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  • 22.12.2010

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 09.06.2010 – 7 K 4178/08 E

    - Wird ein bebautes Grundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen, das der Übernehmer sogleich weiterveräußert, sind im Zusammenhang hiermit vereinbarte Unterhaltszahlungen, die wiederkehrend auf die Lebenszeit des Übergebers zu leisten sind, nicht als Sonderausgaben (Leibrente oder dauernde Last) abziehbar.


    - Das gilt auch dann, wenn der Verkaufserlös zur Finanzierung anderer Wirtschaftsgüter verwendet wird, weil dann aufgrund des steuerrechtlich selbständigen Anschaffungsvorgangs ein Zusammenhang der wiederkehrenden Leistungen mit einer weiterzuführenden Wirtschaftseinheit nicht mehr besteht.


    - Legt der Übernehmer den Verkaufserlös in den Betrieb seines Ehegatten ein, ohne dafür einen entsprechenden Gegenwert oder ein Wirtschaftsgut erhalten zu haben, steht der Annahme einer unschädlichen Vermögensumschichtung überdies entgegen, dass es an einer existenzsichernden Wirtschaftseinheit fehlt.


    Tatbestand

    Die Kläger sind verheiratet und leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Sie werden in den Streitjahren (2002 – 2005) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 30.12.1998 (UR 1/98 des Notars C) übertrugen die Eltern der Klägerin ihre drei in Z-Stadt belegenen Grundstücke gegen Übernahme von Verbindlichkeiten in Höhe von 240.322 DM und einer als dauernde Last vereinbarten Zahlungsverpflichtung in Höhe von 3.500 DM ab dem 1.1.1999 bzw. 3.000 DM ab dem 1.6.2001. Zur Sicherung der Zahlungsverpflichtung bestellte der Kläger auf den in seinem Eigentum stehenden Grundstücken eine Grundschuld in Höhe von 360.000 DM.

    Durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 22.1.1999 (UR 1/99 des Notars D) veräußerte die Klägerin zwei Grundstücke zu einem Kaufpreis in Höhe von 504.680 DM. Den Verkaufserlös legte sie in das Betriebsvermögen des Klägers ein. Das dritte Grundstück veräußerte die Klägerin am 12.11.1999, der Verkaufserlös wurde ebenfalls in das Betriebsvermögendes Klägers eingelegt.

    Im Herbst 2003 fand beim Kläger eine Betriebsprüfung für die Streitjahre 1999 bis 2001 statt. Der Prüfer vertrat die Auffassung, die Zahlungen seien nicht als Sonderausgaben (dauernde Last) abzugsfähig. Im Zeitpunkt der Veräußerung der Grundstücke sei nicht mehr von einer unentgeltlichen Übertragung auszugehen. Die Klägerin habe eine ursprünglich existenzsichernde Wirtschaftseinheit aufgegeben. Der Wert des zunächst zurückbehaltenen Grundstücks betrage weniger als die Hälfte des Barwerts der dauernden Last, so dass insgesamt eine unentgeltliche Zuwendung nach § 12 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) vorliege, die nicht zum Sonderausgabenabzug berechtige. Schließlich führe die Weiterveräußerung der Grundstücke auch zu einem Spekulationsgewinn gem. § 23 EStG. Die Anrechnung des elterlichen Vorbesitzes entfalle in dem Zeitpunkt, in dem man eine Entgeltlichkeit der Übertragung annehme.

    Der Beklagte erließ entsprechende Änderungsbescheide für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2001. Im Rechtsbehelfsverfahren schloss der Senat sich in seinem Urteil vom 06.06.2007 7 K 6716/04 E der Rechtsauffassung des Beklagten an. Die vom Senat zugelassene Revision verwarf der BFH als unzulässig.

    Unter dem 17.12.2007 für 2002 und dem 21.7.2008 für 2003 bis 2005 erließ der Beklagte erneut Bescheide, in denen der Abzug als Sonderausgaben (dauernde Last) nicht zugelassen wurde. Wegen der Höhe und der Berechnung wird auf den bei den Akten befindlichen Betriebsprüfungsbericht vom 13.05.208 verwiesen. Die Einsprüche wies er mit Einspruchsentscheidungen vom 08.10.2008 als unbegründet zurück.

    Die Kläger haben am 04.11.2008 Klage erhoben.

    Sie tragen vor, es seien Sonderausgaben in Form einer dauernden Last nach § 10 EStG anzuerkennen. Der gesamte Kaufpreis sei entsprechend dem vorgefassten Plan aller Beteiligten in das Betriebsvermögen des Klägers eingelegt worden. Dadurch habe sich das Betriebsvermögen nachhaltig gesteigert. Sie, die Klägerin, partizipiere daran aufgrund ihrer familienrechtlichen Ansprüche. Der Betrieb stelle eine existenzsichernde Wirtschaftseinheit dar. Der gesamte Vorgang sei als Umschichtung existenzsichernden Vermögens zu betrachten, womit nach wie vor eine unentgeltliche Übertragung vorliege. Der Große Senat habe in seiner Entscheidung vom 12.05.2003 (GrS 1/00, BStBl II 2004, 95) ausdrücklich offen gelassen, ob ein Sonderausgabenabzug möglich sei, wenn der Veräußerungserlös seinerseits in eine existenzsichernde Wirtschaftseinheit investiert werde ( Surrogationsprinzip). Daher sei zu vermuten, der Große Senat neige dazu, in dieser Fallkonstellation dauernde Lasten anzunehmen.

    Die Kläger beantragen,

    die Einkommensteuerbescheide 2002 vom 27.1.2004 und 2003 bis 2005 vom 21.07.2008 und die Einspruchsentscheidungen vom 08.10.2008 wegen Nichtanerkennung von Versorgungsleistungen als dauernde Lasten im Sinne des § 10 EStG dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuer 2002 bis 2005 entsprechend herabgesetzt wird,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Er trägt vor:

    Nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26.8.2002 (BStBl. I 2002, 893) dürften wiederkehrende Leistungen nicht mehr als Sonderausgaben berücksichtigt werden, wenn der sachliche Zusammenhang zwischen den wiederkehrenden Leistungen und der Vermögensübertragung beendet werde. Das sei hier der Fall, denn die Klägerin habe zwei Grundstücke veräußert, das verbliebene Grundstück sei Brachland. Sie verfüge damit über keine entsprechende existenzsichernde Wirtschaftseinheit. Die Einlage des Verkaufserlöses in den Betrieb des Klägers ändere an dieser Einschätzung nichts, denn die Klägerin sei am Betriebsvermögen nicht unmittelbar beteiligt. Eine bloße Umschichtung des übernommenen Vermögens sei nicht festzustellen. Da vom Tag der Veräußerung der Grundstücke Entgeltlichkeit gegeben sei, erlangten die wiederkehrenden Bezüge den Charakter von Kaufpreisraten und seien nicht mehr als Sonderausgaben abzugsfähig.

    Gründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Zutreffend hat der Beklagte die geltend gemachten dauernden Lasten nicht steuermindernd als Sonderausgaben berücksichtigt.

    Werden wiederkehrende Leistungen in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zugesagt (private Versorgungsrente), stellen diese nach ständiger Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 17. 6. 1998 X R 104/94 BStBl II 2002,646 m.w.N.) weder Veräußerungsentgelt des Übergebers noch Anschaffungskosten des Übernehmers dar, sondern sind spezialgesetzlich den Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG) und den wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) zugeordnet; sie sind mit ihrem vollen Betrag als dauernde Last abziehbar, wenn sie abänderbar sind. Voraussetzung für die Anwendung der Grundsätze über die steuerrechtlich privilegierte private Versorgungsrente ist jedoch, dass eine ertragbringende existenzsichernde Wirtschaftseinheit vom Übergeber zur Weiterführung durch den Übernehmer überlassen wird. Die steuerrechtliche Zuordnung von Versorgungsleistungen aufgrund eines Vermögensübergabevertrages zu den wiederkehrenden Bezügen und den Sonderausgaben beruht nämlich auf der Vorstellung des Gesetzgebers, dass sich der Vermögensübergeber in Gestalt der Versorgungsleistungen typischerweise Erträge vorbehält, die nunmehr allerdings vom Übernehmer erwirtschaftet werden müssen (vgl. BFH-Urteil vom 23. Januar 1997 IV R 45/96, BFHE 182, 539, BStBl II 1997, 458 m.w.N.).

    Eine solche Vereinbarung war zwar zwischen der Klägerin und ihrem Vater, dem Beigeladenen, durch die Übertragung der Grundstücke gegen Zahlung eines monatlichen Betrages in Höhe von 3.500 DM getroffen worden. Wird jedoch – wie hier – ein bebautes Grundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen, das der Übernehmer sogleich weiterveräußert, sind im Zusammenhang hiermit vereinbarte Unterhaltszahlungen, die wiederkehrend auf die Lebenszeit des Übergebers zu leisten sind, nicht als Sonderausgaben (Leibrente oder dauernde Last) abziehbar. Es fehlt insoweit an einer existenzsichernden Wirtschaftseinheit (BFH Urteil vom 17. 6. 1998 (X R 104/94 BStBl II 2002, 646). Durch die Veräußerung des übernommenen Vermögens durch den Erwerber ohne Anschaffung eines Surrogats enden die Rechtsfolgen des steuerlich privilegierten Rechtsinstituts der sog. Versorgungsrente, es gelten die allgemeinen Rechtsfolgen, BFH –Urteil vom 31.03.2004, X R 66/98, BStBl II 2004, 830.

    Das gilt nach der zitierten Entscheidung des BFH X R 104/94, entgegen der insoweit großzügigeren Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. BMF Schreiben vom 26.08.2002BStBl I 2002, 893 Tz. 20 und vom 16.09.2004 BStBl I 2004, 922 Tz 28ff), auch dann, wenn der Verkaufserlös zur Finanzierung anderer Wirtschaftsgüter verwendet wird. Denn nach der Veräußerung lässt sich ein Zusammenhang der wiederkehrenden Leistungen mit einer weiterzuführenden Wirtschaftseinheit nicht (mehr) herstellen. Der Erwerb eines „Ersatz”-Wirtschaftsgutes wird nämlich durch einen steuerrechtlich selbständigen Anschaffungsvorgang vollzogen. Die Vorstellung einer Wertsurrogation wäre rechtlich allenfalls dann tragfähig, wenn auch das Ersatzwirtschaftsgut als unentgeltlich erworben angesehen werden könnte; dann wäre es möglicherweise vertretbar, den Abzug von Sonderausgaben weiterzuführen.

    Hinzu tritt, dass die Klägerin mit dem Erlös aus der Veräußerung der Grundstücke kein Wirtschaftsgut erworben hat, das ebenfalls eine existenzsichernde Wirtschaftseinheit darstellt. Die Klägerin hat den Verkaufserlös in den Betrieb ihres Ehemannes, des Klägers, eingelegt, ohne dafür einen entsprechenden Gegenwert oder ein Wirtschaftsgut erhalten zu haben. Sie ist nicht unmittelbar an dem Betriebsvermögen oder den Erträgen des Unternehmens beteiligt. Eine mittelbare Beteiligung daran, z.B. aufgrund des familienrechtlichen Unterhaltsanspruchs oder aufgrund des Zugewinnausgleichanspruchs, reicht für einen weiterhin bestehenden Zusammenhang zwischen der Übertragung der existenzsichernden Wirtschaftseinheit und der monatlichen Zahlungsverpflichtung nicht aus. Dasselbe gilt für den Umstand, dass der Kläger zur Sicherung dieses Zahlungsanspruchs eine Grundschuld auf den in seinem Eigentum stehenden Grundstücken bestellt hat. Eine Grundschuld als reines Sicherungsrecht erzielt keine Erträge und ist daher keine ertragbringende Wirtschaftseinheit.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Revision war zuzulassen. Sie ist wegen weiterer beim BFH anhängiger Verfahren zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und zur Fortbildung des Rechts erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

    VorschriftenEStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a, EStG § 22 Nr. 1 Satz 1