08.01.2010
Finanzgericht München: Urteil vom 29.03.2006 – 4 K 1835/05
1. Wollte der Schenker Ende 1995 wegen der damals noch geltenden niedrigen Einheitsbewertung ein weitgehend bereits von ihm erbautes Gebäude sowie den zur Fertigstellung im Jahr 1996 nötigen Geldbetrag schenken, so liegen zwei Teilschenkungen vor, wobei nur der im Jahr 1996 fertiggestellte Teil bei Bezugsfertigkeit als mittelbar geschenkt gilt und der 1995 geschenkte Einheitswert des Grundstücks im Zustand der Bebauung als Vorschenkung zu berücksichtigen ist.
2. Die nach dem Tode des Schenkers vom Beschenkten zu erbringende Rentenzahlungsverpflichtung ist auf den Zeitpunkt der Zuwendung als Gegenleistung abzuzinsen.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In der Streitsache
hat der 4. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des Vizepräsidenten des Finanzgerichts …, des Richters am Finanzgericht … und des Richters am Finanzgericht … sowie der ehrenamtlichen Richter … und … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. März 2006
für Recht erkannt:
1. Die Erbschaftsteuerfestsetzung in Gestalt von zuletzt des Änderungsbescheids vom 22. Juli 2004 wird wie folgt geändert:
2. Die Berechnung wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung dem Finanzamt übertragen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist der Schenkungszeitpunkt für die Immobilie … FlNr. 867/5 (…).
I.
Mit Notarvertrag vom 30. November 1995 (Urkunde Nr. 2515/5, Bl. 2 Finanzamts-Akte) hat der am 13. November 2003 verstorbene ursprüngliche Kläger A. (geb. 6.2.1932) seinen drei Kindern R., G. (nunmehr verh. …) und … u.a. die Immobilie …, FlNr. …67/5, unter Zurückbehaltung eines Nießbrauchsrechts auf Lebzeit für sich und gegen aufschiebend bedingte Rentenzahlungen an seine Ehefrau … (geboren 8. März 1937) zu jeweils 33/100 schenkungsweise übertragen. Die anfallende Schenkungsteuer übernahm der Kläger (Tz. c).
Der Kläger verzichtete gemäß Tz. IV 2 c auf die Ausübung seines Nießbrauchs, solange die Erträgnisse zur Fertigstellung der Gebäulichkeiten auf FlNr. …67/5 einschließlich des Zins- und Tilgungsdienstes für die in diesem Zusammenhang eingegangenen Verbindlichkeiten sowie Bezahlung der für diesem Grundbesitz anfallenden Leistungen verwendet werden.
Ab Beendigung des Nießbrauchs hatten die Erwerber an die Ehefrau des Klägers eine wertgesicherte Leibrente in Höhe von 10.000 DM monatlich zu zahlen (Tz. VI des Vertrages).
Dieses Grundstück befand sich im Zustand der Bebauung mit fünf Mietshäusern. Die Rohbauten waren bereits vom Kläger erstellt. Mit der schlüsselfertigen Erstellung des gesamten Bauvorhabens war Mitte des Jahres 1996 zu rechnen. Gegenstand der Überlassung war lt. Vertrag (Tz. II. 2.) demnach das Grundstück in vollständig bebautem Zustand gemäß den genehmigten Bauplänen. Zu diesem Zweck übertrug der Kläger einen Geldbetrag von 1.815.000 DM anteilig (1/3 von 5.445.000 DM) mit der ausdrücklichen Bestimmung und Auflage an die Erwerber, dass dieser Geldbetrag nur für die ordnungsgemäße Fertigstellung der auf dem Vertragsgrundstück aufstehenden Rohbauten entsprechend den genehmigten Bauplänen zum Zwecke der Vermietung verwendet werden darf. Den dafür vorliegenden Geldbetrag hatte der Veräußerer bereits auf das durch die Erwerber neu errichtete Bankkonto Nr. 2… bei der …sparkasse …n, Zweigstelle …g, überwiesen.
Mit dem gleichen Notarvertrag (Tz. B) sowie Gesellschaftsvertrag als Anlage (Bl. 33 ff Finanzamts-Akte) wurde zwischen allen Beschenkten und dem Kläger, dem noch ein Anteil von 1 % u.a. an der Immobilie FlNr. 167/5 verblieben ist, anschließend die Gesellschaft bürgerlichen Rechts „Grundstücksgesellschaft W.” gegründet. Zweck dieser Gesellschaft ist der Erwerb, die Bebauung und die Verwaltung von diversen Grundstücken, u.a. der FlNr. …67/5. Zur Erfüllung ihrer Einlagenverpflichtung brachten die Gesellschafter u.a. die FlNr. …67/5 in die Gesellschaft ein. Der zur Fertigstellung vom Kläger hingegebene Geldbetrag wurde von den drei Kindern in die Gesellschaft eingebracht. Der Kläger brachte in die Gesellschaft 55.000 DM ein. Die von den Gesellschaftern eingebrachten Geldmittel waren ausschließlich für die Bebauung der FlNr. …67/5 vorgesehen (§ 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages), für die die Gesellschaft die Fertigstellung der Wohnanlage übernommen hatte. Alleiniger Geschäftsführer der GbR wurde der Kläger, der zu 85 % an Gewinn und Verlust beteiligt war. Die Gesellschaft wurde am 4. Januar 1996 in das Grundbuch eingetragen. Der Eintragungsantrag des Notars war vor dem 1. Januar 1996 beim Grundbuchamt eingegangen.
Im Frühjahr 1996 wurde das gesamte Objekt vermietet. Unstreitig wurde es erst am 1. Juli 1996 bezugsfertig.
In der eingereichten Steuererklärung vom 21. September 1998 wurde der Anteil an den Immobilien …, für die Beschenkte R. mit 413.028 DM (Ansatz mit 140 % = 578.240 DM) angegeben. Gleichzeitig wurde erklärt, dass der Geldbetrag von 1.815.000 DM nicht anzusetzen sei, da dieser zum Zweck der Fertigstellung überlassen worden und deshalb bereits im anteiligen Einheitswert enthalten sei. Zur endgültigen Fertigstellung der Immobilien habe jedoch von den Beteiligten bzw. von der Gesellschaft noch ein Bankdarlehen von insgesamt 1.500.000 DM aufgenommen werden müssen. Dieses sei als übernommene Bankverbindlichkeit zu berücksichtigen (Bl. 51, Bd. I, Finanzamts-Akte).
Mit Schreiben vom 23. Juni 1999 teilte der Beklagte (das Finanzamt) dem Kläger mit, dass in der Überlassung von Grundbesitz und der Hingabe von Geld zur Fertigstellung der darauf befindlichen Bauten eine einheitliche mittelbare Grundstücksschenkung zu sehen sei. Diese sei jedoch erst bei Bezugsfertigkeit in 1996 ausgeführt. Es wurde daher gebeten, entsprechende Erklärungen zur Fertigstellung des Grundbesitzwertes einzureichen.
Dagegen wandte sich der Kläger mit seinem Schreiben vom 7. Juli 1999. Darin wurde verneint, dass eine mittelbare Grundstücksschenkung vorliege. Vielmehr liege eine Schenkung von Grund und Boden mit Gebäuden im Zustand der Bebauung vor, für die ein gesonderter Einheitswert zum 30. November 1995 nach altem Recht festzustellen sei. Die Geldschenkung käme wegen der übernommenen Handwerkerverbindlichkeiten nicht zum Tragen. Keinesfalls könne von einer Grundstücksschenkung in 1996 ausgegangen werden. Die Einreichung einer Erklärung für den Grundbesitzwert erübrige sich daher.
Der Grundbesitzwert für die Immobilien …, wurde durch das Lagefinanzamt … auf den Zeitpunkt der offiziellen Bezugsfertigkeit 1. Juli 1996 auf insgesamt 9.782.000 DM festgestellt (33/100 = 3.228.060 DM – Bl. 89, Bd. I, Finanzamts-Akte).
Mit Schenkungsteuerbescheid vom 31. August 1999 wurden die Besteuerungsgrundlagen ermittelt und die Schenkungsteuer wie folgt festgesetzt (Bl. 101 ff, Bd. I, Finanzamts-Akte).
Grundstück | … | Grundbesitzwert gesamt | 9.782.000 DM | |||
davon geschenkt 33/100 = | 3.228.060 DM | |||||
davon | (16.114.000 DM :/. 1.500.000 DM)/(16.114.000 DM) = | |||||
steuerlicher Grundstückswert | 2.927.570 DM | |||||
+ | übernommene Steuer nach § 10 Abs. 2 ErbStG Erwerb wie oben 2.927.570 DM + Vorschenkung 268.586 DM, | |||||
Freibetrag 400.000 DM, | ||||||
abgerundet | 2.796.100 DM | |||||
Steuer hiervon 19 % | 531.529 DM | |||||
anrechenbare Steuer | 9.817 DM | + 521.442 DM | ||||
3.449.012 DM | ||||||
Vorschenkung | + 268.586 DM | |||||
3.717.598 DM | ||||||
Freibetrag | ./. 400.000 DM | |||||
3.317.598 DM, | ||||||
zu versteuern mit 19 % | 630.325 DM | |||||
anrechenbare Steuer | 9.817 DM | |||||
620.508 DM | ||||||
Übertrag: | 3.317.598 DM | 620.508 DM | ||||
Belastungen i.S. des § 25 ErbStG (Nießbrauch) | ||||||
- | für die aktuelle Schenkung nach § 16 BewG max. 1/18,6 v. 2.927.570 DM | |||||
× Vervielfältiger 9,603 (Anlage 9 zu § 14 BewG) = | 1.511.473 DM | |||||
- | für Vorschenkungen | 17.007 DM | ||||
1.789.118 DM | ||||||
zu versteuern mit 19 % | 339.929 DM | |||||
anrechenbare Sofortsteuer (tatsächliche Steuer) | 8.882 DM | |||||
Zahllast | 331.047 DM | |||||
zu stundende Steuer (620.508 DM ./. 331.047 DM) | 289.461 DM | |||||
Ablösungsbetrag: 289.461 DM × 0,448 (15 Jahre) | 129.678 DM |
Im Einspruchsverfahren brachte der Kläger vor, dass die Grundstücksschenkung bereits mit Notarvertrag vom 30. November 1995 ausgeführt worden sei. Eine mittelbare Grundstücksschenkung mit Schenkungszeitpunkt bei Bezugsfertigkeit sei abwegig, da die Gebäude bereits zum Großteil (98 %) fertig gestellt gewesen seien. Denkbar sei lediglich, dass die hingegebenen Geldmittel, sollten diese zur Erledigung künftiger Bauleistungen hingegeben worden sein, eine mittelbare Grundstücksschenkung ausschließlich für die damit durchgeführten künftigen Bauleistungen begründen könnten. Somit lägen maximal eine Grundstücksschenkung mit Gebäuden im Zustand der Bebauung zum 30. November 1995 und eine mittelbare Grundstücksschenkung für die restlichen Leistungen in 1996 vor.
Mit Beschluss vom 15. März 2000 hatte im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung –AdV– (4 V 4301/99) der Senat entschieden, dass die AdV nach summarischer Prüfung zu gewähren sei. Es müsse nämlich noch geprüft werden, ob mit dem überlassenen Geldbetrag tatsächlich nur noch bereits geleistete Handwerkerarbeiten bezahlt wurden oder ob damit noch ausstehende Bauten finanziert wurden. Dies sei jedoch dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
Das Finanzamt kam zu der Feststellung, dass 14,4 % der Bauleistungen zum Zeitpunkt der Grundstücksüberlassung noch nicht fällig gewesen waren. Lediglich die Außenanlagen waren erstellt. Außerdem seien bereits vor 1996 erteilte Aufträge sicherlich noch nicht unmittelbar nach der Auftragserteilung, sondern erst im Jahr 1996 ausgeführt worden. Aufgrund des Prozentsatzes von nicht erbrachten Leistungen sah das Finanzamt den Zeitpunkt der gesamten Schenkung im Jahr 1996 und wies mit Einspruchsentscheidung vom 23. August 2001 den Einspruch als unbegründet zurück (Bl. 63, Bd. II, Finanzamts-Akte).
Mit der Klage trägt der Kläger vor, dass die bloße Angabe des Zwecks im Vertrag, für den die 1.815.000 DM verwendet werden sollten, keine Verfügungsbeschränkung des Beschenkten über das Geld bis zur vollständigen Fertigstellung der Bezugsfertigkeit beinhalten sollte. Mit der Formulierung, dass Gegenstand der Überlassung das Grundstück in vollständig bebautem Zustand sein solle, sollte keineswegs der Zeitpunkt des Eintritts der Bereicherung hinsichtlich des Grundbesitzes hinausgeschoben werden, sondern nur zum Ausdruck gebracht werden, dass über die bereits vollzogene Schenkung des Grundstücks im eventuellen Zustand der Bebauung zudem das Geld geschenkt sein sollte. Das Institut der mittelbaren Grundstücksschenkung sei von der Rechtsprechung ausschließlich zugunsten der Steuerpflichtigen entwickelt worden und habe sich auf künftige Immobilienerwerbe mit den hingegebenen Geldmitteln bezogen. Der Großteil des Geldes diente hier der Entlastung der Beschenkten von den bereits bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber den Handwerkern. Lediglich soweit danach noch verbleibende Gelder für neue Bauteile oder Aufträge verwendet wurden, könne an eine mittelbare Grundstücksschenkung entsprechend der Ziffer II 2.2 des Ländererlasses vom 2. November 1989 (BStBl I 1989, 443) gedacht werden.
Selbst wenn die Bezugsfertigkeit nach dem 31. Dezember 1995 läge, müsste aus Gründen der Steuergerechtigkeit der alte Einheitswert als Besteuerungsgrundlage herangezogen werden.
Aus der Kostenzusammenstellung (s. Anlage zum Schriftsatz vom 19. November 2001) ergebe sich (4. Spalte von rechts), dass nur wenige Aufträge nach dem 1. Januar 1996 erteilt wurden (Bl. 20 Finanzgerichts-Akte), wobei für die Bezugsfertigkeit lediglich der Auftrag für die Parkettverlegung relevant gewesen sei. Außerdem sei davon auszugehen, dass dieser Auftrag aus dem Hypothekendarlehen in Höhe von 1,5 Mio. DM bezahlt wurde und nicht aus dem geschenkten Geld von 5.445.000 DM. Die Leistungen seien deshalb im Verhältnis 80: 20 aufzuteilen.
Am 13. November 2003 ist der Kläger verstorben. Alleinerbin wurde lt. Erbschein des Nachlassgerichts … vom 2. April 2004 (BL 73 Finanzgerichts-Akte) seine Ehefrau … (geboren 8. März 1937). Dadurch kam die bisher aufschiebend bedingte Pflicht gegenüber der Witwe des Klägers zum Tragen. Diese beträgt bei einem Jahreswert und einem Vervielfältiger von 10,292 DM 1.370.894 abgezinst auf den 1. Juli 1996 gemäß Tabelle zu § 12 Abs. 3 Bewertungsgesetz –BewG– mit einem interpolierten Vervielfältiger von 0,675 = 925.354 DM; davon 1/3 = 308.452 DM (Bl. 76 Finanzgerichts-Akte). Dem hat der Beklagte durch Erlass eines Änderungsbescheids vom 22. Juli 2004 Rechnung getragen (Bl. 74 Finanzgerichts-Akte). Die Erbschaftsteuer wurde dadurch auf 211.769,54 EUR herabgesetzt infolge einer Änderung des Stundungsbetrags unter voller Übernahme der Steuer (H 85 Abs. 3 ErbStR) und einer Zusammenrechnung der Erwerbe unter Nutzungsvorbehalt (H 85 Abs. 3 ErbStR).
Übereinstimmend kamen die Beteiligten (s. Schreiben des Beklagten vom 5. Januar 2006, Bl. 106 ff Finanzgerichts-Akte und Kläger-Schreiben vom 20. Januar 2006, Bl. 113 ff Finanzgerichts-Akte) zu der Feststellung, dass seinerzeit am 30. November 1995 bereits 71,26 % der Gebäude fertig gestellt waren.
Zahlungen 1996 | |||
Herstellungskosten | 6.446.754 DM | ||
./. vom Schenker erteilte Aufträge 10, 11/95 | - 1.395.647 DM | ||
./. vom Beschenkten erteilte Aufträge 12/95 | - 825.644 DM | ||
= Zahlungen auf vom Schenker erteilte Aufträge vor 10/95 | 4.225.463 DM | ||
Grad der Fertigstellung | |||
Herstellungskosten – fertig gestelltes Gebäude | 15.453.110 DM | ||
./. nach 30.11.1995 ausgeführte Auftrage | 10, 11/95 | 1.502.647 DM | |
12/95, 96 | 825.844 DM | ||
2.328.281 DM | 2.328.281 DM | ||
./. Aufträge vor 10/95 4.225.463 DM, davon 50 % ausgeführt | 2.112.731 DM | ||
Herstellungskosten – bis 30.11.95 | 11.012.097 DM | ||
Grad der Fertigstellung 71,26 % |
Die Einheitswerte für die Grundstücke im Zustand der Bebauung gemäß § 91 Abs. 2 BewG-ermittelte das Finanzamt M. zunächst im Wege der Amtshilfe auf insgesamt 966.000 DM.
Steuerwert somit 966.000 DM * 140 % = | 1.352.400 DM |
Die zur Fertigstellung der Gebäude überlassenen Geldmittel von 5.445.000 DM wurden in voller Höhe zur Bezahlung vom Schenker erteilter Bauaufträge verwendet.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
den angefochtenen Bescheid dahingehend zu ändern, dass hinsichtlich des streitbefangenen Grundbesitzes nur eine mittelbare Grundstücksschenkung vorliegt, bei der die Barzuwendung nur insoweit zu erfassen ist, als sie zum Schenkungszeitpunkt nicht schon fertig gestellte Gewerke betraf und die nachträglich eingetretene Leibrentenverpflichtung der Beschenkten gegen die Alleinerbin vom 3. Juni 2004 in voller Höhe von 1.370.894 DM zu berücksichtigen, weil keine Abzinsung auf den 1. Juli 1996 zu erfolgen habe.
Das Finanzamt beantragt
Klageabweisung, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Wäre der Wille des Schenkers darauf gerichtet gewesen, den Beschenkten zum 30. November 1995 die Einlage in die Grundstücksgesellschaft zu schenken, wäre die gesamte Schenkung mit Errichtung der Gesellschaft und Leistung der Einlage ausgeführt.
Der Wert der Schenkung wäre dann wie folgt zu ermitteln: | |
Steuerwert des Grundstücks im Zustand der Bebauung | |
99 % von 1.352.400 DM = | 1.338.876 DM |
Geldeinlage | 5.445.000 DM |
Verbindlichkeiten aus ausgeführten, aber noch nicht bezahlten | |
Baurechnungen 99 % von 2.112.731 DM | - 2.091.604 DM< |
Wert der Zuwendung | 4.692.272 DM |
je Beschenktem 1/3 | 1.564.090 DM |
Nach wie vor sei es jedoch der Auffassung, dass das vollständig bebaute Grundstück geschenkt worden sei.
Nachdem in der notariellen Urkunde vom 30.11.1995 noch weitere Gründstücke übertragen worden seien, habe der Schenker bezüglich des Grundstücks FlNr. …67/5 (…) seinen Willen, was Schenkungsgegenstand sein soll, in Tz. II. 2 ausdrücklich formuliert: „Gegenstand der Überlassung ist demnach das Grundstück in vollständig bebautem Zustand gemäß den genehmigten Bauplänen, … Zu diesem Zweck überträgt der Veräußerer auf die Erwerber zu gleichen Anteilen weiter einen Geldbetrag in Höhe von 5.445.000 DM.”
Gegenstand der freigebigen Zuwendung sei damit das fertig gestellte Gebäude. Die Schenkung sei mit Bezugsfertigkeit am 1. Juli 1996 ausgeführt. Das BFH-Urteil vom 22.9.2004 II R 88/00 stehe dem nicht entgegen, sondern stütze gerade die Auffassung des Finanzamts.
Es sei zwar richtig, dass im zeitlichen Zusammenhang mit der Grundstücksschenkung auch die Grundstücksverwaltung W. GbR errichtet wurde. Sie habe jedoch erkennbar in erster Linie dem Interesse des Schenkers gedient, Einfluss auf die Fertigstellung der Gebäude zu nehmen und diese einheitlich zu verwalten (Abschn. IX der notariellen Urkunde: Grundstücksvollmacht zur Fertigstellung der Wohnanlage; § 11 des Gesellschaftsvertrages: alleiniger Geschäftsführer ist der Schenker), und damit seinen Vorbehaltsnießbrauch zusätzlich zu sichern (Abschn. IV. 2 der notariellen Urkunde; § 8 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages).
Nachdem Gegenstand der Einlage nach § 4 des Gesellschaftsvertrages aber wiederum u.a. das Grundstück FlNr. …67/5 sowie die Geldmittel mit der Auflage zur ausschließlichen Verwendung für die Fertigstellung der Gebäude gewesen seien, wäre zu fragen, ob nach dem Willen des Schenkers die zu bewirkende Gesellschaftseinlage nicht das fertig gestellte Gebäude sein sollte. Übertragung von Grundstück und Geldmittel und deren Einlage in die GbR seien aber dann entsprechend der Gründe im BFH-Urteil vom 22.9.2004 nur Zwischenschritte gewesen. Erst mit der Fertigstellung der Gebäude am 1.7.1996 sei die endgültige Vermögensmehrung der Beschenkten auf Kosten des Schenkers eingetreten und die mittelbare Grundstücksschenkung bzw. die mittelbare Schenkung der GbR-Anteile ausgeführt worden.
Die nach dem Tod des Erblassers zu erbringende Rentenleistung sei nach Eintritt der Bedingung abgezinst auf den 1. Juli 1996 gemäß § 12 Abs. 3 BewG berücksichtigt worden. § 29 Abs. 2 ErbStG sei darauf nicht anwendbar (s. BFH-Urteil vom 6. Oktober 1976 II R 107/71, BStBl II 1977, 211). Für Berechtigten und Verpflichteten gebe es insoweit zwei unterschiedliche Bewertungszeitpunkte.
Mit Beschluss vom 15. März 2000 hat der Senat im Verfahren wegen AdV (4 V 4301/99) die Vollziehung ausgesetzt. Mit Beschluss vom 16. Oktober 2002 hat der Senat das Ruhen des Verfahrens bis zu einer Entscheidung des BFH über die Revision II R 75/00 und II R 88/00 angeordnet. Der BFH hat zwischenzeitlich mit Urteilen vom 4. Dezember 2002 (BStBl II 2002, 273) und vom 22. September 2004 darüber entschieden. Mit Beschluss vom 4. April 2005 wurde das Verfahren wieder aufgenommen.
Am 29. März 2006 hat vor dem Senat mündliche Verhandlung in öffentlicher Sitzung stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.
Gründe
II.
Die Klage ist größtenteils begründet.
1. Entgegen der Auffassung des Finanzamts sollte hier nach dem Willen des zuwendenden Vaters nicht erst das Grundstück mit vollständig fertig gestellten Gebäuden anteilig auf seine Kinder übergehen. Damit liegt erst mit der Bezugsfertigkeit der Gebäude im Jahre 1996, dem ersten Jahr der neuen höheren Bedarfsbewertung, eine mittelbare Grundstücksschenkung vor (s. ErbStR H 16 Nr. 4), während die Übertragung des Grundstücks mit den weitgehend fertig gestellten Gebäuden als Erwerb im Jahre 1995 nach den damals geltenden Vorschriften als Vorschenkung zu berücksichtigen ist.
Aus dem Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung und deren Inhalt folgt nach Auffassung des Senats, dass die Schenkung in zwei getrennt zu beurteilenden Schritten ausgeführt werden sollte, nämlich einerseits durch Übertragung des weitgehend fertig gebauten Grundstücks im Jahr 1995, um die alte Einheitsbewertung noch auszunützen, und andererseits durch die Finanzierung der Fertigstellung der Gebäude im Jahr 1996, was eine mittelbare Grundstücksschenkung im Jahre 1996 darstellt (s. ErbStR 23 Abs. 2 Sätze 3 und 4). Die anschließend im Einzelnen aufgeführten Umstände rechtfertigen entsprechend dem Urteil des BFH vom 22.9.2004 II R 88/00, BFH/NV 2005, 213 hier die Annahme, dem Schenker sei es vor allem auf die Zuwendung dieser vorläufigen Rechtsposition noch im Jahr 1995 angekommen.
Die Formulierung im Vertrag Tz. II 2., wonach Gegenstand der Überlassung demnach das Grundstück in vollständig bebautem Zustand sei, steht dem nicht entgegen, weil aus dem Wort „demnach” folgt, dass dieser Satz nur eine Zusammenfassung der vorherigen Schilderung ist, wonach die Bauleistungen bereits durch den Veräußerer erstellt waren und mit der schlüsselfertigen Erstellung des gesamten Bauvorhabens Mitte des Jahres zu rechnen sei. Aus dem Umstand, dass sowohl das geschenkte Grundstück mit den bereits erstellten Baulichkeiten als auch der geschenkte Geldbetrag in die BGB-Gesellschaft einzubringen und zur ausschließlichen Verwendung für die Bebauung des Grundbesitzes der Gesellschaft zu verwenden war, ergibt sich die Teilbarkeit dieser Zuwendung (s. Tz. B 2. sowie § 4 des Gesellschaftsvertrages vom gleichen Tage). Aufgrund seiner alleinigen Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis gemäß § 11 des Gesellschaftsvertrages konnte der Zuwendende die ordnungsgemäße Verwendung der Gelder überwachen. Geschenkt wurde demnach im Jahre 1995, was nicht Streitgegenstand dieses das Jahr 1996 betreffende Verfahrens ist, ein weitgehend fertig bebautes Grundstück. Gemäß § 174 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) ist für das Jahr 1995 der zwischen den Beteiligten unstreitige Steuerwert nach altem Recht in Höhe von 1.352.400 DM zu berücksichtigen, wovon 33 % auf die Beschenkte, also 446.292 DM, entfallen, die die bisher bei ihr angesetzten Vorschenkungen und entsprechend den Anrechnungsbetrag für die Vorschenkungen erhöhen.
2. Soweit bereits vom Schenker erteilte Aufträge vorlagen, die aber noch nicht ausgeführt waren, diente das Gesellschafterdarlehen nicht der Befreiung von Verbindlichkeiten, so dass keine Gegenleistung vorliegt, weil es sich insoweit nur um schwebende Geschäfte zum Zeitpunkt der Zuwendung handelte (s. BFH-Urteil vom 10.4.1991 II R 118/86, BStBl II 1991, 619).
3. Die Nießbrauchsbelastung berechnet sich erst ab Fertigstellung des Gebäudes, weil bis dahin der Zuwendende laut Tz. IV 2 c des Vertrages auf ihn verzichtet hatte; sie ist damit ebenso wie die Leibrente für die Klägerin nur bei der Zuwendung im Jahr 1996 zu berücksichtigen.
4. Die Klage ist insoweit unbegründet, als auf den 1. Juli 1996 eine Abzinsung der Rentenverpflichtung nach § 12 Abs. 3 BewG vorzunehmen ist (s. Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 12, Anm. 48; Moench, ErbStG, § 12 Anm. 14, B; Viskorf, ErbStG, §§ 4–8 BewG, Anm. 19; Gürsching/Stenger, BewG, § 6, Anm. 7), so dass statt 1.370.894 DM nur 925.354 DM (s. Anlage zum Schenkungsteuer-Bescheid vom 22. Juli 2004 Bl. 76 Finanzgerichts-Akte) entsprechend § 6 Abs. 2 BewG in Verbindung mit § 5 Abs. 2 BewG (s. BFH-Urteil vom 16.10.1976 II R 107/71, BStBl II 1977, 211) anzusetzen sind, wovon ein Drittel als Verkehrswert der Gegenleistung (= 308.452 DM statt 456.964 DM) auf die Beschenkte entfällt. Dadurch wird nämlich der Zinsvorteil abgegolten, den die Beschenkte durch die erst spätere Belastung mit der Schuld hat. § 29 Abs. 2 ErbStG gilt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht bei Wegfall einer Last, sondern nur bei Wegfall eines Erwerbs, der durch die tatsächliche Nutzung ersetzt wird. Die von der Klägerin zitierten Kommentare von Kapp, ErbStG, Tz. 61 ff zu § 29 und von Viskorf, Tz. 10 zu §§ 4–8 BewG beziehen sich zudem nur auf Fälle auflösend bedingter Erwerbe.
5. Die Übertragung der Berechnung der nunmehr festzusetzenden Schenkungsteuer auf das Finanzamt erfolgt gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO, wobei von folgenden Besteuerungsgrundlagen auszugehen ist.
a) Von der Barzuwendung in Höhe von unstrittigen 5.445.000 DM, wovon 2.112.731 DM zur Bezahlung bereits ausgeführter Aufträge dienten (s. Schreiben des Finanzamts vom 2. Januar 2006 an das Finanzgericht), entfällt 1/3 der Differenz von 3.332.269 DM auf den Beschenkten, somit 1.110.756 DM. Dies entspricht dem Verkehrswert (hier Nennwert) der Leistung des Schenkers.
b) Der Bedarfswert für das fertig bebaute Grundstück beträgt 9.782.000 DM (s. Bl. 89, Bd. I, Finanzamts-Akte). 33 % davon für den Beschenkten sind 3.228.060 DM.
c) Der Verkehrswert beträgt 17.453.000 DM. Er ergibt sich aus Herstellungskosten in Höhe von abgerundet 15.453.000 DM und einem geschätzten Grundstückswert von 2 Mio. DM. Da der alte Einheitswert für das unbebaute Grundstück 164.600 DM betrug (s. Bl. 46, Bd. I, Finanzamts-Akte), erscheint angesichts des damaligen niedrigen Wertniveaus diese Schätzung gerechtfertigt. Davon entfallen 33 % auf den Beschenkten = 5.759.490 DM.
d) Dies entspricht einer mittelbaren Grundstücksschenkung in Höhe von 19,28 %, aufgerundet 20 %. Als geschenkt gelten demnach 645.612 DM.
e) Davon ist nach den Grundsätzen der sogenannten gemischten Schenkung der anteilige Bedarfswert insoweit anzusetzen, als er dem Verhältnis des Verkehrswerts der Bereicherung des Beschenkten (1.110.756 DM ./. Leibrentenverpflichtung 308.452 DM) in Höhe von 802.304 DM zum Verkehrswert der Leistung des Schenkers in Höhe von 1.110.756 DM entspricht.
6. Die Kostenentscheidung erfolgt entsprechend § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Die Erhöhung der Steuer durch den höheren Ansatz der Vorschenkungen (durch Hinzurechnung des Erwerbs des halbfertig bebauten Grundstücks in 1995) stellt insoweit kein Unterliegen dar (s. Gräber, FGO, 5. Aufl. vor § 135 Rz. 26).
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Voltstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.
7. Die Revision war wegen Fehlens grundsätzlicher Bedeutung nicht zuzulassen (s. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).