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  • 02.11.2010

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 12.02.2010 – 4 K 227/08

    -Zur Frage des Nachweises der Einfuhrzollförmlichkeiten im Kosovo in den Jahren 2000 und 2001, wenn gefälschte Einfuhrzolldokumente vorgelegt worden sind und die mit dem Aufbau auch der Zollverwaltung befasste United Nations Interim Administration Mission in Kosovo (UNMIK) schriftlich erklärt, davon überzeugt zu sein, die Ware sei eingeführt worden.


    -Zur Bedeutung von Art. 20 Abs. 4 VO (EWG) Nr. 800/1999.


    Tatbestand

    Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Ausfuhrerstattung.

    In den Jahren 2000 bis 2003 führte die Klägerin insgesamt 63 Sendungen mit deutschem Feta-Käse unter Beantragung von Ausfuhrerstattung in den Kosovo aus. Empfänger war die Firma A in B, Kosovo. Transport und Einfuhrverzollung wurden jeweils von der Firma A übernommen. Das Kosovo stand seinerzeit unter der Übergangsverwaltung der United Nations Interim Administration Mission in Kosovo (UNMIK), der auch der Aufbau einer seinerzeit nicht vorhandenen nationalen Zollverwaltung oblag.

    In den hier streitigen sieben Ausfuhrfällen wurde der Klägerin mit Bescheiden vom 17.04.2001, 14.05.2001, 20.02.2002, 24.06.2002, 04.10.2002 und 22.10.2002 antragsgemäß Ausfuhrerstattung gewährt. Sofern dies unter dem Vorbehalt, dass der Anspruch auf die festgesetzte Ausfuhrerstattung entsteht und form- und fristgerecht nachgewiesen wird, geschah, wurden die Sicherheiten mit der Folge der endgültigen Erstattungsgewährung freigegeben. Lediglich im Falle des Bescheides vom 04.10.2002 erfolgte keine Freigabe der Sicherheit.

    Die Überprüfung der streitgegenständlichen Ausfuhren unter Inanspruchnahme von Ausfuhrerstattung in den Kosovo durch das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) in Zusammenarbeit mit dem UNMIK im Jahr 2003 ergab, dass die Firma A der Klägerin jeweils ein gefälschtes Einfuhrzolldokument übersandt hatte und dass die Ware nicht bei dem UNMIK Customs Service zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr angemeldet worden ist. Eine Überprüfung durch das Zollkriminalamt C ergab, dass die Zollstempel nur durch Computerausdrucke erstellt und somit gefälscht worden waren.

    Daraufhin forderte der Beklagte mit Berichtigungs- und Änderungsbescheiden vom 02.07.2004 (...-...-...01/..), vom 08.07.2004 (...-...-...13/.., ...-...-...50/.., ...-...-...34/.. und ...-...-...11/..) und vom 09.07.2004 (...-...-...12/.. und ...-...-...40/..) die gewährte Ausfuhrerstattung zuzüglich einer Sanktion sowie teilweise eines Zuschlags, zurück. Zur Begründung wurde jeweils ausgeführt, die vorgelegten Nachweise für die Erfüllung der Zollförmlichkeiten im Kosovo seien gefälscht gewesen. Die Ankunftsnachweise könnten daher nicht anerkannt werden. Somit sei die Einfuhr des Käses in den Kosovo nicht nachgewiesen. Damit lägen die Voraussetzungen für die Gewährung der Ausfuhrerstattung nicht vor. Sie sei zurückzufordern. Mit den dazu ergangenen sechs Zinsbescheiden vom 08.07.2004 (...-...-...03/.., ...-...-...08/.., ...-...-...10/..) und vom 09.07.2004 (...-...-...17/.. und ...-...-...20/..) forderte der Beklagte zudem Zinsen an. Die Gesamtforderung beläuft sich auf 153.325,67 €.

    Mit Schreiben vom 16.07.2004 legte die Klägerin gegen die Rückforderungsbescheide Einspruch ein. Zur Begründung reichte sie u.a. ein Schreiben des UNMIK-Direktors D vom 30.08.2004 ein (Anlage 2 zur Klageschrift). Weiter trägt sie vor, es sei zwar richtig, dass die vorgelegten Zolldokumente gefälscht gewesen seien, hiervon habe sie jedoch keine Kenntnis gehabt. Die Fälschungen habe sie auch nicht erkennen können. Der Abnehmer der Ware im Kosovo habe der Zollverwaltung gefälschte Rechnungen präsentiert, um geringere Einfuhrabgaben entrichten zu müssen. Gemeinsam mit den Zollbehörden der UNMIK habe sie sich vor Ort bemüht, den Sachverhalt aufzuklären und die Originalverzollungsdokumente zu erhalten. Sanktionen könnten nicht erhoben werden, da die Einreichung gefälschter Ankunftsnachweise nicht unter den Tatbestand von Art. 51 Abs. 1 VO Nr. 800/1999 falle.

    Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 19.08.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Klägerin habe unstreitig gefälschte Einfuhrnachweise vorgelegt. Daher seien die Voraussetzungen für die Gewährung von Ausfuhrerstattung nicht erfüllt. Zudem lägen die Voraussetzungen für die Erhebung einer Sanktion nach Art. 51 Abs. 1 lit. a) VO Nr. 800/1999 vor. Durch die Vorlage gefälschter Einfuhrzolldokumente habe sie eine ungerechtfertigte Auszahlung von Ausfuhrerstattung bewirkt. Damit sei die beantragte Erstattung höher als die ihr zustehende Erstattung.

    Mit ihrer am 19.09.2008 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor, die Sendungen seien von der Firma A nicht zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr des Kosovo angemeldet, sondern über die Grenze geschmuggelt worden. Die Firma A habe für diese Waren Einfuhrzolldokumente, die ansonsten korrekte Angaben enthalten hätten, gefälscht und ihr, der Klägerin, übersandt. Dies habe sie weder erkannt noch erkennen können. Auch der Beklagte habe die Fälschungen zunächst nicht erkannt. In den streitgegenständlichen Fällen könne sie keine Verzollungsdokumente mehr beibringen, da die Waren in den Kosovo eingeschmuggelt worden seien. Dass die Waren tatsächlichen in den Kosovo eingeführt worden seien, ergebe sich aus dem Schreiben des damaligen Direktors des UNMIK Customs Service D vom 30.08.2004 (Anlage 2 zur Klageschrift) sowie dem Schreiben des UNMIK Customs Service an OLAF vom 07.08.2006 (Anlage 4 zur Klageschrift). Die Mitteilungen des UNMIK Customs Service vom 30.08.2004 und 07.08.2006 stellten Ankunftsnachweise im Sinne von Art. 16 Abs. 1 lit. a) VO Nr. 800/1999 dar. Mangels näherer Regelung sei jede amtliche Äußerung der Zollbehörden des Bestimmungsdrittlandes ein Zolldokument in diesem Sinne. Dabei müssten auch die zollrechtlich relevanten Gegebenheiten im Kosovo berücksichtigt werden. Zwar handele es sich bei der UNMIK um eine Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen, deren Zollbehörden durch die EU aufgebaut werden sollten. Mangels einer eigenen Zollverwaltung im Kosovo habe die UNMIK zollbehördliche Aufgaben wahrgenommen und sei als Teil der kosovarischen Verwaltung anzusehen gewesen. Aus den vorgelegten Schreiben der UNMIK ergebe sich, dass es seinerzeit keine arbeitsfähige Zollverwaltung gegeben habe. Diese Schreiben bestätigten auch, dass mit hinreichender Gewissheit davon ausgegangen werden könne, dass die streitgegenständlichen Sendungen in den Kosovo verbracht worden seien. Abgesehen davon regele Art. 16 VO Nr. 800/1999 nur den formalisierten Ankunftsnachweis. Materiell-rechtliche Verpflichtung sei die tatsächliche Einfuhr in das Drittland, Art. 15 Abs. 3 VO Nr. 800/1999, die bei Vorlage eines Einfuhrzolldokuments fingiert werde. Wenn die Einhaltung der materiell-rechtlichen Erstattungsvoraussetzung, hier die Einfuhr in das Drittland, feststehe, verstoße die Rückforderung allein wegen der Nichteinhaltung formalrechtlicher Bestimmungen gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Zahlung der Einfuhrabgaben sei keine materielle Voraussetzung für den Zugang der Erstattungsware zum Drittlandsmarkt. Dem Beklagten obliege die Beweislast dafür, dass die Erstattungsware das Bestimmungsdrittland nicht erreicht habe, wenn ein Ausführer im Zahlungsverfahren ordnungsgemäß ausgefüllte Einfuhrzolldokumente vorgelegt habe und Ausfuhrerstattung ohne weitere Nachweise zu fordern endgültig gewährt worden sei. Zwar habe sie keine ordnungsgemäß ausgefüllten Einfuhrzolldokumente vorgelegt, dies hätten aber weder der Beklagte noch sie selbst gemerkt. Daher sei es gerechtfertigt, dem Beklagten die Beweislast aufzubürden. Schließlich sei die Erhebung einer Sanktion rechtswidrig. Eine Sanktion komme nur in Betracht, wenn es sich um unrichtige oder falsche Angaben des Ausführers hinsichtlich einer materiellen Erstattungsvoraussetzung handele. Die materiellen Erstattungsvoraussetzungen hätten in den streitigen Ausfuhrfällen vorgelegen.

    Die Klägerin beantragt,

    die 7 Berichtigungs- und Änderungsbescheide vom 02.07.2004 (...-...-...01/..), vom 08.07.2004 (...-...-...13/.., ...-...-...50/.., ...-...-...34/.. und ...-...-...11/..) und vom 09.07.2004 (...-...-...12/.. und ...-...-...40/..) sowie die dazu ergangenen 6 Zinsbescheide vom 08.07.2004 (...-...-...03/.., ...-...-...08/.., ...-...-...10/..) und vom 09.07.2004 (...-...-...17/.. und ...-...-...20/..) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.08.2008 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er bezieht sich auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, offenbar seien die Waren über die Grenze in den Kosovo geschmuggelt worden. Sie seien also nicht zollrechtlich zur Einfuhr in den Kosovo angemeldet worden. Daher könne von einer Erfüllung der Einfuhrzollförmlichkeiten und in der Folge einem Zugang zum Markt des Kosovo nicht ausgegangen werden. Geschmuggelte Ware könne nicht als eingeführt angesehen werden. In dem Schreiben des UNMIK Customs Service vom 30.08.2004 würden nur Mutmaßungen geäußert. Auch das folgende Schreiben vom 07.08.2006 belege, dass es keine genaueren Erkenntnisse über den Verbleib der Waren gebe. Auf höhere Gewalt könne sich die Klägerin nicht berufen, weil das Verhalten von Verwaltungsbehörden im Drittland nicht ursächlich für die fehlenden Ankunftsnachweise sei. Der Wortlaut des Art. 52 Abs. 1 VO Nr. 800/1999 lasse keinen Verzicht auf die Rückforderung im Falle höherer Gewalt erkennen. Die Beweislast sei nicht auf ihn übergegangen. Die Beweislast gehe nur dann über, wenn ein Ausführer im Zahlungsverfahren einen ordnungsgemäßen Einfuhrnachweis vorgelegt habe. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Schließlich habe die Klägerin eine höhere als die ihr zustehende Erstattung beantragt, so dass die Erhebung einer Sanktion erforderlich sei.

    Zwei Ordner Sachakten haben vorgelegen.

    Gründe

    Die zulässige Anfechtungsklage hat keinen Erfolg.

    I.

    Die angefochtenen Rückforderungs- und Zinsbescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 S. 1 FGO.

    Die Rückforderung der in sechs Fällen endgültig (teilweise nach Freigabe der Sicherheit) und in einem Fall als Vorschuss gewährten Ausfuhrerstattung ist nicht zu beanstanden. Gemäß Art. 52 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 800/1999 der Kommission über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen vom 15.04.1999 (VO Nr. 800/1999) hat der Begünstigte, wenn eine Erstattung unrechtmäßig gewährt wird, den zu Unrecht erhaltenen Betrag zu erstatten. Aus Art. 25 Abs. 1 VO Nr. 800/1999 ergibt sich ein Zuschlag von 10%.

    Nach Art. 14 VO Nr. 800/1999 ist die Zahlung der Erstattung bei - wie hier - je nach Bestimmung differenzierten Erstattungssätzen von den in Art. 15 und Art. 16 festgelegten Bedingungen abhängig. Gemäß Art. 15 Abs. 1 VO Nr. 800/1999 muss das Erzeugnis in das Drittland oder eines der Drittländer, für das die Erstattung vorgesehen ist, innerhalb einer Frist von 12 Monaten nach Annahme der Ausfuhranmeldung in unverändertem Zustand eingeführt worden sein, wobei das Erzeugnis als eingeführt gilt, wenn die Einfuhrzollförmlichkeiten erfüllt sind (Art. 15 Abs. 3 VO Nr. 800/1999). Der Nachweis der Erfüllung der Zollförmlichkeiten für die Einfuhr erfolgt nach Maßgabe des Art. 16 VO Nr. 800/1999. Dessen Abs. 1 sieht die Möglichkeit des Nachweises durch Vorlage des jeweiligen Zolldokuments (lit. a) bzw. durch Vorlage einer Bescheinigung einer zugelassenen internationalen Kontroll- und Überwachungsgesellschaft (lit. b) vor (Primärnachweis). Abs. 2 eröffnet die Möglichkeit, wenn Dokumente nach Abs. 1 trotz geeigneter Schritte nicht beigebracht werden können, im Einzelnen aufgezählte Ersatzdokumente (Sekundärnachweis) zum Nachweis der Einfuhr vorzulegen. Unstreitig waren die von der Klägerin vorgelegten Ankunftsnachweise (Zolldokumente im Sinne von Art. 16 Abs. 1 lit. a) gefälscht und daher zum Nachweis der Einfuhr nicht geeignet.

    Die von der Klägerin im Einspruchsverfahren vorgelegten Schreiben des UNMIK Customs Service vom 30.08.2004 und vom 07.08.2006 können als Nachweise für die Einfuhr der Waren in den Kosovo nicht anerkannt werden, ohne dass es dabei im Hinblick auf die Fristen der Art. 49 Abs. 2 und 50 Abs. 2 VO Nr. 800/1999 auf die Frage der Rechtzeitigkeit der Vorlage - die jedenfalls in dem Vorschussfall (Bescheid vom 02.07.2004) problematisch ist - ankäme. Dies ergibt sich aus Folgendem:

    Die Klägerin geht davon aus, die Waren seien von ihrem kosovarischen Vertragspartner in den Kosovo geschmuggelt worden. Dann fehlt es bereits an der in Art. 15 Abs. 1 VO Nr. 800/1999 aufgestellten Voraussetzung der Einfuhr in das Drittland. In ein Drittland geschmuggelte Ware kann nämlich nicht als in dieses Drittland eingeführt angesehen werden. Materielle Voraussetzung für die Erstattung ist, wie sich aus Art. 15 Abs. 1 VO Nr. 800/1999 ergibt, die Einfuhr in das Drittland. Der Rechtsbegriff „Einfuhr” ist gemeinschaftsrechtlich nicht definiert. Allerdings kann man aus der Definition des Rechtsbegriffs „Ausfuhr”, der als die Erfüllung der Zollförmlichkeiten, gefolgt durch das Verlassen des Zollgebiets der Gemeinschaft durch die Erzeugnisse (Art. 2 Abs. 1 lit. g) VO Nr. 800/1999) definiert ist, folgern, dass tatbestandliche Voraussetzung auch für eine Einfuhr im Sinne von Art. 15 Abs. 1 VO Nr. 800/1999 die Erfüllung der Einfuhrzollförmlichkeiten ist. Hierfür spricht auch Art. 15 Abs. 3 VO Nr. 800/1999, wonach ein Erzeugnis als eingeführt gilt, wenn die Einfuhrzollförmlichkeiten und insbesondere die Förmlichkeiten im Zusammenhang mit der Erhebung der Einfuhrzölle in dem betreffenden Drittland erfüllt worden sind. So hat auch der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu Art. 17 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 (der Vorgängerregelung von Art. 15 Abs. 3 VO Nr. 800/1999), wonach das Erzeugnis als eingeführt gilt, wenn die Zollförmlichkeiten für die Abfertigung zum freien Verkehr in dem betreffenden Drittland erfüllt sind, erkannt, dass die Erfüllung der Zollförmlichkeiten für die Abfertigung zum freien Verkehr eine Bedingung für den Erhalt der differenzierten Ausfuhrerstattung ist (EuGH, Urteil vom 21.07.2005, C-515/03). Da es sich bei beiden Vorschriften um das Aufstellen einer Fiktion handelt, lässt sich diese Rechtsprechung auf Art. 15 Abs. 3 VO Nr. 800/1999 insoweit übertragen, als das Erfüllen der Einfuhrzollförmlichkeiten Voraussetzung dafür ist, die Ware als im Drittland eingeführt anzusehen. Auch der erkennende Senat hat die Erfüllung der Einfuhrzollförmlichkeiten in seiner Rechtsprechung bislang als Erstattungsvoraussetzung angesehen (FG Hamburg, Urteile vom 02.09.2004, IV 385/02 und vom 28.02.2008, 4 K 48/07). Dem entspricht auch, dass Art. 16 Abs. 1 VO Nr. 800/1999 ausdrücklich den Nachweis der Einfuhrzollförmlichkeiten verlangt. In ein Drittland geschmuggelte Ware kann daher nicht als in dieses Drittland eingeführt betrachtet werden.

    Selbst wenn man eingeschmuggelte Ware als eingeführt ansehen wollte, hätte die Klägerin auch im Einspruchsverfahren keinen Nachweis über die Einfuhr vorgelegt. Die Schreiben des UNMIK Customs Service vom 30.08.2004 und vom 07.08.2006 sind, selbst wenn man sie mit der Klägerin als Zolldokumente im Sinne von Art. 16 Abs. 1 lit. a) VO Nr. 800/1999 ansehen wollte, zum Nachweis der Einfuhr nicht geeignet. Beide Schreiben sagen nichts über den Zeitpunkt der „Einfuhr” und sagen daher nichts über die Voraussetzung des Art. 15 Abs. 1 VO Nr. 800/1999, wonach die Erzeugnisse innerhalb von 12 Monaten nach Annahme der Ausfuhranmeldung eingeführt worden sein müssen. Darüber hinaus nehmen sie keinen Bezug auf konkret beförderte Sendungen bzw. Waren, so dass nicht eindeutig zu entnehmen ist, ob sie sich auf die nämliche Ware beziehen. Letztlich werden in diesen Schreiben auch nur Mutmaßungen geäußert, da das Schicksal der Waren nicht abschließend ermittelt worden ist. So heißt es im Schreiben vom 30.08.2004, dass nicht mit letzter Sicherheit gesagt werden könne, dass das Fehlen von Zollpapieren für die Lieferungen auch bedeute, dass diese nie in den Kosovo eingeführt worden seien. Weiter wird die Meinung vertreten, dass die infrage stehenden Waren tatsächlich in den Kosovo gelangt seien. Konkrete Erkenntnisse gibt es in Bezug auf die streitigen Waren jedoch nicht. Auch im Schreiben vom 07.08.2006 werden derart konkrete Erkenntnisse nicht erwähnt. Auch dort wird nicht konkret auf einzelne Sendungen Bezug genommen. Die Bewertung in diesem Schreiben geht dahin, dass die UNMIK überzeugt sei, dass die Waren tatsächlich importiert worden seien, die in den Eingangsbestätigungen der Klägerin genannt seien. Obwohl die UNMIK Customs keine formalen Einfuhrbestätigungen ausstelle, sei sie davon überzeugt, dass alle Mengen an Fetakäse, die die Klägerin exportiert habe, auch tatsächlich in den Kosovo importiert worden seien. Worauf die UNMIK diese Überzeugung stützt, wird nicht klar, auch dieses Schreiben enthält weder konkrete Bezeichnungen von Ware und Sendung noch auf die Sendung bezogene Daten. Im Gegensatz dazu sind die in Art. 16 Abs. 1 und Abs. 2 VO Nr. 800/1999 genannten Nachweise dadurch gekennzeichnet, dass sie sich auf das Zolldokument beziehen, das neben der genauen Warenbeschreibung auch das Datum der Zollabfertigung enthält, bzw. dass die Entladung der nämlichen Ware zu einem bestimmten Zeitpunkt bescheinigt wird. Bereits in seinem Urteil vom 24.02.2006 (IV 219/03) hat der Senat erkannt, dass der für die Zahlung differenzierter Erstattung erforderliche Nachweis der Erfüllung der Einfuhrzollförmlichkeiten nur erbracht wird, wenn der Ausführer innerhalb der Vorlagefrist des Art. 15 Abs. 1 VO Nr. 800/1999 Dokumente beibringt, die die einen Primär- bzw. Sekundärnachweis kennzeichnenden Merkmale aufweisen. Genau daran fehlt es im Streitfall bei den vorgelegten Schreiben der UNMIK jedoch aus den dargelegten Gründen.

    Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Beklagte verpflichtet wäre, zu beweisen, dass die Waren nicht in den freien Verkehr des Kosovo gelangt sind. Grundsätzlich obliegt es dem Ausführer, das Vorliegen der Erstattungsvoraussetzungen nachzuweisen. Im Rückforderungsverfahren liegt allerdings die Beweislast dafür, dass die Ausfuhrware den Markt des Bestimmungslandes tatsächlich nicht erreicht hat, beim beklagten Hauptzollamt, wenn der Ausführer ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einfuhrzolldokument vorgelegt und das Hauptzollamt daraufhin ohne von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, weitere Beweise für die Ankunft der Waren im Bestimmungsland zu fordern, die Ausfuhrerstattung endgültig gewährt bzw. die Sicherheiten freigegeben hat (FG Hamburg, Urteil vom 28.02.2008, 4 K 48/07). An der insoweit aufgestellten Voraussetzung, dass ordnungsgemäß ausgefüllte Einfuhrzolldokumente vorgelegt worden sind, fehlt es vorliegend, da diese Dokumente im Streitfall gefälscht waren. Darauf kann sich der Beklagte mit der Folge berufen, dass die Klägerin im Rückforderungsverfahren gehalten ist, die Einfuhr nachzuweisen, was ihr auch durch Vorlage entsprechender Dokumente grundsätzlich möglich gewesen wäre, weil die Fristen für die Vorlage der Primär- oder Sekundärnachweise im Rückforderungsverfahren nicht greifen.

    Auch unter Hinweis auf Art. 20 Abs. 4 Unterabs. 2 VO Nr. 800/1999 lässt sich die Rechtswidrigkeit der Rückforderung nicht begründen. Nach dieser Vorschrift gilt die Erstattung als zu Unrecht gewährt und ist zurückzuzahlen, wenn die zuständigen Behörden, gegebenenfalls auch nach erfolgter Zahlung, feststellen, dass einer der in lit. a) bis lit. d) genannten Fälle vorliegt. Aus dieser Vorschrift folgert die Klägerin im Umkehrschluss, dass die Erstattung nicht zu Unrecht gewährt worden ist, wenn keiner der in lit. a) bis lit. d) genannten Fälle gegeben ist. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Hiergegen spricht zunächst die Systematik der Verordnung. Wäre die Auffassung der Klägerin zutreffend, würde Art. 20 Abs. 4 Unterabs. 2 VO Nr. 800/1999 zu einer erheblichen Einschränkung der Rückforderungsmöglichkeiten führen, was mit einer Stellung von Art. 20 VO Nr. 800/1999 in Abschnitt 3 (besondere Maßnahmen zum Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft) nicht in Einklang stünde. Die Rückforderung gewährter Ausfuhrerstattung ist in Kapitel 2 und den Art. 51 und 52 VO Nr. 800/1999 geregelt, die die Rückforderung allein an die Unrechtmäßigkeit der Gewährung anknüpfen, ohne den Rechtsbegriff „zu Unrecht gewährt” einschränkend zu definieren und ohne auf Art. 20 Abs. 4 Unterabs. 2 VO Nr. 800/1999 zu verweisen. Vor diesem Hintergrund und angesichts der systematischen Stellung des Art. 20 Abs. 4 Unterabs. 2 VO Nr. 800/1999 kommt dieser Vorschrift eine klarstellende Bedeutung zu, die - da sie dem Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft zu dienen bestimmt ist - die Rückforderungsmöglichkeiten eher erweitern als begrenzen soll. So wird in lit. b) etwa der mögliche Problemfall erfasst, dass ein Erzeugnis nach Zahlung der Ausfuhrerstattung und vor der Vermarktung im Drittland zerstört oder beschädigt wird.

    Die Klägerin kann gegen den Rückforderungsanspruch auch nicht einwenden, ihr Regressanspruch gegen den kosovarischen Vertragspartner sei wertlos, weshalb die Zahlstelle ihren Rückforderungsanspruch verliere. Es mag zwar sein, dass die Klägerin den Rückforderungsbetrag nicht gegenüber der Firma A als Schadensersatz wird geltend machen können, dies ist jedoch letztlich ihr wirtschaftliches Risiko. Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 16.07.1998 (C-298/96). In diesem Verfahren ging es um die Rückforderung von Beihilfe für in der Gemeinschaft geerntete und verarbeitete Ölsaaten. Rechtsgrundlage für die Rückforderung war § 10 Abs. 1 MOG, der dem Begünstigten über den Verweis auf § 49a Abs. 2 VwVfG und damit auf § 818 Abs. 3 BGB die Möglichkeit einräumte, sich auf den Wegfall der Bereicherung zu berufen. Hierzu hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (a.a.O.) entschieden, dass das Gemeinschaftsrecht grundsätzlich einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die den Ausschluss der Rückforderung zu Unrecht gezahlten Beihilfen zulässt und hierfür auf Kriterien wie den Wegfall der Bereicherung abstellt. Diese Rechtsprechung lässt sich auf den Streitfall jedoch nicht übertragen, da das Gemeinschaftsrecht in der VO Nr. 800/1999 die Rückforderung zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattung abschließend regelt, ohne auf das nationale Recht zu verweisen.

    Die Erhebung von Sanktionen unterliegt keinen Bedenken. Gemäß Art. 51 Abs. 1 lit. a), Abs. 4 VO Nr. 800/1999 entspricht die für die betreffende Ausfuhr zu zahlende Erstattung, wenn eine höhere als die zustehende Ausfuhrerstattung beantragt worden ist, der für die tatsächliche Ausfuhr geltenden Erstattung, vermindert um einen Betrag in Höhe des halben Unterschieds zwischen der beantragten Erstattung und der für die tatsächliche Ausfuhr gezahlten Erstattung. Ergibt sich aus dieser Verminderung ein Negativbetrag, so hat der Ausführer diesen Betrag zu zahlen. Die Voraussetzungen für die Verhängung einer Sanktion sind erfüllt. Gemäß Art. 51 Abs. 2 VO Nr. 800/1999 gilt als beantragte Erstattung der Betrag, der an Hand der Angaben gemäß Art. 5 berechnet wird. Richtet sich die erhöhte Erstattung nach der jeweiligen Bestimmung, so ist der differenzierte Teil der Erstattung an Hand der gemäß Art. 49 übermittelten Angaben über Menge, Gewicht und Bestimmung zu berechnen. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat mit Urteil vom 24.04.2008 (C-143/07) erkannt, dass eine Sanktion gegen einen Ausführer, der Ausfuhrerstattung für eine Ware beantragt hat, verhängt werden kann, wenn diese Ware infolge des betrügerischen Verhaltens seines Vertragspartners nicht ausgeführt worden ist; soweit sich nämlich herausstellt, dass die Ausfuhr des Erzeugnisses, für das eine Erstattung beantragt worden ist, nicht stattgefunden hat, ist offensichtlich, dass der Ausführer eine höhere als die ihm zustehende Erstattung beantragt hat, da mangels tatsächlicher Ausfuhr überhaupt keine Erstattung geschuldet wird. Diese Rechtsprechung lässt sich auf den Streitfall übertragen. Dass eine Ausfuhr der Ware aus dem Gemeinschaftsgebiet mit anschließender Einfuhr in den Kosovo stattgefunden hat, steht nicht fest. Wie dargelegt ist es der Klägerin nicht gelungen, nachzuweisen, dass die Ware tatsächlich in den Kosovo eingeführt worden ist. Dann besteht kein Erstattungsanspruch und es wurde ersichtlich eine höhere als die zustehende Erstattung beantragt.

    Darauf, dass die Klägerin vermutlich das Opfer betrügerischer Machenschaften ihres kosovarischen Vertragspartners geworden ist, kommt es nicht an. Art. 51 Abs. 1 lit. a), Abs. 4 VO Nr. 800/1999 knüpft für die Sanktionserhebung nur an den objektiven Sachverhalt an und setzt kein Verschulden des Ausführers voraus (FG Hamburg, Urteil vom 03.04.2007, 4 K 128/06).

    Die Zinsbescheide sind ebenfalls rechtmäßig. Nach Art. 52 Abs. 1 VO Nr. 800/1999, § 14 Abs. 1 S. 1 MOG in der im Zeitpunkt der jeweiligen Zinsforderung geltenden Fassung sind Ansprüche auf Erstattung besonderer Vergünstigungen - zu denen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 MOG Ausfuhrerstattungen gehören - vom Zeitpunkt des Empfanges an mit einem im einzelnen geregelten Zinssatz zu verzinsen. Im Streitfall sind die Voraussetzungen für eine Verzinsung nach dieser Vorschrift erfüllt, weil die Klägerin die ihr gewährten besonderen Vergünstigungen mit den streitgegenständlichen Rückforderungsbescheiden zu erstatten hat. Dass der Beklagte von einem falschen Zinssatz ausgegangen wäre oder die Zinsen sonst unzutreffend berechnet hätte, macht die Klägerin nicht geltend.

    II.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die übrigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 MOG findet § 139 Abs. 2 FGO in marktordnungsrechtlichen Streitigkeiten keine Anwendung. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.