Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 26.01.2011

    Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 02.07.2010 – 5 K 2264/07

    - Ein LKW mit offener Ladefläche, ausgestattet mit einer Hebevorrichtung für Müllcontainer und deutlich höheren Bordwänden, der als Straßenreinigungsfahrzeug gekennzeichnet ist, und für Zwecke der Verkehrsflächenreinigung und zum Einsammeln von Abfällen in diesem Bereich eingesetzt wird, grundsätzlich aber auch für andere Zwecke nutzbar ist, fällt nicht unter die Kraftfahrzeugsteuerbefreiung des § 3 Nr. 4 KraftStG.


    - Die Kraftfahrzeugsteuerbefreiung setzt neben der ausschließlichen Verwendung des Fahrzeugs zur Reinigung von Straßen voraus, dass es äußerlich als für diesen Zweck erkennbar ist.


    - Das Ausschließlichkeitsmerkmal ist nicht erfüllt, wenn das Fahrzeug auch zum Abtransport von Abfällen von Parkplätzen und Rastanlagen eingesetzt wird.


    - Der weiterreichende Befreiungstatbestand des § 1 ABMG kann nicht zu einer erweiternden Gesetzesauslegung des § 3 Nr. 4 KraftStG herangezogen werden.


    Tatbestand

    Die Klägerin ist ein Entsorgungsfachbetrieb für das Einsammeln und Abtransportieren von Abfällen, die sich auf dem Straßenkörper, der Straßenrandbebauung sowie auf Infrastruktureinrichtungen an Straßen (z.B. Parkplätzen, Rastplätzen) ansammeln. Sie wird ganz überwiegend im Auftrag öffentlich-rechtlicher Körperschaften (Bund, Länder, Gemeinden) tätig.

    Im Rahmen des Zulassungsverfahrens für das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen KS XXX beantragte die Klägerin am 22. März 2007 die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 4 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes – KraftStG –.

    Bei dem Fahrzeug handelt es sich ausweislich der zu den Steuerakten gereichten Fotos um einen Lkw der Marke DaimlerCrysler mit offener Ladefläche, deren Seitenflächen allerdings deutlich höher als jene üblicher Lkw sind. Zudem befindet sich an der rechten Seite eine Hebevorrichtung zur Aufnahme von Müllcontainern. Das Fahrzeug trägt auf der Fronthaube die Aufschrift „STRASSENREINIGUNG”. Das von einem Dieselmotor mit 3.972 ccm Hubraum angetriebene Fahrzeug hat ein zulässiges Gesamtgewicht von 5.600 kg, Angaben zum Emissionsverhalten wurden nicht gemacht.

    Das Fahrzeug wird nach den Angaben der Klägerin im Schreiben vom 27. Juni 2007 für die Reinigung der unbefestigten Parkplatzflächen im Bereich der Straßenmeistereien des Amtes für Straßen- und Verkehrswesen eingesetzt und dient dem Abtransport des in entsprechend aufgestellten Behältnissen angefallenen sowie des von den Mitarbeitern eingesammelten Mülls.

    Der Beklagte versagte die beantragten Steuerbefreiungen und setzte mit Bescheid vom 25. Juni 2007 für das Fahrzeug ab dem 22. März 2007 eine Jahressteuer von 347 € fest.

    Nach erfolglosem Rechtsbehelfsverfahren hat die Klägerin Klage erhoben.

    Sie ist der Ansicht, die Voraussetzungen der Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 4 KraftStG seien erfüllt, da beide Fahrzeuge zur Reinigung von Straßen verendet würden und auch äußerlich entsprechend gekennzeichnet seien. Zwar dienten die Fahrzeuge auch der Abfallbeseitigung; dies sei aber ein Ausfluss der notwendigen Straßenreinigung. Die vom Beklagten vorgenommene Differenzierung zwischen Straßenreinigung und Abfallbeseitigung sei praxisfern und widerspreche auch den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen, die sich im Rahmen der Leistungshefte des Straßenbetriebsdienstes niederschlagen. Die Klägerin verweist zudem auf das zu den Akten gereichte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 2. November 2007 VG 4 A 295.05, in dem dieses bezüglich der Befreiung eines gleichartigen klägerischen Fahrzeugs von der Autobahnmaut ausgeführt habe, dass auch die Abfallsammlung als Straßenbetriebsdienst zu qualifizieren ist. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des klägerischen Vortrags wird auf die Schriftsätze ihrer Prozessbevollmächtigten vom 8. August 2007 und 28. November 2007 verwiesen.

    Die Klägerin beantragt,

    unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 10. Juli 2007 den KraftSt-Bescheid vom 25. Juni 2007 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er verweist auf den Inhalt seiner Einspruchsentscheidungen und betont, dass das Fahrzeug der Klägerin nicht originär der Reinigung diene sondern der Abfallbeseitigung und anderen Transportzwecken. Aus den vorgelegten Fotos ergebe sich, dass das Fahrzeug selbst technisch nicht zur Straßenreinigung eingesetzt werden könne. Es diene nur der Beförderung der Mitarbeiter und dem Abtransport von Abfällen. Im Übrigen wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 16. Oktober 2007 Bezug genommen.

    Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

    Dem Senat haben die einschlägigen KraftSt-Akten des Beklagten vorgelegen.

    Gründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Der angegriffene KraftSt-Bescheid vom 25. Juni 2007 ist rechtmäßig. Der Beklagte hat zutreffend eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 4 KraftStG versagt.

    Nach dieser Vorschrift ist von der KraftSt befreit das Halten von Fahrzeugen, solange sie ausschließlich zur Reinigung von Straßen verwendet werden. Voraussetzung ist ferner, dass das Fahrzeug äußerlich als für diesen Zweck bestimmt erkennbar ist.

    Eine gesetzliche Definition des Begriffs „Straßenreinigung” enthält das KraftStG nicht. Aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28. Oktober 1997 VII R 4 - 7/97, Bundessteuerblatt II 1998, 35, ergibt sich indessen, dass unter Straßenreinigung jedenfalls das Entfernen von Stoffen von der Straße zu verstehen ist, gleichgültig, ob diese Stoffe ohne menschliches Zutun oder durch willkürliches Handeln Dritter auf oder unter die Straße gelangt sind (vgl. BFH-Urteil VII R 4-7/97 a.a.O. Nr. 2 der Gründe).

    Im Streitfall erfolgt eine entsprechende Entfernung von Stoffen offensichtlich nicht – wie im Urteilsfalls des BFH – durch speziell hergerichtete Hochdruckspülfahrzeuge, sondern durch Mitarbeiter der Klägerin, die die jeweiligen Stoffe aufsammeln und zum Abtransport in die Ladefläche des Fahrzeugs befördern bzw. eingesammelten Müll von Raststätten und Parkplätzen mit dem Fahrzeug abtransportieren.

    Es kann dahin gestellt bleiben, ob diese Art der Fahrzeugnutzung noch das Tatbestandsmerkmal der „Straßenreinigung” erfüllt oder es eines besonders hergerichteten Fahrzeugs wie z.B. eines Hochdruckspülfahrzeugs bedarf.

    Im Streitfall ist jedenfalls das Ausschließlichkeitserfordernis der Befreiungsvorschrift nicht erfüllt; denn das Fahrzeug dient auch – zumindest soweit es zum Abtransport von Abfällen von Parkplätzen und Rastanlagen verwendet wird – der Abfallentsorgung. Diese umfasst die Verwertung und Beseitigung von Abfällen (vgl. § 3 des Gesetzes zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen vom 27. September 1994, Bundesgesetzblatt I 1994, 2706 ff.).

    Das ursprünglich ebenfalls von der KraftSt befreite Halten von Fahrzeugen, die ausschließlich zur Abfallentsorgung nach den Vorschriften des Abfallgesetzes verwendet werden, wurde im Rahmen der Neufassung des KraftStG durch Artikel 1 Nr. 1 Buchstabe a des Haushaltsbegleitgesetzes 1989 (BGBl I 1988, 2262) mit Wirkung ab 1. Januar 1991 abgeschafft und auch nicht durch Art.11 des Umsatzsteuer-Binnenmarktgesetzes vom 25. August 1992, BGBl I 1992, 1548, wieder in das KraftStG aufgenommen.

    Somit kommt für das Fahrzeug der Klägerin eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 4 KraftSt nicht in Betracht.

    Das Gericht hat nicht zu entscheiden, ob die Neufassung dieser Befreiungsvorschrift im Hinblick auf die Abgrenzungsfrage zwischen Entfernung von Abfällen von der Straße einerseits – Straßenreinigung- und dem Abtransport dieser Stoffe andererseits – Abfallbeseitigung- unter Praktikabilitätsgesichtspunkten rechtspolitisch sinnvoll ist. Nachdem der Gesetzgeber die Steuerbefreiung für zur Abfallbeseitigung verwendete Fahrzeuge durch eine eindeutige Regelung abgeschafft hat, besteht für den Senat kein Raum für eine den Befreiungstatbestand erweiternde Auslegung.

    Letztlich kann die Klägerin die begehrte Steuerbefreiung auch nicht aus § 1 des Gesetzes über die Erhebung von streckenbezogenen Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen – Autobahnmautgesetz für schwere Nutzfahrzeuge – ABMG – vom 2. Dezember 2004 (BGBl I 2004, 3122) herleiten. Danach ist die Maut nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die ausschließlich für den Straßenunterhaltungs- und Straßenbetriebsdienst einschließlich Straßenreinigung und Winterdienst genutzt werden. Dieser Befreiungsvorschrift liegt der über die reine Straßenreinigung hinausgehende Begriff des „Straßenbetriebsdienstes” zugrunde, der auch das Aufsammeln von auf der Straße liegenden Abfällen sowie das Entsorgen von Abfällen und Müllablagerungen auf Park- und Rastanlagen umfasst (vgl. insoweit das von der Klägerin zu dem Akten gereichte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 2. November 2007 -VG 4 A 295.05.). Dieser weitreichende Befreiungstatbestand im ABMG ist mit jenem des KraftStG nicht vergleichbar und kann im Streitfall nicht zugunsten der Klägerin für eine erweiternde Gesetzesauslegung herangezogen werden.

    Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.

    VorschriftenKraftStG § 3 Nr. 4