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  • 08.01.2010

    Finanzgericht München: Gerichtsbescheid vom 09.09.2004 – 7 K 2991/03

    1. Die durch Art. 3 Nr. 22 StSenkG in das KStG eingefügten Regelungen in § 36 und § 37 KStG n.F. über die im Übergang vom Anrechnungs- auf das Halbeinkünfteverfahren vorzunehmende Umgliederung der nach § 30 KStG a.F. ermittelten und nach § 47 KStG a.F. gesondert festgestellten Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals von Körperschaften sind von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden; sie verstoßen insbesondere nicht gegen das Rückwirkungsverbot, das Rechtsstaatsprinzip, den Gleichheitssatz sowie den Schutz des Eigentums und eigentumsähnlicher Rechte der Kapitalgesellschaft und überschreiten nicht den dem Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsspielraum zur Typisierung.

    2. Das gilt auch insoweit, als die Regelung des § 36 Abs. 3 KStG n.F. i.V.m. der Verrechnungsbestimmung des § 36 Abs. 4 KStG n.F. im Ergebnis dazu führt, dass im gesetzestypischen Regelfalle – d.h. bei Fehlen von positiven Beständen an EK 01 bis EK 03 – bisheriges EK 45 in unveränderter Höhe zu EK 40 umqualifiziert wird und dies zur Folge hat, dass das bisher durch diesen Teilbetrag des verwendbaren Eigenkapitals repräsentierte Körperschaftsteuerminderungspotential von 27,27 % (entsprechend 3/11 × EK 45) auf 16,67 % (entsprechend 1/6 × EK 40) und mithin um 38,87 % reduziert wird (Ausführungen zum Systemwechsel und zu hinzunehmenden Vor- und Nachteilen der Umgliederung).

    3. Ob etwas anderes für das teilweise Vorenthalten oder den endgültigen Entzug des gemäß § 37 Abs. 2 S. 3 KStG ermittelten Körperschaftsteuerguthabens –das im Gegensatz zum Körperschaftsteuerminderungs-potenzial ein „echtes” Steuerguthaben darstellt– gelten müsste, kann im Streitfall offen bleiben.


    IM NAMEN DES VOLKES

    GERICHTSBESCHEID

    In der Streitsache

    wegen gesonderter Feststellung der Endbestände nach § 36 Abs. 7 KStG gesonderter Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 S. 3 und § 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2001

    hat der 7. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des des Richters am Finanzgericht … und des Richters am Finanzgericht … ohne mündliche Verhandlung am 09. September 2004

    für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

    3. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    I.

    Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in …; Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist es, als Holdinggesellschaft die Koordination und einheitliche Leitung der Tochtergesellschaften im Konzern auszuüben. Unternehmensgegenstand der Konzerngesellschaften ist die Herstellung, der Vertrieb und der Service von elektronischen und elektrischen Prüf- und Messgeräten.

    Unter dem 2. Juni 2003 erließ der Beklagte (das Finanzamt -FA-) zusammengefasste Bescheide über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27 Abs. 2, 28 Satz 3 und 38 Abs. 1 KStG zum 31. Dezember 2001; der Bescheid stand gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Unter dem 31. März 2004 erließ das FA aus Gründen, die nicht im Streit sind, gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide. Die geänderten Bescheide bilden nach § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) den Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens.

    In den angefochtenen Bescheiden wurden die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals i.S. des § 47 KStG zum Ende des Wirtschaftsjahres, für welches das Körperschaftsteuergesetz 1999 letztmalig anzuwenden ist, in folgender Höhe festgestellt:

    EK 45:10.591.535 DM
    EK 40:1.697.322 DM
    EK 01:36.151 DM
    EK 02:./. 142.039 DM
    EK 04:2.000.000 DM


    Nach der Verringerung des Bestandes an EK 45 aufgrund von Ausschüttungen i.S. des § 36 Abs. 2 Satz 1 KStG in Höhe von 445.107 DM und der Erhöhung durch Einkommensteile, die mit 45 % der Körperschaftsteuer unterliegen, in Höhe von 2.498 DM, wurde das in Höhe von 10.148.926 DM verbleibende EK 45 nach § 36 Abs. 3 KStG in 12.455.500 DM EK 40 und in ./. 2.306.574 DM EK 02 umgegliedert. Entsprechend der Regelung in § 36 Abs. 4 KStG wurde das negative EK 02 (von insgesamt ./. 2.448.613 DM) in Höhe von 36.151 DM mit positivem EK 01 verrechnet. Danach verblieb ein negatives EK 02 in Höhe von ./. 2.412.462 DM. Dieses wurde in der genannten Höhe mit dem positiven Bestand an EK 40 verrechnet. Danach verblieb ein positives EK 40 in Höhe von (14.187.292 ./. 2.412.462 =) 11.774.830 DM.

    Nach den Regelungen der §§ 36 Abs. 7, 37 Abs. 2 Satz 3 KStG wurde aus dem gesondert festgestellten Endbestand an EK 40 ein verbleibendes Körperschaftsteuerguthaben in Höhe von 1/6 × EK 40 = 1.962.472 DM ermittelt und gesondert festgestellt.

    Mit ihrer hiergegen gerichteten Sprungklage – der das FA innerhalb der Frist des § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO zugestimmt hat – rügt die Klägerin die Verfassungswidrigkeit der in §§ 36 Abs. 3, 4 KStG in der Fassung des Steuersenkungsgesetzes (StSenkG) vom 23. Oktober 2000, BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428 (KStG n.F.) normierten Umgliederungsregelungen. Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die Regelung des § 36 Abs. 3 KStG n.F. i.V.m. der Verrechnungsbestimmung des § 36 Abs. 4 KStG n.F. im Ergebnis dazu führe, dass im gesetzestypischen Regelfalle – d.h. bei Fehlen von positiven Beständen an EK 01 bis EK 03 – bisheriges EK 45 in unveränderter Höhe zu EK 40 umqualifiziert werde. Dies habe zur Folge, dass das bisher durch diesen Teilbetrag des verwendbaren Eigenkapitals repräsentierte Körperschaftsteuerminderungspotential von 27,27 % (entsprechend 3/11 × EK 45) auf 16,67 % (entsprechend 1/6 × EK 40) und mithin um 38,87 % reduziert werde. Dies bedeute zugleich, dass im Falle der Ausschüttung die auf das ursprünglich zugrunde liegende zu versteuernde Einkommen entrichtete tarifliche Körperschaftsteuer von 45 v.H. auf eine Definitivbelastung von 35,83 v.H. (gegenüber 30 v.H. vor der Umgliederung) vermindert werde. Die Definitivbelastung des in früheren Jahren erzielten zu versteuernden Einkommens werde damit um insgesamt 19,44 % gegenüber der im Jahr der Einkommenserzielung gesetzlich geltenden definitiven Belastungsquote erhöht. Dem durch die Umgliederungsregelung bewirkten Entzug von annähernd 40 % des bisherigen Minderungspotentials stehe kein gesetzlich vorgesehener Ausgleich zugunsten der steuerpflichtigen Gesellschaft gegenüber. Dadurch werde die Erwartung der steuerpflichtigen Gesellschaft, bei entsprechender Ausschüttung eine Erstattung bzw. Verrechnung des durch frühere Entrichtung der tariflichen Körperschaftsteuer erworbenen Minderungsvolumens zu erhalten, enttäuscht. § 37 Abs. 1 Satz 2 KStG n.F. sei vor diesem Hintergrund verfassungskonform dahin auszulegen, dass das Körperschaftsteuerguthaben 1/6 des Endbestandes des mit der Körperschaftsteuer von 40 v.H. belasteten Teilbetrags sowie 15/55 des mit Körperschaftsteuer von 45 v.H. belasteten Teilbetrags beträgt.

    Eine verfassungskonforme Auslegung sei erforderlich, da die genannte gesetzliche Regelung bei wortgetreuer Anwendung gegen Eigentumsrechte der Klägerin verstoße. Bei dem insoweit betroffenen Anspruch der Klägerin auf Körperschaftsteuerminderung handle es sich um eine in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) fallende Rechtsposition. Als inländische juristische Person könne sich die Klägerin nach Art. 19 Abs. 3 GG auf das Grundrecht aus Art. 14 GG berufen. Zwar würden Inhalt und Schranken des durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten Eigentums durch die Gesetze bestimmt. Die im Streitfall maßgeblichen Vorschriften seien indes weder durch Gründe des öffentlichen Interesses noch durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt. Der insoweit festzustellende Eingriff in Eigentumspositionen der Klägerin sei zur Erreichung des gesetzgeberischen Zieles nicht geeignet und erforderlich und belaste die Klägerin in unzumutbarer Weise. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass eine Einschränkung der vor dem Systemwechsel erworbenen Körperschaftsteuerguthaben (Minderungspotentiale) erforderlich war, um den angestrebten Systemwechsel zum Halbeinkünfteverfahren zu erreichen. Die Regelung der maßgeblichen Bestimmung des § 37 KStG n.F. funktioniere unabhängig von der Höhe der dabei festzustellenden Körperschaftsteuerguthaben. Eine quantitative Beschränkung des nach § 37 KStG n.F. festzustellenden und in der Folgezeit zu verrechnenden Körperschaftsteuerguthabens durch die hier beanstandete Umgliederungs- und Verrechnungsregelung des § 36 Abs. 3 und 4 KStG n.F. sei für die Zwecke der Systemumstellung nicht erforderlich. Da nicht erkennbar sei, mit welcher Erwägung der Gesetzgeber die durch die maßgeblichen Vorschriften bewirkte Einschränkung des Minderungspotentials als Maßnahme zur Systemumstellung für erforderlich und geeignet gehalten hat, sei – jedenfalls für die Klägerin – kein öffentliches Interesse ersichtlich, welches den Entzug einer durch vorangegangene Steuerzahlungen erworbenen Rechtsposition der Klägerin als zumutbar erscheinen lassen könnte. Die beanstandete Regelung lasse sich auch nicht damit rechtfertigen, dass im Rahmen der eingeräumten Übergangsregelungen (§ 34 Abs. 10 a KStG) dem Steuerpflichtigen Gelegenheit gegeben werde, durch entsprechende Ausschüttungen bis zum 31. Dezember 2001 noch das Anrechnungsverfahren und damit das Minderungspotential inder bisher gekannten Höhe zu nutzen. Angesichts der mit einer Gewinnausschüttung verbundenen kaufmännischen, bilanziellen und unternehmenspolitischen Fragen habe der Gesetzgeber nicht davon ausgehen können, dass die betroffenen Gesellschaften innerhalb der kurzen Übergangsfrist in der Lage sein würden, entsprechende Ausschüttungen vorzunehmen. Die Kürze der Übergangsfrist stehe auch nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem langjährigen Zeitraum, innerhalb dessen üblicherweise die Bestände an belastetem Eigenkapital und damit die Minderungspotentiale entstanden sind und aufrechterhalten wurden. Im Ergebnis sei es daher erforderlich, die maßgeblichen Vorschriften in der dargestellten Weise verfassungskonform auszulegen.

    Die Klägerin beantragt sinngemäß,

    den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG sowie den Bescheid zum 31. Dezember 2001 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG zu ändern und das gemäß § 37 Abs. 2 Satz 3 KStG ermittelte Körperschaftsteuerguthaben auf 3.056.490 DM festzustellen.

    Das FA beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Ermittlung der gesondert festzustellenden Endbestände und die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen sei im Streitfall entsprechend den gesetzlichen Vorgaben der §§ 36 Abs. 1, 27, 28 und 38 KStG n.F. erfolgt. Eine dadurch bedingte Verletzung der Eigentumsrechte der Klägerin durch die Reduzierung des Anspruchs auf Körperschaftsteuerminderung liege nicht vor. Das im gesondert festgestellten, belasteten verwendbaren Eigenkapital von Kapitalgesellschaften enthaltene „Körperschaftsteuerguthaben” stelle keine Eigentums- oder eigentumsähnliche Position für den Anteilseigner dar. Ein auf die Einkommensteuer anrechenbares Körperschaftsteuerguthaben entstehe gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erst im Fall einer Gewinnausschüttung. Hierfür sei ein handelsrechtlicher Gewinnverwendungsbeschluss notwendig. Solange ein solcher nicht gefasst worden sei, erfolge auf der Ebene der Körperschaft die gesetzmäßige und zutreffende Besteuerung nach § 23 Abs. 1 KStG a.F. Im Übrigen stehe dem Gesetzgeber im Fall einer förmlichen Systemumstellung ein besonders weiter Gestaltungsfreiraum zur Verfügung; dies bedeute, dass die im Streitfall maßgeblichen Bestimmungen zur Ermittlung des Körperschaftsteuerguthabens eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S. des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG darstellten. Da die gesetzliche Neuregelung der Behandlung von Ausschüttungen bei Kapitalgesellschaften zudem vorab angekündigt worden sei, wäre es der Klägerin möglich gewesen, ihr thesauriertes Körperschaftsteuerminderungspotential noch vor Inkrafttreten der neuen Gesetzeslage durch Ausschüttungen zu nutzen.

    Die Klägerin hat nicht auf mündliche Verhandlung verzichtet; dem Senat erscheint es im Streitfall sachgerecht, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90 a Abs. 1 FGO).

    Gründe

    II.

    Die Klage ist nicht begründet.

    Die durch Art. 3 Nr. 22 StSenkG in das Körperschaftsteuergesetz eingefügten Regelungen in § 36 und § 37 KStG n.F. über die im Übergang vom Anrechnungs- auf das Halbeinkünfteverfahren vorzunehmende Umgliederung der nach § 30 KStG a.F. ermittelten und nach § 47 KStG a.F. gesondert festgestellten Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals von Körperschaften sind entgegen der Auffassung der Klägerin von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.

    1. Die mit dem StSenkG vom 23. Oktober 2000 begonnene Unternehmenssteuerreform vollzieht einen körperschaftsteuerlichen Systemwechsel, mit dem das durch das Körperschaftsteuergesetz 1977 vom 31. August 1976 (BGBl I 1976, 2597, BStBl I 1976, 445) eingeführte Anrechnungsverfahren durch das sog. Halbeinkünfteverfahren abgelöst wird. Im Gegensatz zu den bisherigen Regelungen, die eine auf der Ebene der Körperschaft bestehende steuerliche Vorbelastung durch Anrechnung der entrichteten Körperschaftsteuer (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG) auf die zu entrichtende Einkommensteuer des Anteilseigners zu beseitigen suchten, soll im Halbeinkünfteverfahren eine Doppelbelastung des von der Körperschaft erwirtschafteten und künftig mit einem einheitlichen Körperschaftsteuersatz von 25 v.H. definitiv besteuerten Gewinns auf der Besteuerungsebene des Anteilseigners – soweit er eine natürliche Person ist – durch eine lediglich hälftige Einbeziehung des Kapitalertrages nach § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG vermieden werden (vgl. Bundestagsdrucksache – BT-Drucks. – 14/2683, S. 120). Ist der Anteilseigner eine Körperschaft, wird der Beteiligungsertrag bzw. das Veräußerungsergebnis aus der Kapitalbeteiligung zur Vermeidung einer Mehrfachbelastung nach § 8 b KStG n.F. grundsätzlich von der Körperschaftsteuer freigestellt.

    a) Das im Regelfall (vgl. § 34 Abs. 1 KStG i.d.F. des StSenkG) bis einschließlich dem Veranlagungszeitraum 2000 anwendbare Körperschaftsteueranrechnungsverfahren regelte das Verhältnis zwischen Einkommensteuer und Körperschaftsteuer und damit das Ausmaß einer wirtschaftlichen Doppelbelastung auf der Ebene der Gesellschaft und des Anteilseigners. Im Rahmen der Gewinnverwendung zahlte die Körperschaft Dividenden aus dem der Tarifbelastung unterliegenden Ertrag, die beim Anteilseigner zu steuerpflichtigen Einkünften führten. Für die auf der Dividende lastende Körperschaftsteuer erhielt der Anteilseigner eine Gutschrift, die auf die Einkommensteuer – soweit es sich um ein Einkommensteuersubjekt handelte – angerechnet und – bei einer niedrigeren Einkommensteuerbelastung des Anteilseigners – ggf. auch erstattet wurde. Die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer des Anteilseigners setzte sich aus der Barausschüttung und der Steuergutschrift zusammen (vgl. Hey in Herrmann/Heuer/Raupach, Einf. KStG Anm. 9 f.).

    b) In diesem (Anrechnungs-)System wurde der von einer Körperschaft erwirtschaftete Gewinn letztlich mit dem persönlichen Steuersatz des Anteilseigners besteuert; für die Körperschaft war die Körperschaftsteuer(tarif)belastung gleichwohl immer endgültig. Das Herabschleusen der Körperschaftsteuer von der Tarifbelastung auf die Ausschüttungsbelastung hatte bei der Körperschaft selbst materiell-rechtlich keine Bedeutung. Sie diente nur dazu, einen einheitlichen Anrechnungsprozentsatz beim Anteilseigener zu ermöglichen. Beim Anteilseigner wurde der ausgeschüttete Gewinn der Körperschaft – unabhängig davon, wann er erzielt wurde – wie eigener Gewinn behandelt und im Zeitpunkt der Ausschüttung endgültig besteuert. Systemimmanent war es insoweit, dass es zu einer zeitlichen Verschiebung der Belastungsmomente kam. So fiel die Körperschaftsteuertarifbelastung im Zeitpunkt der Gewinnrealisierung an, der Anteilseigner wurde aber erst bei Zufluss der Gewinnausschüttung endgültig mit Einkommensteuer belastet. Technisch wurde dies dadurch erreicht, dass einerseits die konkrete Vorbelastung des ausgeschütteten Betrags im verwendbaren Eigenkapital „vermerkt” wurde und bei Ausschüttung der Unterschied zur vorgegebenen Ausschüttungsbelastung durch eine Minderung oder Erhöhung der Körperschaftsteuerschuld ausgeglichen wurde. Andererseits wurde dem Anteilseigner zum Ausschüttungsbetrag nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG die verbliebene Ausschüttungsbelastung als steuerbare Einnahme zugerechnet und auf die dadurch entstandene Einkommensteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG angerechnet. Dies konnte beim Anteilseigner zu einer Belastung oder Entlastung führen, je nachdem welche individuelle Steuersituation des Anteilseigner im Ausschüttungsjahr vorlag. Von Bedeutung war insoweit insbesondere auch der maßgebliche Einkommensteuertarif im Ausschüttungsjahr.

    c) Der Anspruch gegen den Fiskus auf Anrechnung oder Erstattung der von der Kapitalgesellschaft gezahlten Körperschaftsteuer entstand nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 4 EStG ausschließlich und originär in der Person des Anrechnungs- bzw. Erstattungsberechtigten. Nach Sinn und Zweck der in § 36 Abs. 2 und 4 EStG getroffenen Regelung sollte der Vorteil, die eigene Einkommensteuerschuld durch Anrechnung der von der Kapitalgesellschaft auf den ausgeschütteten Gewinn gezahlten Körperschaftsteuer mindern oder nach Bekanntgabe des Steuerbescheides Auszahlung eines etwaigen Überschusses (§ 36 Abs. 4 Satz 2 und 3 EStG) verlangen zu können, ausschließlich demjenigen zugute kommen, der diesen Gewinn als Einkommen zu versteuern hat. Infolgedessen stand der wirtschaftliche Vorteil, die von der Kapitalgesellschaft gezahlte Körperschaftsteuer auf die eigene Einkommen- oder (bei juristischen Personen) Körperschaftsteuer anrechnen zu dürfen, allein dem Anteilseigner und nicht der ausschüttenden Körperschaft zu (Urteil des Bundesgerichtshofs – BGH – vom 30. Januar 1995 II ZR 42/94, NJW 1995, 1088, GmbHR 1995, 294, StRK EStG 1975 § 15 Abs.1 Nr.2 MitunternBil. R.103). Die Minderung der Körperschaftsteuer selbst galt nach § 28 Abs. 6 Satz 1 KStG a.F. kraft Gesetzes als verwendet, d.h. als mit ausgeschüttet. Die Minderung der Körperschaftsteuer kam insoweit nur technisch, nicht aber wirtschaftlich der Körperschaft zugute.

    d) Unter der Geltung des Halbeinkünfteverfahrens ist die Körperschaftsteuerbelastung für die Körperschaft endgültig. Das Halbeinkünfteverfahren versucht auch nicht, die Vorbelastung des ausgeschütteten Betrags im Zeitpunkt der Gewinnausschüttung rückwirkend zu beseitigen, um anschließend einen noch unbesteuerten Betrag voll zu besteuern. Die endgültige Vorbesteuerung auf der Ebene der Körperschaft wird vielmehr typisierend durch die Steuerbefreiung des hälftigen Ausschüttungsbetrags auf der Ebene des Anteilseigner ausgeglichen. Darin liegt eine Abweichung vom gesetzlichen (realen) Steuersatz des Anteilseigners; eine Steuerbefreiung des hälftigen Ausschüttungsbetrag wird auch dann gewährt, wenn der Gewinn auf der Ebene der Körperschaft noch gar nicht besteuert wurde.

    2. Mit den durch das Steuersenkungsgesetz in das Körperschaftsteuergesetz aufgenommenen Regelungen der §§ 36 – 40 KStG n.F. soll der Systemwechsel vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren gewährleistet werden. Die genannten Vorschriften sehen einen gleitenden Wechsel auf das neue Körperschaftsteuersystem sowie eine Fortsetzung des bisherigen Anrechnungsverfahrens in eingeschränkter und modifizierter Form während eines 18-jährigen Übergangszeitraums vor (vgl. §§ 36, 37 Abs. 1 KStG n.F. i.V.m. § 37 Abs. 2, 2 a KStG i.d.F. des Steuervergünstigungsabbaugesetzes vom 16. Mai 2003, BGBl 2003, 660, BStBl I 2003, 321). Der Gesetzgeber ging in der Gesetzesbegründung noch davon aus, dass die Regelungen des Übergangsregimes – insbesondere die Festschreibung des Körperschaftsteuerguthabens auf einen Betrag in Höhe von 1/6 des mit 40 v.H. belasteten Teilbetrags des verwendbaren Eigenkapitals (§ 37 Abs. 1 KStG n.F.) – dazu beitrügen, dass „die bei Fortgeltung des Anrechnungsverfahrens bei einer Ausschüttung künftig entstandenen Körperschaftsteuerminderungen im Ergebnis erhalten bleiben” (BT-Drucks. 14/2683, S. 121). Andererseits wurde auch eingeräumt, dass die genannten Regelungen zu einer „maßvollen Reduzierung des Minderungsguthabens” führen würden. Dies sei jedoch im Dienste einer haushaltsverträglichen Kompromisslösung vertretbar, zumal die maßgeblichen Übergangsregelungen zur Umgliederung des verwendbaren Eigenkapitals eine erhebliche Vereinfachung für den Übergangszeitraum mit sich brächten und im Übrigen die im verwendbaren Eigenkapital gespeicherten Körperschaftsteuerguthaben „im Wesentlichen” gesichert würden (Müller-Gatermann, GmbH-Rundschau -GmbHR- 2000, 650, 655).

    3. Die im Streitfall maßgebliche Vorschrift des § 36 KStG n.F. schreibt die Ermittlung der Endbestände der bisherigen Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals vor. Ausgangspunkt ist nach Absatz 1 der genannten Vorschrift die Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals auf den Schluss des letzten Wirtschaftsjahres, für das das Anrechnungsverfahren noch anzuwenden ist. Dies ist im Streitfall – die Klägerin hat ein mit dem Kalenderjahr identisches Wirtschaftsjahr vom 1. Januar bis 31. Dezember – die VEK-Gliederung auf den 31. Dezember 2000 (§ 36 Abs. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 KStG i.d.F. des StSenkG). Sodann werden nach § 36 Abs. 2 KStG n.F. die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals um die ordentlichen Gewinnausschüttungen für vorangegangene Wirtschaftsjahre, die noch im folgenden Wirtschaftsjahr erfolgen, und um die Beträge der anderen Ausschüttungen, die in dem letzten Wirtschaftsjahr des Anrechnungsverfahrens erfolgt sind, verringert. Bei der Verrechnung der Gewinnausschüttungen sind die Vorschriften über die Verwendungsreihenfolge des § 28 Abs. 3 KStG zu beachten. Sodann wird das verbliebene positive und negative EK 45 in EK 40 und EK 02 umgegliedert. § 36 Abs. 3 Satz 1 KStG n.F. schreibt die Erhöhung des EK 40 in Höhe von 27/22 des Bestands an EK 45 vor; korrespondierend hierzu bestimmt Abs. 3 Satz 2 eine Minderung des EK 02 in Höhe von 5/22 des Bestandes an EK 45. Nach diesem Umgliederungsschritt verbleibt von den belasteten Teilbeträgen des verwendbaren Eigenkapitals nur noch das EK 40 und das EK 30. Diese belasteten Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals mindern sich nach § 36 Abs. 4 KStG n.F. durch eine ggf. verbleibende negative Summe der unbelasteten Teilbeträge des EK 02. Ist dagegen die Summe der unbelasteten Teilbeträge insgesamt positiv, wird ein positiver Teilbetrag des EK 02 um eine eventuelle negative Summe der Teilbeträge aus EK 01 und EK 03 gemindert (§ 36 Abs. 5 KStG n.F.). Die so ermittelten Endbestände des verwendbaren Eigenkapitals werden nach § 36 Abs. 6 KStG n.F. gesondert festgestellt. Diese Feststellung bildet die Grundlage für die Anwendung des § 37 Abs. 1 KStG n.F., wonach aus dem entsprechend den Vorschriften des § 36 KStG n.F. ermittelten EK 40 ein Körperschaftsteuerguthaben in Höhe von 1/6 des mit 40 v.H. belasteten Teilbetrags ermittelt wird. Dadurch wird im Ergebnis das EK 40 auf eine Steuerbelastung von 30 % herabgeschleust (vgl. BT-Drucks. 14/2683, S. 127).

    4. Die Summe des verwendbaren Eigenkapitals wird aufgrund einer entsprechend den Bestimmungen der §§ 36, 37 KStG n.F. vorgenommenen Umgliederung nicht verändert. Gleichwohl können aus der geänderten strukturellen Zusammensetzung des verwendbaren Eigenkapitals nachteilige – aber auch vorteilhafte – ökonomische Wirkungen für die von der Umgliederung betroffenen Körperschaften entstehen.

    a) Zum einen wird bei der Umgliederung des verwendbaren Eigenkapitals Steuerminderungspotential dadurch reduziert, dass EK 45 mit dem Faktor 27/22 in EK 40 umgerechnet wird, gleichzeitig jedoch die Steuerminderungsfaktoren unverändert bleiben und ein Ausgleich für den Verlust von Steuerminderungspotential auf der Ebene des Anteilseigners durch den Wegfall des Anrechnungsverfahrens nicht mehr erfolgen kann. Denn die Steuerminderung auf die Ausschüttungsbelastung i.H.v. 30 v.H. betrug nach alter Rechtslage 15/55 des Bestandes an EK 45, nach neuer Rechtslage 10/60 des Bestandes an EK 40; da eine „Korrektur” durch ein erhöhtes Steuerminderungspotential beim Anteilseigners nicht mehr besteht, fehlt es an einer zusätzlichen Entlastung auf der Zweiten Stufe. Nachteilige ökonomische Wirkungen können insoweit für Anteilseigner entstehen, deren persönliche Steuerbelastung gering ist (vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, Umwandlungssteuergesetz, § 36 KStG Rz. 51; s. auch Thurmayr in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 36 KStG Anm. 42; Hey in Herrmann/Heuer/Raupach, vor § 36 KStG Anm. R 8, 44; Jünger in Lademann, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz, § 36 n.F. Anm. 80 ff.; Bott in Ernst und Young, Körperschaftsteuergesetz, § 36 KStG Rz. 93; Streck/Binnewies, Der Betrieb -DB- 2002, 1956).

    b) Negative Auswirkungen können sich ferner für solche Gesellschaften ergeben, die durch zwischenzeitlich erlittene Verluste oder durch die Aufdeckung verdeckter Gewinnausschüttungen einen Negativbestand an EK 02 ausweisen und ggf. vorhandenes positives EK 45 innerhalb der Übergangszeit zwischen dem Systemwechsel zum 31. Dezember 2000 und der Ermittlung des Körperschaftsteuerguthabens nach § 37 Abs. 1 KStG n.F. zum 31. Dezember 2001 nicht ausschütten können. Ist zum Zeitpunkt der Umgliederung i.S. des § 36 Abs. 3 KStG n.F. kein positives EK 02 vorhanden, kann sich die Verringerung des Körperschaftsteuererhöhungspotentials – EK 02 mindert sich um 5/22 des EK 45 – nicht mehr als Korrektiv zur Verringerung des Körperschaftsteuerminderungspotentials – EK 40 erhöht sich um 27/22 des EK 45 – auswirken. Denn ein – ggf. um 5/22 des EK 45 erhöhtes – negatives EK 02 reduziert im Zuge der Verrechnung des negativen EK 02 mit dem positiven EK 40 (§ 36 Abs. 4 KStG n.F.) positive Beträge des belasteten Eigenkapitals, die an sich zu einem Steuerguthaben geführt hätten (Thurmayr, a.a.O., § 36 KStG Anm. 42 m.w.N.; Eisgruber, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2000, 1493, 1497).

    c) Ist hingegen im verwendbaren Eigenkapital der Körperschaft zum Zeitpunkt der Umgliederung nach § 36 Abs. 3 KStG n.F. positives EK 02 vorhanden, führt die Kürzung dieses Teilbetrags um 5/22 des umzugliedernden EK 45 zu einer Verringerung des Teilbetrags, dessen Bestand für die 15-jährige Übergangszeit i.S. des § 38 Abs. 2 KStG n.F. ein Körperschaftsteuererhöhungspotential in Höhe von 3/7 birgt (Bott, a.a.O., § 36 KStG Rz. 96). Insoweit wirkt sich die Umgliederungsvorschrift des § 36 Abs. 5 KStG n.F. positiv für die gliederungspflichtige Körperschaft aus.

    d) Hintergrund und Ursache für die unterschiedlichen ökonomischen Wirkungen ist der Zweck der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen, die nach einer im Rahmen der Schlussgliederung vorzunehmende Saldierung vorhandener Körperschaftsteuerguthaben soweit zu reduzieren, dass 30 v.H. des Guthabenbetrages für eine Ausschüttung und Anrechnung auf der Ebene des Anteilseigners nicht mehr zur Verfügung stehen sollen. Denn die Festschreibung des Körperschaftsteuerguthabens in Höhe von 1/6 des EK 40 stellt die Differenz zwischen der Tarifbelastung von 40 v.H. und der für Altrücklagen erstrebten Definitivbelastung in Höhe von 30 v.H. dar (vgl. Streck/Binnewies, DB 2002, 1957). Dieses endgültige Einfrieren der Körperschaftsteuerbelastung auf Altrücklagen und -gewinne auf eine Quote in Höhe von 30 v.H. kann für Anteilseigner von Nachteil sein, deren individuelle Grenzsteuerbelastung unter 46,15 v.H. liegt (vgl. Hey in Herrmann/Heuer/Raupach, vor § 36 KStG Anm. R 8, 44), die mit den Einkünften aus der Ausschüttung im Rahmen des Freibetrages (§ 20 Abs. 4 EStG) liegen oder die Einkünfte mit negativen Einkünften ausgleichen oder verrechnen können. Ein weiterer ökonomischer Nachteil kann sich für die Anteilseigner dadurch ergeben, dass sich der Wert ihrer Anteile an der Kapitalgesellschaft durch die Einführung des Halbeinkünfteverfahrens gemindert hat (vgl. Eisgruber/Glass, DStR 2003, 389).

    5. Nach Auffassung des Senats hat die Klägerin eine sich aus der Umgliederung ihres verwendbaren Eigenkapitals ergebende mögliche Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen (Ausschüttungs-)Situation hinzunehmen; die maßgeblichen Regelungen zur Umgliederung des verwendbaren Eigenkapitals im Zuge des Systemübergangs vom Anrechnungs- auf das Halbeinkünfteverfahren sind von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.

    a) Die durch Art. 3 Nr. 22 StSenkG in das Körperschaftsteuergesetz eingefügten Regelungen in § 36 und § 37 KStG n.F. über die im Übergang vom Anrechnungs- auf das Halbeinkünfteverfahren vorzunehmende Umgliederung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals von Körperschaften verstoßen insbesondere nicht gegen die verfassungsrechtlichen Grenzen einer Rückwirkung von belastenden Gesetzen.

    aa) Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab für die Beurteilung rückwirkender Gesetze ist das aus Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) abgeleitete Rechtsstaatsprinzip (Herzog in Maunz-Dürig, Grundgesetz, Art. 20 VII, Rdnr. 65). Vor dem Rechtsstaatsprinzip bedarf es einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich ?rückwirkend? in für den Steuerpflichtigen belastender Weise ändert. Der Bürger wird in seinem Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung enttäuscht und in seiner Freiheit erheblich gefährdet, wenn der Gesetzgeber an bereits abgeschlossene Tatbestände im Nachhinein ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte (vgl. Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – vom 10. März 1971 2 BvL 3/68, BVerfGE 30, 272, 285; vom 8. Juni 1977 2 BvR 499/74, 1042/75, BVerfGE 45, 142, 167 f.; vom 14. Mai 1986 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, 257 f.; vom 3. Dezember 1997 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 78). Der Staatsbürger muss vielmehr die ihm gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können (BVerfG-Urteil vom 19. Dezember 1961 2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261, 271; BVerfG-Beschluss vom 26. Februar 1969 2 BvL 15, 23/68, BVerfGE 25, 269, 290).

    Dies gilt auch und besonders im Steuerrecht. Das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG ist zwar auf Steuergesetze nicht (entsprechend) anwendbar (BVerfG-Beschluss vom 24. Juli 1957 1 BvL 23/52, BVerfGE 7, 89, 95); da jedoch Abgabengesetze vom Staatsbürger Geldleistungen fordern, wenn er bestimmte Tatbestände verwirklicht, orientiert er sich bei seinen wirtschaftlichen Dispositionen an den jeweils geltenden Steuergesetzen. Er muss darauf vertrauen können, dass sein dem geltenden Recht entsprechendes Handeln von der Rechtsordnung mit allen ursprünglich damit verbundenen Rechtsfolgen anerkannt bleibt. Soweit Steuertatbestände an Handlungen anknüpfen, muss also die Rechtsfolge bereits im Augenblick des Handelns gesetzlich vorgesehen sein (BVerfG-Urteil in BVerfGE 13, 261, 271). Rechtssicherheit und Vertrauensschutz stehen jedoch in einem Spannungsverhältnis zum Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG). Der demokratisch legitimierte Gesetzgeber kann beachtliche Gründe haben, bestehende Rechtslagen zu ändern, auch wenn er dabei auf Tatbestände einwirken muss, die sich in der Entwicklung befinden und die im Vertrauen auf eine bestehende günstige Rechtslage geplant wurden. Er wäre in seinen Dispositionsmöglichkeiten unvertretbar eingeengt, wenn eine Einwirkung auf bestehende Rechtsverhältnisse grundsätzlich unzulässig wäre (BVerfG-Beschluss vom 13. März 1979 2 BvR 72/76, BVerfGE 50, 386, 396). Der Bürger kann deshalb nicht darauf vertrauen, dass der Gesetzgeber für ihn günstige steuerliche Regelungen uneingeschränkt auch für die Zukunft aufrechterhält (BVerfG-Beschlüsse vom 7. Juli 1964 2 BvL 22, 23/63, BVerfGE 18, 135, 144; in BVerfGE 105, 17, 40). Andernfalls würde der zum Ausgleich zu bringende Widerstreit zwischen den aus Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einerseits und dem aus Art 20 Abs. 1 GG folgenden Recht des Gesetzgebers auf Vornahme notwendiger Rechtsänderungen andererseits in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung gelöst und damit der dem Gesamtwohl verpflichtete demokratische Gesetzgeber in wichtigen Bereichen gegenüber Einzelinteressen gelähmt (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 63, 312, 331; vom 30. September 1987 2 BvR 933/82, BVerfGE 76, 256, 348). Deshalb sind im Rahmen dieses Ausgleichs nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz beide Prinzipien größtmöglich zur Wirkung zu bringen (BFH-Beschluss vom 16.12.2003 – IX R 46/02, BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284, m.w.N.).

    bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entfaltet eine Rechtsnorm Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm gültig geworden ist. Der zeitliche Anwendungsbereich einer Norm bestimmt, in welchem Zeitpunkt die Rechtsfolgen einer gesetzlichen Regelung eintreten sollen. Grundsätzlich erlaubt die Verfassung nur ein belastendes Gesetz, dessen Rechtsfolgen für einen frühestens mit der Verkündung beginnenden Zeitraum eintreten. Die Anordnung, eine Rechtsfolge solle schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum eintreten (Rückbewirkung von Rechtsfolgen, „echte” Rückwirkung), ist grundsätzlich unzulässig. Der von einem Gesetz Betroffene muß grundsätzlich bis zum Zeitpunkt der Verkündung einer Neuregelung darauf vertrauen können, daß er nicht nachträglich einer bisher nicht geltenden Belastung unterworfen wird. Dieser Schutz des Vertrauens in den Bestand der ursprünglich geltenden Rechtsfolgenlage findet seinen verfassungsrechtlichen Grund vorrangig in den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen insbesondere des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit. Demgegenüber betrifft die tatbestandliche Rückanknüpfung „unechte” Rückwirkung) nicht den zeitlichen, sondern den sachlichen Anwendungsbereich einer Norm. Die Rechtsfolgen eines Gesetzes treten erst nach Verkündung der Norm ein, deren Tatbestand erfaßt aber Sachverhalte, die bereits vor Verkündung „ins Werk gesetzt” worden sind. Diese Tatbestände, die den Eintritt ihrer Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig machen, berühren vorrangig die Grundrechte und unterliegen weniger strengen Beschränkungen als die Rückbewirkung von Rechtsfolgen. Für das Ertragssteuerrecht kommen je nach Art der betroffenen Einkünfte und der Wege, auf denen sie erzielt worden sind, namentlich Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 und 2 sowie Art. 2 Abs. 1 GG als betroffene Rechte in Betracht (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 1997, 67, m.w.N.). Das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot darf allein aus zwingenden Gründen des gemeinen Wohls oder wegen eines nicht – oder nicht mehr – vorhandenen schutzbedürftigen Vertrauens des Einzelnen durchbrochen werden. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind solche Rechtfertigungsgründe falltypisch, aber nicht erschöpfend entwickelt worden. Liegt in diesem Sinne ein Grund vor, der es von Verfassungs wegen rechtfertigt, das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot zu durchbrechen, so darf diese Durchbrechung gleichwohl nicht zu Ergebnissen führen, die den grundrechtlichen Schutz des Lebenssachverhalts verletzen, der von dem Eingriff betroffen ist.

    cc) Die maßgeblichen Regelungen sind verfahrensrechtlich nicht schon deshalb zu beanstanden, weil § 36 Abs. 1 KStG n.F. die Ermittlung der Endbestände der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals auf den Schluss des letzten Wirtschaftsjahres feststellt, für das das Körperschaftsteuergesetz 1999 Geltung beansprucht. Dies bedeutet zwar im Streitfall, dass die Klägerin – die ein dem Kalenderjahr entsprechendes Wirtschaftsjahr hat – auf den 31. Dezember 2000 – und mithin auf einen Zeitpunkt, zu dem das Körperschaftsteuergesetz n.F. noch gar nicht gültig war – sowohl die letzte Gliederung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals nach § 47 KStG a.F. einschließlich der Feststellung der zum Nennkapital gehörenden Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals durch den Sonderausweis nach § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG a.F., als auch die Feststellung der Endbestände der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals nach § 36 Abs. 1 KStG n.F. durchführen muss. Insoweit werden an die Regelungen in § 36 Abs. 1 KStG n.F. jedoch keine Pflichten geknüpft, die der Steuerpflichtige vor Inkrafttreten des Gesetzes erfüllen müsste; denn eine Feststellung der Endbestände der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals nach § 36 Abs. 1 KStG n.F. kann der Steuerpflichtige immer nur nach Ablauf des Feststellungszeitpunkts – des 31. Dezember 2000 – erfüllen; dieser Zeitpunkt liegt jedoch nach Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2001 (§ 34 Abs. 1 KStG n.F.). Ein Eingriff des Gesetzgebers in einen abgeschlossenen Steuertatbestand, verbunden mit einer nachträglichen Änderung der daran zu knüpfenden Rechtsfolgen, liegt darin ebenfalls nicht; denn die bloße Feststellung der Endbestände der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals nach § 36 Abs. 1 KStG n.F. beinhalt keinen Rechtsnachteil zu Lasten der Klägerin (gl.A. Frotscher in Frotscher/Maas, § 36 KStG Rz. 21).

    dd) Eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung zu Lasten der Klägerin liegt auch nicht in dem Umstand, dass Gewinne der Klägerin rückwirkend in einem anderen Verfahren einer typisierten steuerlichen Definitivbelastung unterworfen werden als nach den unter dem Anrechnungsverfahren geltenden einschlägigen gesetzlichen Regelungen. Soweit die Klägerin in der Vergangenheit Gewinne erzielt hat, sind diese – ebenfalls in der Vergangenheit mit dem Ansatz der Tarifbelastung zutreffend besteuert worden. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der im Streitfall maßgeblichen Vorschriften stellen für die künftige pauschalierte Körperschaftsteuerminderung nun gerade nicht auf einen Zeitpunkt oder ein Ereignis ab, der oder das zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschrift bereits abgelaufen bzw. abgeschlossen war, sondern ausschließlich auf eine erst in der Zukunft zu beschließende Ausschüttung. Soweit die Umgliederung des verwendbaren Eigenkapitals der Klägerin und die Feststellung eines Körperschaftsteuerguthabens in Höhe von 1/6 des EK 40 gemäß § 37 Abs. 1 KStG n.F. zudem dazu führen könnten, dass bei künftigen Ausschüttungen geringere Körperschaftsteuerminderungsbeträge zur möglichen Verrechnung kommen, betrifft dies im Ergebnis nicht die Ebene der Klägerin, sondern die Ebene möglicher Anteilseigner. Es kann offen bleiben ob dadurch auch Dispositionen der Anteilseigner der Klägerin entwertet worden sind; denn die Frage, ob mit den maßgeblichen Vorschriften ein Rechtsnachteil für Dritte verbunden ist, ist nicht Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens.

    ee) Eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung zu Lasten etwaiger Dispositionen der Klägerin kann auch deshalb nicht angenommen werden, weil die Planungssicherheit der Klägerin durch die Änderung der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen nicht betroffen ist. Die Klägerin hatte rechtzeitig Kenntnis von der Rechtsänderung und hätte Ausschüttungen in das Jahr 2000 vorverlagern können (zu den zahlreichen Gestaltungsvorschlägen s. z.B. Thurmayr in Herrmann/Heuer/Raupach, § 36 KStG Anm. 43 ff., insb. zum Schüttaus-Holzurück-Verfahren; Hey in Herrmann/Heuer/Raupach, vor § 36 KStG Anm. R 41 ff.; Frotscher in Frotscher/Maas, § 36 KStG Rz. 51; Bott in Ernst und Young, Körperschaftsteuergesetz, § 36 KStG Rz. 111 ff.; zu Gestaltungsmöglichkeiten s. ferner Roser, GmbHR 2000, 1189; Jost, DStR 2001, 961; Prinz, GmbHR 2001, 125). Vertrauensschutz und Kontinuitätsgewähr fordern den Fortbestand der bisherigen Regelung nur insoweit, als der Gesetzgeber gehalten ist, eine schonende Regelung für den Übergang in das neue Körperschaftsteuersystem vorzusehen. Dies ist mit der sehr knappen, aber dem Grunde nach in zeitlicher Hinsicht noch ausreichenden Frist zwischen dem Gesetzesbeschluss zum StSenkG im Deutschen Bundestag am 23. Oktober 2000 und dem Zeitpunkt der Ermittlung und gesonderten Feststellung des verbleibenden Körperschaftsteuerguthabens nach §§ 36 Abs. 7, 37 Abs. 2 Satz 3 KStG n.F. geschehen.

    ff) Eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung zu Lasten etwaiger Dispositionen der Klägerin liegt auch nicht darin, dass die Besteuerungssituation ihrer Anteilseigner unter dem Regime des Halbeinkünfteverfahrens anders – nicht notwendig ungünstiger – gelagert sein könnte, als unter der Geltung des Anrechnungsverfahrens. Zwar konnte das Anrechnungsverfahren beim Anteilseigner zu einer Belastung oder Entlastung führen, je nachdem welche individuelle Steuersituation des Anteilseigner im Ausschüttungsjahr vorlag. Nach Auffassung des Senats besteht in der Person der Anteilseigner der Klägerin indes kein durch Dispositionen geschütztes Vertrauen darauf, dass ein in Vorjahren erzielter Gewinn der Klägerin in späteren Jahren einer ganz bestimmten steuerlichen Be- oder Entlastung oder einem ganz bestimmten Steuertarif auf der Gesellschafterebene unterliegt. Der Senat geht allerdings nicht davon aus, dass ein solches Vertrauen schon wegen der allgemein im Steuerrecht zu beobachtenden Häufigkeit gesetzgeberischer Änderungen nicht hätte entstehen dürfen; jedenfalls sind etwaige verfassungsrechtlich geschützte Dispositionen der Klägerin im Lichte aller, den Systemwechsel begleitenden gesetzlichen Änderungen zu sehen. Betrachtet man aber die mit dem möglichen Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotenzial einhergehende (und bis 2005 fortgesetzte) Senkung des Einkommensteuerspitzensteuersatzes, kann auch die Ausschüttung von durch die Umgliederung geminderter Teilbeträge des EK 40 zu einem für den Anteilseigner günstigeren Ergebnis führen, wenn die (weitere) Absenkung der Steuersätze abgewartet wird (instruktiv Jost, DStR 2001, 961, 962 f., unter 2.1.1 und 2.1.2). Ist danach kein durch Dispositionen geschütztes Vertrauen der Anteilseigner anzuerkennen, kann erst recht kein durch Dispositionen geschütztes Vertrauen der Klägerin selbst auf eine dahin gehende Verfestigung der Steuersituation bestehen.

    b) Die durch das StSenkG eingefügten Regelungen in § 36 und § 37 KStG n.F. sind auch nicht wegen der mit ihnen verbundenen typisierenden steuerlichen Belastungsfiktionen verfassungsrechtlich zu beanstanden.

    aa) Auf den Zeitpunkt der Systemumstellung werden nach den maßgeblichen Übergangsregelungen die mit einer Körperschaftsteuer belasteten Teile des verwendbaren Eigenkapitals auf die Ausschüttungsbelastung von 30 % herabgeschleust. Das hierdurch entstehende Körperschaftsteuerguthaben mindert mit jeder Ausschüttung die Körperschaftsteuer der ausschüttenden Gesellschaft. Die Körperschaftsteuerminderung ist ab dem Zeitpunkt der Systemumstellung bis zum Verbrauch des Guthabens automatisch mit jeder ordentlichen Gewinnausschüttung verbunden. Es wird keine vorrangige Verwendung von solchen Rücklagen der Gesellschaft vorgeschrieben, die nicht aus dem belasteten Altkapital stammen und daher nicht mit einem Steuerguthaben verbundenen sind. Eine Körperschaftsteuererhöhung auf 30 % ist vorgesehen, soweit für Ausschüttungen auf das bisherige EK 02 zugegriffen wird. Das EK 02 gilt allerdings erst dann als für Ausschüttungen verwendet, wenn die Gesellschaft abgesehen vom Bestand des EK 02 und des Bestands des steuerlichen Einlagekontos über keine anderweitigen ausschüttungsfähigen Rücklagen mehr verfügt. Gewinnausschüttungen unterliegen auch bereits im Übergangszeitraum beim Anteilseigner der Halbeinkünftebesteuerung. Nach dem Systemwechsel soll damit ein einfache(re)s und transparente(re)s Körperschaftsteuerrecht zur Verfügung stehen (vgl. BT-Drucks. 14/2683, S. 121).

    bb) Mit dieser Neuorientierung innerhalb des ineinandergreifenden System der Ertragsbesteuerung von Kapitalgesellschaften und natürlichen Personen – als deren Anteilseignern – hat der Gesetzgeber versucht, die bisherige sog. Ausschüttungsbelastung i.H.v. 30 v.H. als Definitivbelastung auf der Ebene der Körperschaft festzuschreiben. Gleichzeitig sollte für künftige Ausschüttungen beim Anteilseigner das Halbeinkünfteverfahren zur Anwendung kommen. Im Zuge dieses Übergangs kann es zwangsläufig zu Verwerfungen – sowohl gegenüber dem bisherigen System als solchem als auch gegenüber einzelnen Gestaltungssituationen – kommen. Nach Auffassung des Senats ist es nicht zweifelhaft, dass der Gesetzgeber für diese Fällen typisierende Regelungen treffen durfte.

    Steuergesetze müssen typisieren, d.h. geringfügige oder in besonders gelagerten Fällen auftretende Ungleichheiten in Kauf nehmen, um praktikabel zu sein. Andererseits dient die Typisierung dazu, komplizierte Lebenssachverhalte übersichtlicher und verständlicher zu gestalten, um den steuerlichen Belastungsgrund zu verdeutlichen und in das Bewusstsein zu rücken. Zudem gelingt es, durch Typisierung die Verwirklichung des Steueranspruchs verfahrensrechtlich zu erleichtern und die für den Staat verfügbaren personellen und finanziellen Mittel zu berücksichtigen (vgl. BVerfG-Urteile vom 24. Januar 1962 1 BvR 845/58, BVerfGE 13, 331, 341; vom 20. Dezember 1966 1 BvR 320/57, 1 BvR 70/63, BVerfGE 21, 12, 27; BVerfG-Beschluss vom 10. April 1997 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1, 6). Um die genannten Ziele der Praktikabilität und der Steuervereinfachung zu erreichen, darf der Gesetzgeber sich innerhalb eines weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums typisierender, generalisierender und pauschalierender Regelungen bedienen; er ist insbesondere nicht gehalten, allen Besonderheiten des Einzelfalles durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Eine Zweckmäßigkeitsprüfung dieser Typisierungen ist dem erkennenden Senat verwehrt (vgl. BVerfG-Beschluss vom 29. November 1989 1 BvR 1402, 1528/87, BVerfGE 81, 108, unter B II. 1 der Entscheidungsgründe).

    Im Rahmen dieses Gestaltungsspielraums sind steuerrechtliche Regelungen nach Art. 3 Abs. 1 GG so auszugestalten, dass die Gleichheit im Belastungserfolg für alle Steuerpflichtigen hergestellt werden kann. Der Gleichheitssatz fordert allerdings nicht eine immer mehr individualisierende und spezialisierende Gesetzgebung, die letztlich die Gleichmäßigkeit des Gesetzesvollzugs gefährdet, sondern die Regelung eines allgemein verständlichen und möglichst unausweichlichen Belastungsgrundes. Deshalb darf der Gesetzgeber einen steuererheblichen Vorgang um der materiellen Gleichheit willen im typischen Lebensvorgang erfassen und individuell gestaltbare Besonderheiten unberücksichtigt lassen (BVerfG in BVerfGE 96, 1). Nutzt daher der Gesetzgeber den ihm im Steuerrecht für Typisierungen zur Verfügung stehenden Spielraum und schafft er eine typisierende Regelung zur Erfassung der Leistungsfähigkeit von Kapitalgesellschaft und Anteilseigner im Übergang vom Anrechnungs- auf das Halbeinkünfteverfahren, so ist dies dem Grunde nach verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

    cc) Im Streitfall hat der Gesetzgeber hat damit nicht seinen ihm zur Verfügung stehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Obwohl dem Gesetzgeber bei Typisierungen von Verfassungs wegen ein weiter Spielraum zur Verfügung steht, sind auch ihm gewisse Grenzen gesetzt. Diese sind jedoch erst dann erreicht, wenn die mit der Typisierung einher gehenden Vorteile nicht mehr im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen (BVerfG-Urteile in BVerfGE 13, 331, 341; in BVerfGE 21, 12, 27). Im Falle eine Systemwechsel ist auch zu beachten, dass der Gesetzgeber nicht übermäßig durch Restriktionen in seinem Gestaltungsspielraum eingeengt wird, da andernfalls eine Erstarrung der steuerrechtlichen Systematik zu befürchten wäre.

    Das Anrechnungsverfahren verfolgte – wie bereits dargelegt – idealtypisch das Bild, dass der von einer Körperschaft erwirtschaftete Gewinn letztlich mit dem persönlichen Steuersatz des Anteilseigners besteuert wird. Deshalb wurde bei Gewinnausschüttungen die steuerliche Vorbelastung des Gewinns durch die Körperschaftsteuer neutralisiert und durch eine endgültige Belastung mit dem persönlichen Steuersatz des Anteilseigners ersetzt. Das typisierende Bild einer einheitlichen Gesamtbetrachtung der Steuerbelastung führte aber nicht zu materiell- oder verfahrensrechtlich übergreifenden Besteuerungswirkungen. So wurde beim Anteilseigner grundsätzlich unabhängig davon zu- und angerechnet, ob für den ausgeschütteten Betrag tatsächlich Körperschaftsteuer abgeführt wurde. Auch eine verdeckte Gewinnausschüttung musste verfahrensrechtlich nicht einheitlich bei Anteilseigner und Körperschaft festgestellt werden. Ferner führte ein erfolgreicher Einspruch der Körperschaft nicht zu einer Änderung des Einkommensteuerbescheids des betroffenen Anteilseigners nach § 174 AO. Schließlich wurde die körperschaftsteuerliche Vorbelastung auch nicht insoweit rückgängig gemacht, als nach § 31 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 KStG a.F. nicht abziehbare Betriebsausgaben, Personensteuern mit Ausnahme der Körperschaftsteuer und ausländische Steuern – insbesondere die Vermögensteuer und der Solidaritätszuschlag – und Spendenteile, die das Einkommen nicht mindern durften, von den belasteten Teilbeträgen abgezogen wurden. Insoweit wirkte schon im Anrechnungsverfahren die Körperschaftsteuer als Definitivsteuer.

    Das Halbeinkünfteverfahren versucht nicht mehr, die Vorbelastung des ausgeschütteten Betrags im Zeitpunkt der Gewinnausschüttung rückwirkend zu beseitigen, sondern stellt als Entlastung typisierend den halben Ausschüttungsbetrag steuerfrei. Dies führt – wiederum typisierend und ohne Beachtung des Solidaritätszuschlags – zu einer gleichen Gesamtsteuerlast wie beim Anrechnungsverfahren, sofern der Grenzsteuersatz des Anteilseigners ca. 40 % beträgt und der ausgeschüttete Betrag tatsächlich einer Körperschaftsteuer von 25 % unterlag. Bei einem niedrigeren Grenzsteuersatz ist die Gesamtsteuerlast höher, ansonsten niedriger als im Anrechnungsverfahren. Werden bisher unversteuerte Vermögenszuwächse der Körperschaft ausgeschüttet, etwa steuerfrei gestellte Erträge der Körperschaft, ist das Halbeinkünfteverfahren fast immer günstiger, bei der Ausschüttung von unter dem Anrechnungsverfahren erzielten Einkommen, das mit einem Steuersatz von 30 % vorbelastet ist, ist das Halbeinkünfteverfahren erst ab einem Grenzsteuersatz von 46,15% günstiger (s. insbesondere Hey in Herrmann/Heuer/Raupach, vor § 36 KStG Anm. R 44). Für den Anteilseigner führt diese Übergangsregelung im Ergebnis dazu, dass sich seine Besteuerungssituation – insbesondere unter Berücksichtigung die Absenkung der Einkommensteuersteuersätze bis 2005 – danach bestimmt, wann er die Ausschüttung erhält und unabhängig davon, wann der ausgeschüttete Gewinn erzielt wurde. Allerdings besteht die Besonderheit, dass der Anteilseigner der Anwendung der Neuregelung durch Gestaltungsmöglichkeiten für einen begrenzten Zeitraum – bis zum Zeitpunkt der Ermittlung des Körperschaftsteuerguthabens nach § 37 Abs. 1 KStG n.F. – entgehen konnte (vgl. Thurmayr in Herrmann/Heuer/Raupach, § 36 KStG Anm. 43 ff., insbesondere zum Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahren; Hey in Herrmann/Heuer/Raupach, vor § 36 KStG Anm. R 41 ff.; Frotscher in Frotscher/Maas, § 36 KStG Rz. 51; Bott in Ernst und Young, Körperschaftsteuergesetz, § 36 KStG Rz. 111 ff.; zu Gestaltungsmöglichkeiten s. ferner Roser, GmbHR 2000, 1189; Jost, DStR 2001, 961; Prinz, GmbHR 2001, 125).

    Damit hat der Gesetzgeber seinen ihm zur Verfügung stehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Nach Auffassung des Senats bestehen keine Zweifel, dass die Überlegung des Gesetzgebers, typisierend von einer gleichen Gesamtsteuerlast auszugehen, wenn der Grenzsteuersatz des Anteilseigners rund 40 % beträgt und der ausgeschüttete Betrag tatsächlich einer Körperschaftsteuer von 25 % unterliegt, im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen ungleichen Belastung verschiedener Sachverhalsgestaltungen steht. Der Bürger hat – insbesondere bei einem Systemwechsel – von Verfassungs wegen kein Recht darauf, dass gerade ihm eine Regelung mit den steuerlich für ihn günstigsten Möglichkeiten zur Auswahl angeboten wird. Ferner bestand auch für die Klägerin und ihre Anteilseigner die Möglichkeit, der Anwendung der Neuregelung durch Gestaltungsmöglichkeiten oder gezielter Ausschüttungspolitik für einen begrenzten Zeitraum zu entgehen. Dies schließt nach Auffassung des Senats eine von Verfassungs wegen relevante Rechtsverletzung der Klägerin aus.

    c) Die im Streitfall maßgeblichen Vorschriften verletzen auch keine Eigentums- oder eigentumsähnlichen Rechte der Klägerin.

    aa) Die Frage, ob Körperschaftsteuerminderungspotenziale den Schutz der Eigentumsgarantie genießen, ist bisher nicht entschieden worden. Fraglich ist insbesondere, ob derartige Ansprüche ein Voll- oder Anwartschaftsrecht und damit eine Rechtspositionen, die als Eigentum anzusehen sind und nach Art. 14 GG geschützt sein können, oder lediglich eine vom Schutzbereich des Art. 14 GG nicht erfasste Chance darstellen. Die verfassungsrechtliche Beurteilung hängt davon ab, ob diese Rechtspositionen die konstituierenden Merkmale des durch Art. 14 GG geschützten Eigentums aufweisen. Dabei ist für die Beantwortung der Frage, welche Ansprüche als Eigentum im Sinne des Art. 14 GG anzusehen sind, auf den Zweck und die Funktion der Eigentumsgarantie unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung im Gesamtgefüge der Verfassung zurückzugreifen. Ihr kommt die Aufgabe zu, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern und ihm damit eine eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens zu ermöglichen (BVerfG-Urteil vom 16. Juli 1985 1 BvL 5/80, BVerfGE 69, 272, m.w.N.).

    bb) Der Anspruch auf Erstattung zuviel gezahlter Steuern, der mit dem Ablauf des jeweiligen Abrechnungszeitraums entsteht, wird in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur im Ergebnis uneingeschränkt anerkannt. Er ist Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG und fällt daher in den Schutzbereich der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie; es handelt sich um ein vermögenswertes Recht, das dem Steuerpflichtigen als Recht zu eigener Disposition zugeordnet ist (BVerfG-Urteil vom 8. O ktober 1985 1 BvL 17/83, BVerfGE 70, 278, m.w.N.). Voraussetzung dafür, dass auch ein Körperschaftsteuerminderungspotenzial im gleichen Maße der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie bei der Klägerin unterliegen würde, wäre die Annahme, dass dieses nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts der Klägerin als privatnützig zuzuordnen wäre. Die ist schon deshalb fraglich, weil der Anspruch gegen den Fiskus auf Anrechnung oder Erstattung der von der Kapitalgesellschaft gezahlten Körperschaftsteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 4 EStG in der Person des Anrechnungsbzw. Erstattungsberechtigten entsteht; der wirtschaftliche Vorteil der Anrechnung steht nur dem Gesellschafter zu. Demgegenüber ist die Körperschaftsteuer eine der Kapitalgesellschaft als solcher auferlegte Steuer. Die Kapitalgesellschaft leistet mit der Entrichtung dieser Steuer keine Vorauszahlung auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuerschuld ihrer Anteilseigner (BGH-Urteil in NJW 1995, 1088). Dies trifft nach Auffassung des Senats auch auf den – einen Teil der Tarifbelastung bildenden und im Falle der Ausschüttung der Kapitalgesellschaft wieder „erstatteten” – Körperschaftsteuerminderungsanspruch zu, der nach § 28 Abs. 6 Satz 1 KStG a.F. kraft Gesetzes für die Ausschüttung verwendet galt. Danach wäre ein in den Teilbeträgen des verwendbaren Eigenkapitals der Klägerin liegendes Körperschaftsteuerminderungspotenzial nicht der Klägerin, sondern ihren Anteilseignern als privatnützig zuzuordnen. In diesem Fall können die im Streitfall maßgeblichen Vorschriften keine Eigentums- oder eigentumsähnlichen Rechte der Klägerin, sondern allenfalls solche ihrer Gesellschafter verletzen (a.A. Hey in Herrmann/Heuer/Raupach, vor § 36 KStG Anm. R 25).

    Ob etwas anderes für das teilweise Vorenthalten oder den endgültigen Entzug des gemäß § 37 Abs. 2 Satz 3 KStG ermittelten Körperschaftsteuerguthabens – das im Gegensatz zum Körperschaftsteuerminderungspotenzial ein „echtes” Steuerguthaben darstellt (s. hierzu Birk/Desens, StuW 2004,97), gelten müsste, kann im Streitfall ebenso offen bleiben wie die weiteren, von der Klägerin angesprochenen Fragen, ob der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, den der Gesetzgeber auch bei der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) zu beachten hat, verletzt ist, die Regelungen den vom Gesetzgeber angestrebten Zweck fördern und dem Gesetzgeber ein milderes, die Steuerpflichtigen weniger belastendes Mittel zur Verfügung gestanden hätte. Auf ihre Beantwortung kommt es danach nicht mehr an.

    6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    VorschriftenKStG 2001 § 36 Abs. 3, KStG 2001 § 36 Abs. 4, KStG 2001 § 36 Abs. 7, KStG 2001 § 37 Abs. 2 S. 3, KStG 2001 § 38 Abs. 1, KStG 2001 § 34 Abs. 1, KStG 1999 § 27 Abs. 2, KStG 1999 § 28 Abs. 3, KStG 1999 § 30, KStG 1999 § 47, GG Art. 14 Abs. 1, GG Art. 19 Abs. 3, GG Art. 20 Abs. 3, GG Art. 20 Abs. 1, GG Art. 3 Abs. 1, GG Art. 2 Abs. 1, StSenkG Art. 3 Nr. 22