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  • 02.11.2010

    Finanzgericht Hamburg: Beschluss vom 12.02.2010 – 4 K 228/09

    Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft werden gemäß Art. 234 Abs. 2 EGV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

    Verstößt eine analoge Anwendung der Verjährungsvorschrift des § 195 BGB in der bis zum Ende des Jahres 2001 geltenden Fassung auf Rückforderungsansprüche wegen zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattung gegen den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit?

    Verstößt die Anwendung der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB bei Rückforderung von zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattung gegen den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit?

    Wenn die Frage zu 2) zu bejahen ist: Verstößt die Anwendung einer im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 längeren nationalen Verjährungsfrist, die in richterlicher Rechtsfortbildung aufgrund einer angenommenen Notkompetenz im Einzelfall festgelegt wird, gegen den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit?


    Gründe

    I. Sachverhalt und Prozessverlauf

    Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte von der Klägerin im Juli 2003 gewährte Ausfuhrerstattung zu Recht mit Bescheid vom 13.12.1999 zurückgefordert hat.

    Die Klägerin ließ im Jahr 1993 Rindfleisch zur Ausfuhr nach Jordanien abfertigen. Anfang 1998 durchgeführte Prüfungen sollen ergeben haben, dass die fraglichen Mengen in Wirklichkeit im Transit- oder Reexportverfahren in den Irak befördert worden waren. Das Hauptzollamt forderte deshalb mit Bescheid vom 13.10.1999 die gewährte Ausfuhrerstattung zurück.

    Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Klage zum Finanzgericht Hamburg. Der Senat gab der Klage mit Urteil vom 21.04.2005 mit der Begründung statt, dass die Verjährung gemäß Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95 der Rückforderung entgegenstehe, da diese mehr als vier Jahre nach der streitigen Ausfuhr geltend gemacht worden sei.

    Der Beklagte legte gegen die Entscheidung des Finanzgerichtes Revision zum Bundesfinanzhof ein.

    Der Bundesfinanzhof setzte das Verfahren aus und legte dem Europäischen Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

    Ist die in Art. 3 Abs. 1 Unterabsatz 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 2988/95 geregelte Verjährungsfrist auch dann anzuwenden, wenn eine Unregelmäßigkeit begangen oder beendet worden ist, bevor diese Verordnung in Kraft getreten ist?

    Ist die dort geregelte Verjährungsfrist auf verwaltungsrechtliche Maßnahmen wie die Rückforderung von Unregelmäßigkeiten gewährter Ausfuhrerstattung überhaupt anwendbar?

    Falls diese Frage zu bejahen sein sollte:

    Kann eine längere Frist gemäß Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/95 von einem Mitgliedsstaat auch dann angewandt werden, wenn eine solche längere Frist in dem Bereich des Mitgliedstaates bereits vor Erlasses der vorgenannten Verordnung vorgesehen war? Kann eine solche längere Frist auch dann angewandt werden, wenn sie nicht in einer spezifischen Regelung für die Rückforderung von Ausfuhrerstattung oder für verwaltungsrechtliche Maßnahmen im Allgemeinen vorgesehen war, sondern sich auf einer allgemeinen, alle nicht speziell geregelten Verjährungsfälle umfassenden Regelung des betreffenden Mitgliedstaats (Auffangregelung) ergab?

    Mit Urteil vom 29.01.2009 bejahte der EuGH (verbundene Rechtssachen C 278/07bis C 280/07) die ersten beiden Vorlagefragen. Die dritte Vorlagefrage beantwortete der EuGH wie folgt:

    „Die längeren Verjährungsfristen, die die Mitgliedstaaten nach Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/95 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaft weiterhin anwenden dürfen, können sich aus Auffangregelungen ergeben, die dem Erlass dieser Verordnung vorausgingen. Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/95 kann nämlich nicht dahin ausgelegt werden, dass die Mitgliedstaaten im Rahmen dieser Bestimmung die betreffenden längeren Verjährungsfristen in spezifischen und/oder sektorbezogenen Regelungen vorsehen müssten.”

    Mit Urteil vom 07. Juli 2009 (VII R 24/06) hob der BFH das Urteil des Senates vom 21. April 2005 (IV 181/03) mit der Begründung auf, dass der Rückzahlungsanspruch bei Erlass des angefochtenen Bescheides nicht verjährt gewesen sei, und verwies die Sache an das Finanzgericht Hamburg zurück. Der BFH vertrat dabei die Rechtsauffassung, dass § 195 BGB in der bis Ende des Jahres 2001 geltenden Fassung (nachfolgend § 195 BGB a. F.) analog anzuwenden sei. Er ließ dahinstehen, ob der Grundsatz der Rechtssicherheit bei der Rückforderung von Ausfuhrerstattung nach einer Frist von fast 30 Jahren seit Gewährung derselbigen verletzt wäre. Wenn das der Fall wäre, dann könne er (der BFH) in der verfassungs- oder gemeinschaftsrechtlich gebotenen Weise in Ausübung richterlicher Notkompetenz eine unangemessen lange Frist des nationalen Rechts auf das angemessene Maß verkürzen. Ob in Ausübung einer solchen richterlichen Notkompetenz die Frist des § 195 BGB a. F. zu verkürzen oder zumindest bei entsprechender Anwendung jener Vorschrift eine kürzere Frist für die Verjährung des Anspruchs auf Rückzahlung aufgrund einer Unregelmäßigkeit zu Unrecht gewährte Ausfuhrerstattung um der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens Willen festgelegt werden müsse, brauche er (der BFH) nicht abschließend zu prüfen und zu entscheiden. Denn eine solche Frist könnte jedenfalls nicht so kurz bemessen werden, dass der vom Beklagten geltend gemachte Anspruch bei Erlass des angefochtenen Bescheides verjährt gewesen wäre.

    II. Keine Antworten auf die Vorlagefragen zu 1) und 2) durch das EuGH-Urteil vom 29.01.2009

    Der Senat setzt das bei ihm anhängige Verfahren aus (§ 74 FGO) und legt dem EuGH gemäß Art. 234 Abs. 2 EGV die im Tenor genannten Fragen zur Vorabentscheidung vor.

    Anders als der BFH in seinem Urteil vom 07. Juli 2009 ist der Senat der Auffassung, dass die Antworten auf die Vorlagefragen zu 1) und 2) sich nicht aus dem Urteil des EuGH vom 29.01.2009 herleiten lassen. In diesem Urteil hat der EuGH nur entschieden, dass längere Fristen, die die Mitgliedstaaten nach Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/95 weiterhin anwenden dürfen, sich aus Auffangregelungen ergeben können. Er hat sich aber nicht damit befasst und dazu geäußert, ob die analoge Heranziehung des § 195 BGB a. F. und die Anwendung der 30-jährigen Verjährungsfrist bei der Rückforderung von Ausfuhrerstattung gegen gemeinschaftsrechtliche Grundsätze verstößt.

    Das Schweigen des EuGH in der Vorabentscheidung vom 29.01.2009 zu diesen Fragen erachtet der BFH als beredt; er interpretiert die Vorabentscheidung in der Weise, dass bejahendenfalls von dem EuGH erforderliche und nützliche Hinweise zu erwarten gewesen wären. Diese Bewertung hält der Senat im Hinblick auf die Auslegung und Anwendung des Art. 234 EGV für zweifelhaft. Der EuGH hatte keine Veranlassung, diese Frage in seiner Vorabentscheidung zu prüfen und darauf einzugehen, da ihm vom BFH insoweit keine klar definierte Frage gestellt worden war.

    III. Erheblichkeit der Vorlagefragen

    Von der Beantwortung der Vorlagefragen hängt die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreites ab. Verstößt die analoge Heranziehung des § 195 BGB a. F. oder die Anwendung der 30-jährige Verjährungsfrist bei Rückforderung von gewährter Ausfuhrerstattung gegen gemeinschaftsrechtliche Grundsätze, so ist diese Vorschrift nicht anwendbar. Der Senat ist außerdem der Auffassung, dass die 30-jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB a. F. auch nicht aufgrund einer - wie vom BFH präferierten - richterlichen Notkompetenz auf eine angemessene Frist verkürzt werden könnte. Da der BFH aber in seinem Urteil vom 07. Juli 2009 die gegenteilige Rechtsauffassung vertritt, kann die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits von der Beantwortung der dritten Vorlagefrage abhängen.

    IV. Rechtlicher Rahmen

    Gemeinschaftsrecht

    Die Verordnung 2988/95, die am 26. Dezember 1995 in Kraft getreten ist, enthält eine Rahmenregelung für Kontrollen, verwaltungsrechtliche Maßnahmen und Sanktionen bei Unregelmäßigkeiten, die im Zusammenhang mit Zahlungen an Empfänger nach Maßgabe der jeweiligen Gemeinschaftspolitik auftreten. Die einschlägigen Teile des hier interessierenden Art. 3 lauten wie folgt:

    (1.) Die Verjährungsfrist für die Verfolgung beträgt 4 Jahre ab Begehung der Unregelmäßigkeiten nach Art. 1 Abs. 1. Jedoch kann in den Sektor bezogenen Regelungen eine kürzere Frist vorgesehen werden, die nicht weniger als 3 Jahre betragen darf.

    ...

    (3.) Die Mitgliedsstaaten behalten die Möglichkeit, eine längere Frist als die in Abs. 1 bzw. Abs. 2 vorgesehene Frist anzuwenden.

    Es gelten die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit. Eine längere nationale Verjährungsfrist muss, um aufgrund von Art. 3 Abs. 3 Verordnung Nr. 2988/95 als Abweichung zulässig zu sein, den gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen entsprechen.

    Nationales Recht

    In Deutschland betrug zum maßgeblichen Zeitpunkt die regelmäßige Verjährungsfrist für zivilrechtliche Ansprüche nach § 195 BGB a. F. 30 Jahre. § 195 BGB a. F. wurde mit Wirkung vom 01. Januar 2002 geändert. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt seither nur noch drei Jahre.

    In dem Zeitraum, in dem es zu den Unregelmäßigkeiten gekommen war, gab es im deutschen Recht keine Bestimmung, in denen eine spezielle Verjährungsfrist für Ansprüche auf Rückforderung zu Unrecht geleisteter finanzieller Vorteile (wie die Rückforderung zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattung) oder - allgemeiner - zu Unrecht geleisteter verwaltungsrechtlicher Vergünstigungen geregelt war. Von der Verwaltung und der Rechtsprechung wurde die dreißigjährige Verjährungsfrist aufgrund analoger Anwendung des § 195 BGB a. F. herangezogen.

    Eine Veränderung der Rechtslage zur Verjährung nach § 195 BGB a. F. ist durch die jüngste Rechtsprechung des BFH eingetreten. In seinem bereits genannten Urteil vom 07. Juli 2009 (Az.: VII R 24/06) hat der BFH sich eine Notkompetenz zuerkannt, die ihn berechtigen soll, quasi wie ein Gesetzgeber im Wege richterlicher Rechtsfortbildung die dreißigjährige Verjährungsfrist auf eine angemessene Frist zu reduzieren. Welches die genaue Dauer der in Deutschland geltenden Verjährungsfrist des analog angewendeten § 195 BGB a. F. ist, ist derzeit nicht bekannt. Denn es ist nicht ermittelbar oder vorhersehbar, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der BFH von einer solchen Notkompetenz künftig Gebrauch machen wird. Fest steht nach dieser Rechtsprechung nur, dass die Verjährungsfrist des analog angewendeten § 195 BGB a. F. mindestens sechs und äußerstenfalls dreißig Jahre beträgt. Irgendwo innerhalb dieser Zeitspanne von vierundzwanzig Jahren liegt nach dieser Rechtsprechung die in Deutschland geltende Verjährungsfrist des analog angewendeten und gegebenenfalls im Wege richterlicher Rechtsfortbildung geänderten § 195 BGB a. F.

    V. Rechtsauffassung des Senats

    Der Senat neigt aus den nachfolgenden Gründen der Ansicht zu, dass sowohl die analoge Heranziehung des § 195 BGB a. F. als auch die Anwendung der 30-jährigen Verjährungsfrist dieser Vorschrift und auch die Anwendung einer im Wege richterlicher Rechtsfortbildung im Einzelfall reduzierten Verjährungsfrist des § 195 BGB a. F. bei Rückforderung zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattung gegen gemeinschaftsrechtliche Grundsätze verstößt.

    Zur ersten Vorlagefrage

    Der Senat ist der Auffassung, dass die analoge Anwendung der zivilrechtlichen Verjährungsvorschrift des § 195 BGB a. F. auf die Rückforderung zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattung gegen den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit verstößt.

    Die Festsetzung angemessener Verjährungsfristen für die Verfolgung von Rechten liegt im Interesse der Rechtssicherheit (EuGH Urt. v. 24.03.2009, Rs. C-445/06; Urt. v. 11.07.2002, Rs. 62/00). Diese Rechtssicherheit soll nicht nur den Abgabepflichtigen bzw. Rückzahlungspflichtigen schützen, sondern auch die zuständige Behörde. Dieser Grundsatz ist bei Verjährungsfristen immer dann verletzt, wenn weder die Behörde noch der einzelne in der Lage sind, die anwendbare Verjährungsfrist mit hinreichender Sicherheit zu ermitteln. Dieses gilt insbesondere für eventuelle Rückforderungsansprüche bei Ausfuhrerstattungen, die im Rahmen der Unternehmensplanung und -führung eine kalkulierbare Größe darstellen müssen.

    Der Senat teilt die von der Generalanwältin Sharpston in ihren Schlussanträgen zur Rechtssache C 278 bis 280/07 (Randziffer 68) vertretene Rechtsauffassung, dass eine analoge Anwendung des § 195 BGB a. F. höchst zweifelhaft ist und deshalb gegen das Gebot der Rechtssicherheit verstößt. Die Generalanwältin hat dort unter anderem ausgeführt:

    „Eine analoge Anwendung stellt jedoch keine Anwendung dar, durch die in klarer und eindeutiger Weise von der in der Verordnung festgelegten regelmäßigen Verjährungsfrist für die Verfolgung von” jedem Verstoß gegen eine Gemeinschaftsbestimmung als Folge einer Handlung oder Unterlassung eines Wirtschaftsteilnehmers ..., die einen Schaden für den Gesamthaushaltsplan der Gemeinschaften ... bewirkt hat bzw. haben würde”, abgewichen wird. Die Verordnung Nr. 2988/95 sieht nunmehr eine regelmäßige Verjährungsfrist (im Allgemeinen 4 Jahre) vor. Da diese Vorschrift in einer Verordnung enthalten ist, gilt sie unmittelbar. Die Geltung einer längeren Verjährungsfrist aufgrund analoger Anwendung durch die Rechtsprechung verstieße unmittelbar gegen das Gebot der Rechtssicherheit. Aus diesem Grund bin ich der Meinung, dass die in § 195 BGB geregelte allgemeine Verjährungsfrist nicht unter Berufung auf Art. 3 Abs. 3 der Verordnung angewendet werden kann.”

    Zur zweiten Vorlagefrage

    Nach Auffassung des Senates ist eine 30-jährige Verjährungsfrist in analoger Anwendung des § 195 BGB a. F. für die Rückforderung zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattung zudem offensichtlich unangemessen und damit unverhältnismäßig.

    Eine 30-jährige, aus einer inzwischen außer Kraft gesetzten zivilrechtlichen Vorschrift des BGB hergeleitete Verjährungsfrist überschreitet deutlich die Grenzen dessen, was für die Erreichung des Zwecks, nämlich die Rückforderung zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattung, angemessen und erforderlich ist. Dies zeigt ein Vergleich mit den sachnahen Verjährungsvorschriften der Abgabenordnung (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) sowie den kurzen Verjährungsfristen im kaufmännischen Verkehr. Auch im Gemeinschaftsrecht gelten ansonsten kurze Verjährungsfristen (zum Beispiel Art. 217 und 221 Abs. 3 ZK; Art. 52 Abs. 4 lit. b der Verordnung Nr. 800/1999). In seiner Entscheidung vom 24.03.2009 (Rs. C 445/06, Rn. 32) hat der EuGH eine nationale Verjährungsfrist von drei Jahren für die Verfolgung im Interesse der Rechtssicherheit als angemessen angesehen.

    Der Senat folgt auch in der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a. F der Generalanwältin Sharpston in ihren Schlussanträgen zur Rechtssache C-227/07, die dort (Rn. 71) ausgeführt hat:

    „Der Vollständigkeit halber füge ich noch an, dass eine nationale Vorschrift, mit der für Verfahren bezüglich zu Unrecht erlangter, den Haushalt der Gemeinschaften gefährdender Zahlungen eine spezifische (längere) Verjährungsfrist beibehalten wird, den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts (wie dem Diskriminierungsverbot) und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen müsste, um aufgrund von Art. 3 Abs. 3 als Abweichung zulässig zu ein. Da die regelmäßige Verjährungsfrist gemäß der Verordnung Nr. 2988/95 vier Jahre beträgt, wäre eine Verjährungsfrist von 30 Jahren in jedem Fall unverhältnismäßig.”

    Der Umstand, dass eine 30-jährige Verjährungsfrist das Siebeneinhalbfache der normalen Verjährungsfrist des Art. 3 Abs. 1 Verordnung Nr.2988/95 ausmacht, zeigt nach Auffassung des Senats deutlich, dass eine derart lange Verjährungsfrist weit jenseits dessen liegt, was mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu vereinbaren ist.

    Zur dritten Vorlagefrage

    Unterstellt, aus nationalem Recht ließe sich die vom BFH in Anspruch genommene Notkompetenz begründen, würde die Anwendung einer auf diesem Wege gewonnenen Verjährungsfrist nach Auffassung des Senats einen Verstoß gegen den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit darstellen. Die Anwendung einer derartigen Verjährungsfrist verbietet sich, da weder der Wirtschaftsbeteiligte noch die Behörde bei Inanspruchnahme der Ausfuhrerstattung und auch nicht bei Entstehen des Rückforderungsanspruch wissen können, wie die Dauer dieser Verjährungsfrist ist, da sie erst im Nachhinein festgelegt wird. Dadurch wird der Wirtschaftsbeteiligte in unzumutbarer Weise einem unkalkulierbaren Risiko ausgesetzt. Die Behörde und der Wirtschaftsbeteiligte könnten noch nicht einmal das Prozessrisiko eines Rückforderungsstreits im Hinblick auf die Verjährung abschätzen, da sie eben erst durch den Spruch des letztinstanzlichen Gerichts die Dauer dieser Frist zur Kenntnis nehmen könnten.

    VorschriftenBGB a. F. § 195