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  • 10.11.2010

    Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 28.07.2010 – 3 K 2054/2007

    Geliefert ist das Wirtschaftsgut, wenn der Erwerber nach dem Willen der Vertragsparteien darüber wirtschaftlich verfügen kann. Das ist bei der Übertragung eines Grundstücks in der Regel der Zeitpunkt, zu dem Eigenbesitz, Gefahr, Nutzen und Lasten auf den Erwerber übergehen.

    (Der Eigentümer des Grundstücks, auf dem eine Windkraftanlage gebaut wird, ist nur dann Hersteller der Anlage, wenn er das wirtschaftliche Risiko während der Herstellungsphase trägt und tatsächlich Planung und Ausführung des Projekts in die Hand nimmt.


    Tatbestand

    Streitig ist die Reinvestition eines Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft für die Anschaffung einer Windkraftanlage.

    Die Kläger A betreiben einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in Gütergemeinschaft und erzielten in den Streitjahren auch gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb von zwei Windkraftanlagen (WKA).

    Im Einspruchsverfahren gegen die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft für die Jahre 1994 und 1995 vom 08. bzw. 16.11.1999 (Spielplatz Kindergarten) beantragten die Kläger mit Schreiben vom 13.06.2001 eine Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG, um eine Rücklage nach § 6 b EStG in Höhe von 378.145 DM für das Wirtschaftsjahr 1994/1995 einzustellen. Sie teilten mit, diese Rücklage werde in dem Gewerbebetrieb Windkraftanlage F , Kreis G , H reinvestiert. Es wurden der Kaufvertrag vom 21.12.1998 und die ersten beiden Rechnungen vom 03.02.1999 und 09.04.1999 vorgelegt.

    Nach dem Kaufvertrag vom 21.12.1998 hat der Verkäufer, die Firma B , den Standort F zur Errichtung einer WKA vom Typ X 500 kW zur Baureife entwickelt. Nach § 1 Nr. 2 des Kaufvertrags erwerben die Kläger den Standort zur Errichtung einer Windkraftanlage – WKA-, Typ X . Die Kläger treten in die Rechtsposition des Verkäufers, die Planungskonzeption und deren Umsetzung sowie die dadurch bedingten Rechte und Pflichten des Verkäufers ein. Verkäufer und Käufer (Kläger) einigen sich in § 2 Nr. 5 des Kaufvertrages auf die Projektabwicklung durch den Verkäufer und die schlüsselfertige Übergabe der betriebsbereiten und einspeisenden WKA an den Käufer durch den Verkäufer. Der Verkäufer verpflichtete sich in § 4 des Kaufvertrages das Projekt vor Ort bis zur Betriebsbereitschaft und Einspeisung der Windkraftanlage zu betreuen. Die Kläger erwerben das Objekt von der Firma B zum Kaufpreis von ca. 1,1 Mio. DM (§ 5 Nr. 2). Nach § 5 Nr. 6 des Vertrages wird die WKA bis zum 30.06.1999 einspeisebereit erstellt, es sei denn die Witterung lässt dies nicht zu. Bei Überschreitung dieses Termins ist der Verkäufer verpflichtet, dem Verkäufer eine Nachfrist von vier Wochen zu gewähren. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Kaufvertrag vom 21.12.1998 verwiesen.

    Zwischen der Firma X GmbH und der Firma B wurde am 09.02.1999 ein Vertrag über die Lieferung und Aufstellung von drei Windenergieanlagen des Typs X 500 kW für den Standort F geschlossen.

    Nr. 2 des Vertrages vom 09.02.1999 lautet: „Inbetriebnahme und Probebetrieb finden auf Verantwortung unter Leitung des Auftragnehmers ( X ) statt. Zum Nachweis der Dauerbetriebsfähigkeit gilt die Probebetriebsdauer von 250 Betriebsstunden. Als Betriebsstunden gelten alle Stunden, in denen die Anlage in Betrieb ist, unabhängig von den herrschenden Wind- und Netzverhältnissen. Nach Abschluss des Probebetriebes wird die Windenergieanlage vom Auftraggeber (Firma B ) nach fachlicher Einweisung zum Betrieb genommen. Hierüber wird ein gemeinschaftliches Übernahmeprotokoll gefertigt. Nach Anfertigung des Protokolls gilt die Leistung des Auftragnehmers ( X ) als abgenommen.”

    Nach Nr. 1 des Vertrages umfasst die Lieferung die Inbetriebnahme der Anlage, Übergabe und Einweisung an den Betreiber nach Erprobung und einem automatischen Dauerbetrieb von 250 Stunden.

    Nach Nr. VII der Allgemeinen Lieferbedingungen der X GmbH geht die Gefahr, soweit ein Probebetrieb vereinbart ist, nach einwandfreiem Probebetrieb am Tag der Übernahme auf den Kunden über.

    Das Finanzamt stimmte mit geänderten Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft für die Jahre 1994 und 1995 vom 12.07.2001 einer Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG zu. Es teilte mit Schreiben vom 18.05.2001 der früheren steuerlichen Beraterin der Kläger mit, dass im Einspruchsverfahren gegen die Feststellungsbescheide für 1994 und 1995 nur über die Bildung der Rückstellung, nicht über deren Auflösung zu entscheiden sei.

    Die Kläger haben im Wirtschaftsjahr 1998/1999 die im landwirtschaftlichen Betrieb gebildete Rücklage bei den Anschaffungskosten der Windkraftanlage F abgezogen.

    Mit Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 20.06.2001 wurde entsprechend der eingereichten Einkommensteuererklärung eine Steuer von 0 DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt, ebenso mit Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 14.11.2002. Die Bescheide für 1998 und 1999 wurden am 12.12.2002 nach § 164 AO geändert, wobei weiterhin eine Einkommensteuer von 0 DM festgesetzt wurde. Für 1998 wurde der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben. Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft entfallen je zur Hälfte auf die Kläger, lediglich beim Jahr 1998 entfallen Einkünfte in Höhe von 603 DM allein auf den Kläger.

    Im Jahr 2005 fand bei den Klägern eine Außenprüfung hinsichtlich der Einkommensteuer und Umsatzsteuer für die Jahre 2000 bis 2002 (Prüfungsanordnung vom 15.06.2005; AB Nr. 129/05 3 L) und bei der GbR A , Windkraftanlagen F , 2 und 3 hinsichtlich der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zur Einkommensteuer, der Gewerbesteuer und der Umsatzsteuer für die für die Jahre 1999 bis 2002 (Prüfungsanordnungen vom 21 .06.2005 und 27.06.2005; AB Nr. 134/05 G) statt. Im Prüfungsbericht vom 15.12.2005 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 1999 bis 2002 der GbR A (AB Nr. 134/05 G) vertrat die Betriebsprüfung die Auffassung, dass die WKA, nicht wie im Vertrag genannt, bis zum 30.06.1999 fertig gestellt bzw. der Probebetrieb nicht bis 30.06.1999 abgeschlossen gewesen sei.

    Dem folgend löste das Finanzamt die Rücklage gewinnerhöhend auf (378.145 DM + 24% Zinsen = 468.900 DM), verteilte den Betrag je zur Hälfte auf die Kalenderjahre 1998 und 1999 und erließ einen nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 20.12.2005 sowie einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 1999 ebenfalls vom 20.12.2005. Der Einkommensteuerbescheid für 1999 wurde aufgrund eines Eingabefehlers nach § 129 AO mit Bescheid vom 29.12.2005 berichtigt.

    1998 1999
    LuF Einkünfte ursprünglich 113.989 DM (davon 603 DM nur Kläger) 212.218 DM
    Auflösung 6 b 234.450 DM 234.450 DM
    Änderungsbescheid 348.439 DM 446.668 DM


    Während der Einspruchsverfahren gegen die Einkommensteuerbescheide stellte das Finanzamt die strittigen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie die Einkünfte aus der WKA F (Bescheide vom 28.08.2007) einheitlich und gesondert fest, da beide Ehegatten daran beteiligt und die Einkünfte strittig sind. Mit Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen jeweils vom 24.09.2007 wurden die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für das Jahr 1998 in Höhe von 347.836 DM verteilt auf beide Kläger zu je 173.918 DM und für das Jahr 1999 in Höhe von 446.668 DM verteilt auf beide Kläger zu je 223.334 DM festgestellt.

    Die Einspruchsverfahren verliefen erfolglos.

    Den Antrag auf Verlängerung der Reinvestitionsfrist des § 6 b EStG aus Billigkeitsgründen lehnte das Finanzamt mit Bescheid vom 12.02.2009 ab. Den Einspruch wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 25.05.2010 als unbegründet zurück.

    Das Finanzamt führte aus, dass die Festsetzung der Steuer nicht sachlich unbillig sei. An eine Verlängerung der Reinvestitionsfrist im Billigkeitsweg seien strenge Anforderungen zu stellen. Die Vorschrift des § 6 b EStG stelle bereits eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass durch Veräußerung realisierte Gewinne auch im Wirtschaftsjahr der Veräußerung steuerlich zu erfassen sind. Eine Billigkeitsmaßnahme sei nur dann gerechtfertigt, wenn der Steuerpflichtige aufgrund von Maßnahmen Dritter, insbesondere behördlicher Maßnahmen, an einer Reinvestition gehindert sei. Gründe, die aus dem persönlichen oder betrieblichen Bereich des Steuerpflichtigen stammten, würden nicht darunter fallen. Es habe in der Entscheidungsfreiheit der Kläger gestanden, eine Rücklage zu bilden. Die Auflösung der Rücklage bzw. die Übertragung auf eine neue Investition innerhalb einer bestimmten Frist sei gesetzlich eindeutig geregelt. Die Kläger hätten damit rechnen müssen, dass die Lieferung der Anlage ggf. nach dem Termin für die Reinvestition nach § 6 b EStG erfolgt, denn der Veräußerer der WKA habe sich eine Nachfrist ausbedungen.

    Die Prozessbevollmächtigte hat zur Begründung der erhobenen Klagen im Wesentlichen ausgeführt:

    Die Änderungsbescheide seien verfahrensrechtlich und materiell-rechtlich nicht rechtmäßig.

    Das Finanzamt habe verfahrensfehlerhaft die Außenprüfung auf die Jahre 1998 und 1999 erweitert. Im Streitfall liege nur eine Prüfungsanordnung hinsichtlich der Jahre 2000 bis 2002 vom 15.06.2005 vor, das Finanzamt habe diesen vorgegebenen Prüfungszeitraum jedoch ohne ergänzende Prüfungsanordnung gemäß § 5 Abs. 3 Satz 5 Betriebsprüfungsordnung auf die Jahre 1998/1999 erweitert. Damit fehle die erforderliche Begründung einer ergänzenden Prüfungsanordnung und das Finanzamt habe zudem auch keine Ermessenserwägungen hinsichtlich der Erweiterung des Prüfungszeitraums getroffen. Dies führe zu einem Verwertungsverbot.

    Weiter habe das Finanzamt seine Ermittlungspflicht verletzt, denn ihm habe der Kaufvertrag und die ersten beiden Rechnungen für die WKA vorgelegen. Hätte das Amt Zweifel an der Betriebsfertigkeit der WKA vor dem 30.06.1999 gehabt, so hätte es diesen bereits zu diesem Zeitpunkt nachgehen müssen. Im Schreiben vom 18.05.200 1 habe das Amt der Einstellung einer Rücklage nach § 6 b EStG in Höhe von 378.145 DM zugestimmt und damit einen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen, dass die Behörde die Reinvestition aus steuerlicher Sicht nicht beanstande. Da die Kläger ihrerseits ihre Mitwirkungspflichten erfüllt hätten, sei dem Finanzamt eine Änderung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu versagen. Der Verstoß gegen die Ermittlungspflicht des Finanzamts führe zur Nichtverwertbarkeit der nachträglich bekannten Tatsachen. Es widerspreche dem Grundsatz von Treu und Glauben und sei damit unbillig, wenn die Finanzverwaltung einen Anspruch aus dem Steuerverhältnis durchsetze, der letztlich aus ihrem Fehlverhalten herrühre. Es sei daher rechtsfehlerhaft, wenn das Finanzamt auf die Frage des Probebetriebs abstelle.

    Weiter lägen weder die Voraussetzungen der Änderungsvorschriften des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO noch des § 174 Abs. 4 AO vor.

    Zudem sei die Anschaffung der WKA bereits vor dem 30.06.1999 erfolgt und damit sei eine Übertragung der Rücklage auf die Anschaffungskosten der WKA nach § 6 b Abs. 3 Satz 2 EStG möglich. Die X GmbH habe mit Erklärung über die Bauausführung vom 18.08.1999 bestätigt, dass die Bauarbeiten am 16.06.1999 abgeschlossen worden seien. Mit Fax vom 17.06.1999 habe zudem die Fa. B mitgeteilt, dass im Windpark F alle drei WKA komplett montiert sind. Mit Fax vom 22.12.2005 habe die Fa. B nochmals die Baufertigstellung zum 16.06.1999 bestätigt. Damit sei die WKA einspeisebereit bis zum 16.06.1999 erstellt worden, die Betriebsbereitschaft habe zu diesem Zeitpunkt vorgelegen. Die wirtschaftliche Verfügungsmacht sei damit auf die Kläger übergegangen. Anschaffungskosten seien nach § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB i.V.m. § 6 EStG Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Ein Probebetrieb sei hingegen nicht Teil der Anschaffung bzw. der Leistungspflicht des Verkäufers gewesen. Zudem versetze der Probebetrieb die Anlage nicht in einen betriebsbereiten Zustand, sondern setze diesen vielmehr voraus. Weiter ergebe sich die Betriebsbereitschaft auch aus der Maschinen- und Maschinenunterbrechungsversicherung der Anlage bei der T Versicherung ab dem 25.06.1999. Die WKA sei bereits zum 25.06.1999 auf Risiko und Gefahr der Kläger versichert worden. Wäre die Firma X noch Eigentümer gewesen, hätten die Kläger die WKA nicht bereits zum 25.06.1999 versichern müssen. Unerheblich sei, wann die Firma X (hier: 16.08.1999) eine Baufertigstellungserklärung abgegeben habe, denn diese sei nicht Vertragspartner. Wenn zum 30.06.1999 kein zivilrechtliches Eigentum vorgelegen habe, so doch wegen der Versicherung und des Empfangs von Stromgeld für Juni 1999 zumindest wirtschaftliches Eigentum.

    Die Klägervertreterin beantragt, die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft 1998 und 1999 vom 24.09.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.11.2007 dahingehend zu ändern, dass die gewinnerhöhende Auflösung der Rücklage zurückgenommen wird und die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft der Jahre 1998 und 1999 jeweils um insgesamt 234.450 DM zu gleichen Teilen verteilt auf jeden Ehegatten um jeweils 117.225 DM niedriger festgestellt werden und auf dieser Grundlage unter entsprechender Änderung der Einkommensteuerbescheide 1998 und 1999 die Einkommensteuer dieser Jahre entsprechend niedriger festgesetzt wird.

    Hilfsweise wird beantragt, im Einkommensteuerbescheid 1998 vom 20.12.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.11.2007 für die im Jahr 1999 angeschaffte Windkraftanlage eine Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG i.H.v. 550.000 DM zu berücksichtigen.

    Für den Fall des Unterliegens wird wegen besonderer Bedeutung des Rechtsstreits die Zulassung der Revision beantragt.

    Im bisherigen Verfahren 3 K 953/10 wird beantragt, die Reinvestitionsfrist nach § 6b EStG bis zum 31.12.1999 zu verlängern.

    Das Finanzamt beantragt, die Klagen abzuweisen.

    Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen:

    Mit Prüfungsanordnung vom 27.06.2005 sei für die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen sowie die Gewerbesteuer und Umsatzsteuer der WKA F für die Jahre 1999 bis 2002 eine Betriebsprüfung angeordnet worden.

    Die Übertragung der 6b-Rücklage auf die Anschaffungskosten der WKA sei nicht möglich, die Rücklage sei daher gewinnerhöhend aufzulösen. Die Lieferung des Verkäufers der Anlage, der Firma B sei erst nach dem 30.06.1999 erfolgt und damit nach Ablauf der durch § 6 b EStG geforderten Frist. Anschaffungszeitpunkt sei nach gängiger Rechtsprechung der Zeitpunkt, wenn Eigenbesitz, Gefahr, Nutzen und Lasten auf den Erwerber übergehen. Ertragssteuerrechtlich sei dies der Zeitpunkt der Lieferung. Geliefert sei das Wirtschaftsgut, wenn der Erwerber nach dem Willen der Vertragsparteien darüber wirtschaftlich verfügen könne. Schaffe der Investor ein Wirtschaftsgut aufgrund eines Werklieferungsvertrages an, könne er wirtschaftlich ab dem Zeitpunkt über das Wirtschaftsgut verfügen, zu dem nach den vertraglichen Vereinbarungen die Gefahr des zufälligen Untergangs des Wirtschaftsguts auf ihn übergehe. Unter Anschaffung sei im Ertragsteuerrecht der Erwerb eines bereits bestehenden Wirtschaftsguts zu verstehen, unter Herstellung, das Schaffen oder das Schaffenlassen eines nicht existierenden Wirtschaftsguts auf eigene Rechnung und Gefahr. Im Streitfall handele es sich um einen Anschaffungsvorgang, so dass die Kläger Erwerber seien. Nach dem vorliegenden Vertrag der Fa. B mit der X GmbH vom 09.02.1999 (Tz. 2.2.) habe die WKA bis zur Beendigung des Probebetriebes unter Verantwortung und Leitung des Herstellers, der Firma X gestanden. Der Übergang an die Firma B sei mit Beendigung des Probebetriebes und der Erstellung des Abnahme-Protokolls vom 13.08.1999 erfolgt. Erst danach konnte der Verkäufer an die Kläger weiterliefern. Es liege auch keine Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums vor, da der Gefahrenübergang erst mit Ablauf des Probebetriebes übergegangen sei.

    Bezüglich der Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze und Unterlagen, den Kaufvertrag vom 21.12.1998 sowie auf den Vertrag zwischen der X GmbH und der Fa. B vom 09.02.1999 verwiesen.

    Dem Gericht liegen die vom Finanzamt überlassenen Einkommensteuerakten der Kläger für 1998 bis 2002, Bilanzakten 1994 bis 2003, Gewerbesteuerakten 1999 bis 2004, Akten über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft 1998 bis 2003, Akten über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte für die WKA F für 1999 bis 2002, Akte über die Einsprüche für die Jahre 1994 und 1995, zwei Heftungen Akten der Betriebsprüfung sowie zwei Rechtsbehelfsakten vor.

    Gründe

    Die Klagen haben keinen Erfolg.

    Das Finanzamt hat die § 6 b EStG Rücklage zutreffend zum 30.06.1999 gewinnerhöhend aufgelöst, da bis zu diesem Zeitpunkt kein Abzug auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes vorgenommen werden konnte. Die Voraussetzungen, eine Ansparabschreibung nach § 7 g EStG zu bilden, liegen nicht vor. Die Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der Reinvestitionsfrist des § 6b EStG aus Billigkeitsgründen durch das Finanzamt ist nicht als ermessensfehlerhaft zu beanstanden.

    I.

    Der Senat hat mit Beschluss das Steuerfestsetzungsverfahren mit dem Verfahren über eine abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen zur gemeinsamen mündlichen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Das Gericht kann somit über Festsetzungs- und Billigkeitsklage am gleichen Tag entscheiden. Der Verwaltungsakt über eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO 1977 ist Grundlagenbescheid für den Festsetzungsbescheid (BFH-Urteil vom 20.09.2007 IV R 32/06, BFH/NV 2008, 569; Gräber/Koch, FGO, § 74 Rz. 12). Nach § 163 Satz 3 AO kann die Entscheidung über eine abweichende Festsetzung mit der Steuerfestsetzung verbunden werden. Die Verfahren sind nach § 43 FGO im Wege einer objektiven Klagehäufung zu verbinden, wenn der Kläger im Einspruchs- und im Klageverfahren ausdrücklich auch einen Anspruch auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen geltend gemacht und das Finanzamt darüber entschieden hat (vgl. BFH-Urteil vom 18.03.2010 IV R 23/07, BFH/NV 2010, 1157-1159). Das Alter und die Entscheidungsreife beider Verfahren, das Interesse der Klägerseite, die bereits bei Klageerhebung als Hilfsantrag –damals noch ohne durchgeführtes Vorverfahren- einen Billigkeitsantrag bei Gericht gestellt hatte (Seite 14 des Klageschriftsatzes vom 14.12.2007) sprechen dafür, von einer Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Billigkeitsmaßnahme abzusehen.

    Soweit Steuerpflichtige die aufgedeckten stillen Reserven nicht bereits im Jahr der Veräußerung dieser Anlagegüter auf neue Anlagegüter übertragen, können sie nach § 6 b Abs. 3 Satz 1 EStG 1998 im Wirtschaftsjahr der Veräußerung eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage bilden. Bis zur Höhe dieser Rücklage können sie von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der in 6 b Abs. 1 Satz 2 bezeichneten Wirtschaftsgüter, die in den folgenden vier Wirtschaftsjahren angeschafft oder hergestellt worden sind, im Wirtschaftsjahr ihrer Anschaffung oder Herstellung einen Betrag unter Berücksichtigung der Einschränkung des Abs. 1 Satz 2 bis 4 abziehen. Ist eine Rücklage am Schluss des vierten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden, so ist sie nach § 6 b Abs. 3 Satz 5 EStG 1998 in diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen, soweit nicht ein Abzug von den Herstellungskosten von Gebäuden in Betracht kommt, mit deren Herstellung bis zu diesem Zeitpunkt begonnen worden ist. Soweit eine nach 6 b Abs. 3 Satz 1 gebildete Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst wird, ohne dass ein entsprechender Betrag nach Abs. 3 abgezogen wird, ist nach § 6 b Abs. 7 EStG 1998 der Gewinn des Wirtschaftsjahres, in dem die Rücklage aufgelöst wird, für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestanden hat, um 6 v.H. des aufgelösten Rücklagenbetrages zu erhöhen.

    Die angefochtenen Bescheide vom 24.09.2007 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen betreffend die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft konnten trotz abgelaufener Festsetzungsfrist nach § 181 Abs. 5 AO erlassen werden, da die Festsetzungsfrist für Einkommensteuerbescheide wegen der Rechtsbehelfe noch nicht abgelaufen war. Der Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO auf die eingeschränkte Bindungswirkung der gesonderten Feststellung auf solche, für die die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist, wurde vom Finanzamt auf Seite 5 der Einspruchsentscheidung vom 16.11.2007 gegeben. Die Nachholung des Hinweises in der Einspruchsentscheidung ist ausreichend, sofern die Festsetzungsfrist für die abhängige Steuer bei Ergehen der Einspruchsentscheidung noch nicht abgelaufen war (vgl. BFH-Urteil vom 12.07.2005 II R 10/04, BFH/NV 2006, 228; Klein/Ratschow, AO, § 181 Rz. 31; Brandis bei Tipke/Kruse, AO/FGO, § 181 AO Rz. 22 a.E.). Der Senat kann hierbei offen lassen, ob vor Ergehen der Einspruchsentscheidung die Behörde einen Hinweis auf eine eventuelle Verböserung geben muss. Jedenfalls ist im Streitfall ein Verböserungshinweis entbehrlich, da dessen Zweck nicht erreicht werden kann. Die Kläger konnten die Verböserung durch die Rücknahme der Einspruche nicht verhindern, denn dann wäre es bei der Steuerfestsetzung nach den Ergebnissen der Betriebsprüfung verblieben (vgl. BFH- Urteil vom 12.07.2005 II R 10/04, BFH/NV 2006, 228).

    Das Finanzamt war - unabhängig vom späteren Erlass der Feststellungsbescheide vom 24.09.2007- berechtigt, am 20.12.2005 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bzw. § 164 Abs. 2 AO geänderte Einkommensteuerbescheide für 1998 und 1999 zu erlassen.

    a) Hinsichtlich des Einkommensteuerbescheids für 1999 bestand noch der Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO, sodass die Einkommensteuerfestsetzung nach dieser Vorschrift geändert werden konnte. Hinsichtlich des Einkommensteuerbescheids für 1998 war der Zeitpunkt der Anschaffung der WKA für das Finanzamt im Jahr 2005 eine nachträglich bekannt gewordene und damit neue Tatsache im Sinne des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977. Zwar ist die Änderung eines Bescheides nach dieser Bestimmung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ausgeschlossen, wenn dem Finanzamt die nachträglich bekanntgewordene Tatsache bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wäre (vgl. BFH-Urteil vom 16.06.2004 X R 56/01, BFH/NV 2004, 1502). Dies gilt jedoch nur, wenn das Finanzamt ersichtlichen Unklarheiten oder Zweifelsfragen, die sich bei einer Prüfung der Steuererklärung sowie der eingereichten Unterlagen ohne weiteres hätten aufdrängen müssen, nicht nachgeht. Für die Bestimmung und Begrenzung der Ermittlungspflicht des Finanzamts kommt es wesentlich auf die Angaben des Steuerpflichtigen und insbesondere darauf an, ob damit die steuerlich relevanten Sachverhalte richtig, vollständig und deutlich dem Finanzamt zur Prüfung unterbreitet worden sind, wobei das Amt Steuererklärungen nicht mit Misstrauen zu begegnen, sondern regelmäßig von deren Richtigkeit und Vollständigkeit ausgehen kann. Versäumen sowohl der Steuerpflichtige als auch das Finanzamt, den Sachverhalt aufzuklären, trifft in der Regel die Verantwortlichkeit den Steuerpflichtigen mit der Folge, dass der Steuerbescheid geändert werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 16.06.2004 X R 56/01, BFH/NV 2004, 1502 m.w.N.; Loose bei Tipke/Kruse, AO/FGO, § 173 AO Rz. 62 ff). Das Finanzamt hat nach Auffassung des Senats die ihm obliegende Ermittlungspflicht im Jahr 2001 nicht dadurch verletzt, dass es nicht überprüft hat, ob bis zum 30.06.1999 der Probebetrieb der WKA bereits beendet war. Die frühere steuerliche Vertreterin der Kläger hatte mit einem handschriftlichen Vermerk auf der am 06.07.2001 an das Amt gefaxten Rechnung über den 4. Zahlungsschritt vermerkt, dass die WKA vor dem 30.06.99 in den Besitz der Kläger übergegangen sei. Es bestand zum damaligen Zeitpunkt kein Grund, hieran zu zweifeln.

    b) Das Finanzamt hat auch keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, der es daran gehindert hätte, die angefochten Steuerbescheide zu erlassen. Ein Finanzamt schafft dann einen Vertrauenstatbestand, wenn es ein positives Tun oder Verhalten gezeigt hat und der Steuerpflichtige im Vertrauen auf die Richtigkeit des Verhaltens des Finanzamts entsprechende Dispositionen trifft (vgl. Drüen bei Tipke/Kruse, AO/FGO, § 4 AO Rz. 145). Die beklagte Behörde hat im Streitfall mit Schreiben vom 18.05.2001 der früheren steuerlichen Beraterin der Kläger mitgeteilt, dass im Einspruchsverfahren gegen die Feststellungsbescheide für 1994 und 1995 nur über die Bildung der Rückstellung, nicht aber über deren Auflösung zu entscheiden sei. Damit hat die Behörde weder ein Vertrauen bei den Klägern auf eine zukünftige Sachbehandlung erweckt, noch haben die Kläger auf das Verhalten des Amtes hin Vermögensdispositionen getroffen; die WKA war ja bereits angeschafft. Das Finanzamt traf 2001 auch keine Ermittlungspflicht dahin, ob der Probebetrieb bis zum 30.06.1999 abgeschlossen war. Dies konnte der Veranlagung für die Jahre 1998 und 1999 vorbehalten bleiben.

    c) Unerheblich ist, ob die Kläger als Einzelpersonen eine Prüfungsanordnung für das Jahr 1998 und 1999 erhalten haben. Die Behörde hatte für die GbR A , WKA F u.a. am 27.06.2005 eine Prüfungsanordnung für den Prüfungszeitraum 1999 bis 2002 erlassen. Die Anschaffung der WKA erfolgte im Jahr 1999 und war daher im Rahmen dieses Prüfungszeitraums zu überprüfen. Zudem waren die Einkommensteuererklärungen für 1998 und 1999 im Jahr 2001 beim Finanzamt eingereicht worden, die angefochtenen Einkommensteuerbescheide wurden noch im Jahr 2005 erlassen, sodass nach den §§ 169, 170 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 unabhängig von der Frage der Durchführung einer Betriebsprüfung für 1998 und 1999 in keinem Fall eine Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Schließlich ist bis zur Grenze der Festsetzungsverjährung eine Verwertung von Unterlagen aus Folgejahren möglich, die Auswirkungen auf 1999 haben.

    Das Finanzamt hat die § 6 b EStG Rücklage zutreffend zum 30.06.1999 gewinnerhöhend aufgelöst, da bis zu diesem Zeitpunkt kein Abzug auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes vorgenommen werden konnte. Die Firma B hat die Anlage erst am 13.08.1999 übernommen. Die Kläger konnten daher vor diesem Zeitpunkt von der Fa. B kein Eigentum auch kein wirtschaftliches erwerben.

    a) Die Übertragung der Rücklage auf ein anderes Wirtschaftsgut setzt voraus, dass zum Übertragungsstichtag Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorliegen. Unter Anschaffung ist im Ertragsteuer- wie im Investitionszulagenrecht der Erwerb eines bereits bestehenden Wirtschaftsguts zu verstehen. Angeschafft wird im Zeitpunkt der Lieferung, Jahr der Herstellung ist das Jahr der Fertigstellung (§ 9a EStDV). Hersteller ist der Bauherr, für den das Handeln auf eigene Rechnung und Gefahr prägend ist (§ 15 Abs. 1 EStDV; Schmidt/Kulosa, EStG, § 6 Rz. 34). Der Anleger, der sich aufgrund eines von den Projektanbietern vorformulierten Vertragswerks beteiligt und sich bei den damit zusammenhängenden Rechtsgeschäften durch die Projektanbieter oder von ihnen eingeschalteten sonstigen Personen (z.B. Treuhänder, Geschäftsbesorger, Betreuer) umfassend vertreten lässt, ist regelmäßig nicht Bauherr, sondern Erwerber des bebauten und gegebenenfalls sanierten oder modernisierten Grundstücks (BFH-Urteil vom 14.11.1989 IX R 197/84, BStBl 1990 II S. 299, m.w.N. zu Bauherrenmodellen). Der Anleger ist nur Bauherr, wenn er auf eigene Rechnung und Gefahr ein Gebäude baut oder bauen lässt und das Baugeschehen beherrscht (BFH-Urteil vom 14.11.1989, a.a.O., vgl. auch BFH-Urteil vom 13.09.1989,BStBl II S. 986; Schmidt/Kulosa, EStG, § 6 Rz. 34). Der Bauherr muss das umfassend zu verstehende Bauherrenwagnis, d.h. wirtschaftlich das für die Durchführung des Bauvorhabens auf seinem Grundstück typische Risiko, tragen, sowie rechtlich und tatsächlich die Planung und Ausführung in der Hand haben. Die Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen für die Erwerber- oder Bauherreneigenschaft vorliegen, ist nach dem Gesamtbild unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu treffen, und zwar unabhängig von den in den Verträgen gewählten Bezeichnungen nach dem wirklichen Gehalt der von den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen und deren tatsächlicher Durchführung (vgl. BMF-Schreiben vom 31 .08.1990 IV B 3 – S 2253 a – 49/90, BStBl I 1990, 366 zu Bauherrenmodellen und vergleichbaren Modellen). Geliefert ist das Wirtschaftsgut, wenn der Erwerber nach dem Willen der Vertragsparteien darüber wirtschaftlich verfügen kann. Das ist bei der Übertragung eines Grundstücks in der Regel der Zeitpunkt, zu dem Eigenbesitz, Gefahr, Nutzen und Lasten auf den Erwerber übergehen. Maßgeblich ist dagegen, wann Besitz, Nutzungen, Gefahr und Lasten tatsächlich übergingen (BFH-Urteile vom 17.12.2009 III R 92/08, BFH/NV 2010, 757; vom 24.03.2006 III R 6/04, BFHE 213, 178, BStBl II 2006, 774; vom 28.11.2006 III R 17/05, BFH/NV 2007, 975, jeweils m.w.N.; Schmidt/Kulosa, EStG § 6 Rz. 35). Die Übergabe einer verkauften Sache --auch eines Grundstücks (Palandt/Putzo, Bürgerliches Gesetzbuch, 69. Aufl., § 446 Rz 2)-- bewirkt gemäß § 446 BGB, dass die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung auf den Käufer übergehen; von der Übergabe an gebühren dem Käufer die Nutzungen und trägt er die Lasten. Der Zeitpunkt des Eigentumserwerbs ist insoweit unerheblich (BFH- Urteil vom 17.12.2009 III R 92/08, BFH/NV 2010, 757; Palandt/Putzo, a.a.O., § 446 Rz 13).

    b) Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall eine Anschaffung vor. Der Eigentümer des Grundstücks, auf dem eine Windkraftanlage gebaut wird, ist nur dann Hersteller der Anlage, wenn er das wirtschaftliche Risiko während der Herstellungsphase trägt und tatsächlich Planung und Ausführung des Projekts in die Hand nimmt. Herstellung würde bedeuten, dass der Herstellungsvorgang entweder vom Eigentümer des Grundstücks selbst vorgenommen wird oder zumindest in dessen Einfluss- und Risikobereich erfolgt. Der Senat folgt der Rechtsprechung des BFH zu Bauherrenmodellen und vergleichbaren Modellen und wendet sie wegen der ähnlichen Interessenlage auf den im Streitfall vorliegenden Vertrag über die Errichtung einer Windkraftanlage an. Der Verkäufer verpflichtete sich in § 4 des Kaufvertrages das Projekt vor Ort bis zur Betriebsbereitschaft und Einspeisung der Windkraftanlage zu betreuen. Vertragsgegenstand nach § 2 Nr. 5 des Kaufvertrages war die schlüsselfertige Übergabe der betriebsbereiten und einspeisenden WKA an den Käufer. Die Kläger übernahmen mit dem Vertrag vom 21.12.1998 das gesamte, vollständig vorformulierte Vertragsbündel einschließlich der Planungskonzeption, Bauplanung, Baudurchführung und Stromliefervertrag. Sie hatten weder rechtlich noch tatsächlich die Planung und Ausführung des Projekts in der Hand, noch trugen sie ein wirtschaftliches Risiko in der Bauphase. Nach der Einlassung der Kläger in der mündlichen Verhandlung konnten diese zu den einzelnen Bauphasen keine Angaben machen, da sie selbst nicht vor Ort waren. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse liegt daher ein Anschaffungsvorgang vor.

    c) Das Wirtschaftsgut WKA ist jedoch den Klägern nicht bis zum 30.06.1999 geliefert worden. Besitz, Nutzungen, Gefahr und Lasten gingen erst nach dem 30.06.1999 tatsächlich auf die Kläger über. Die Firma B hat mit Schreiben vom 27.04.2007 eine Abnahmebestätigung der Windkraftanlage in F vorgelegt, in dieser wird eine Inbetriebnahme für den 07.07.1999 dokumentiert. Nach Nr. 2 des Vertrages der X GmbH mit der Fa. B vom 09.02.1999 und Nr. VII der Allgemeinen Lieferbedingungen der X GmbH geht die Gefahr, soweit ein Probebetrieb vereinbart ist, nach einwandfreien Probebetrieb am Tag der Übernahme auf den Kunden über. Da die Kläger mit dem Kaufvertrag vom 21.12.1998 in die Rechtsposition des Verkäufers B eingetreten sind, gilt die Vereinbarung eines Probebetriebs auch gegenüber den Klägern. Zudem können die Kläger als Käufer nicht mehr Rechte erwerben, als sie ihr Verkäufer B liefern kann. Der Übergang an die Firma B ist mit Beendigung des Probebetriebes und der Erstellung des Abnahme-Protokolls vom 13.08.1999 erfolgt. Erst danach konnte der Verkäufer an die Kläger weiterliefern. Der Probebetrieb dient z.B. der technischen Abstimmung und der Einstellung auf die Windverhältnisse vor Ort. Die Fa. B bestätigte zum 16.06.1999 nur, dass die Anlage fertig montiert sei. Das wirtschaftliche Eigentum wurde aber erst nach Abschluss des Probebetriebs übertragen. Bis dahin lag das wirtschaftliche Risiko in der Bauphase noch bei der X GmbH. Hierfür spricht auch, dass die 3. Zahlungsrate (45 % vor Aufstellungsbeginn der WKA) erst am 03.06.1999 und die 4. Zahlungsrate (15 % bei Rotormontage) erst am 11.06.1999 angefordert wurde. Weder der frühe Abschluss der Versicherung für die Anlage noch der Bezug von Stromgeld im Juli 1999 ändern etwas daran, dass das wirtschaftliche Risiko aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen bis zum Abschluss des Probebetriebs bei der X lag. Eine detaillierte Prüfung der von den Klägern abgeschlossenen Verträge nimmt im Übrigen insoweit weder die Versicherungsgesellschaft noch das Energieunternehmen vor.

    III.

    Die Klage hat auch im Hilfsantrag keinen Erfolg. Nach § 7g Abs. 1 und 3 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung können Steuerpflichtige, die den Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln, für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden. Eine Rücklage kann nach § 7 g Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 EStG 1998 jedoch nur gebildet werden, wenn die Bildung und Auflösung der Rücklage in der Buchführung verfolgt werden kann. In den Bilanzen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs der Kläger sind weder für das Wirtschaftsjahr 1997/1998 noch für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 eine § 7 g EStG Rücklage eingestellt. Zudem ist die Rücklage nach § 7 g Abs. 3 Satz 5 EStG 1998 auf den Betrag von 300.000 DM je Betrieb des Steuerpflichtigen beschränkt.

    IV.

    Die Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der Reinvestitionsfrist des § 6b EStG aus Billigkeitsgründen durch das Finanzamt ist nicht als ermessensfehlerhaft zu beanstanden.

    Gemäß § 163 Satz 1 AO 1977 können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuern unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Die Unbilligkeit einer Steuerfestsetzung kann sich aus sachlichen oder aus persönlichen Gründen ergeben. Sachlich unbillig ist die Festsetzung einer Steuer, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Einzelfall derart zuwiderläuft, dass die Steuererhebung als unbillig erscheint, d.h., dass nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber die zu entscheidende Frage im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme geregelt hätte, wenn er sie geregelt hätte (vgl. BFH-Urteil vom 26.05.1994 IV R 51/93, BStBl II 1994, 833). Eine sachliche Unbilligkeit liegt nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Beschluss vom 21.09.2005 X B 100/05, BFH/NV 2005, 2160; BFH-Urteil vom 04.02.2010 II R 25/08, BStBl II 2010, 663) vor, wenn im Einzelfall ein ungewollt über die Wertungen des Gesetzgebers hinausgehender sogenannter Überhang des gesetzlichen Tatbestands über die mit Sinn und Zweck des Gesetzes zu vereinbarende Regelung feststellbar ist, welcher deshalb auf das vom Gesetzgeber gewollte Maß zurückzuführen ist. Eine Billigkeitsprüfung darf sich jedoch nicht in Überlegungen zur richtigen Rechtsanwendung erschöpfen. Sie muss sich ggf. auch auf allgemeine Rechtsgrundsätze und verfassungsrechtliche Wertungen erstrecken. So ist eine Billigkeitsmaßnahme geboten, wenn es beim Voll3 einer im Allgemeinen verfassungsmäßigen Norm in einem Härtefall zu einer verfassungsrechtlich bedenklichen Problemlage kommt.

    Die Entscheidung über die Verlängerung der Reinvestitionsfrist des § 6 b EStG aus Billigkeitsgründen ist eine Ermessensentscheidung des Finanzamts, die nach § 102 FGO nur eingeschränkter gerichtlicher Überprüfung unterliegt (vgl. BFH-Urteil vom 10.10.2001 XI R 52/00, BStBl II 2002, 201; Loose bei Tipke/Kruse, AO/FGO, § 163 AO Rz. 10). Nach § 102 FGO ist die gerichtliche Überprüfung darauf beschränkt, dass das Finanzamt bei seiner Entscheidung den entscheidungserheblichen Sachverhalt einwandfrei und erschöpfend ermittelt und die Grenzen des Ermessens nicht überschritten und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Hierbei darf das Gericht die für die Ausübung des Ermessens maßgeblichen Erwägungen nicht durch eigene ersetzen. Nur wenn sich im konkreten Fall der Ermessensspielraum so verengt hat, dass nur eine Entscheidung richtig sein konnte, kann das Begehren dazu führen, dass die beklagte Behörde zur Billigkeitsmaßnahme verpflichtet ist (vgl. BFH-Urteil vom 10.10.2001 XI R 52/00, BStBl II 2002, 201).

    Im Streitfall lässt die Ermessensentscheidung des Finanzamts keine Fehler erkennen. Der Ermessensspielraum hatte sich auch nicht so verengt, dass nur eine Verlängerung der Frist richtig sein kann. Das Finanzamt stellte in der Einspruchsentscheidung vom 25.05.2010 darauf ab, dass § 6 b EStG bereits eine Ausnahme von dem Grundsatz darstelle, dass durch Veräußerung realisierte Gewinne auch im Wirtschaftsjahr der Veräußerung zu versteuern sind. Weiter sei eine Billigkeitsmaßnahme nur dann gerechtfertigt, wenn der Steuerpflichtige aufgrund von Maßnahmen Dritter, insbesondere behördlicher Maßnahmen, an einer Reinvestition gehindert sei (so auch Schmidt/Glanegger, EStG 2008, § 6 b Rz. 107; Blümich/Schlenker, EStG § 6 b Rz. 254). Zudem widerspricht die Reinvestitionsfrist des § 6 b Abs. 3 EStG nach den Ausführungen in der Einspruchsentscheidung weder dem Zweck der einschlägigen gesetzlichen Regelung noch ist sie mit allgemeinen Rechtsgrundsätzen oder verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen unvereinbar. Das Finanzamt hat die im Rahmen der sachlichen Billigkeitsgründe zu berücksichtigenden Ermessensgesichtspunkte einwandfrei und erschöpfend ermittelt und ist bei der Abwägung zu einem Ergebnis gelangt, das im Rahmen der gerichtlichen Überprüfungsbefugnis des § 102 FGO nicht zu beanstanden ist. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Reinvestitionsfrist der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden dient, denn die Erweisbarkeit eines Anspruchs wird schwieriger, je mehr Zeit nach Entstehung des Anspruchs verstrichen ist. Persönliche Billigkeitsgründe wurden weder vorgetragen noch sind solche ersichtlich, sodass die Behörde hierauf auch nicht eingehen musste.

    Die Revision wird der Anregung der Prozessbevollmächtigten folgend wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) der Streitsache zugelassen.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    VorschriftenEStG § 6b, EStG § 6b Abs. 3, EStG § 7g Abs. 1 u. 3, AO § 163 Abs. 1, AO § 181 Abs. 5