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  • 02.11.2010

    Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 26.10.2006 – 16 K 552/04

    - Für die umsatzsteuerliche Einordnung erbrachter Leistungen sind die vertraglichen Vereinbarungen der am Leistungsaustausch Beteiligten maßgeblich.


    - Bei der Vermietung eines betriebs- und benutzungsfähigen Seniorenheims ist die damit verbundene Inventarüberlassung Teil der steuerfreien Vermietungsleistung.


    - Die Vermietung eines solchen Heimes beinhaltet die Leistung eines unteilbaren Ganzes, das auch nicht unter dem Gesichtpunkt der Überlassung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen wäre.


    - Geschirr und Mobiliar fallen nicht unter den Begriff Betriebsvorrichtung.


    Tatbestand

    Mit Vertrag vom 9. Oktober 2000 trat die Klägerin als Vermieterin in einen bereits stehenden Mietvertrag ein, den die Fa. EX GmbH mit der ProS Heimbetriebsgesellschaft mbH & Co. KG bereits im Oktober 1999 geschlossen hatte. Die vertraglichen Vereinbarungen wurden durch einen Nachtrag vom 23. März 2001 und eine Vereinbarung vom 5. Juni/8. Juni 2001 modifiziert. Nach den vertraglichen Vereinbarungen hatte die Klägerin als Vermieterin an die ProS Heimbetriebsgesellschaft mbH & Co. KG ein fertig gestelltes, betriebs- und benutzungsfähiges Seniorenpflegeheim mit insgesamt ca. 180 Betten zu vermieten. Nach § 1 Ziffer 4 des Mietvertrages hatte die Klägerin die gesamte Erstausrüstung und Einrichtung für das Mietobjekt zur Verfügung zu stellen und zwar mit einem Höchstbetrag bis zu 7.500 DM pro Bett nach Vorgabe des Mieters, der die Bestellung und Lieferung selbst oder über Dritte vorzunehmen hatte. Es war eine jährliche Miete von 1.350.000 DM netto ohne Mehrwertsteuer und Betriebskosten vereinbart, die in monatlichen Teilbeträgen zu zahlen war. Erstmalig erfolgte die Mietzahlung in voller Höhe ab Juni 2001. In ihren Steuererklärungen für die Streitjahre behandelte die Klägerin die Grundstücksvermietung als steuerfrei. Sie nahm jedoch an, dass sie daneben eine steuerpflichtige eigenständige Leistung gegenüber dem Mieter erbracht habe, die in der Stellung des Mobiliars und der Einrichtungsgegenstände bestehe. Demzufolge machte die Klägerin aus der Anschaffung der Erstausrüstung und der Einrichtungsgegenstände die in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge geltend.

    Nach einer Umsatzsteuersonderprüfung nahm der Beklagte an, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen insgesamt als Vermietungsleistungen steuerfrei nach § 4 Nr. 12 a UStG seien und demzufolge der Vorsteuerabzug ausgeschlossen sei. Der Beklagte erließ dementsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide. Hiergegen richtet sich die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage.

    Zur Begründung trägt die Klägerin vor: Die Erstausrüstung und die Einrichtungsgegenstände seien Betriebsvorrichtung des Gebäudes. Sie seien demzufolge notwendig von der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 a UStG ausgeschlossen. Keinesfalls sei die Überlassung der Erstausrüstung und des Inventars gegenüber der Vermietungsleistung nebensächlich. Deshalb könne sie auch nicht unter dem Aspekt der Nebenleistung zur Vermietungsleistung steuerfrei behandelt werden. Vielmehr müsse das vertraglich vereinbarte Entgelt aufgeteilt werden. Dies habe sie in ihren Steuererklärungen getan, in dem sie das Verhältnis zwischen den Anschaffungskosten des Gebäudes und des Grundstücks sowie den Anschaffungskosten der Einrichtung in eine Verhältnisrechnung einbezogen habe.

    Die Klägerin beantragt,

    die Umsatzsteuer für das Jahr 2000 auf ./. 2.863 DM und für das Jahr 2001 auf ./. 180.016 DM herabzusetzen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung hält er daran fest, dass die Klägerin eine einheitliche Leistung erbringe, die nach § 4 Nr. 12 a UStG steuerbefreit sei. Bei der Beurteilung der von der Klägerin erbrachten Leistung sei darauf abzustellen, was Vertragsgegenstand sei und in welchem Umfang der Leistungsempfänger das Objekt habe nutzen dürfen und wollen. Nach § 1 Ziffer 2 des Mietvertrages habe die Klägerin ein fertig gestelltes, betriebs- und benutzungsfähiges Senioren-Pflegeheim mit ca. 180 Betten zur Verfügung zu stellen. Daran werde deutlich, dass die Überlassung der Erstausrüstung/Einrichtung ausschließlich dazu bestimmt sei, der Mieterin ein vertragsgemäß betriebs- und benutzungsfähiges Mietobjekt zu überlassen. Auch die vertraglichen Regelungen, wonach keine Mehrwertsteuer anfalle, deuteten darauf hin, dass die Vertragsbeteiligten davon ausgingen, dass der Bestellung der Erstausrüstung/Einrichtung keine besondere Bedeutung zukomme. Auch sei im Mietvertrag keine Aufteilung zwischen Gebäudemiete und Entgelt für die Überlassung des Inventars erfolgt. Teile man – wie die Klägerin – im Verhältnis der Anschaffungskosten, so ergebe sich rechnerisch ein Anteil von 9,12 v.H., der auf die Überlassung des Inventars entfalle.

    Dem Gericht haben die für die Klägerin beim Beklagten geführten Steuerakten einschließlich der Akte über die Umsatzsteuersonderprüfung vorgelegen.

    Gründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Die von der Klägerin erbrachte Leistung ist insgesamt umsatzsteuerbefreit und schließt gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG den mit der Klage im Ergebnis geltend gemachten Vorsteuerabzug aus.

    Für die umsatzsteuerliche Einordnung erbrachter Leistungen sind die vertraglichen Vereinbarungen der am Leistungsaustausch Beteiligten maßgeblich. Für den Streitfall ist deshalb bedeutsam, dass die Klägerin durch den Mietvertrag, in den sie auf Vermieterseite eintrat, sich dazu verpflichtete, ein fertiggestelltes, betriebs- und benutzungsfähiges Senioren-Pflegeheim mit insgesamt ca. 180 Betten dem Mieter zur Verfügung zu stellen. In der Gebrauchsüberlassung eines funktionsfähigen Seniorenheimes bestand die Leistung, auf die es den Vertragsbeteiligten ankam. Deshalb kann der geschlossene Vertrag auch als Vertrag besonderer Art bezeichnet werden, durch den der Mieter in die Lage versetzt wurde, das Seniorenheim ab Fertigstellung zu betreiben. Wenn sich die Klägerin dabei vertraglich zur Gestellung der gesamten Erstausrüstung und Einrichtung des Mietobjekts verpflichtete, so ist diese als unselbständige Nebenleistung zur Vermietung des Mietobjekts „Senioren- und Pflegeheim” anzusehen. Kernelement bleibt dabei die Vermietung des Grundstücks. Die Leistung der Klägerin ist deshalb ein unteilbares Ganzes, das auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Überlassung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen wäre. Geschirr und Mobiliar sind nach Auffassung des Senats im Übrigen auch nicht unter dem Begriff Betriebsvorrichtung einzuordnen.

    Mithin sind die Leistungen der Klägerin, die in der Vermietung des Seniorenheimes bestehen, umsatzsteuerbefreit und schließen mithin den Vorsteuerabzug aus.

    Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.

    VorschriftenUStG § 15 Abs. 2 Nr. 1