02.11.2010
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 18.12.2009 – 4 K 202/08
-Für Waren der Code-Nr. 8507 8030 300 (Lithium-Ionen Akkumulatoren, in zylindrischer Form, mit einer Länge von 64,6 mm oder mehr und einem Durchmesser von 18,1 mm oder mehr, mit einer Nennkapazität von 1.200 mA/Stunden oder mehr, zum Herstellen von wieder aufladbaren Batterien), wird eine autonome Zollaussetzung gewährt.
-Wird nur ein Teil der angemeldeten Waren beschaut, so gelten die Ergebnisse dieser Teilbeschau für alle in der Anmeldung bezeichneten Waren (Art. 70 Abs. 1 ZK). Da nur die Hälfte der Stichprobe von Akkumulatoren die im Verordnungstext festgelegten Voraussetzungen für eine Zollaussetzung erfüllen, wird auch nur für diese Zollaussetzung gewährt.
-Für die Zollaussetzung müssen die Akkumulatoren in zylindrischer Form an jeder Stelle einen Durchmesser von 18,1 mm oder mehr aufweisen. Werden mehrere Messungen der gleichen Größe vorgenommen, wird aus den Messergebnissen ein arithmetischer Mittelwert gebildet. Beträgt der Durchmesser der Akkumulatoren weniger als 18,1 mm, so werden diese in die Code-Nr. 8507 8030 9000 (Drittlandszollsatz 2,7 %) eingereiht.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte gegen die Klägerin zu Recht Zoll in Höhe von 739,83 € festgesetzt hat.
Die Klägerin meldete am 10.08.2007 beim Zollamt A 37.800 Stück Lithium-Ionen Akkumulatoren unter der Code-Nr. 8507 8030 300 zur Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr an und beantragte die Gewährung einer Zollaussetzung aufgrund besonderer Verwendung. Von der Code-Nr. 8507 8030 300 werden Lithium-Ionen Akkumulatoren in zylindrischer Form mit einer Länge von 64,6 mm oder mehr, einem Durchmesser von 18,1 mm oder mehr, mit einer Nennkapazität von 1.200 mA/Stunden oder mehr, zum Wiederherstellen von wieder aufladbaren Batterien, erfasst.
Im maßgebenden Zeitpunkt war der Klägerin vom Hauptzollamt B die Überführung von verschiedenen Akkumulatoren in den zollrechtlich freien Verkehr zur besonderen Verwendung bewilligt.
Das Zollamt A ordnete eine stichprobenweise Beschaffenheitsbeschau an. Zwei Warenmuster wurden an die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) Hamburg zur Begutachtung übersandt, zwei weitere Warenmuster wurden als Rückstellprobe beim Zollamt einbehalten. Die Begutachtung der ersten beiden Warenmuster ergab, dass es sich um elektrische Lithium-Ionen Akkumulatoren in zylindrischer Form mit einer Länge von 65 mm und einem Durchmesser von durchschnittlich 18,08 mm bzw. 18,06 mm, mit einer Nennkapazität von 1.600 mA/Stunden und einer nominalen Spannung von 3,7 V handelt, die somit in die Code-Nr. 8507 8030 900 einzureihen sind. Da für Waren dieser Code-Nr. keine Zollaussetzung aufgrund besonderer Verwendung vorgesehen ist, wurden unter Anwendung des Drittlandszollsatzes von 2,7 % mit Einfuhrabgabenbescheid vom 22.02.2008 Zollabgaben in Höhe von 1.479,66 € angefordert. Hiergegen legte die Klägerin am 03.03.2008 Einspruch ein, dem der Beklagte mit Bescheid vom 23.02.2009 teilweise abhalf. Im Übrigen wies er den Einspruch mit seiner Einspruchsentscheidung vom 18.07.2008 als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die fristgerecht erhobene Klage vom 22.08.2008, zu deren Begründung die Klägerin u. a. Folgendes vorträgt:
Der Akku sei mit einem Mantel überzogen. Aus technischen Gründen sei er an zwei Seiten verdickt. Wenn er dort gemessen werde, dann werde der Wert von 18,1 mm überschritten, und zwar immer; wenn nicht diese Verdickung mitgemessen wird, dann könne der Wert von 18,1 mm unterschritten werden.
Die Argumentation des Beklagten, dass das Produkt insgesamt in der gesamten Länge einen Durchmesser von 18,1 mm aufweisen müsse, sei schlechthin nicht nachvollziehbar. Die Gründe hierfür seien technisch und konstruktiv wegen der Weiterverarbeitung bedingt. Die Weiterverarbeitung in ein festes Gehäuse liege der Verblockung der Batterien zu Grunde. Die Herstellung erfolge ausschließlich aufgrund der Herstellerspezifitionen. Herstellerbedingte Abweichungen bzw. Toleranzen seien von der Klägerin nicht zu beeinflussen. Aus diesem Grunde sei auch fraglich, ob und welchem Umfang durch Tarif-Code-Nr. 8507 8030 30 Toleranzen zu berücksichtigen seien, die sich aus produktionsbedingten Abweichungen (in der Herstellung der Akkumulatoren) ergeben könnten.
Aufgrund der von den Herstellern angegebenen Toleranzen erscheine es deshalb als willkürlich, wenn von dem gleichen Hersteller einerseits Sendungen zollfrei seien und für die gleiche Type im Rahmen der Herstellertoleranzen Zoll erhoben werde, da es sich um einen Massenartikel handle, bei dem höhere Qualitätsanforderungen nicht erreichbar und von den Kunden beim Hersteller nicht durchsetzbar seien.
Die Klägerin beantragt,
den Einfuhrabgabenbescheid vom 23.02.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.07.2008 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung, worauf Bezug genommen wird. Ergänzend trägt er u. a. Folgendes vor:
Bei der Messung des Durchmessers könne nicht der Maximalwert zu Grunde gelegt werden. Vielmehr müsse bei den Messergebnissen der arithmetische Mittelwert gebildet werden. Eine erneute Überprüfung habe ergeben, dass nunmehr zwei Akkumulatoren einen Durchmesser von 18,1 mm aufwiesen und damit in die von der Klägerin angemeldeten Code-Nr. 8507 8030 3000 (Zollaussetzung) einzureihen seien. Ein Akkumulator weise einen Durchmesser von unter 18,1 mm auf und gehöre somit in die Code-Nr. 8507 8030 9000 (Drittlandszollsatz 2,7 %); ein weiterer Akkumulator weise einen Durchmesser nahe der Anode von 18,1 mm und nahe der Katode von 18,09 mm auf. Damit erfülle auch dieser Akkumulator nicht die Voraussetzungen für die Zollaussetzung.
Der Verordnungstext für die Zollaussetzung verlange sowohl eine zylindrische Form der Akkumulatoren als auch ein Mindestdurchmesser von 18,1 mm. Aus dem Datenblatt der Akkumulatoren gehe hervor, dass der Durchmesser der von der Klägerin von C eingekauften Akkumulatoren produktionsbedingt unter 18,1 mm liegen könne. Es wäre somit Sache der Klägerin gewesen - auch im Hinblick auf die von ihr geforderte Gleichbehandlung mit anderen Einführern und Herstellern - eine entsprechende Änderung des Aussetzungstextes bei dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zu erwirken.
Die Sachakten des Beklagten haben vorgelegen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht mit dem angefochtenen Einfuhrabgabenbescheid vom 23.02.2009 gem. Art. 220 Abs. 1 Zollkodex (ZK) Zoll in Höhe von 739,83 € erhoben.
Von der Code-Nr. 8507 8030 300 sind Lithium-Ionen Akkumulatoren, in zylindrischer Form, mit einer Länge von 64,6 mm oder mehr und einem Durchmesser von 18,1 mm oder mehr, mit einer Nennkapazität von 1.200 mA/Stunden oder mehr, zum Herstellen von wieder aufladbaren Batterien, erfasst. Für diese Waren wird eine autonome Zollaussetzung gewährt. Rechtsgrundlage für diese Zollaussetzung ist die Verordnung (EG) Nr. 1255/96 des Rates vom 27.06.1996 zur zeitweiligen Aussetzung der autonomen Zollsätze des gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte gewerbliche und landwirtschaftliche Waren sowie Fischereierzeugnisse, deren Anhang, in dem die betreffenden Waren aufgeführt sind, regelmäßig durch neue Verordnungen geändert/aktualisiert wird. Für die strittigen Akkumulatoren wurde die Geltungsdauer des autonomen Zollsatzes 0 % mit der Verordnung (EG) Nr. 1897/2006 des Rates vom 19.12.2006 auf den Zeitraum von 01.01.2007 bis 31.12.2008 festgelegt.
Eine erneute Überprüfung der Proben (Untersuchungsprobe: zwei Stück und Rückstellprobe: zwei Stück) hat ergeben, dass nur zwei Akkumulatoren die im Verordnungstext der festgelegten Voraussetzungen für eine Zollaussetzung erfüllen. Bei zwei weiteren Akkumulatoren wird der Durchmesser von 18,1 mm unterschritten.
Wird nur ein Teil der angemeldeten Waren beschaut, so gelten die Ergebnisse dieser Teilbeschau für all in der Anmeldung bezeichneten Waren (Art. 70 Abs. 1 ZK). Da die erneute Probenvermessung nicht zu einem einheitlichen Ergebnis geführt hat, hat der Beklagte zutreffend das Mengenverhältnis auf die eingeführte Menge von 37.800 Stück Akkumulatoren übertragen und dementsprechend 18.900 Stück Akkumulatoren der Code-Nr. 8507 8030 300 (Zollaussetzung) und 18.900 Stück der Code-Nr. 8507 8030 900 (2,7 % Zoll) zugeordnet.
Die vom Beklagten bzw. der ZPLA durchgeführte Messung der Durchmesser der Akkumulatoren ist nicht zu beanstanden. Werden mehrere Messungen der gleichen Größe (Messreihen) vorgenommen, wird aus den Messergebnissen üblicherweise ein arithmetischer Mittelwert gebildet und nicht - wie die Klägerin meint - der Maximalwert zu Grunde gelegt. Eine besondere Methode zur Messung von Durchmessern von Akkumulatoren ist nicht gesondert akkreditiert.
Da nach dem Verordnungstext die Akkumulatoren in zylindrischer Form einen Durchmesser von 18,1 mm oder mehr haben müssen, handelt es sich um einen Mindestdurchmesser, den der Akkumulator an jeder Stelle aufweisen muss. Der gegenteiligen Auffassung der Klägerin, wonach es für die Zollaussetzung bereits ausreichend sein soll, wenn der Durchmesser mit der Verdickung durch den Mantelüberzug gemessen werde, vermag der Senat deshalb nicht zu folgen. Im Übrigen erscheint es auch als zweifelhaft, ob angesichts der unterschiedlichen Durchmesserwerte (mit und ohne Verdickung) noch von einer zylindrischen Form des Akkumulators gesprochen werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Da, wie sich in der mündlichen Verhandlung herausgestellt hat, die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, ist die Revision nach § 115 Abs. 2 FGO zugelassen worden.