08.01.2010
Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 16.12.2004 – 3 K 891/03
1. Die Veräußerung eines vermieteten und mit einem Café bebauten Grundstücks zusammen mit dem dazugehörigen Mietvertrag stellt eine nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen dar, da alle wesentlichen materiellen Grundlagen des Unternehmens veräußert wurden. Dabei spielt keine Rolle, ob es sich bei der Veräußerin um eine Gesellschaft handelte, die die gewerbliche Vermietung des erworbenen und bebauten Grundstückes betreiben wollte, ob es sich um ein Bauträger-Unternehmen handelte, das ein erworbenes Grundstück nach dessen Bebauung an einen Abnehmer veräußern wollte oder ob zwischenzeitlich eine Änderung des Gesellschaftszwecks von Ersterem zu Zweitem stattgefunden hat.
2. Erkennt der Leistende und Rechnungsaussteller zunächst nicht, dass die Leistung wegen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht umsatzsteuerbar war, so kann er eine Berichtigung der Rechnung und damit der Umsatzsteuer wie ein Unternehmer vornehmen, der eine höhere als die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer ausgewiesen hat. Danach ist die Berichtigung der Umsatzsteuer beim Veräußerer und des Vorsteuerabzugs beim Erwerber gemäß § 17 Abs. 1 UStG im Jahr der Vornahme der Berichtigung durchzuführen. Sie hat nicht (rückwirkend) für das Jahr zu erfolgen, in dem der ursprünglich falsch abgerechnete Umsatz ausgeführt worden war.
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Finanzrechtsstreit
hat der 3. Senat unter Mitwirkung der Richterin am Finanzgericht … als Vorsitzende, des Richters am Finanzgericht, … des Richters am Amtsgericht, … der ehrenamtlichen Richterin … und … der ehrenamtlichen Richterin auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 16. Dezember 2004
für Recht erkannt:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob eine nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt und diese zu einer Berichtigung des bereits gewährten Vorsteuerabzugs führen durfte.
Im Dezember 1995 erwarben Herr G und Herr B als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (nachfolgend: die Veräußerin) das Grundstück W-Straße in Z..
Die Veräußerin schloß am 01.09.1996 (als Vermieterin) mit Frau W (als Mieterin) einen Vertrag mit folgendem Wortlaut (Auszug):
„Zwischen… wird folgender Vertrag geschlossen, von dem der Vermieter bis 4 Wochen nach Abschluß diese Vertrages zurücktreten kann:
Der Vermieter errichtet auf dem Grundstück W-Straße, (…) eine gastronomische Einrichtung mit Bowlinganlage. (…) Vorbehaltlich der Tatsache, daß das Bauvorhaben fertiggestellt wird, vereinbaren die Parteien nachstehenden Mietvertrag, der 2 Wochen nach der Fertigstellung (Bauabnahme nach VOB/B) seine Gültigkeit erlangt. (…)
§ 2 – Mietzeit –
1. Der Abschluß des Mietvertrages erfolgt auf 10 Jahre. Das Mietverhältnis beginnt zwei Wochen nach baulicher Abnahme und Übergabe der Mietsache in einem funktionsgerechten Zustand an den Mieter. (…)”
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sie erwarb mit notariellem Kaufvertrag und Auflassung vom 23.12.1996 das Grundstück W-Straße in Z. von der Veräußerin. In ihrem Gesellschaftsvertrag legte die Klägerin als Gesellschaftszweck die Vermietung und Verwaltung des genannten Grundstücks fest.
In dem Kaufvertrag vom 23.12.1996 hatten die Veräußerin und die Klägerin unter anderem Folgendes vereinbart:
Ziffer III – Kaufpreis –
„1. Der Kaufpreis ist ein Festpreis und beträgt | 2.400.000,00 DM |
zuzüglich 15 % MwSt. | 360.000,00 DM |
insgesamt also | 2.760.000,00 DM |
(…)
4. Die Mehrwertsteuer in Höhe von 360.000,00 DM ist von den Erwerbern nicht direkt an die Verkäufer zu bezahlen. Die Mehrwertsteuer wird vielmehr im Wege der Abtretung des Vorsteuerabzugs vorgenommen.”
Ziffer IV – Bauverpflichtung –
„Der Veräußerer verpflichtet sich gegenüber dem Erwerber, auf eigene Gefahr und Rechnung das derzeit auf dem Grundstück befindliche Gebäude abzureißen und eine neue Gaststättenanlage mit mindestens 600 m² Nutzfläche, mindestens 100 (in Worten einhundert) Plätzen und mindestens 16 (in Worten sechzehn) Stellplätzen sowie mit 4 (in Worten vier) Bowlingbahnen schlüsselfertig und betriebsbereit zu errichten. …Angestrebt ist eine Fertigstellung und Eröffnung der Gaststätte zum 17.05.1997 (Pfingstsamstag). …”
Ziffer XI – Besitzübergabe –
„1. Besitz (…) gehen von dem Zeitpunkt der Abnahme an auf den Erwerber über.”
Ziffer XV – Vermietung –
„1. Mit Mietvertrag vom 28.08./01.09.1996 wurde der Vertragsgegenstand als schlüsselfertige und betriebsbereite Gaststätte vermietet an Frau Evelyne Werler. Der Mietvertrag ist als Anlage 3 Bestandteil dieser Urkunde. Der Veräußerer steht für die Rechtswirksamkeit dieses Mietvertrages und dafür, dass dieser Mietvertrag mit Eigentumsüberschreibung gemäß § 571 BGB auf den Erwerber übergeht, ein. (…)”
Ziffer XVIII – Änderungen –
„…Der Käufer übernimmt diesen Mietvertrag ab Besitzübergang mit allen Rechten und Pflichten. (…)”
Als Anlage 3 war dem Kaufvertrag als sogenannter Mietvorvertrag der oben zitierte Vertrag zwischen der Veräußerin und Frau W vom 01.09.1996 beigefügt.
Am 14.07.1997 wurde ein im Wesentlichen mit dem Vertrag vom 01.09.1996 inhaltlich identischer, ebenfalls bedingter, Mietvertrag zwischen der Klägerin als Vermieterin und Frau W als Mieterin geschlossen.
Die Abnahme des Bauvorhabens „Café …” sowie die Besitzübergabe an die Klägerin erfolgten am 05.08.1997. Die Gaststätte wurde im August 1997 durch die Mieterin eröffnet. Die Eigentumseintragung der Klägerin in das Grundbuch erfolgte am 17.12.1998.
Die Klägerin zahlte an die Veräußerin vertragsgemäß vorerst nur 96,5 % des Kaufpreises, also 2.316.000 DM. Im Rahmen von Nachverhandlungen im Jahr 1998 einigten sich die Veräußerin und die Klägerin auf einen Gesamtkaufpreis von 2.326.000 DM. Im Nachgang war zwischen den Vertragsparteien streitig, ob es sich hierbei um den Netto- oder um den Bruttokaufpreis einschließlich Umsatzsteuer handelt.
Mit Umsatzsteuererklärung für 1996 vom 05.05.1998 machte die Klägerin aus dem Erwerb des Grundstücks einen Vorsteuer-Erstattungsanspruch in Höhe von zunächst 360.000 DM geltend. Am 06.07.1998 reichte sie eine berichtigte Umsatzsteuererklärung für 1996 ein und beantragte eine Vorsteuer-Erstattung in Höhe von 348.960,84 DM. Für das Jahr 1997 erhielt die Klägerin aus dem Erwerb des Grundstücks eine weitere Vorsteuererstattung in Höhe von 12.656,61 DM.
Das Finanzamt stimmte der Umsatzsteuererklärung, aus der sich ein Vorsteuererstattungsanspruch in Höhe von 348.960,84 DM ergab, am 26.08.1998 zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zu und zahlte der Klägerin den Erstattungsbetrag aus.
Die Veräußerin wies das FA in einem Schreiben vom 17.05.1999 auf die Regelung in ihrem Grundstückskaufvertrag mit der Klägerin hin, wonach die Erfüllung ihrer Pflicht zur Abführung der Umsatzsteuer durch Abtretung des Vorsteueranspruchs der Klägerin erfüllt werden sollte. Es wurde gebeten, eine von der Klägerin gegebenenfalls gleichwohl geltend gemachte Vorsteuererstattung nicht zu erfüllen.
Mit Erklärung vom 10.03.2000 schilderte der Gesellschafter der Veräußerin Dr. G der OFD C., dass er im Jahre 1995 zusammen mit Herrn B das Grundstück erworben habe. Von Anfang an sei geplant gewesen, den Gastronomiekomplex zu errichten und das Objekt im Bestand zu halten. Erst im Laufe des Jahres 1996 sei aus persönlichen und wirtschaftlichen Gründen der Entschluss gefasst worden, das Grundstück unter Weiterführung des bisherigen Konzepts im Übrigen zu veräußern.
Die Veräußerin erstellte eine berichtigte Rechnung, in der sie für den Verkauf des Grundstücks und die Errichtung des Gebäudes keine Umsatzsteuer mehr auswies. Die berichtigte Rechnung über einen Gesamtkaufpreis von 2.326.000,00 DM vom 15.03.2000 ging bei der Klägerin am 16.03.2000 ein.
Mit Bescheid vom 15.05.2000 setzte das FA die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat März 2000 gegenüber der Klägerin unter Beibehaltung des Vorbehalts der Nachprüfung auf 362.446,00 DM fest. Dabei wurden ”./. 360.000,00” DM als abziehbare Vorsteuer- und Kürzungsbeträge aus Rechnungen von anderen Unternehmen ausgewiesen.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin, vertreten durch die Prozessbevollmächtigten, mit Schreiben vom 29.05.2000 Einspruch ein.
Am 29.08.2001 reichte die Klägerin ihre Umsatzsteuererklärung für 2000 ohne Berücksichtigung der Vorsteuer-Berichtigung ein. Das FA erließ am 13.11.2001 den verfahrensgegenständlichen Jahresumsatzsteuerbescheid 2000 und nahm dort 360.000 DM als Steuerbeträge, die nach § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG geschuldet werden, auf, und setzte die Umsatzsteuer 2000 auf 385.146 DM fest.
Im Rahmen des Einspruchsverfahrens begründete die Klägerin ihre Ansicht, eine Geschäftsveräußerung durch die Veräußerin an sie habe nicht stattgefunden. Die Veräußerin habe ein Bauträgerunternehmen geführt, das die Klägerin zu keinem Zeitpunkt habe übernehmen wollen. Auch habe die Klägerin selbst einen Pachtvertrag mit der Mieterin abgeschlossen. Die Veräußerin habe lediglich den Mieter nachgewiesen und einen noch unkonkreten Vorvertrag mit der späteren Mieterin abgeschlossen. Das Grundstück sei keine wesentliche Betriebsgrundlage des Bauträgerunternehmens gewesen; vielmehr habe es sich für die Veräußerin nur um Umlaufvermögen gehandelt. Demgegenüber sei das Grundstück bei der Klägerin, die von Anfang an Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt habe, Anlagevermögen gewesen. Die Veräußerin habe selbst in einem Einspruchsschreiben durch ihre Bevollmächtigte vom 18.06.1999 erklärt, sie sei ein Bauträger-Unternehmen und umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer gewesen.
Darüber hinaus ließ die Klägerin zur Unterstützung ihrer Auffassung ein Rechtsgutachten anfertigen, das sie dem Finanzamt am 18.11.2002 vorlegte. Auf das Gutachten wird Bezug genommen (Bl. 107-120 der Rechtsbehelfsakte).
Die Einspruchsentscheidung vom 18.03.2003 wies der Einspruch als unbegründet zurück.
Die Klägerin verfolgt ihr Rechtsschutzziel mit Klage vor dem Finanzgericht weiter.
Die Klägerin beruft sich im Wesentlichen auf den vorgerichtlichen Schriftverkehr und das von ihr in Auftrag gegebene Rechtsgutachten.
Die Klägerin beantragt, den Umsatzsteuerbescheid 2000 vom 13.11.2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.03.2003 insoweit abzuändern, als die Rückzahlung der Vorsteuererstattung in Höhe von 360.000 DM aufgehoben wird.
Der Beklagte beantragt, die Abweisung der Klage.
Er verweist auf seine Einspruchsentscheidung. Die Veräußerin habe nicht von Anfang an die Veräußerung des Grundstücks geplant. Es sei ein lebendes Unternehmen veräußert worden und mit Grundstück und Mietvertrag seien sämtliche wesentliche Grundlagen zur Fortführung des Unternehmens übertragen worden.
Ergänzend wird auf alle Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen, auf alle Protokolle und sonstigen Aktenbestandteile sowie auf die beigezogenen Steuerakten Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid 2000 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Den Gegenstand des Rechtsstreits bildet der Jahresumsatzsteuerbescheid 2000 vom 13.11.2001, der mit seinem Ergehen während des Einspruchsverfahrens gegen den Vorauszahlungsbescheid März 2000 vom 15.05.2000 an dessen Stelle getreten ist (BFH, Urteil vom 4. November 1999 V R 35/98, BStBl II 2000, 454).
I.
Die Klage ist zulässig.
Ebenso wurde das Einspruchsverfahren ordnungsgemäß, aber erfolglos durchgeführt. Der Einspruch vom 29.05.2000 war zwar zunächst nur gegen den Vorauszahlungsbescheid März 2000 vom 15.05.2000 gerichtet. Mit Erlass des Jahresumsatzsteuerbescheids vom 13.11.2001 ist dieser aber gemäß § 365 Abs. 3 Satz 1 Abgabenordnung (AO) Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden, so dass sich die ablehnende Einspruchsentscheidung vom 18.03.2003 auf diesen bezog.
II.
Die Klage ist jedoch unbegründet, da die Berichtigung der Vorsteuer in dem Veranlagungszeitraum 2000 durch das FA rechtmäßig war. Es konnte im Jahr 2000 eine Berichtigung der Vorsteuer vorgenommen werden, da die Veräußerin die von ihr gelegte Rechnung nachträglich geändert hatte (1.). Diese Rechnungsberichtigung war zulässig, da die der Rechnung zu Grunde liegende Veräußerung des Grundstücks mit Café eine nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen darstellte (2.).
1.
Die geänderte Steuerfestsetzung beruht, soweit sie angegriffen wird, auf einer Berichtigung nach §§ 14 Abs. 2 Satz 2, 17 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes, in der bis 31.12.2003 gültigen Fassung (nachfolgend: UStG a.F.; das im Streitfall nicht anwendbare, ab 01.01.2004 geltende Recht sieht in § 14 c Abs. 1 Satz 3 UStG ausdrücklich eine Berichtigungsmöglichkeit für den Fall einer Geschäftsveräußerung im Ganzen vor). Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG a.F. kann ein leistender Unternehmer, der in einer Rechnung eine höhere Umsatzsteuer ausgewiesen hat, als er nach dem Gesetz schuldet, diesen Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger berichtigen. Eine solche Vorgehensweise führt im Jahr der vorgenommenen Rechnungsberichtigung zu einer Berichtigung der Umsatzsteuerschuld bei dem Leistenden und korrespondierend zu einer Berichtigung der Vorsteuerberechtigung bei dem Leistungsempfänger (§ 17 Abs. 1 UStG).
Erkennt der Leistende und Rechnungsaussteller zunächst nicht, dass die Leistung wegen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht umsatzsteuerbar war, so kann er eine Berichtigung der Rechnung und damit der Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 2 UStG a.F. wie ein Unternehmer vornehmen, der eine höhere als die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer ausgewiesen hat (Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 48 Rdnr. 100; Forgách in Reiß/Kraeusel/Langer, Kommentar zum UStG, § 14 Rdnr. 260, Wagner in Sölch/Ringleb, Kommentar zum UStG, § 14 c Rdnr. 41 m.w.N.). Danach ist die Berichtigung gemäß § 17 Abs. 1 UStG im Jahr der Vornahme der Berichtigung steuerlich zu berücksichtigen, nicht (rückwirkend) für das Jahr, in dem der ursprünglich falsch abgerechnete Umsatz ausgeführt worden war.
Leistendes Unternehmen war vorliegend ausweislich des Vertrages vom 23.12.1996 die Veräußerin, Leistungsempfängerin war die Klägerin. Die Veräußerin hat der Klägerin am 15.03.2000 eine berichtigte Rechnung für den Verkauf des Cafés nebst Grundstück ohne den Ausweis von Umsatzsteuer ausgestellt. Diese berichtigte Rechnung wurde der Klägerin durch Einschreiben mit Rückschein am 16.03.2000 bekannt gegeben. Das Jahr der Vornahme der Berichtigung war also 2000.
2. Da die Berichtigung der Rechnung durch die Veräußerin berechtigt war, hatte das FA hieraus die umsatzsteuerlichen Konsequenzen zu ziehen und den der Klägerin ursprünglich gewährten Vorsteuerabzug zu berichtigen.
a) Ob die durch den EuGH in seiner Entscheidung vom 19. September 2000 (Rs. C-454/98, Schmeinck & Cofreth, Slg. 2000 I-6973, HFR 2000, 914) geforderte weitere Voraussetzung für eine Berichtigung, die Beseitigung der Gefährdung des Vorsteueraufkommens, erfüllt ist, kann im Streitfall dahinstehen, da diese gemeinschaftsrechtliche Vorgabe die Rechte des die Berichtigung begehrenden Steuerpflichtigen einschränkt und einer – gegebenenfalls davon abweichenden – und damit großzügigeren nationale Rechtsanwendung nicht im Wege der richtlinienkonformen Auslegung entgegengehalten werden kann (vgl. dazu Wagner in Sölch/Ringleb, a.a.O. Rdnr. 106). Die Beseitigung der Gefährdung des Vorsteueraufkommens als Voraussetzung einer Berichtigung ist zudem kein Einwand, den der Leistungsempfänger erheben kann, da er sonst eine (ansonsten berechtigte) Berichtigung der ihm bereits gewährten Vorsteuer mit dem Einwand, die gewährte Vorsteuer nicht zurück zu bezahlen, stets vereiteln könnte.
b) Die Berichtigung war vorzunehmen, da der Verkauf des Grundstücks nebst Café durch die Veräußerin an die Klägerin eine nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen darstellte und der Ausweis von Umsatzsteuer in dem ursprünglichen Kaufvertrag damit zu Unrecht erfolgt war.
aa) Nach § 1 Abs. 1 a UStG unterliegen seit dem 01.01.1994 die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer nicht der Umsatzsteuer. Diese Vorschrift setzt Art. 5 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG über die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (77/388/EWG) um. Nach dieser Regelung des Gemeinschaftsrechts können die Mitgliedstaaten die Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, so behandeln, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden ansehen. Nach Urteil des EuGH vom 27. November 2003 (C-497/01, Zita Modes Sàrl, Slg. 2004 I-31, HFR 2004, 402) liegt eine Übertragung eines Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens vor, wenn ein Geschäftsbetrieb oder ein selbständiger Unternehmensteil übertragen wird, der jeweils materielle und gegebenenfalls immaterielle Bestandteile umfasst, die zusammen genommen ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann. Die bloße Übertragung von Gegenständen, wie den Verkauf eines Warenbestandes werden hiervon indes nicht erfasst. Der durch die Übertragung Begünstigte muß darüber hinaus beabsichtigen, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben und nicht nur die betreffende Geschäftstätigkeit sofort abzuwickeln sowie gegebenenfalls den Warenbestand zu verkaufen.
Der Erwerber muss mit dem übernommenen Unternehmen ohne nennenswerten Neuinvestitionen eine Umsatztätigkeit, nicht notwendig die gleiche wie der Veräußerer, fortsetzen (Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 48 Rdnr. 24).
bb) Veräußerer und Erwerber sind Unternehmer.
Im Streitfall war nicht nur die Klägerin, sondern auch die Veräußerin eine Unternehmerin. Dabei spielt es letztlich keine Rolle, welchen Gesellschaftszweck die Veräußerin verfolgt; ob es sich also um eine Gesellschaft handelte, die die gewerbliche Vermietung des erworbenen und bebauten Grundstückes betreiben wollte, ob es sich um ein Bauträger-Unternehmen handelte, das ein erworbenes Grundstück nach dessen Bebauung an einen Abnehmer veräußern wollte oder ob im Jahr 1996 eine Änderung des Gesellschaftszwecks von Ersterem zu Zweiterem stattgefunden hat. Einer Beweiserhebung zu dieser Frage bedarf es daher nicht.
(1) Unterstellt man – wie die Veräußerin in ihren Schreiben vom 03.02.2000 und 10.03.2000 (Bl. 33 und 69 der Rechtsbehelfsakte) geäußert hat –, dass bei Ankauf des Grundstücks bzw. Gründung der GbR zunächst die Absicht bestanden hatte, das Grundstück mit einem Gastronomiekomplex zu bebauen, dann zu vermieten und das Objekt im Bestand zu halten, so wollte sie ein Vermietungs-Unternehmen bezogen auf ein gewerblich genutztes Grundstück führen. Dabei ist die Veräußerin auch bereits unternehmerisch in diese Richtung tätig geworden, indem sie mit dem Ankauf des Grundstücks bereits erste Investitionen getätigt und mit ersten Bauvorbereitungen begonnen hatte. Aus der Rechnung des Architekturbüros Z vom 09.10.1996 für den „Neubau einer gastronomischen Einrichtung mit Restaurant, Clubraum, Bowlingbahn, Terassencafé” ergibt sich, dass der Architekt gegenüber der Veräußerin bereits am 23.01.1996 ein diesbezügliches Kostenangebot abgegeben hatte (Bl. 44 der Rechtsbehelfsakte). Die Rechnung des Maklers B-C-P, die die Veräußerin an die Klägerin erfolgreich vermittelt hatte und hierfür mit Schreiben vom 29.04.1997 einen Maklerlohn in Rechnung stellte, bezieht sich auf einen mit der Veräußerin am 15.10.1996 geschlossenen Maklervertrag. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Veräußerin die Bebauung und Vermietung des Grundstücks zunächst ohne Verkaufsabsicht begonnen hatte und erst später einen Käufer suchte. Auch bahnte die Veräußerin das Mietverhältnis mit Frau W an. Erst später, als sie feststellte, dass die Finanzierung nicht mehr gesichert war bzw. aufgrund der schweren Erkrankung des Gesellschafters Dr. G, änderten sie ihre unternehmerische Absicht dahingehend, das Grundstück zu verkaufen. Die Vermietung und Bebauung sollte jedoch noch durch sie selbst erfolgen. Mit Frau W wurde ein sogenannter Mietvorvertrag geschlossen, der letztlich aber nach Ablauf der vorbehaltenen Rücktrittsfrist ein für beide Seiten verbindliches bedingtes Mietverhältnis begründete. Die Vertragsbedingungen waren in allen wesentlichen Punkten bis hin zum Mietzins detailliert schriftlich unter dem Oberpunkt Mietvertrag festgelegt worden. Der Mietvertrag sollte 2 Wochen nach Fertigstellung des Gastronomiekomplexes wirksam werden, also unabhängig von weiteren Handlungen der Vertragspartner (von der Bebauung abgesehen). Auch die Bebauung wurde sodann laut Grundstückskaufvertrag mit der Klägerin seitens der Veräußerin auf deren Rechnung organisiert und vorgenommen. Damit stellte sie sich im Ergebnis weniger als Bauträger-Unternehmen, sondern als (erfolgloses) Vermietungs-Unternehmen dar.
(2) Als Vermietungs-Unternehmer hat die Veräußerin mit dem Verkauf des von ihr noch zu bebauenden Grundstücks und der maßgeblichen Grundstücksübereignung zusammen mit der Übertragung bzw. dem Übergang des bereits abgeschlossenen Mietvertrages seine wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert.
Dies kann bei Vermietungs-Unternehmen schon dann der Fall sein, wenn diese ihr (einziges) Mietgrundstück veräußern (Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch § 48 Rn. 26, 28, 66, 79). Da vorliegend das einzige Grundstück mitsamt Übertragung des Mietvertrages veräußert wurde und weitere Wirtschaftsgüter bei der Veräußerin nicht vorhanden waren, ist eine solche Situation hier gegeben. Dafür spricht auch, dass die Veräußerin in den folgenden Jahren 1998 bis 2000 keinerlei laufende Umsätze mehr erklärte, also keine (wesentlichen) Wirtschaftsgüter zurückbehalten hatte.
(3) Mit der neueren Rechtsprechung geht der erkennende Senat davon aus, dass für die Annahme einer Geschäftsveräußerung im Ganzen aus umsatzsteuerlicher Sicht das übertragene Unternehmen kein lebendes sein muß (BFH, Urteil vom 8. März 2001 V R 24/98, BStBl II 2003, 430; Urteil vom 21. März 2002 V R 62/01, BStBl II 2002, 559). Auch der erfolglose Unternehmer ist Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts (vgl. EuGH, Urteil vom 29. Februar 1996, Rs. C-110/94, INZO, Slg 1996 I-857, HFR 1996, 940; Urteil vom 8. Juni 2000, Rs. C-400/98, Breitsohl, Slg 2000 I-4321, HFR 2000, 685). Die unternehmerische Tätigkeit beginnt mit Vornahme der ersten Investitionen. Entscheidend ist, dass die wesentlichen Betriebsgrundlagen übertragen wurden und zwar in dem Zustand, in dem das Unternehmen zum Übertragungszeitpunkt bestand. So kann der Verkauf eines Mietgrundstückes durch den Bauherrn bereits dann eine Geschäftsveräußerung darstellen, wenn die Veräußerung vor der beabsichtigten Vermietung erfolgt (Klenk in Sölch/Ringleb, § 1 Rdnr. 475). Davon abgesehen war das Grundstück im Streitfall zum maßgeblichen Veräußerungszeitpunkt der Übertragung der Verfügungsmacht an die Erwerber bereits vermietet (vgl. für einen ähnlichen Sachverhalt das Urteil des FG Hamburg vom 18. September 2002 II 168/01, EFG 2003, 267, Revision anhängig unter dem Aktenzeichen V R 45/02).
(4) Aber auch dann, wenn davon ausgegangen wird, bei der Veräußerin habe es sich im Zeitpunkt der Veräußerung des Grundstücks an die Klägerin – entsprechend ihrer zwischenzeitlich gewandelten Absicht – um ein Bauträger-Unternehmen gehandelt, ist vom Vorliegen einer nicht umsatzsteuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen auszugehen, da mit dem zu bebauenden Grundstück samt abgeschlossenen Mietvertrages die wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert und abgetreten wurden. Dies kann auch bei einem Unternehmen der Fall sein, bei dem das veräußerte Grundstück das einzige darstellt und keine weitere unternehmerische Tätigkeit durch diese Gesellschaft mehr geplant ist (vgl. Birkenfeld, a.a.O., § 48 Rdnr. 26, 66).
So liegt der Fall hier, da mit dem Grundstück samt Mietvertrag alle wesentlichen materiellen Grundlagen des Unternehmens veräußert wurden.
Dafür ist es unerheblich, dass das Unternehmen nicht als Bauträger-Unternehmen fortgeführt wird, sondern als Vermietungs-Unternehmen, da die Bauträger-Tätigkeit mit Fertigstellung nunmehr ihr natürliches Ende gefunden hat und sich die Vermietung durch die Erwerberin anschließt. Der Erwerber muss nicht die gleiche Umsatztätigkeit wie der Veräußerer fortsetzen (vgl. Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 48 Rn. 24, 74; Klenk, in Sölch/Ringleb, § 1 UStG Rn. 481.). Beachtlich ist vielmehr nur, dass auch der Erwerber (irgend-)ein umsatzsteuerlicher Unternehmer ist. Es kommt im Streitfall hinzu, dass auch beim Vermietungs-Unternehmen (also der Klägerin) das bebaute Grundstück die wesentliche Betriebsgrundlage bleibt.
Entgegen steht dem auch nicht, dass das Grundstück beim Bauträger-Unternehmer gewöhnlich im Umlaufvermögen steht, während es der Vermietungs-Unternehmer im Anlagevermögen führt. Solche Einordnungen sind ertragsteuerlicher Natur und dem Umsatzsteuerrecht fremd (Birkenfeld, a.a.O., § 48 Rdnr. 26).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Es lagen keine Gründe vor, die Revision zuzulassen, § 115 FGO.