02.11.2010
Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 24.02.2010 – 2 K 2185/09
Der Gesellschaftszweck einer GmbH „Inkasso von Honorarforderungen von Berufsangehörigen” steht der Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft entgegen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte zu Recht die Anerkennung der klagenden GmbH als Steuerberatungsgesellschaft gem. § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Steuerberatungsgesetz -StBerG- widerrufen hat.
Gemeinsam mit ihrem 1965 geborenen Sohn, dem Steuerberater U. S., Vorstandsvorsitzender der ... Verrechnungsstelle, errichtete die als freiberufliche Steuerberaterin tätige, 1940 geborene I. S. (S) mit einem Stammkapital von 25.000,00 € am 8. Mai 2008 die Klägerin, deren Gegenstand nach § 2 Abs. 1 ihrer Satzung „die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen sowie die damit zu vereinbarenden Tätigkeiten i.S.d. StBerG” waren (Bl. 28 u. 69; im Folgenden jeweils: Widerrufsakte). Von den Stammeinlagen übernahmen S 22.500,00 € (Anteil: 90 %) und der Sohn U.S. 2.500,00 € (10%). S wurde zur alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführerin bestellt. Mit Urkunde vom 15. Oktober 2008 erkannte die Beklagte die Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft an (Bl. 75).
Mit notariell beurkundetem Gesellschafterbeschluss vom 15. Mai 2009 wurde der in § 2 Abs. 1 bestimmte Unternehmensgegenstand ergänzt durch den dort angefügten Halbsatz (Bl. 78; HR-Auszug: Bl. 102):
„insbesondere des § 64 StBerG”.
Im Schreiben der Beklagten vom 10. Juni 2009 äußerte diese ihre Auffassung, dass die aufgenommene Ergänzung eine unzulässige Erweiterung des Unternehmensgegenstandes darstelle, da nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG der als gewerbliche Tätigkeit zu qualifizierende geschäftsmäßige Forderungseinzug, also die Inkassotätigkeit, mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbar sei. Es wurde der Klägerin im Hinblick auf einen im Raum stehenden Widerruf der Anerkennung bis spätestens 8. Juli 2009 Gelegenheit gegeben, „den dem Gesetz entsprechenden Zustand wieder herbeizuführen”.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 19. Juni 2009 widersprach die Klägerin dieser Meinung unter Hinweis, dass Steuerberater auch „im Inkassobereich” tätig sein dürften. Sie - die Klägerin - verfüge über eine „Inkassoerlaubnis”. Die Konformität der Inkassotätigkeit könne nicht davon abhängen, ob und in welchem Umfang diese Tätigkeit ausgeübt werde. Im Übrigen könne eine Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 2 StBerG erteilt werden.
Unter dem Aktenzeichen: 75 E-37/08 wurde die Klägerin mit dem Bereich „Inkassodienstleistungen” beim Landgericht im Rechtsdienstleistungsregister eingetragen (Bl. 137, 138).
Da es die Klägerin bei ihrer Satzungsergänzung in § 2 Abs. 1 beließ, widerrief die Beklagte im Anschluss an ihren diesbezüglichen Vorstandsbeschluss vom 9. Juli 2009 mit Bescheid vom 7. August 2009 die Anerkennung der Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft gem. § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StBerG „wegen unzulässigen Unternehmensgegenstands” (Bl. 116).
Hiergegen richtet sich die vorliegende, rechtzeitig erhobene Klage.
In etwa zeitgleich parallel zum vorbezeichneten Geschehen hatte die Geschäftsführerin der Klägerin - S - nach Vorgesprächen und schriftlicher Korrespondenz mit Schreiben vom 14. März 2008 bei der Beklagten einen Antrag auf Anerkennung einer noch zu errichtenden GmbH: ”... Verrechnungsstelle/Steuerberatungsges. mbH” gestellt gehabt. Beigefügt gewesen war u.a. ein Satzungsentwurf, wonach als Unternehmensgegenstand neben der Hilfeleistung in Steuersachen „Tätigkeiten i.S.d. § 64 Abs. 2 StBerG” genannt war. Beabsichtigt war neben steuerlicher Beratung vornehmlich der geschäftsmäßige Einzug von Honorarforderungen Berufsangehöriger auf Basis einer „Honorarvereinbarung” bzw. einer „Pauschalhonorarvereinbarung” durch die zu errichtende Gesellschaft. Mit Bescheid vom 2. Dezember 2008 lehnte die Beklagte mangels Vorliegen der in §§ 49 Abs. 3 Satz 2, 50 Abs. 6 StBerG genannten Voraussetzungen und auch deswegen ab, weil der geplante Gesellschaftszweck, nämlich u.a. „Einzug von Honorarforderungen” als gewerbliche Tätigkeit nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG als mit dem Beruf des Steuerberaters nicht vereinbar sei; aus der ab 12. April 2008 geltenden Neufassung des § 64 Abs. 2 StBerG folge nicht, dass der gewerbliche Einzug von Honorarforderungen Unternehmensgegenstand einer Steuerberatungsgesellschaft sein könne. Die beim Senat unter dem Aktenzeichen 2 K 1028/09 hiergegen erhobene Klage wurde im Juni 2009 zurückgenommen.
Im vorliegenden Verfahren macht die Klägerin geltend, dass in der Satzung als ihr Gegenstand ausschließlich typische Steuerberatungstätigkeiten im Sinne der §§ 32 Abs. 1 und 33 StBerG sowie vereinbare Tätigkeiten im Sinne des § 57 Abs. 3 StBerG fixiert seien. Das Inkasso stelle eine mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbare Tätigkeit im Sinne des § 57 Abs. 3 StBerG dar; dies ergebe sich aus § 64 StBerG.
Die von der Beklagten angeführte Begründung, aus den Gesamtumständen gehe hervor, dass der Unternehmensgegenstand die gewerbliche Inkasso tätigkeit sein solle, ergebe sich kein Widerrufsgrund. Bloße Tätigkeits absichten reichten nicht aus, die Gesetzeswidrigkeit des satzungsmäßigen Gesellschaftszwecks zu bejahen. Der schwerwiegende Eingriff des Widerrufs könne sich nicht auf bloße Absichten stützen, sondern - soweit er auf Vertragszwecke abstelle - ausschließlich auf den Vertragstext und die Eintragungen als solche. Hier aber sei der Gesellschaftszweck gesetzeskonform fixiert worden.
Eine gesetzwidrige Tätigkeit der Klägerin stehe nicht im Raum. Jedenfalls hätte in diesem Fall aus dem Gesichtspunkt des Verhältnismäßigkeitsprinzips der Ausspruch eines Tätigkeitsverbots Vorrang vor dem existenzvernichtenden Eingriff durch Widerruf der Anerkennung gehabt.
Abgesehen davon ergebe sich die Zulässigkeit des Inkassos durch einen Steuerberater aus § 64 Abs. 2 Satz 1 StBerG. Dort sei keine Einschränkung auf Einzelfälle normiert. Die Vorschrift gestatte grundsätzlich die Abtretung von Gebührenforderungen, wie dies bei Rechtsanwälten auch der Fall sei (Hinweis auf § 49 b BRAO). Man könne nicht die Zulässigkeit bzw. den Übergang zur Gewerblichkeit vom quantitativen Umfang des Inkassos abhängig machen. Der Übergang sei völlig fließend, die Einhaltung einer von der Beklagten noch zu benennenden Grenze überhaupt nicht kontrollierbar. Bei vereinbaren Tätigkeiten könne es auch keine Grenze geben. Eine Kontrolle fehle bei Einzelkanzleien oder Personengesellschaften, bei denen im Gegensatz zur GmbH oft noch nicht einmal ein schriftlicher Vertrag bzw. eine Registereintragung existierten. Es sei im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG unhaltbar, nur bei einer GmbH eine Beschränkung der Mehrtätigkeit zu fordern. Es sei bei Steuerberatern gängige Praxis, dass in deren Kanzleien in erheblichem Umfang Tätigkeiten verrichtet würden, die bei der Ausgliederung als gewerblich zu bewerten wären.
Im Übrigen sei eine Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 2 StBerG zu erteilen. Entsprechende Anträge seien gestellt worden. Die vorgenannte Vorschrift sei zu unbestimmt, da den Steuerberaterkammern hier fast freies Ermessen eingeräumt sei. Sie sei am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG verfassungskonform auszulegen, und zwar wie bei Rechtsanwälten zum Zweitberuf. Eine Berufspflichtverletzung sei hier nicht zu erwarten; eine solche sei nicht konkret nachvollziehbar von der Beklagten dargelegt. Jedenfalls sei der Widerruf gesetz- und offensichtlich verfassungswidrig. Am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG sei er nicht zu rechtfertigen.
Die Klägerin beantragt,
den Widerrufsbescheid vom 7. August 2009 aufzuheben,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Hinweis auf ihren Widerrufsbescheid führt sie ergänzend aus, dass die Klägerin nach Änderung/Ergänzung ihres Unternehmensgegenstands nicht mehr die Anerkennungsvoraussetzungen im Sinne der §§ 49 ff. StBerG erfülle, weil dort eine nicht vereinbare gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG, nämlich Inkasso, aufgeführt werde.
Nach § 55 Abs. 1 der Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer -BOStB- dürften als Gesellschaftsgegenstand keine nach § 57 StBerG mit dem Beruf nicht vereinbaren Tätigkeiten in der Satzung festgelegt oder im Handelsregister - wie hier - eingetragen sein. Das gewerbliche Inkasso stelle keine vereinbare Tätigkeit eines Steuerberaters dar. Dem Umstand, dass sich die Klägerin im Rechtsdienstleistungsregister als Inkassodienstleister mit eigenständigem Geschäftsbetrieb hat eintragen lassen, belege, dass sie unzulässigerweise die gewerbliche Inkassotätigkeit tatsächlich ausübe.
Entgegen klägerischer Ansicht habe ein Tätigkeitsverbot keinen Vorrang vor dem Widerruf. Die Klägerin habe über ihre Geschäftsführerin von der berufsrechtlichen Unzulässigkeit der Änderung des Gesellschaftszwecks und ihre darauf gründenden gewerblichen Tätigkeit als Inkassounternehmen gewusst (Hinweis auf die Kopien aus der Akte: 36493 im Anhang zur Widerrufsakte und zum Verfahren 2 K 1028/09). Ungeachtet dessen sowie des Aufforderungsschreibens der Beklagten vom 10. Juni 2009 missachte die Klägerin wissentlich das für Steuerberater/Steuerberatungsgesellschaften bestehende gesetzliche Tätigkeitsverbot.
Die Zulässigkeit des gewerblichen Inkassos folge - entgegen klägerischer Meinung- nicht aus der geänderten Fassung des § 64 Abs. 2 StBerG. Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich zwar eine Erleichterung für Steuerberater dahin, dass sie nunmehr ihre Gebührenforderungen über Verrechnungsstellen abwickeln könnten, nicht jedoch, dass sie nunmehr selbständig und das Berufsfeld erweiternd gewerblich als Inkassounternehmen tätig sein dürften.
Abtretungen von Gebührenforderungen seien zwar grundsätzlich mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbar, nicht aber das Betreiben eines gewerblichen Inkassobüros. Allen vereinbaren Tätigkeiten sei gemeinsam, dass sie berufsrechtlich nicht „gewerblich geprägt” seien und dem freien Beruf des Steuerberaters nicht schadeten. Zusätzliche Tätigkeiten des Steuerberaters seien - wie § 57 Abs. 3 StBerG aufzeige - zwar erlaubt, grundsätzlich immer nur in einem nicht gewerbsmäßigen Umfang.
Abgesehen davon, dass die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens sei, berechtige eine solche nicht zur Aufnahme in den Unternehmensgegenstand. Dort dürften ausschließlich berufstypische und vereinbare Tätigkeiten genannt werden.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Der angegriffene Widerrufsbescheid vom 7. August 2008 ist rechtens; er entspricht dem Gesetz (§ 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StBerG).
Nach § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StBerG hat die zuständige Steuerberaterkammer die Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft zu widerrufen, wenn (andere) Voraussetzungen für die Anerkennung der Gesellschaft nachträglich fortfallen. Dies ist vorliegend der Fall, weil die Klägerin nach ihrer Anerkennung am 15. Oktober 2008 ihre Satzungsbestimmung über den Gegenstand des Unternehmens (§ 2 Abs. 1 ihrer Satzung) nachträglich, nämlich mit Gesellschafterbeschluss vom 15. Mai 2008, dahin geändert und dies im Handelsregister hat eintragen lassen, dass der Gesellschaftszweck nunmehr auch Tätigkeiten „insbesondere des § 64 StBerG” umfasst.
Denn Gegenstand eines steuerberatenden Unternehmens kann nur das sein, was dessen zulässige Inhalte darstellt und dem Berufsbild der steuerberatenden Berufe entspricht. Dies sind zunächst der in §§ 1, 33 StBerG dargestellte Kernaufgabenbereich (sog. Vorbehaltsaufgaben), aber auch die mit dem Beruf vereinbaren Tätigkeiten im Sinne des § 57 Abs. 3 StBerG sowie weitere Tätigkeiten, die nicht gewerblich sind (§ 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG) bzw. in einem diesbezüglichen Arbeitnehmer-Verhältnis ausgeübt werden (§ 57 Abs. 4 Nr. 2 StBerG) und dem Ansehen des Berufs nicht schaden. Zwar beinhalten die in §§ 49, 50 StBerG enthaltenen Anerkennungsvoraussetzungen keine Regelungen über den bei einer Kapitalgesellschaft - hier: GmbH - im Gesellschaftsvertrag bzw. in der Satzung aufzunehmenden Gegenstand des Unternehmens (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG). Jedoch sind die Anerkennungsvoraussetzungen dort nicht abschließend geregelt. Aus der Tatsache, dass eine Steuerberatungsgesellschaft ebenso wenig wie Einzelpersonen keine Tätigkeiten ausüben dürfen, die mit dem Beruf eines Steuerberaters nicht vereinbar sind (§§ 57, 72 StBerG) folgt, dass der Gegenstand des Unternehmens nur berufliche Aufgaben des Steuerberaters und mit dem Beruf zu vereinbarende Tätigkeiten im Gesellschaftsvertrag bzw. in der Satzung festgelegt und im Handelsregister eingetragen werden dürfen. Eine Gesellschaft kann daher nicht als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt werden, wenn sie dort als Unternehmensgegenstand auch gewerbliche Tätigkeiten vorsieht (vgl. Gehre/Koslowski, StBerG, 6. Aufl., § 49 Rz. 11; Bonner Handbuch der Steuerberatung - Kommentar Späth - § 49 Rnr. B 663).
Unzutreffend ist die klägerische Auffassung, dass „bloße Tätigkeits absichten allein nicht zur Gesetzwidrigkeit des Gesellschaftszwecks” führen könnten. Denn der gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG in die Satzung aufzunehmende Unternehmensgegenstand bezeichnet gerade den Tätigkeitsbereich der Gesellschaft, d.h. die Aktivitäten, durch die die Gesellschaft ihren erwerbswirtschaftlichen oder sonstigen Zweck verfolgt (Emmerich in Scholz, GmbHG, 10. Aufl., § 3 Rnr. 10 unter Hinweis auf § 1 Rdnr. 2). Ist demnach - wie hier aufzuzeigen sein wird - der Tätigkeitsbereich (= Unternehmensgegenstand) unzulässig, kommt eine Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft nicht in Betracht; wird - wie hier - nachträglich ein unzulässiger Unternehmensgegenstand in die Satzung aufgenommen, so muss gem. § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StBerG ein Widerruf erfolgen. Ob Tätigkeiten eines Steuerberaters/ einer Steuerberatungsgesellschaft gewerblichen Umfang annehmen und daher unzulässig sind, kann erst die Zukunft zeigen. Im Rahmen des Anerkennungsverfahrens wie auch für die Frage des Widerrufs einer als Steuerberatungsgesellschaft anerkannten Gesellschaft ist daher allein der Satzungsinhalt maßgebend. Entscheidend ist, ob die Gesellschaft auf ein mit dem Beruf eines Steuerberaters konformes Ziel hin gerichtet ist.
Eine Ungleichbehandlung zu Einzelpersonen oder Personengesellschaften kann der Senat nicht erkennen. Zwar sind dort ein schriftlich zu fassender Gesellschaftsvertrag und eine entsprechende Registereintragung weder über den Unternehmensgegenstand noch über den Gesellschaftszweck vorzunehmen. Ergibt sich jedoch aus anderen Umständen, z.B. aus einer diesbezüglichen Kundgabe, dass eine gewerbliche Tätigkeit entwickelt werden soll, kann gleichfalls keine Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft erfolgen; wird ein unzulässiger Gesellschaftszweck erkennbar, erfolgt gleichfalls gem. § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StBerG ein Widerruf.
Die Änderung bzw. Ergänzung des Unternehmensgegenstands im Streitfall ist unzulässig.
Nach § 57 Abs. 2 Satz 1 StBerG haben Steuerberater und - über § 72 Abs. 1 StBerG - Steuerberatungsgesellschaften sich jeder Tätigkeit zu enthalten, die mit ihrem Beruf oder mit dem Ansehen des Berufs nicht vereinbar ist. Als nicht vereinbar mit dem Beruf gilt nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 1 StBerGinsbesondere eine gewerbliche Tätigkeit (vgl. auch BGH-Urteil vom 25. Februar 2003 - StbSt-R-2/02, NJW 2003, 1540 m.w.N.). Dieses grundsätzliche Verbot der gewerblichen Betätigung ist die Folge der Regelung in § 32 Abs. 2 StBerG, wonach Steuerberater einen freien Beruf und kein Gewerbe ausüben. Sie sind - den Rechtsanwälten vergleichbar - ein unabhängiges Organ der - hier: Steuerrechtspflege. Das Berufsbild ist ausgerichtet auf den Vorrang der persönlich berufsspezifischen Leistung vor den wirtschaftlichen Aspekten der Tätigkeit. Weitergehend als dies z.B. bei einem Rechtsanwalt grundsätzlich der Fall ist, eröffnet die Wahrnehmung der Interessen des Mandanten dem Steuerberater einen umfassenden und weit reichenden Zugang zu Informationen sowie Daten über die finanzielle Situation des Mandanten. Diese Informationen und Daten gilt es vor missbräuchlicher Verwendung zu schützen. Daher ist der Steuerberater zur Unabhängigkeit, Verschwiegenheit und Eigenverantwortlichkeit verpflichtet (§ 57 StBerG). Damit gehen Beschränkungen bezüglich Nebentätigkeiten und der Ausübung von „Zweitberufen” einher (im Einzelnen: Fehrenbacher DStR 2002, 1017, m.w.N.).
Dagegen ist die gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 1 StBerG gekennzeichnet als selbständiges, gleichmäßig fortgesetztes und maßgebend vom erwerbswirtschaftlichen Streben nach Gewinn bestimmtes Handeln, bei dem vorrangig eingesetztes Kapital, und nicht persönliche Arbeitsleistung auf Grund besonderer Qualifikation maßgeblich ist. Die Inkompatibilität von steuerberatender und gewerblicher Tätigkeit ist vom Bundesverfassungsgericht für verfassungsgemäß erachtet worden (vgl. Peters/Danewitz in NWB, Fach 30, 1765, 1768 unter Hinweis auf die BVerfG-Entscheidungen vom 4. November 1992 - 1 BvR 79/85 etc., BVerfGE 87, 287 und vom 1. Juli 1980 - 1 BvR 247/75, BVerfGE 54, 237). Wird eine Inkassotätigkeit - wie hier vom ergänzten Unternehmensgegenstand umfasst - schwerpunktmäßig, und nicht nur gelegentlich im Rahmen der eigentlichen steuerberatenden Tätigkeit im Sinne des § 33 StBerG (Vorbehaltsaufgaben) ausgeübt, so stellt sie deshalb eine gewerbliche Rechtsdienstleistung dar, weil sie kaufmännisch/erwerbswirtschaftlich durch Ankauf der Forderungen („Factoring”) oder durch Einzug gegen Pauschalhonorar, also ohne notwendigen Einsatz steuerrechtlicher Kenntnisse , sondern vielmehr (ausschließlich) durch kaufmännische Handlungen und Erfahrungen, geprägt ist (vgl. Kommentar Späth a.a.O., § 57 Rz. B 829.3, B 829.4, m.w.N.). Hierzu bedarf es keiner Qualifikation als Steuerberater.
Wenn gleich die Satzungsänderung bzw. -ergänzung (lediglich) Tätigkeiten im Sinne des § 64 StBerG benennt, also Gebührenforderungsabtretungen bzw. das diesbezügliche Inkasso von Steuerberatern beinhaltet, so ist dennoch aus den Gesamtumständen - auch nach außen hin - zu entnehmen, dass hiermit das gewerbliche Inkasso bezweckt ist. Dies ergibt sich zunächst aus der im Tatbestand dargestellten Vorgeschichte, nämlich das nahezu zeitgleich angestrengte Anerkennungsverfahren der unter der Firma ”... Verrechnungsstelle/Steuerberatungsges. mbH” zu gründenden GmbH, den insoweit im anwaltlichen Schreiben vom 19. Juni 2006 (Bl. 100 Widerrufsakte) wie auch in der Klagebegründungsschrift vom 28. Oktober 2009 dargelegten Ausführungen, vor allem aber aus dem Umstand, dass eine ausdrückliche Aufnahme von Tätigkeiten im Sinne des § 64 StBerG in die Unternehmensgegenstandsbezeichnung obsolet gewesen wäre, wenn der Gesellschaftszweck lediglich die Vorbehalts- und die vereinbaren Tätigkeiten umfasste. Der mit Benennung des § 64 StBerG als Unternehmensgegenstand bezeichnete Tätigkeitsbereich „Inkasso” wird auch dokumentiert durch Eintragung der Klägerin gem. §§ 2 Abs. 2 Satz 1, 10 Abs. 1 Nr. 1, 12 f. Rechtsdienstleistungsgesetz -RDG- ins Rechtsdienstleistungsregister für den Bereich „Inkassodienstleistungen” beim Landgericht (Bl. 138 Widerrufsakte).
Im Schriftsatz vom 25. Januar 2010 wie auch in der mündlichen Verhandlung vertritt die Klägerin die Auffassung, dass das von ihr beabsichtigte gewerbliche Inkasso mit dem Beruf eines Steuerberaters vereinbar sei.
Zwar kann nach Halbsatz 2 des zum 12. April 2008 neu gefassten § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG die Steuerberaterkammer von dem Verbot der gewerblichen Betätigung Ausnahmen zulassen, soweit durch diese Tätigkeit eine Verletzung von Berufspflichten nicht zu erwarten ist. Solange aber eine derartige Ausnahme nicht erteilt ist, bleibt die Bezeichnung des Unternehmensgegenstands unzulässig und steht der Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft entgegen.
Unbeschadet dessen ist das Gericht der Auffassung, dass im Streitfall das dahingehende Ermessen (§ 5 AO) der Beklagten - vorbehaltlich einer diesbezüglichen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung - nicht in der Weise reduziert ist, dass hieraus eine Verpflichtung zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung herzuleiten wäre, die ggf. zur Rechtswidrigkeit des Widerrufs führen könnte. Vielmehr kann ein Ausnahmeausspruch mit Rücksicht auf die berufsrechtliche Stellung eines Steuerberaters/einer Steuerberatungsgesellschaft und seiner/ihrer Aufgaben nur dann in Betracht kommen, wenn bei abstrakter Betrachtungsweise eine Gefährdung der Unabhängigkeit bei Ausübung der gewerblichen Tätigkeit (Gehre/Koslowski, a.a.O., § 57 Rz. 92), die Gefahr einer Interessenkollision (Kommentar Späth, a.a.O., Rz. B 831 und B 831.1) oder die Gefahr dessen, dass der Einräumung des erwerbswirtschaftlichen Strebens Vorrang vor den Pflichten eines Freiberuflers eingeräumt werden könnte, nicht bestehen kann. Bei einem gewerblichen Inkassounternehmen kann dies in Anbetracht dessen, dass dieses von erwerbswirtschaftlichem Gewinnstreben „lebt”, nicht in Betracht kommen, mag auch die „gute Absicht” bestehen, bei derartigen Tätigkeiten das eigene Interesse sekundär zu berücksichtigen (Fehrenbacher, a.a.O., unter 4.). Da - wie ausgeführt - einem Steuerberater bei Wahrnehmung von Mandanteninteressen sehr weit reichender und umfassender Einblick in die wirtschaftliche und in der Regel auch höchstpersönliche Situation des Mandanten gewährt wird, müssen diese Informationen und Daten geschützt werden. Daher steht das geschäftsmäßige (gewerbliche) Inkasso gem. § 64 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 StBerG unter dem Einwilligungsvorbehalt der Mandanten, wobei diese zuvor nach Satz 3 der Vorschrift über die Informationspflicht des Steuerberaters gegenüber dem Inkassounternehmen aufzuklären sind.
Das gesetzlich statuierte Verbot der gewerblichen Betätigung bzw. deren Erfassung im Unternehmensgegenstand stellt in Anwendung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Februar 1967 - 1 BvR 569/62 (BVerfGE 21, 173) unter Berücksichtigung der vorbezeichneten Ausnahmeregelung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 2 StBerG keinen rechtserheblichen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Zweitberufsfreiheit dar. Die zum Rechtsanwaltsberuf ergangene Entscheidung des Bundesfinanzverfassungsgerichtes vom 4. November 1992 - 1 BvR 79/85 u.a. (BVerfGE 87, 287) hat zwar in der einschränkenden Regelung des § 7 Nr. 8 BRAO ihren Niederschlag gefunden (vgl. auch BGH-Beschluss vom 26. November 2007, AnwZ-B-111/06, NJW 2008, 1318 m.w.N.), kann aber nicht ohne weiteres auf den Steuerberaterberuf übertragen werden. Die Unterschiede im Berufsrecht rechtfertigen unterschiedliche Komparabilitätsregelungen und abweichende Bestimmungen hinsichtlich einer gewerblichen Betätigung im Zweitberuf. Denn - wie ausgeführt - bringt die Tätigkeit des Steuerberaters es mit sich, dass er mehr und mehr als jeder andere Beraterberuf von internen Geschäftsvorgängen in den Betrieben seiner Mandanten und von den persönlichen Verhältnissen Kenntnis erlangt.
Aus der Neufassung des § 64 Abs. 2 StBerG ergibt sich nicht die Zulässigkeit des gewerblichen Inkassos durch einen Steuerberater bzw. eine Steuerberatungsgesellschaft. Die Vorschrift erlaubt in ihrem Satz 1 zwar die Abtretung von Gebührenforderungen oder die Übertragung ihrer Einziehung an Personen und Vereinigungen im Sinne des § 3 Nr. 1 bis 3 StBerG, hebt aber das Verbot einer insoweit gewerblichen Tätigkeit des Zessionars nicht auf. Vielmehr wird die vorgenannte Einzugs- bzw. Übertragungsmöglichkeit in Satz 2 der Bestimmung - insoweit einschränkend - von der ausdrücklichen schriftlichen Einwilligung des Mandanten bzw. davon abhängig gemacht, dass die Forderung rechtskräftig festgestellt ist, wenn der Empfänger der Abtretung nicht die Qualifikation des § 3 Nr. 1 bis 3 StBerG besitzt, es sich also um gewerblich tätige Verrechnungsstellen handelt.
Abgesehen davon behandelt die Vorschrift des § 64 StBerG die Rechtsstellung des Steuerberaters hinsichtlich seiner Gebühren und deren Realisierung, nicht aber die Rechtsposition des Abtretungsempfängers, so dass sich aus dieser Vorschrift für die Vereinbarkeit des gewerblichen Inkassos mit dem freien Beruf des Steuerberaters nichts herleiten lässt. Vielmehr soll die Vorschrift den Steuerberatern entsprechend den für die Rechtsanwälte geltenden Fassung in § 49 b Abs. 4 ERAO die Möglichkeit eröffnen, ihre Honorarforderungen über andere Steuerberater bzw. über (gewerbliche) Verrechnungsstellen abzuwickeln; es handelt sich gegenüber der früheren Regelung lediglich um eine Erleichterung der Gebührenrealisierung , nicht aber um eine Aufhebung des genannten Verbots der gewerblichen Betätigung, welche jetzt allerdings unter Erlaubnisvorbehalt nach § 57 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 2 StBerG möglich ist.
Letztlich erstrebt die Klägerin mit ihrem geänderten Unternehmensgegenstand und ihrer darauf gerichteten Tätigkeit, dass an sie Gebührenforderungen zum Inkasso ohne die nach § 64 Abs. 2 Satz 2 StBerG erforderliche ausdrückliche Einwilligung und ohne die nach Satz 3 der Bestimmung notwendige vorherige Aufklärung des jeweiligen Gebührenschuldners abgetreten bzw. zur Einziehung übertragen werden können. Dies aber war vom Gesetzgeber bei Änderung des § 64 StBerGnicht beabsichtigt. Es sollten lediglich - wie bereits ausgeführt - nach der Gesetzesbegründung (BT Drucksache 16/2077; Bl. 142 Widerrufsakte) bei Wahrung des Schutzzwecks, nämlich der Verschwiegenheitspflicht, der Vertrauensschutzinteressen der Mandanten, die Möglichkeit einer Abtretung erleichtert werden, um es Steuerberatern insbesondere zu ermöglichen, ihre Honorare über Verrechnungsstellen (unter Zustimmungsvorbehalt) abzuwickeln. Ein neues Berufsfeld, nämlich: geschäftsmäßiges Inkasso durch Steuerberater/Steuerberatungsgesellschaften, sollte nicht geschaffen werden.
Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Als unterliegende Beteiligte hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens gem. § 135 Abs. 1 FGO zu tragen.