02.11.2010
Finanzgericht des Saarlandes: Gerichtsbescheid vom 05.11.2009 – 1 K 2250/05
1. Sinn und Zweck des § 48a BewG ist es, eventuelle Ungerechtigkeiten, die bei einer durch die Intensivnutzung durch einen anderen als den Eigentümer (Nutzungsberechtigten; hier: Pächter) bedingten höheren Einheitswertfeststellung beim Eigentümer entstehen würden, zu vermeiden.
2. § 48a BewG ist nicht dahingehend einschränkend auszulegen, dass er nur in den Fällen anwendbar wäre, in denen die entsprechenden Flächen zuvor vom Eigentümer nicht intensiv genutzt wurden.
IM NAMEN DES VOLKES
GERICHTSBESCHEID
In dem Rechtsstreit
hat der 1. Senat des Finanzgerichts des Saarlandes durch den Präsidenten des Finanzgerichts … als Vorsitzenden, den Richter am Finanzgericht … und die Richterin am Finanzgericht … am 5. November 2009 für Recht erkannt:
Unter Änderung des Bescheides über die Feststellung des Einheitswertes vom 2. Mai 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2005 wird der Einheitswert ohne Berücksichtigung eines Betrages für Intensivnutzung als Baumschule nach § 48 a BewG festgestellt. Dem Beklagten wird aufgegeben, den Einheitswert neu zu berechnen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Der Gerichtsbescheid ist, soweit er als Urteil wirkt, hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger betrieb bis zum 31. Dezember 1998 in verschiedenen Gemarkungen der Stadt X eine Baumschule. Die Gehölze wurden durch die Fa. M vertrieben, deren Gesellschafter und Geschäftsführer der Kläger war. Mit Vertrag vom 23. Dezember 1998 (Rbh, Bl. 19) veräußerte der Kläger alle Pflanzenbestände an M. Diese wiederum veräußerte die Pflanzenbestände mit Vertrag vom 24. Juni 1999 (Rbh, Bl. 23) zum 30. Juni 1999 an die Baumschule des Beigeladenen.
Mit Vertrag vom 23. Dezember 1999 (Rbh, Bl. 20) verpachtete der Kläger mit (Rück-) Wirkung zum 1. Juli 1999 verschiedene Parzellen des o.g. Grundbesitzes an den Beigeladenen. In dem Pachtvertrag heißt es:
„Der Verpächter verpachtet an J die Grundstücke, die im Anhang aufgeführt sind. Die Gesamtfläche beträgt 849,32 ar.
Die Pachtzeit beginnt am 1. Juli 1999 und endet frühestens am 31. Dezember 2008. Der Pachtvertrag verlängert sich um je drei Jahre, wenn nicht ein Jahr vor Ablauf von einem der Beteiligten gekündigt wird. Der Pachtpreis beträgt jährlich 3.079 DM und wird am Ende des Pachtjahres (= Kalenderjahr) bezahlt.
Der Pächter verpflichtet sich, die Grundstücke ordnungsgemäß zu bewirtschaften und am Pachtende in einwandfreiem Zustand dem Verpächter zu überlassen”.
Am 2. Mai 2002 erließ der Beklagte an den Kläger u.a. einen Bescheid über die Wertfortschreibung des Einheitswertes auf den 1. Januar 2001. Hierin stellte der Beklagte insgesamt die Vermögensart „Land- und forstwirtschaftliches Vermögen” unter Berücksichtigung der Nutzungsart „Baumschule” fest und rechnete den Wert i.H.v. 111.800 DM dem Kläger zu (Ew, Bl. 289 f.).
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, den er darauf stützte, er betreibe keine Baumschule mehr; er habe auch keine Baumschule sondern Ackerflächen an den Beigeladenen verpachtet; ein Differenzbetrag nach § 48 a BewG sei daher diesem zuzurechnen. Nach dessen Auskünften (Rbh, Bl. 35) habe die mit Wirkung zum 1. Juli 1999 von dem Kläger gepachtete Fläche eine intakte Baumschule dargestellt. Der Beigeladene habe keine Aufforstungen vorgenommen und würde dies auch künftig nicht tun. Mit Ablauf des Pachtvertrages würden die Grundstücke in gepflegtem Zustand zurückgegeben. Abgeerntete Flächen dienten dem Erhalt als Kulturfläche zwecks Vermeidung einer Unlandfläche. Eine Entschädigung für die zum Ablauf der Pachtdauer vorhandenen Bestände an Gehölzen sei nicht vereinbart.
Der Beklagte teilte die Auffassung des Klägers nicht und wies den Einspruch mit Entscheidung vom 4. Juli 2005 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 8. August 2005 Klage erhoben (Bl. 1).
Er beantragt sinngemäß (Bl. 1, 16),
den Bescheid über die Feststellung des Einheitswertes (Wertfortschreibung) vom 2. Mai 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2005 dahin gehend zu ändern, dass der Einheitswert für eine landwirtschaftliche Nutzung und ohne Berücksichtigung eines Differenzbetrages für eine intensivere Nutzung i.S.v. § 48 a BewG festgestellt wird.
Der Kläger habe keine Baumschule, sondern Ackerflächen an den Beigeladenen verpachtet. Nach § 34 BewG umfasse der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft den Wirtschafts- und Wohnteil. Einen Wohnteil gebe es nicht. Die Grundstücke seien mit dem Grundwert zu bewerten (Bl. 15). § 48 a BewG sei anwendbar. Ein höherer Wert für eine Intensivnutzung durch die Baumschule sei nicht bei dem Kläger zu berücksichtigen, sondern dem Beigeladenen zuzurechnen. Da der Kläger die auf der Pachtfläche befindlichen Pflanzenbestände an den Beigeladenen verkauft habe, könne sich der Pachtvertrag nur auf die nackte Ackerfläche beziehen.
Der Kläger habe seinen Baumschulbetrieb am 31. Dezember 1998 aufgegeben und die zu diesem Betrieb gehörenden Flächen, Pflanzenbestände usw. in sein Privatvermögen überführt bzw. veräußert. Im Zeitpunkt der Verpachtung habe kein vom Eigentümer bewirtschafteter Baumschulbetrieb bestanden. Darüber hinaus habe der Kläger an den Beigeladenen lediglich einzelne Flächen verpachtet, also keinen kompletten landwirtschaftlichen Betrieb (Bl. 15). Daher gehe auch der Hinweis des Beklagten auf die Verfügung der OFD Saarbrücken S 0000-0 St 00 vom 9. Oktober 1972 (Rbh, Bl. 11) fehl, in der es um einen „im Ganzen verpachteten gärtnerischen Betrieb” gehe.
Weiterhin sei der Pachtzins (3.079 DM) für 849,32 ar Flächen mit wertvollem Aufwuchs viel zu niedrig. Umgerechnet betrage der jährliche Pachtzins 360 DM je ha. Müsste der Kläger die sich aus dem Mehrwert der intensiv genutzten Fläche ergebende Grundsteuerbelastung tragen, würde sich die von ihm vereinnahmte Pacht um ca. 50 % verringern, während die Früchte aus der Intensivnutzung vom Pächter gezogen werden könnten, von denen der Kläger wegen des Verkaufs des Pflanzenbestandes endgültig ausgeschlossen sei. Im Ergebnis sei der Kläger als Eigentümer der Flächen auf Dauer von der Ertragsfähigkeit ausgeschlossen (Bl. 23). Der Fall entspreche im Übrigen dem unter Punkt 4 des Erlasses des FinMin Rheinland-Pfalz vom 5. Oktober 1972, in dem es um ein Gewächshaus gehe, das der Pächter auf der Pachtfläche errichtet habe und das als Betriebsmittel für die vom Verpächter unterstellte landwirtschaftliche Nutzung ausscheide und im Mehrwert nach § 48 a BewG beim Pächter zu erfassen sei. Verglichen mit dem Streitfall habe der Beigeladene als Pächter den Mehrwert in Gestalt des Baumschulbestandes eingebracht, da er diesen zuvor käuflich erworben habe.
Auch unter Berücksichtigung der Bundestag-Drucksache VI/1988 zur Begründung des § 48 a BewG ergebe sich, dass vorliegend der Mehrwert bei dem Beigeladenen festzustellen sei (Bl. 24).
Der Beklagte beantragt (Bl. 18),
die Klage als unbegründet abzuweisen.
§ 48 a BewG sei nicht einschlägig, da begrifflich ein Mehrwert gegenüber rein landwirtschaftlicher Nutzung nur dann denkbar sei, wenn intensiv genutzte Flächen vor der Verpachtung vom Eigentümer landwirtschaftlich und nicht – wie im Streitfall – als Baumschulfläche genutzt worden seien. Dies ergebe sich zwar nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes, aber aus der Gesetzesbegründung.
Auch der Pachtzins i.H.v. 360 DM/ha spreche dafür, dass nicht nur rein landwirtschaftlich genutzte Flächen überlassen worden seien. Nach den Feststellungen des Steuer- und Liegenschaftsamts der Stadt X liege der übliche Pachtzins für rechts der Saar belegene Flächen (zu denen auch die klägerischen gehörten) bei ca. 100 DM/ha. In einer relativ großen Anzahl von Fällen werde überhaupt keine Pacht gezahlt; die Eigentümer würden die Bewirtschaftung durch Landwirte ohne Gegenleistung hinnehmen, weil damit der Kulturzustand ihrer Grundstücke erhalten bleibe, ohne dass sie eigene Aufwendungen zu tragen hätten.
Die Tatsache, dass der Kläger den Baumbestand vor der Verpachtung über M an den Beigeladenen verkauft habe, beeinflusse die vor und nach der Verpachtung gleichermaßen gegebene Intensivnutzung der Flächen nicht und habe keinen Einfluss auf die Nichtanwendbarkeit des § 48 a BewG.
Durch Beschluss vom 6. Oktober 2009 hat der Senat den Betreiber der Baumschule zum Verfahren beigeladen (Bl. 33 ff.).
Der Beigeladene hat mitgeteilt, dass er die Auffassung des Beklagten teile (Bl. 41). Er hat keinen Antrag gestellt.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten (vgl. Bl. 29) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Sie ist auch begründet. Zu Unrecht hat der Beklagte bei der Einheitswertfeststellung des Klägers die Intensivnutzung als Baumschule berücksichtigt und keinen Differenzbetrag für eine Intensivnutzung als Baumschule nach § 48 a BewG für den Beigeladenen festgestellt.
I. Allgemeines
1. Feststellung der Einheitswerte
Einheitswerte werden u.a. für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft festgestellt (§ 19 Abs. 1 Satz 1 BewG). In dem Feststellungsbescheid ist auch eine Feststellung über die Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit (§ 19 Abs. 3 Nr. 2 BewG) zu treffen. Die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft sind grundsätzlich dem Eigentümer zuzurechnen (§ 39 Abs. 1 AO). Der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft ist die wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§ 33 Abs. 1 Satz 2 BewG). Zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb dauernd zu dienen bestimmt sind (§ 33 Abs. 1 Satz 1 BewG), insbesondere der Grund und Boden (§ 33 Abs. 2 BewG).
Im Einheitswert des Eigentümers ist auch der Ertragswert der Baumschulen zu berücksichtigen. Der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, also die wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§ 33 Abs. 1 Satz 2 BewG), umfasst nämlich bei seinem Wirtschaftsteil u.a. die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen (§ 34 Abs. 1 Nr. 1, Absatz 2 Nr. 1 BewG). Zu den land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen wiederum gehören auch die gärtnerischen Nutzungsteile (§ 34 Absatz 2 Nr. 1 Buchst. d BewG), und damit u.a. auch die Baumschulen (vgl. § 40 Abs. 2, § 48 a Satz 1 Nr. 2, § 61 BewG).
2. Differenzierte Wertberücksichtigung nach § 48 a BewG
a) Werden Betriebsflächen durch einen anderen Nutzungsberechtigten als den Eigentümer bewirtschaftet, so ist nach § 48 a Satz 1 BewG – etwa bei Baumschulen – der Unterschiedsbetrag zwischen dem für landwirtschaftliche Nutzungen maßgebenden Vergleichswert und dem höheren Vergleichswert, der durch die Nutzung als Baumschulen bedingt ist, bei der Feststellung des Einheitswerts des Eigentümers nicht zu berücksichtigen und für den Nutzungsberechtigten als selbständiger Einheitswert festzustellen bzw. – sofern ein Einheitswert für land- und forstwirtschaftliches Vermögen des Nutzungsberechtigten festzustellen ist – der Unterschiedsbetrag in diesen Einheitswert einzubeziehen (§ 48 a Satz 2 BewG).
§ 48 a BewG lässt nach seinem Wortlaut bereits die bloße Bewirtschaftung durch einen anderen Nutzungsberechtigten als den Eigentümer als Voraussetzung der differenzierten Wertberücksichtigung ausreichen. Danach werden auch diejenigen Fälle vom Wortlaut der Norm erfasst, in denen – etwa durch eine vertragliche Abrede – dem Eigentümer ein Mehrwert der intensiveren Nutzung entsprechend § 48 a BewG zukommt. Denn eine Ausnahme sieht § 48 a BewG nicht vor.
b) In der Literatur wird dagegen überwiegend die Auffassung vertreten, § 48 a BewG sei nur in den Fällen anwendbar, in denen die entsprechenden Flächen zuvor vom Eigentümer nicht intensiv genutzt worden seien (Friebel in Kreutziger/Lindberg/Schaffner/Friebel, BewG, 2002, § 48 a, Rdnr. 6; Teß in Rössler/Troll, BewG, § 48 a, Rdnr. 5). Auch das FG Baden-Württemberg (Urt. vom 4. September 2003 8 K 149/99, EFG 2004, 626) will § 48 a BewG nur dann anwenden, wenn der andere Nutzungsberechtigte den Eigentümer der Betriebsflächen auf Dauer von der Ertragsfähigkeit, die durch die in § 48 a Satz 1 BewG bezeichneten Nutzungen zusätzlich bedingt ist, ausschließen könne (vgl. auch Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungs- und Erbschaftsteuergesetz, Loseblattsammlung, § 48 a BewG, Rdnr. 4). Er sei nicht anzuwenden, wenn der Eigentümer die Baumschulen oder die anderen in dieser Vorschrift genannten Nutzungen „nur überlassen” habe. Letzteres sei der Fall, wenn der andere Nutzungsberechtigte – wie bei einem Landpachtvertrag im Sinne von § 585 BGB – sich verpflichtet habe, diese Nutzungen nur mit vorheriger Erlaubnis des Eigentümers zu ändern, ansonsten aber die in § 48 a Satz 1 BewG genannten Nutzungen beizubehalten und die Betriebsflächen bei Beendigung des Nutzungsverhältnisses in einem Zustand zurückzugeben, der diesen Nutzungen entspreche (vgl. §§ 590, 596 Abs. 1 BGB).
c) Der in der Literatur und auch vom FG Baden-Württemberg vertretenen Auffassung schließt sich der Senat nicht an. § 48 a BewG bedarf keiner einschränkenden Auslegung, zu der er zudem angesichts seines eindeutigen dem Gesetzeszweck entsprechenden Wortlauts nicht fähig ist. Die Vorschrift regelt klar, eindeutig und praktikabel, wie im Falle der Verpachtung bestimmter intensiv genutzter Flächen bewertungsrechtlich zu verfahren ist.
aa) Divergieren Gesetzeswortlaut und Gesetzeszweck, so ist der Wortlaut der Vorschrift ihrem Zweck entsprechend einzuschränken (sog. teleologische Reduktion oder Restriktion), sofern sich das Gesetz – gemessen an seinem Zweck – als planwidrig zu weitgehend erweist. Eine teleologische Reduktion kommt hingegen grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn der weite Wortlaut der Vorschrift Folge einer bewussten rechtspolitischen Entscheidung des Gesetzgebers ist (BFH vom 4. Dezember 2001 III 47/00, BStBl II 2002, 195 m.w.N.). So liegt es auch im Fall des § 48 a BewG.
bb) In der Gesetzesbegründung zu § 48 a BewG heißt es (BT-DS VI/1988):
„Die Intensivnutzung von Flächen (Anbau von Spargel, Gemüse, Blumen und Zierpflanzen, Baumschulgewächsen, Saatzucht) durch einen anderen Nutzungsberechtigten als den Eigentümer (insbesondere Pächter) führt in der Regel zu Werterhöhungen gegenüber der landwirtschaftlichen Nutzung. Die volle Zurechnung dieser Werterhöhungen beim Eigentümer des Grund und Bodens würde bei einigen einheitswertabhängigen Steuern zu Ungerechtigkeiten und zu nicht erwünschten privatrechtlichen Auseinandersetzungen darüber führen, wer die Steuern zu tragen hat. Pachtflächen für Intensivnutzungen würden sonst nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen. Außerdem ist dem Eigentümer des Grund und Bodens vielfach unbekannt, wie der Nutzungsberechtigte die Flächen nutzt. Daher ist eine Erfassung der Intensivnutzungen über die Erklärungen des Eigentümers vielfach nicht möglich; die Nutzungsberechtigten haben dagegen die zur Bewertung erforderlichen Angaben gemacht. Eine Zusammenführung der Erklärungen von Eigentümern und Nutzungsberechtigten ist verwaltungsmäßig kaum durchführbar. Es erscheint daher erforderlich, den Unterschiedsbetrag zwischen dem landwirtschaftlichen Vergleichswert und dem Vergleichswert der Intensivnutzung dem Nutzungsberechtigten zuzurechnen. Dies soll in der Weise geschehen, dass der sich aus der Berechnung ergebende „Mehrwert” in den Einheitswert des Nutzungsberechtigten einbezogen wird, sofern für diesen ein Einheitswert für eigenes land- und forstwirtschaftliches Vermögen festzustellen ist; andernfalls soll der „Mehrwert” für den Nutzungsberechtigten als selbständiger Einheitswert mit allen steuerlichen Folgen festgestellt werden.”
Sinn und Zweck des § 48 a BewG ist es danach, eventuelle Ungerechtigkeiten, die bei einer durch die Intensivnutzung durch einen anderen als den Eigentümer (Nutzungsberechtigten) bedingten höheren Einheitswertfeststellung beim Eigentümer entstehen würden, zu vermeiden. Aus der Begründung wird deutlich, dass es dem Gesetzgeber nicht auf die Ursächlichkeit eventueller Ungerechtigkeiten (z.B. durch privatrechtliche Vereinbarung von höheren Nutzungsentgelten) ankommt. Erkennbar soll die Regelung der Vereinfachung dienen, ohne im Einzelfall Differenzierungen der Ursachen der eventuellen Ungerechtigkeiten vornehmen zu müssen. So umfasst etwa der Begriff „Nutzungsberechtigte” in § 48 a BewG sowohl die entgeltlichen als auch die unentgeltlichen Nutzer der Flächen. Hätte der Gesetzgeber zwischen beiden unterscheiden wollen, so hätte er dies durch eine entsprechende Gesetzesfassung zum Ausdruck bringen können (und müssen). Dass er es nicht tat, indiziert, dass es ihm auf die Existenz eines Pachtentgelts und auf eventuelle Ungerechtigkeiten, die sich aus einer Vereinbarung über ein Pachtentgelt ergeben könnten, nicht ankam. Der Gesetzgeber hat den weiten Wortlaut bewusst gewählt.
cc) Jegliche Differenzierung bei der Anwendung der Vorschrift etwa dahingehend, wer wen wielange von der Nutzung ausschließen kann oder ob und inwieweit einzelvertraglich die intensivere Nutzung durch ein höheres Pachtentgelt abgegolten wird, führt zu einer – dem Wortlaut widersprechenden – Auslegung der Norm, die vom Gesetzgeber nicht gewollt ist. Die Feststellung dieser und ähnlicher Differenzierungen erscheint im Einzelfall kaum möglich. Weder der Eigentümer bzw. der Nutzungsberechtigte, noch die Finanzverwaltung könnten auf eine klare bewertungsrechtliche Lastenverteilungsregelung vertrauen. Dies zeigt nicht zuletzt der Entscheidungsfall.
Im Übrigen könnten Finanzverwaltung und Finanzgerichte allenfalls spekulieren, welche Hintergründe Eigentümer und Nutzungsberechtigter verfolgt haben. Das FG Baden-Württemberg führt dazu aus, bei einer vertraglichen Überlassung intensiv genutzter Flächen werde der Eigentümer die einheitswertabhängige Steuerlast berücksichtigt haben und die tatsächliche Nutzung kennen. Für derartige Spekulationen besteht bei der Anwendung und Auslegung von Gesetzen weder Raum noch Bedürfnis. Sie würden die Normanwendung unangemessen verkomplizieren.
dd) Auch die verfassungskonforme Auslegungsmethode erfordert kein anderes Verständnis des § 48 a BewG. Der Senat sieht insbesondere Art. 3 GG nicht verletzt. Selbst wenn im Einzelfall der Nutzungsberechtigte dem Eigentümer ein die Intensivnutzung abgeltendes Pachtentgelt schuldet, welches das Übliche übersteigt, folgt seine „Mehrbelastung” in erster Linie aus der Pachtzinsvereinbarung und nicht aus der klaren und eindeutigen Regelung des § 48 a BewG, an der sich die Vertragsparteien vor Vertragsschluss orientieren können.
II. Anwendung auf den Streitfall
Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig. Zu Unrecht hat der Beklagte § 48 a BewG nicht angewandt und den Wert der Intensivnutzung als Baumschule beim Kläger berücksichtigt.
Die Flächen wurden durch den Beigeladenen als Nutzungsberechtigten und nicht durch den Eigentümer (Kläger) als Baumschule genutzt. Nach § 48 a BewG ist der Differenzbetrag für die Intensivnutzung bei dem Beigeladenen als Nutzungsberechtigten zu berücksichtigen und nicht beim Kläger.
Dass der Beigeladene die Pflanzenbestände vom Kläger zuvor erworben hatte, steht der Intensivnutzung als Baumschule i.S.d. § 48 a BewG nicht entgegen und rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn es kommt hierfür nicht auf das zivilrechtliche Eigentum an den aufstehenden Gehölzen, sondern auf die Art der Nutzung der Bodenflächen an.
III. Die Kosten des Verfahrens waren dem Beklagten aufzuerlegen (§ 135 Abs. 1 FGO). Die Verpflichtung zur Neuberechnung folgt aus § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat hielt es für sachdienlich, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90 a FGO).
Der Senat lässt die Revision zur Herstellung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu der Frage zu, ob § 48 a BewG einschränkend auszulegen ist (§ 115 Abs. 2 FGO).