08.01.2010
Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern: Urteil vom 03.05.2006 – 3 K 293/04
1. Bedingung für die Anwendung von § 16 GrEStG ist ein wirksamer Erwerbsvorgang.
2. Wurde ein Grundstückskaufvertrag unter einer auflösenden Bedingung geschlossen, so ist der Eintritt der Bedingung kein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung im Sinne von § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO. Vielmehr ist im Falle des Eintritts der auflösenden Bedingung § 16 Abs. 1 GrEStG sinngemäß anzuwenden, wobei offen bleiben kann, ob es sich um einen Anwendungsfall der Nr. 1 oder der Nr. 2 handelt.
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES
In der Rechtssache
hat das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 3. Senat, ohne mündliche Verhandlung am 03. Mai 2006 unter Mitwirkung des Präsidenten des Finanzgerichts … des Richters am Finanzgericht … der Richters am Amtsgericht … der ehrenamtlichen Richterin … sowie des ehrenamtlichen Richters …
für Recht erkannt:
Der Beklagte wird verpflichtet, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 21. August 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01. April 2004 abweichend vondem Grunderwerbsteuerbescheid vom 22. September 2000 die Grunderwerbsteuer auf … festzusetzen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert beträgt …
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die teilweise Aufhebung eines Grunderwerbsteuerbescheides des Beklagten gem. § 16 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG).
Am 28. August 2000 schloss die E. AG mit der Klägerin einen Grundstückskaufvertrag (Ur.Nr. … 2000 des Notars … ). In der Präambel des Vertrages wird unter Nr. 1 die Verschmelzung der M. AG auf die E. AG, unter Nr. 2 der vorangegangene Erwerb bestimmter Grundstücke in der Gemarkung … durch die M. AG und schließlich unter Nr. 3 beschrieben , dass die in § 1 näher bezeichneten Kaufobjekte (Wohnhäuser 1 bis 6 nebst Gemeinschaftseigentum) mit Verträgen vom 17. Dezember 1993 an sechs Erwerber veräußert worden sind.
In § 1 des Vertrages bezeichneten die Parteien des Vertrages den Kaufgegenstand, nämlich bestimmte Grundstücke, eingetragen im Grundbuch von … Blatt …, und den Grundbuchstand. Danach waren in Abteilung II Grunddienstbarkeiten und eine Auflassungsvormerkung und in Abteilung III eine brieflose Grundschuld in Höhe von … für das Land Mecklenburg-Vorpommern nebst Zinsen eingetragen.
In § 2 des Vertrages hieß es:
„Die Vertretene zu 1), E. AG,
– im folgenden „Verkäufer” genannt –
verkauft
unter Verzicht auf eigene Zwischeneintragung im Grundbuch hiermit an die Vertretene zu 2) „DH”,
– im folgenden „Käufer” genannt –
den in § 1 bezeichneten mit sechs Mehrfamilienwohnhäusern bebauten Grundbesitz mit allen Rechten, Pflichten, Bestandteilen und Zubehör unter Übernahme des Rechtes Abteilung III Nr. 1 und unter Übernahme der Belastungen in Abt. II Nr. 1 bis 3 des Grundbuches, und zwar nach Maßgabe der Regelungen in nachfolgend § 3 Ziff. 1.
Dem Käufer sind die in Ziffer 3 der Präambel genannten Verträge des Verkäufers mit den dort genannten Erwerbern bekannt. Der Verkäufer tritt an den Käufer sämtliche Ansprüche und Rechte aus diesen Verträgen einschließlich solcher auf Auskehrung zwischenzeitlicher Fruchtziehung ab, der Käufer nimmt diese Abtretungen an und hält den Verkäufer von sämtlichen Ansprüchen der Erwerber aus diesen Verträgen frei. Sollte der Verkäufer aufgrund dieser Verträge seiner Verpflichtung zur Lieferung und Eigentumsverschaffung an dem vertragsgegenständlichen Grundbesitz gegenüber dem Käufer ganz oder teilweise nicht nachkommen können, erfolgt vorstehende Abtretung insoweit an Erfüllungs Statt. Die laufende rechtliche Auseinandersetzung mit den in Ziff. 3 der Präambel genannten Erwerbern führt der Verkäufer in laufender, enger Abstimmung mit dem Käufer und verpflichtet sich insoweit gegenüber dem Käufer – rechtsgestaltende Erklärungen im Zusammenhang mit den in Ziff. 3. der Präambel genannten Verträgen und/oder prozessuale Gestaltungserklärungen im Zusammenhang mit Rechtsstreitigkeiten aus diesen Verträgen nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung des Käufers abzugeben; – jegliche Maßnahmen, die die Durchführung der in Ziff. 3 der Präambel genannten Erwerbsverträge ganz oder teilweise zu fördern geeignet sind, in Abstimmung mit dem Käufer zu ergreifen.
Sollten die Erwerber der in Ziffer 3. der Präambel genannten Verträge jedoch begründete Gewährleistungsansprüche wegen Sachmängeln geltend machen, wird der Verkäufer die entsprechenden Nachbesserungsarbeiten kostenfrei für den Käufer unverzüglich erbringen.”
Der Kaufpreis betrug gemäß § 3 Nr. 1 des Vertrages …. Zusätzlich zum Kaufpreis übernahm die Klägerin Zug um Zug gegen die Erfüllung des Vertrages durch den Verkäufer die durch die Grundschuld abgesicherten Darlehensverbindlichkeiten gegenüber dem Land Mecklenburg-Vorpommern, valutierend mit … per 31. Dezember 1999, im Wege der privaten Schuldübernahme.
Der Übergang von Besitz, Nutzungen, Gefahr und Lasten auf
die Klägerin war mit Wirkung zum 01. Januar 2000 vereinbart (§ 4). Die Verkäuferin erklärte die Auflassung (§ 6) und bewilligte zugunsten der Klägerin die Eintragung entsprechender Vormerkungen (§ 7).
In § 8 Abs. 2 heißt es:
„Der Verkäufer beantragt analog § 16 Abs. (1) Ziff. 2 GrEStG, eine Grunderwerbsteuer nicht festzusetzen – hilfsweise die Vollziehung eines Grunderwerbsteuerbescheides auszusetzen – bis die Möglichkeit der Erfüllung dieses Vertrages durch Lieferung und Eigentumsverschaffung des vertragsgegenständlichen Grundbesitzes (vgl. § 1) durch den Verkäufer abschließend feststeht, (vgl. § 2 Ziff. 2 dieses Vertrages).”
Über die Durchführung der Verträge vom 17. Dezember 1993 bestand bereits bei Abschluss des streitbefangenen Vertrages zwischen den Beteiligten jener Verträge Streit. Erst am 09. April 2001 schlossen die Klägerin und die E. AG als „Verkäufer” einerseits und die Erwerber der Häuser 1, 4, 5 und 6 andererseits eine Vereinbarung, wonach die Kaufverträge vom 17. Dezember 1993 über diese vier Häuser durchgeführt werden sollen. In Ziffer 5 dieser Vereinbarung verpflichtete sich die Klägerin hinsichtlich der streitbefangenen Grundstücke Löschungsbewilligungen für die für sie eingetragenen Auflassungsvormerkungen abzugeben. Gem. § 8 Abs. 4 der Vereinbarung sollte die Erwerber aus den Verträgen des Jahres 1993 für den Fall, dass der die Abwicklung der Verträge durchführende Notar ihnen vor dem 30. Juni 2001 mitteilte, dass die Verschaffung vertragsgemäßen lastenfreien Eigentums möglich ist, den Kaufpreis direkt an die Klägerin zahlen.
Als Eigentümer der Häuser 1, 5 und 6 wurden die Käufer vom 17. Dezember 1993 am 10. April 2002 in das Grundbuch eingetragen, ohne dass zuvor die Klägerin in das Grundbuch eingetragen worden ist. Die Klägerin wurde als Eigentümerin der der Grundstücke für die Häuser 2, 3 und 4 in das Grundbuch eingetragen.
Für die Klägerin wurde am 07. November 2000 hinsichtlich der Grundstücke für die sog. Häuser 1, 5 und 6 eine Auflassungsvormerkung eingetragen, die am 10. April 2002 wieder gelöscht wurde.
Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 22. September 2000 die Grunderwerbsteuer auf … fest. Auf den erfolglosen Einspruch der Klägerin hat der erkennende Senat die Klage durch Urteil vom 18. Dezember 2002 (3 K 559/01) abgewiesen. Die hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde (AZ: II B 28/03) hat die Klägerin am 27. April 2003 zurückgenommen.
Mit Schreiben vom 19. März 2003 beantragte die Klägerin die Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 22. September 2000 hinsichtlich der sog. Häuser 1, 5 und 6 aufgrund der sinngemäßen Anwendung von § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG. Zur Begründung führte die Klägerin aus, dass sich aus § 2 Ziff. 2 S. 3 des Kaufvertrages vom 28. August 2000 ergebe, dass, sollte der Verkäufer aufgrund der Altverträge nicht in der Lage sein, das Eigentum an dem Grundbesitz zu verschaffen, die Abtretung der Ansprüche aus den Altverträgen an Erfüllung statt trete. In dieser Bestimmung liege eine auflösende Bedingung bezüglich der Pflicht zur Eigentumsübertragung. Denn wenn die Altverträge durchgeführt werden würden, habe die Verkäuferpflicht mit Wirkung für die Zukunft entfallen sollen. Sei das Verpflichtungsgeschäft über ein Grundstück als solches auflösend bedingt und habe der Eigentumsübergang noch nicht stattgefunden, so werde mit dem Bedingungseintritt das Rechtsgeschäft unwirksam. Diese Voraussetzungen lägen im Streitfall vor, denn mit Abschluss des Vergleichs am 09. April 2001 sei bezüglich der streitbefangenen Häuser die auflösende Bedingung eingetreten. Durch den Eintritt der auflösenden Bedingung sei die Pflicht zur Lieferung und Eigentumsverschaffung der Veräußerin rückwirkend entfallen und der Vertrag vom 28. August 2000 habe den Charakter eines Rechtskaufs und einer diesbezüglichen Abtretungsvereinbarung erhalten. Mit Eintritt der auflösenden Bedingung gelte gem. § 158 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) von Anfang an nur die Abtretung des Kaufpreises als geschuldet.
Der Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheides stehe auch nicht dessen Bestandskraft entgegen. Denn wegen des Bedingungseintritts sei das Erwerbsgeschäft gem. § 41 der Abgabenordnung (AO 1977) unwirksam geworden und das wirtschaftliche Ergebnis des Erwerbsgeschäfts werde auch im steuerlichen Sinne ab dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht mehr vollzogen. Es sei der Sinn des § 16 GrEStG, dass ein Erwerbsvorgang dann keine steuerlichen Folgen auslösen solle, wenn seine Wirkungen völlig beseitigt würden und dadurch der frühere Rechtszustand wieder hergestellt werde.
Hinsichtlich des Grundstücks für das sog. Haus 4 sei zwar wegen der erfolgten Auflassung eine Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheides nicht möglich, jedoch sei der Grunderwerbsteuerbescheid im Billigkeitswege aufzuheben, da das Grundstück auf den bereits im Vertrag vom 17. Dezember 1993 vorgesehen Erwerber übertragen worden sei.
Diesen Antrag lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 21. August 2003 mit der Begründung ab, dass in dem Kaufvertrag keine auflösende Bedingung vereinbart worden sei. Durch die Regelung in § 2 Ziff. 2 des Vertrages könne zwar das Schuldverhältnis durch eine andere als die geschuldete Leistung zum Erlöschen gebracht werden, Rechtsgrund der Leistung bleibe aber das ursprüngliche Schuldverhältnis. Die Befugnis das Schuldverhältnis durch eine andere als die geschuldete Leistung zum Erlöschen zu bringen, führe also gerade nicht zu einem entgeltlichen Austauschvertrag.
Am 18. September 2003 ging der Einspruch der Klägerin beim Beklagten ein. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, dass in § 2 Ziff. 1 des Vertrages der Verkauf des Grundbesitzes nur für den Fall festgelegt worden sei, dass die in der Präambel unter Nr. 3 aufgeführten Ersterwerber von ihren Kaufverträgen rechtswirksam zurücktreten würden. Dies sei nicht geschehen. Gemäß § 2 Ziff. 2 des Kaufvertrages sei die Verkäuferin von der Verpflichtung zur Lieferung und Eigentumsverschaffung an dem vertragsgegenständlichen Grundbesitz befreit, sollten die in der Präambel des genannten Kaufvertrages aufgeführten Verträge doch noch zur Durchführung mit den dort genannten Erwerbern kommen. Daraus ergebe sich dass die Verkäuferpflicht zur Lieferung und Verschaffung des Eigentums auflösend bedingt auf die Durchführung der Verträge aus dem Dezember 1993 vereinbart worden sei. Nach Abschluss des Vergleichs am 09. April 2001 sei die Lieferung und Eigentumsverschaffung aus diesen Verträgen erfüllt, so dass die auflösende Bedingung eingetreten sei.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 01. April 2004 als unbegründet zurück. Er führte im wesentlichen aus, der Vertrag vom 28. August 2000 sei weder rechtlich noch tatsächlich rückgängig gemacht worden. Eine tatsächliche Rückgängigmachung liege im Streitfall bereits deswegen nicht vor, da zum Zeitpunkt der Einigung mit den Erwerbern am 09. April 2001 die für die Klägerin eingetragenen Auflassungsvormerkungen noch nicht gelöscht gewesen seien.
Die Klägerin hat am 29. April 2004 Klage erhoben. Ergänzend zu dem Vorbringen im Einspruchsverfahren trägt die Klägerin vor, dass durch die Bestimmung in § 2 Ziff. 2 des Vertages die Rechtsfolgen der subjektiven Unmöglichkeit ausgeschlossen seien. Es sei vielmehr vereinbart worden, dass es in diesem Falle die Verpflichtung des Verkäufers zur Übertragung des Eigentums entfalle und das Schuldverhältnis durch eine andere als die ursprünglich vereinbarte Leistung erlösche. Die Ausführungen in dem Urteil vom 28. Dezember 2002 in dem Verfahren 3 K 559/01, dass der Vertrag nicht aufschiebend bedingt geschlossen worden sei, sei in dieser generellen Aussage unzutreffend.
Entgegen den Ausführungen des Beklagten in seiner Einspruchsentscheidung sei eine rechtliche Rückgängigmachung aufgrund der seitens der E. AG bestehenden Verpflichtung gegenüber den ursprünglichen Erwerbern nicht erforderlich gewesen. Auch die Voraussetzung der tatsächlichen Rückgängigmachung sei im Streitfall gegeben, denn die Veräußerin der Grundstücke zu keiner Zeit habe frei verfügen können, da sie nicht nur der Klägerin, sondern auch den ursprünglichen Erwerbern gegenüber rechtlich gebunden gewesen sei. Die Klägerin habe die Grundstücke zu keinem Zeitpunkt weder rechtlich noch wirtschaftlich verwertet.
Auf die streitbefangenen sog. Häuser 1, 5 und 6 entfalle ein Teilbetrag i. H. v. … des Gesamtkaufpreises.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 21. August 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01. April 2004 abweichend von dem Grunderwerbsteuerbescheid vom 22. September 2000 die Grunderwerbsteuer auf … festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend zu seiner Einspruchsentscheidung trägt der Beklagte vor, dass bei Annahme einer auflösenden Bedingung die Vertragsparteien des Grundstückskaufvertrages verpflichtet gewesen wären, das Gewährte nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung zurückzugewähren. Die Klägerin habe aber als Käuferin nicht den überzahlten Kaufpreis zurückerhalten, sondern im Wege der Abtretung lediglich Ansprüche gegen die in der Präambel des streitbefangenen Vertrages genannten Personen. Die tatsächliche Rückgängigmachung des Vertrages scheitere auch an der mangelnden Entlassung der E. AG aus ihrer Übereignungspflicht, da zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleiches am 09. April 2001 die Auflassungsvormerkungen zugunsten der Klägerin noch eingetragen gewesen seien.
Dem Gericht lag eine Grunderwerbsteuerakte des Beklagten zu der Steuernummer … vor.
Entscheidungsgründe:
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Die zulässige Klage ist begründet.
Der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Kaufvertrag vom 28. August 2000 ist teilweise i. S. v. § 16 GrEStG rückgängig gemacht worden.
Nach § 16 Abs. 1 GrEStG kann, bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist, die Steuerfestsetzung auf Antrag aufgehoben werden, wenn entweder die Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs (…) innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer stattfindet (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG), ober aber die Vertragsbedingungen nicht erfüllt werden und der Erwerbsvorgang deshalb aufgrund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG).
Der erkennende Senat ist bei seiner Prüfung (zugunsten der Klägerin) zu dem Ergebnis gelangt, dass ein wirksamer Erwerbsvorgang vorliegt, denn dies ist Bedingung für die Anwendung von § 16 GrEStG (Boruttau/Sack, GrEStG, 15. Aufl., § 16 Rn. 15, 26).
Aufgrund der zwischen den Vertragsparteien in § 2 des Vertrages getroffenen Regelung stand dieser jedoch unter einer auflösenden Bedingung. Da diese Bedingung durch den Abschluss der Vereinbarung am 09. April 2001 und damit binnen zwei Jahren nach Abschluss des Grundstückkaufvertrages eingetreten ist, ist § 16 Abs. 1 GrEStG sinngemäß abzuwenden.
Ist ein obligatorisches Rechtsgeschäft auflösend bedingt, beeinträchtigt die auflösende Bedingung die Wirkung des Erwerbsvorgangs nicht. Sie führt dazu, dass mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts endigt (§ 158 Abs. 2 BGB, vgl. BFH-Urteil vom 25. Juni 1980 II R 28/79, BFHE 132, 316, BStBl II 1981, 332). Der Eintritt der auflösenden Bedingung wirkt nicht zurück (§ 159 BGB). Der Bedingungseintritt ist deshalb nicht ein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit i. S. v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO 1977). Auch kommt die Vorschrift des § 5 Abs. 2 Bewertungsgesetz (BewG) nicht zur Anwendung, wenn die Vertragsparteien nicht lediglich eine Verringerung des Wertes der Gegenleistung vereinbart hatten (vgl. Boruttau/ Sack, a. a. O., § 16 Rz. 384). Im Falle der Vereinbarung einer auflösenden Bedingung kommt vielmehr § 16 Abs. 1 GrEStG sinngemäß zur Anwendung, denn aus dieser Vorschrift lässt sich der allgemeine Grundsatz ablesen, dass in den Fällen, in denen sich der Erwerber oder der Veräußerer der Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges bzw. einer Rückübertragung des Grundstücks aus Rechtsgründen nicht entziehen kann, also ein durchsetzbarer Anspruch besteht, die Steuer sowohl für den vorangegangenen Erwerb als auch für den Rückerwerb nicht zu erheben bzw. zu erstatten sein soll (vgl. BFH-Urteil vom 06. Februar 1980 II R 7/76, BFHE 130, 186, BStBl II 1980, 363). Dabei lässt der erkennende Senat offen, ob in diesem Falle § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG (so Boruttau/Sack, a. a. O., § 16 Rz. 385) oder § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG (so Hofmann, GrEStG, 7. Aufl., § vor § 15 Rn. 11) zur Anwendung kommt.
Im Streitfall wurde nach dem Willen der Vertragsparteien, wie er in § 2 Ziff. 2 und § 8 Abs. 2 zum Ausdruck kommt, die Verkäuferpflicht zur Lieferung und Verschaffung des Eigentums an dem vertragsgegenständlichen Grundbesitz auf den Fall beschränkt, dass die im Jahre 1993 über eben diesen Grundbesitz abgeschlossenen Kaufverträge nicht vollzogen werden, mithin durch die Durchführung dieser Verträge auflösend bedingt ist. Mit Abschluss des Vergleiches ist die auflösende Bedingung hinsichtlich der streitbefangenen Häuser 1, 5 und 6 eingetreten.
Mit der Abgabe der Löschungserklärungen für die eingetragenen Auflassungsvormerkungen durch die Klägerin wurde der streitbefangene Vertrag hinsichtlich der Verpflichtung zur Verschaffung von Eigentum an den Häusern 1, 5 und 6 vollständig rückgängig gemacht.
Zur Erfüllung des Tatbestandes des § 16 Abs. 1 GrEStG reicht allein die zivilrechtliche (formale) Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts nicht aus. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist ein Erwerbsvorgang dann rückgängig gemacht, wenn die Vertragspartner vollständig aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen werden, so dass die Verfügungsmöglichkeit des Erwerbers über das Grundstück beseitigt wird und der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung in Bezug auf das Grundstück wiedererlangt. Der Wegfall der Verfügungsmöglichkeit des Erwerbers über das Grundstück einerseits und die Wiedererlangung der ursprünglichen Rechtsstellung des Veräußerers andererseits stehen – dem systematischen Verhältnis der Steuertatbestände des § 1 GrEStG zu der gegenläufigen Korrekturvorschrift des § 16 GrEStG entsprechend – in einem sachlichen Zusammenhang (BFH-Urteil vom 19. März 2003 II R 12/01, BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770).
Eine § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ausschließende Bindung von grunderwerbsteuerrechtlicher Bedeutung kann sich auch aus einer dem Erwerber unabhängig von dem zivilrechtlich beseitigten Anspruch auf Grundstücksübereignung verbliebenen Rechtsposition (Auflassungsvormerkung zugunsten des Erwerbers) ergeben. Als der Klägerin verbliebene Rechtspositionen kommen die Auflassungsvormerkungen in Betracht, die, als der Vergleich geschlossen wurde, noch im Grundbuch eingetragen waren. Nach dem BFH-Beschluss vom 10. Juli 1996 (II B 139/95, BFH/NV 1997, 61) soll die zivilrechtliche Wirkung der Auflassungsvormerkung, nämlich der von ihr erzeugte Schutz des Vormerkungsberechtigten vor rechtsvereitelnden Zwischenverfügungen (§§ 883 Abs. 2, 888 BGB), zur Folge haben, dass der Verkäufer trotz der wiedererlangten (zivilrechtlichen) Verfügungsfreiheit seine ursprüngliche Rechtsposition nicht vollständig wieder zurückerlangt, da bereits der bloße Rechtsschein einer wirksamen Vormerkung geeignet sei, die Verkehrsfähigkeit des Grundstücks faktisch zu beschränken. Jedoch steht eine solche Rechtsposition der Rückgängigmachung nicht entgegen, wenn der Erwerber diese Rechtsposition bei der Weiterveräußerung nicht tatsächlich ausübt oder insoweit im ausschließlichen Interesse eines Dritten handelt (BFH-Urteil in BFHE 202, 383, BStBl II 2003, 770). Die Klägerin müsste also tatsächlich die Vergleichsverhandlungen beeinflusst haben und dies müsste ihr „als Ausfluss” der ihr verbliebenen Rechtsposition möglich gewesen sein.
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Die Vergleichsverhandlungen mit den ursprünglichen Erwerbern hat die Veräußerin geführt, wenn auch in enger Abstimmung mit der Klägerin, welche in § 5 des Vergleiches nur insoweit an diesen mitgewirkt hat, als sie sich zur Hergabe der Löschungsbewilligungserklärungen betreffend der für sie eingetragenen Auflassungsvormerkungen verpflichtete. Die Klägerin hat auch nicht deswegen im eigenen Interesse gehandelt, weil gemäß § 8 Abs. 5 des Vertrages die von den ursprünglichen Erwerbern zu zahlenden Kaufpreise von diesen direkt an sie zu zahlen waren. Denn dies geschah aufgrund der in § 2 Ziff. 2 des streitbefangenen Vertrages vereinbarten Abtretung.
Für die Rückgängigmachung i. S. d. § 16 Abs. 1 GrEStG war es im Streitfall nicht erforderlich, dass die Veräußerin die erhaltene Kaufpreiszahlung an diese zurückgewährte. Zwar führt der Eintritt einer auflösenden Bedingung zu der Verpflichtung der Beteiligten, sich das Gewährte nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff BGB) zurückzuübertragen (vgl. BGH-Urteil vom 30. April 1959 VIII ZR 174/58, MDR 1959, 658). Im Streitfall stand jedoch nur der Eigentumsverschaffungsanspruch der Klägerin unter einer auflösenden Bedingung, nicht jedoch die ebenfalls erfolgte Abtretung sämtlicher Ansprüche und Rechte aus den Verträgen des Jahres 1993. Letztere bildete auch nach Wegfall der Verpflichtung zur Eigentumsverschaffung noch immer einen ausreichenden Rechtsgrund für die Verkäuferin, die erhaltene Kaufpreiszahlung zu behalten. Beide Leistungen (Eigentumsverschaffung und Abtretung) bildeten jede für sich eine vollumfängliche Gegenleistung für die Zahlung des Kaufpreises.
Nach alledem war der Klage stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 151, 155 FGO i. V. m. der entsprechenden Anwendung von § 708 Nr. 10 und § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen.
Der Streitwert wurde gemäß §§ 13, 25 Gerichtskostengesetz a. F. (GKG) bemessen.