur Nichtanrechung des Kinderbonus” (BGBl. 2009 I S. 416, 417) neu geschaffen. Danach ist der nach § 66 Abs. 1 Satz 2 EStG zu zahlende Einmalbetrag bei Sozialleistungen, deren Zahlung von anderen Einkommen abhängig ist, nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Der Einmalbetrag mindert die Unterhaltsleistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz nicht (vgl. BT-Drucksache 16/11740 Seite 9). In der Begründung des Gesetzentwurfes A. Allgemeiner Teil wird zum Kinderbonus wie folgt ausgeführt: „ Darüber hinaus erhalten alle Kindergeldberechtigten für das Jahr 2009 eine Einmalzahlung in Höhe von 100 Euro je Kind (Kinderbonus), die beim Bezug von Sozialleistungen nicht als Einkommen angerechnet wird. Von dieser Leistung profitieren insbesondere Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen sowie Bezieher von Sozialleistungen, die einen großen Teil ihres Einkommens für Konsumzwecke aufwenden müssen. Bei Haushalten mit höheren Einkommen bleibt der Entlastungseffekt auf die Wirkung der Freibeträge für Kinder begrenzt, indem auch die Einmalzahlung bei der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2009 mit den Freibeträgen verrechnet wird .” In der Begründung des Gesetzentwurfes B. Besonderer Teil zu Artikel 1 (Einkommensteuergesetz) zu Nummer 6 (§ 66 Abs. 1 Satz 2 – neu –) wird des Weiteren wie folgt ausgeführt: „ Für den Einmalbetrag gelten alle Vorschriften, die auch für das – monatlich gezahlte – steuerliche Kindergeld maßgebend sind.” In der Begründung des Gesetzentwurfes B. Besonderer Teil zu Artikel 5 (Gesetz zur Nichtanrechnung des Kinderbonus – neu –) wird wie folgt ausgeführt: „ Über den bereits im Familienleistungsgesetz vom 22. Dezember 2008 enthaltenen Förderschwerpunkt für Familien (spürbare Anhebung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrages ab 2009) hinaus wird für jedes Kind, für das im Kalenderjahr 2009 mindestens für einen Kalendermonat ein Anspruch auf Kindergeld besteht, für das Kalenderjahr 2009 ein Einmalbetrag in Höhe von 100 Euro gezahlt. Hierdurch wird gezielt und kurzfristig ein zusätzlicher Nachfrageimpuls insbesondere für Familien mit geringen Einkommen und mehreren Kindern zur Stärkung der Konjunktur geschaffen. Um dies zu gewährleisten, muss der Einmalbetrag auch bei Sozialleistungen als zusätzliches Einkommen zur Verfügung stehen .”
Der Senat legt den Willen des Gesetzgebers im Wege der ergänzenden Rechtsfortbildung dahingehend aus, dass der Kinderbonus ausschließlich den Privathaushalten für Konsumzwecke zur Verfügung stehen sollte und nicht beabsichtigt war, öffentlichen Kassen im Wege einer Abzweigung den Kinderbonus zukommen zu lassen. Dies ergibt sich auch daraus, dass mit dem Gesetz zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland zwar auch öffentliche Investitionen zur Stärkung von Forschung und Konjunktur vorgesehen waren, hierfür jedoch gesonderte Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt worden sind.
Der Gesetzgeber stellt bewusst und wiederholt darauf ab, dass durch den Kinderbonus gezielt und kurzfristig ein zusätzlicher Nachfrageimpuls insbesondere für Familien mit geringem Einkommen und mehreren Kindern zur Stärkung der Konjunktur geschaffen werde. Es würde dem Sinn und Zweck der Gesamtregelung widersprechen, wenn für Privatpersonen bestimmte Haushaltsmittel zur Konjunkturstärkung und zum Konsum im gleichen oder reduzierten Umfange wieder an die öffentliche Hand zurückgezahlt würden, auch wenn im konkreten Fall die Haushaltsmittel einem anderen Rechtsträger zu gute kommen würden. Mit Rückzahlung an die öffentliche Hand würden die Gelder nicht mehr dem direkten Konsum der Privathaushalte zur Verfügung stehen. Eine einkommensteuerrechtliche Abzweigung des Kinderbonus an die öffentliche Hand würde dem gesetzgeberischen Willen zuwider laufen und kann vom Gesetzgeber nicht gewollt sein.
Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens des Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland wurden eine Vielzahl von Einzelregelungen in verschiedenen Gesetzes geändert, angepasst oder neu geschaffen. Der Senat geht bei seiner Entscheidung davon aus, dass der Sonderfall der Abzweigung nach § 74 Abs. 1 EStG an einen Sozialleistungsträger nicht bedacht wurde.
Diese Auslegung des gesetzgeberischen Willens findet seine Stütze auch in dem Gesetz zur Nichtanrechnung des Kinderbonus (BGBl. 2009 I S. 416, 417). Dieses ist im Streitfall nicht direkt oder unmittelbar anwendbar, da der Gesetzeszweck ausschließlich darauf abstellt, bei Sozialleistungen, deren Zahlung von anderen Einkommen abhängig ist, den Kinderbonus nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Die Schaffung des gesonderten Gesetzes hatte den Grund, eine Vielzahl von Änderungen in den einzelnen Sozialgesetzen zu vermeiden (vgl. BT-Drucksache 16/11740, Begründung zu Artikel 5). Kindergeld wird jedoch nach § 31 EStG im Familienleistungsausgleich als Steuervergütung unter steuerrechtlichen und nicht unter sozialrechtlichen Regelungen gezahlt, auch wenn es sich um eine steuerliche Sozialzwecknorm handelt (vgl. Weber-Grellet in Schmidt, Einkommensteuergesetz Kommentar, 27. Auflage 2008, § 62 Rz. 4 m.w.N.). Gleichwohl bringt der Gesetzgeber im Gesetz zur Nichtanrechnung des Kinderbonus zum Ausdruck, dass der Kinderbonus auch beim Bezug von Sozialleistungen nicht als Einkommen angerechnet werden soll. Auch hierin wird wieder ersichtlich, dass eine Verwendung des Einmalbetrages zu Konsumzwecken vorgesehen war. Eine solche Verwendung käme nicht (mehr) in Betracht, wenn durch eine Einkommensanrechnung der Einmalbetrag den Privathaushalten nicht mehr zur Verfügung stehen würde.
Dass nach den Angaben der Beigeladenen der erhaltene Kinderbonus (bisher) nicht für Konsumzwecke verwendet wurde und das Geld in einer Sparbüchse aufbewahrt wird, ändert hieran nichts. Ob und inwieweit der Kinderbonus einem direkten Konsum zugeführt oder zunächst gespart wird oder andere Mittel verwendet werden, obliegt der freien Verfügung des Kinderbonusempfängers. Da Kindergeld nicht ausschließlich für Kinder ausgegeben werden muss bzw. vorgesehen ist und eine gesetzliche Zweckbestimmung nicht vorhanden ist, können erhaltene Zahlungen im Rahmen der allgemeinen Handlungsfreiheit des Steuerpflichtigen für alle Zwecke verwendet werden. Kindergeld dient allgemein nur der Förderung der Familie und die steuerlichen Regelungen dienen der steuerlichen Freistellung des Familienexistenzminimums und der zwangsläufig kindergeldbedingten Aufwendungen (vgl. Loschelder in Schmidt, Einkommensteuergesetz Kommentar, 27. Auflage 2008, § 31 Rz. 1 m.w.N.).
Eine quotale Abzweigung entsprechend des monatlich gezahlten Kindergeldes begrenzt auf die monatlichen Unterhaltsbeiträge der Beigeladenen kommt nach Überzeugung des Senats ebenfalls nicht in Betracht. Die Beigeladene hat im Kalenderjahr 2009 lediglich einen Unterhaltsbeitrag nach § 94 Abs. 2 SGB XII in Höhe von 46 EUR monatlich geleistet und der Differenzbetrag zum Kindergeld nach § 66 Abs. 1 Satz 1 EStG in Höhe von 108 EUR bzw. 118 EUR wurde an die Klägerin abgezweigt. Soweit die Klägerin hieraus folgert, dass die Beigeladene keine weiteren Aufwendungen hatte und demnach der Kinderbonus vollständig an die Klägerin abzuzweigen sei, folgt der Senat dem nicht. Es ist zwar richtig, dass die Beigeladene nur einen begrenzten Unterhalt leistet, doch führt dies nicht dazu, dass der Kinderbonus vollständig oder anteilig abzuzweigen wäre, da andernfalls der Gesetzeszwecke eingeschränkt oder verhindert würde. Darüber hinaus kann im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass zusätzliche finanzielle Mittel der Familie und damit auch den Kindern zugute kommen. So hat die Beigeladene auch angegeben, dass sich das Geld des Kinderbonus in einer Sparbüchse des Sohnes befinde. Zweifel an diesen Angaben stellen sich dem Senat nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 139 Abs. 4 FGO.
Die Revision wird nach § 90a Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zugelassen. Die Frage ob und inwieweit der Kinderbonus an einen Sozialleistungsträger abgezweigt werden kann, hat grundsätzliche Bedeutung und die Entscheidung in der Sache dient der Rechtsfortbildung.