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  • 09.12.2009

    Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 01.08.2007 – VII 51/2006

    Die Sonderausgabenhöchstbeträge nach § 10 Abs. 3 und 4 EStG in der Fassung des AltEinkG sind verfassungsgemäß.
    Es ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Steuerfreistellung des Arbeitgeberanteils zum Gesamtversicherungsbeitrag im Ergebnis dem Abzug dieser Beiträge als Sonderausgaben eines Steuerpflichtigen, der den Gesamtversicherungsbetrag selber leistet, gleichsteht.


    Tatbestand

    Streitig ist die Verfassungsmäßigkeit der Sonderausgabenhöchstbeträge nach § 10 Abs. 3 und 4 EStG.


    Der Kläger ist Steuerfachangestellter und erzielte hieraus im Streitjahr 2005 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.


    In der Einkommensteuererklärung 2005 machte der Kläger bei den Sonderausgaben Beiträge zu gesetzlichen Rentenversicherungen (Arbeitnehmer-Anteil) von 1.662 €, Arbeitgeber-Anteil zu gesetzlichen Rentenversicherungen von 1.662 €, Beiträge zur Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung von insgesamt 2.355 € und Beiträge zu Unfall-, Haftpflicht-Risikoversicherungen von 254 € geltend.


    Bei der Veranlagung berücksichtigte das Finanzamt im Rahmen der Günstigerprüfung Sonderausgaben von 2.343 €.


    Gegen den Einkommensteuerbescheid vom 02.03.2006 erhob der Kläger am 23.03.2006 Sprungklage. Dieser stimmte das Finanzamt mit Schreiben vom 18.04.2006 zu. Der Kläger meint, die vollständige Kürzung der nur zu 60 % begünstigten Vorsorgeaufwendungen um den Arbeitgeber-Anteil gemäß § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG verletze ihn in seinem Grundrecht auf Gleichbehandlung i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG. Die steuerliche Begünstigung werde bis zum Jahr 2025 stufenweise auf 100 % angehoben. Im Gegenzug müsse allerdings die Kürzung des Arbeitgeber-Anteils von den Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG auch stufenweise erfolgen.


    Eine weitere Ungleichbehandlung erfolge durch den gekürzten Höchstbetrag von 1.500 € gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 EStG. Während dem Personenkreis mit einem wesentlich höheren Einkommen gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 ein Höchstbetrag von 2.400 € zustehe, reiche der ihm als Arbeitnehmer zustehende Höchstbetrag von 1.500 € nicht aus, um eine vernünftige Altersvorsorge aufzubauen sowie für einen Krankenversicherungsschutz zu sorgen. Dem Kläger müsse deshalb als Arbeitnehmer der höhere Höchstbetrag von 2.400 € gewährt werden.


    Da er voraussichtlich nach dem Jahr 2040 in den Ruhestand treten werde, müsse er seine Alterseinkünfte zu 100 % versteuern. Im Gegenzug könne er die Vorsorgeaufwendungen in den Jahren 2005 bis 2024 nur prozentual berücksichtigen. Dadurch würden die für die Altersvorsorge erforderlichen Einkommensteile nicht vollständig von der Einkommensteuer freigestellt. Dies führe zu einer steuerlichen Ungleichbehandlung gegenüber den Personen, die vor dem Jahr 2040 in den Ruhestand träten.


    Eine Vergleichsrechnung zwischen Arbeitnehmer und Einzelunternehmer zeige, dass der Einzelunternehmer sowohl hinsichtlich der Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG als auch bezüglich der Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG bei gleichen Aufwendungen wesentlich besser gestellt werde. Dies verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG.


    Wie Beispielsrechnungen zeigten, sei der Sonderausgabenabzug eines Arbeitnehmers nicht nur im Vergleich zu sonstigen Erwerbstätigen, sondern auch im Vergleich zu Arbeitnehmern verfassungswidrig. So könne ein Angestellter mit einem Brutto-Einkommen von 40.000 € im Vergleich zu einem Angestellten mit einem Brutto-Einkommen von nur 20.000 € einen um 390 € höheren Sonderausgabenabzug in Anspruch nehmen. Die neue gesetzliche Regelung stehe daher in eindeutiger Diskrepanz zu Art. 3 Abs. 1 GG. Der BFH könne daher in seinem Beschluss vom 01.02.2006 X B 166/05, BStBl 2005 II S. 420, nicht behaupten, dass bei der steuerlichen Begünstigung von Vorsorgeaufwendungen keine Verfassungswidrigkeit vorliege.


    Der Kläger beantragt, den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 02.03.2006 dahin zu ändern, dass der Sonderausgabenabzug für Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 und Nr. 3 EStG mit 3.397 € angesetzt wird.


    Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.


    Er führt aus, dem Gesetzgeber stehe ein Gestaltungsspielraum zu, in welcher Höhe er Aufwendungen für die Altersvorsorge zulassen wolle. Eine verfassungsrechtliche Benachteiligung in dem derzeit begrenzten Abzug von 60 % der Rentenversicherungsbeiträge sei deshalb nicht zu erkennen. Ebenso sei es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn der volle Arbeitgeber-Anteil von den abzugsfähigen Aufwendungen gekürzt werde, da dieser Anteil der Aufwendungen vom Kläger tatsächlich nicht getragen werde.


    Dies gelte entsprechend für die unterschiedliche Höhe der abziehbaren Vorsorgeaufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 10 Abs. 4 EStG. Entscheidend sei nämlich, ob ein Steuerpflichtiger seine Krankenversicherungsbeiträge vollständig oder nur teilweise alleine zu tragen habe. Da der Arbeitgeber des Klägers Sozialversicherungsbeiträge an die Krankenkasse entrichtet habe, könne nur der verminderte Höchstbetrag von 1.500 € berücksichtigt werden. Dieser komme jedoch auf Grund der Günstigerprüfung nicht zur Anwendung.


    Der vorgelagerte beschränkte Abzug der Vorsorgeaufwendungen führe nicht zu einer Verfassungswidrigkeit, weil die bis zum Jahr 2024 beschränkte Abziehbarkeit der Vorsorgeaufwendungen integraler Bestandteil der Übergangsregelung sei, die das Bundesverfassungsgericht als verfassungsrechtlich unbedenklich akzeptiert habe. Ebenso beruhe die Gestaltung des Sonderausgabenabzugs nach Auffassung des Bundesfinanzhofs in seiner Entscheidung vom 01.02.2006 X B 166/05, auf einem sachgerechten Grund und verstoße deshalb nicht gegen Art. 3 GG.


    Auch die unterschiedliche Höhe der abzugsfähigen Sonderausgaben zwischen verschiedenen Personengruppen sei nicht zu beanstanden. Auch in der Vergangenheit sei dem Personenkreis, der ausschließlich selbst für seine Altersversorgung aufgekommen sei, ein höherer Sonderausgabenabzug zugelassen worden.


    Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und durch den Berichterstatter erklärt (§ 90 Abs. 2 FGO).


     

    Gründe

    Die Klage ist unbegründet.


    Die Ermittlung der abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen nach der Rechtslage 2004 im Rahmen der Günstigerprüfung gemäß § 10 Abs. 4a EStG ist nicht zu beanstanden.


    Gemäß § 10 Abs. 4a EStG sind Vorsorgeaufwendungen nach Abs. 1 Nr. 2 und 3 mit den zum Abzug zugelassenen Beträgen der Vorsorgeaufwendungen i.S.v. § 10 Abs. 3 EStG in der für das Kalenderjahr 2004 geltenden Fassung anzuwenden, wenn dies günstiger ist als ein Abzug nach § 10 Abs. 3 und 4 EStG i.d.F. des AltEinkG.


    Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 EStG sind Vorsorgeaufwendungen nach Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG bis zu 20.000 € zu berücksichtigen. Der Höchstbetrag nach Satz 1 ist bei Steuerpflichtigen, die zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 und 2 EStG gehören oder Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 4 EStG erzielen oder die ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistungen einen Anspruch auf Altersversorgung erwerben, um den Betrag zu kürzen, der, bezogen auf die Einnahmen aus Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zum genannten Personenkreis begründen, dem Gesamtbetrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Anteil) zur allgemeinen Rentenversicherung entspricht (§ 10 Abs. 3 Satz 3 EStG). Im Kalenderjahr 2005 sind 60 v.H. der nach den Sätzen 1 bis 3 ermittelten Vorsorgeaufwendungen anzusetzen. Der sich danach ergebende Betrag, vermindert um den nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien Arbeitgeber-Anteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss des Arbeitgebers, ist als Sonderausgabe abziehbar (§ 10 Abs. 3 Sätze 4 und 5 EStG).


    Gemäß § 10 Abs. 4 EStG können Vorsorgeaufwendungen i.S.d. Abs. 1 Nr. 3 je Kalenderjahr bis 2.400 € abgezogen werden. Der Höchstbetrag beträgt 1.500 € bei Steuerpflichtigen, die ganz oder teilweise ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung oder Übernahme von Krankheitskosten haben oder für deren Krankenversicherung Leistungen i.S.d. § 3 Nr. 62 oder § 3 Nr. 14 EStG erbracht werden.


    Ausgehend von diesen Grundsätzen errechnet sich der Sonderausgabenabzug des Klägers im Streitjahr 2005 wie folgt:







    Vorsorgeaufwendungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG    


       


    Arbeitnehmer-Anteil zur gesetzlichen Rentenversicherung (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, Satz 2 EStG)    


    1.662 €    


    Arbeitgeber-Anteil zur gesetzlichen Rentenversicherung (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG)    


    1.662 €    


       


    Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG    


    3.324 €    


    60 v.H. (§ 10 Abs. 3 Satz 4 EStG)    


    1.994 €    


    abzüglich Arbeitgeberanteil (§ 10 Abs. 3 Satz 5 EStG)    


    1.662 €    


    Sonderausgabenhöchstbetrag    


    332 €    


       


    Vorsorgeaufwendungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG    


       


    Sozialversicherungsbeiträge    


    2.355 €    


    Beiträge zur Haftpflicht- und Unfallversicherung    


    254 €    


    Beiträge zur Rentenversicherung (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b cc, Satz 2 EStG) (2.027 € x 88%)    


    1.784 €    


    Vorsorgeaufwendungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a u. b    


    4.393 €    


    Sonderausgabenhöchstbetrag (§ 10 Abs. 4 Satz 2 EStG)    


    1.500 €    


    Summe der abziehbaren Sonderausgaben    


    1.832 €    

     

     

    Im Rahmen der Günstigerprüfung berücksichtigte das Finanzamt zutreffend die abziehbaren Sonderausgaben nach § 10 Abs. 3 EStG in der für das Kalenderjahr 2004 geltenden Fassung von 2.343 €.

    Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers gegen diese Ermittlung der Sonderausgaben nach § 10 Abs. 3 und 4 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung greifen nicht durch.


    a) Art. 3 Abs. 1 GG verbietet die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem und die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem (BVerfG-Entscheidungen vom 24.04.1991 1 BvR 1341/90 BVerfGE 84, 133, 157 f.; vom 15.07.1998 1 BvR 1554/89 u.a. BVerfGE 98, 365, 385). Art. 3 Abs. 1 GG ist jedenfalls dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender und sonst einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (BVerfG-Urteil vom 06.03.2002 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73, BStBl 2002 II S. 618). Verletzt der Gesetzgeber das allgemeine Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung steuerlicher Grundentscheidungen (BVerfG-Beschlüsse vom 30.09.1998 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88, 95, und vom 11.11.1998 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280, 295, BStBl 1999 II S. 502), dann indiziert dies einen solchen Verstoß. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes.


    Der Gesetzgeber hat bei der Auswahl des Steuergegenstandes und der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Gestaltungsspielraum. Nach Regelung derselben aber hat er die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umzusetzen (BVerfG-Beschlüsse vom 22.06.1995 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121; in BVerfGE 99, 88).


    b) Im Falle der Berücksichtigung der Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben ist für eine Gesamtbetrachtung der steuerlichen Freistellung die Einbeziehung des steuerfreien Arbeitgeber-Anteils erforderlich ( BVerfG-Beschluss vom 16.07.1985 1 BvL 5/80 , 1 BvR 1023, 1052/83 und 1227/84, BVerfGE 69, 272, 307, und BVerfG-Urteil in BStBl 2002 II S. 618, 638 f.). Die Steuerfreiheit des Arbeitgeber-Anteils wird dessen Abziehbarkeit gleich gestellt (vgl. BMF-Schriftenreihe Heft 62, 1997, S. 16). Diese Beurteilung entspricht der Regelung in § 10 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 4 Satz 2 EStG n.F. Das Urteil des VI. Senats des BFH vom 06.06.2002 VI R 178/97, BStBl 2003 II S. 34, wonach die Arbeitgeber-Anteile zur Sozialversicherung eines Arbeitnehmers nicht zum Arbeitslohn gehören, ist insoweit nicht einschlägig (vgl. auch BVerfG-Urteil vom 21. Juli 1998 1 BvL 32/95 , 1 BvR 2105/95, BVerfGE 100, 1, 35; BFH-Urteil vom 11.12.2002 XI R 17/00, BStBl 2003 II S. 650, 652 f.).


    c) Ausgehend von diesen Grundsätzen folgt der erkennende Richter der Auffassung des Bundesfinanzhofs zu der Regelung des § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG i.d.F. des Alt-EinkG. Danach beruht diese Regelung auf einem sachgerechten Grund und verstößt daher nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG (BFH-Beschluss vom 01 .02.2006 B 166/05, BStBl 2006 II S. 420). Der Gesetzgeber will im Jahr 2005 geleistete Aufwendungen im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit 60 v.H. von der Besteuerung freistellen. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG ist den vom Steuerpflichtigen geleisteten Vorsorgeaufwendungen i.S.v. Satz 1 dieser Vorschrift u.a. der von seinem Arbeitgeber geleistete Anteil zur gesetzlichen Rentenversicherung hinzuzurechnen. Dieser Gesamtbetrag wirkt sich im Jahr 2005 nur mit 60 v.H. aus (§ 10 Abs. 3 Satz 4 EStG). Der sich hierbei ergebende Betrag ist gemäß § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG um 100 v.H. dieses Arbeitgeber-Anteils zu kürzen. Nur die Differenz ist als Sonderausgabe abziehbar.


    Da der Arbeitgeber-Anteil bereits auf Grund von § 3 Nr. 62 EStG nicht der Besteuerung unterliegt, ist es gerechtfertigt, den Sonderausgabenabzug um diesen Betrag zu kürzen. Hierdurch wird gewährleistet, dass zwei Steuerpflichtige, bei denen jeweils solche Vorsorgeaufwendungen in Höhe des gesetzlichen Höchstbetrages von 20.000 € angefallen sind, von denen jedoch nur einer einen solchen steuerfreien Arbeitgeber-Anteil erhalten hat, steuerlich in gleichem Umfang freigestellt werden. Der Steuerpflichtige, der selbst den Gesamtbetrag zur Rentenversicherung und/oder zu anderen Altersvorsorgeaufwendungen i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG leistet, kann im Jahr 2005 60 v. H. der Aufwendungen, also 12.000 € als Sonderausgaben abziehen. Der andere Steuerpflichtige, dessen Vorsorgeaufwendungen sich aus eigenen Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung, Vorsorgeaufwendungen i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG und aus dem anzusetzenden Arbeitgeber-Anteil von beispielsweise 2.000 € zusammensetzen, erhält eine Steuerfreistellung über § 3 Nr. 62 EStG von 2.000 €. Umgekehrt kann er als Sonderausgaben 60 v.H. von 20.000 € = 12.000 € abzüglich 2.000 € Arbeitgeber-Anteil geltend machen. Die steuerliche Freistellung beider Steuerpflichtiger ist daher im Ergebnis gleich.


    Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Steuerfreistellung des Arbeitgeber-Anteils zum Gesamtversicherungsbeitrag im Ergebnis dem Abzug dieser Beträge als Sonderausgaben gleichsteht. Durch die Minderung der abziehbaren Sonderausgaben um den steuerfreien Arbeitgeber-Anteil zur gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG wird dessen Erfassung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG, soweit dieser die Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 62 EStG erfüllt, wieder korrigiert, so dass sich der steuerfreie Arbeitgeber-Anteil in vollem Umfang wie abziehbare Sonderausgaben auswirkt.


    Dies schließt eine anteilige Kürzung der abziehbaren Sonderausgaben im Rahmen des § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG aus. Denn dies führte in Höhe des ungekürzten Betrags zu einer doppelten Begünstigung des Arbeitgeber-Anteils zur gesetzlichen Rentenversicherung in Form der Steuerfreiheit und eines Sonderausgabenabzugs. Die vom Kläger begehrte anteilige Kürzung der Sonderausgaben um 60 v.H. des Arbeitgeber-Anteils zur gesetzlichen Rentenversicherung ist deshalb systemwidrig und auch nicht gerechtfertigt.


    d) Ebenso beruht die Begrenzung des Höchstbetrags für Vorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 auf 1.500 € gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 EStG auf einem sachlichen Grund. Der ermäßigte Höchstbetrag findet bei Steuerpflichtigen Anwendung, die ganz oder teilweise ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung oder Übernahme von Krankheitskosten haben oder für deren Krankenversicherung Leistungen i.S.d. § 3 Nr. 62 EStG oder § 3 Nr. 14 EStG erbracht werden. Danach sind die Vorsorgeaufwendungen von Steuerpflichtigen, die u.a. die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht in voller Höhe selbst tragen, höchstens mit 1.500 € abziehbar. Dagegen können gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 EStG Steuerpflichtige, die für die Vorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG selbst aufzukommen haben, Aufwendungen bis 2.400 € berücksichtigen. Der zusätzliche Höchstbetrag bietet nach seiner Zweckbestimmung einen Ausgleich dafür, dass bei Arbeitnehmern der Arbeitgeber-Anteil, der auch Beiträge des Arbeitgebers zur Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung umfasst, steuerfrei bleibt, während der selbständig Tätige seine Beiträge zur Altersvorsorge in voller Höhe selbst aufbringen muss.


    Das Bundesverfassungsgericht hat zu der bisherigen Regelung des Vorwegabzugs und seiner Kürzung festgestellt, der Gesetzgeber wolle mit dieser Regelung „- verfassungsrechtlich unbedenklich - einen Ausgleich zwischen Selbständigen und versicherungspflichtigen Arbeitnehmern schaffen und bei Selbständigen einen erhöhten Vorsorgebedarf berücksichtigen, weil diese Gruppe von Steuerpflichtigen sich eine Altersversorgung selbst aufbauen muss, während versicherungspflichtige Arbeitnehmer nur die sog. Arbeitnehmer-Anteile zu tragen haben und die Arbeitgeber-Anteile ohne Zurechnung zum Arbeitslohn und ohne Anrechnung auf den Grundhöchstbetrag des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber in aller Regel als Betriebsausgaben abziehbar und deshalb nicht mit Steuern vom Einkommen belastet sind” (vgl. BVerfG-Beschluss vom 28.12.1984 1 BvR 1472/83 , 1473/84, HFR 1985, 337; siehe auch BFH-Urteil in BStBl 2003 II S. 650, 653).


    Danach ist auch die Höchstbetragsregelung des § 10 Abs. 4 EStG für den Abzug von Vorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.


    Entgegen der Auffassung des Klägers führen die Höchstbetragsregelungen nach § 10 Abs. 3 und 4 EStG nicht zu einer betragsmäßigen Benachteiligung von Arbeitnehmern.


    a) Die vom Kläger angestellte Vergleichsberechnung zwischen Angestellten und Einzelunternehmer lässt bezogen auf die Höhe der erworbenen Versorgungsansprüche die verschiedenen tatsächlichen finanziellen Belastungen dieser Personengruppen unberücksichtigt und ist deshalb nicht aussagekräftig.


    Ausgehend von einem Brutto-Arbeitslohn eines Arbeitnehmers und einem Gewinn eines Gewerbetreibenden von jeweils 24.500 € leisten beide Aufwendungen zur Rentenversicherung von 2.389 €, zur Kranken- und Pflegeversicherung von 2.659 € und sonstige Rentenversicherungen von 600 €.


    Der Kläger kommt danach anhand folgender Berechnung zu einer verfassungsrechtlich bedenklichen Besserstellung des Unternehmers:










       


       


    Angestellter    


       


    Unternehmer    


    Brutto-Arbeitslohn/Gewinn    


    24.500 €    


       


       


    24.500 €    


    - Werbungskosten-Pauschbetrag    


    - 920 €    


       


       


       


       


    Summe der Einkünfte    


       


    23.580 €    


       


    24.500 €    


    Vorsorgeaufwendungen § 10 III EStG    


       


       


       


       


    Arbeitnehmeranteil Rentenversicherung.    


    2.389 €    


       


    2.389 €    


       


    Arbeitgeberanteil Rentenversicherung    


    2.389 €    


       


       


       


       


    Summe Vorsorgeaufw. (§ 10 I Nr. 2 S. 2 EStG)    


    4.778 €    


       


       


       


    davon 60 %    


    2.867 €    


       


    1.434 €    


       


    abzügl. Arbeitgeberanteil    


    2.389 €    


       


       


       


       


    abziehbar Sonderausgaben    


       


    478 €    


       


    1.434 €    

     

     





       


       


    Angestellter    


       


    Unternehmer    


    Vorsorgeaufwendungen § 10 IV EStG    


       


       


       


       


    Arbeitnehmer-Anteil/Beiträge Krankenvers.    


    2.659 €    


       


    2.659 €    


       


    Beiträge sonstige Rentenversicherungen    


    600 €    


       


    600 €    


       


    Summe Vorsorgeaufw. (§ 10 I Nr. 3 EStG)    


    3.259 €    


       


    3.259 €    


       


    Höchstbetrag    


       


    1.500 €    


       


    2.400 €    


    Sonderausgaben-Pauschbetrag    


       


    36 €    


       


    36 €    


    zu versteuerndes Einkommen    


       


    21.566 €    


       


    20.630 €    



    Diese Berechnung der abziehbaren Sonderausgaben geht von einer gleichen finanziellen Belastung beider Personengruppen aus und unterstellt, dass da durch dieselben Versorgungsansprüche erworben werden. Dies ist jedoch nicht der Fall. Wie bereits ausgeführt, erwirbt der Arbeitnehmer über die vom Arbeitgeber zu erbringenden Sozialversicherungsbeiträge, die dem Arbeitnehmer steuerfrei zufließen, weitere Versorgungsansprüche, die in der Vergleichsberechnung unberücksichtigt bleiben. Um eine mit einem Arbeitnehmer annähernd vergleichbare Versorgungslage zu erreichen, müsste der Unternehmer zusätzliche Beiträge zur Rentenversicherung und Kranken- bzw. Pflegeversicherung von ca. 2.389 € bzw. 2.659 € erbringen. Dies würde zwar zu einer Erhöhung der Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG um 1.434 € auf 2.868 € führen. Weitere Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG wären jedoch nicht mehr als Sonderausgaben abziehbar, weil der Höchstbetrag nach § 10 Abs. 4 Satz 1 EStG bereits ausgeschöpft ist. Die abziehbaren Sonderausgaben des Unternehmers beliefen sich danach auf insgesamt 5.304 €. Dem stehen auf der Arbeitnehmerseite tatsächlich abziehbaren Sonderausgaben von 2.014 € sowie die ungekürzten steuerfreien Arbeitgeber-Anteile zur gesetzlichen Rentenversicherung und Krankenversicherung von insgesamt 5.048 € (2.389 € und 2.659 €) gegenüber. Um eine annähernd vergleichbare Versorgungslage zu erreichen, würden danach bei Nichtarbeitnehmern Aufwendungen von 5.304 € und bei Arbeitnehmern Aufwendungen von 7.062 € steuerlich begünstigt.

    Unter Berücksichtigung dieser Umstände führt die Gestaltung der Sonderausgabenhöchstbeträge nicht zu einer auffälligen ungerechtfertigten Benachteiligung der Arbeitnehmer.


    b) Soweit der Kläger zudem auf eine Verfassungswidrigkeit der Sonderausgabenregelung bei den Arbeitnehmern hinweist, ist dies nicht nachvollziehbar.


    Zunächst ist hierzu anzumerken, dass es sich bei der Regelung über die Berücksichtigung von abziehbaren Sonderausgaben nach § 10 Abs. 3 und 4 EStG um ein pauschales und typisierendes Verfahren handelt, das auf der unterschiedlichen steuerlichen Freistellung von Vorsorgeaufwendungen beruht und dem Leistungsfähigkeitsprinzip gerecht zu werden versucht (vgl. z.B. BFH-Urteil in BStBl 2003 II S. 650). Dies bedingt u.a. ein Verfahren, das einem Arbeitnehmer mit einem höheren Einkommen und dadurch bedingten höheren Vorsorgeaufwendungen in einem angemessenen Rahmen den Abzug höherer Sonderausgaben zubilligt. Dies folgt bereits aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 GG, der auch dann verletzt ist, wenn eine Gruppe von Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG-Urteil in BStBl 2002 II S. 618). In seiner Ausprägung als „horizontale Steuergleichheit” gebietet er, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit gleich hoch zu besteuern. Auch Bezieher höherer Einkommen müssen je nach ihrer Leistungsfähigkeit im Vergleich zu Beziehern gleich hoher Einkommen gleich besteuert werden ( BVerfG-Beschluss vom 10.10.1998 2 BvL 42/93 , BVerfGE 99, 246, 260). Entsprechend sind Bezieher unterschiedlicher Einkommen unterschiedlich zu besteuern.


    Dem wird die Regelung des § 10 Abs. 3 EStG dadurch gerecht, dass in dem vom Kläger angeführten Beispielsfall ein Angestellter mit einem Brutto-Arbeitslohn von 40.000 € zu dem mit einem Brutto-Arbeitslohn von 20.000 € bei den Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG anstelle eines Betrags von 390 € einen von 780 € abziehen kann. Dies entspricht in beiden Fällen 20 v.H. der Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG.


    c) Auch soweit der Kläger in der sog. Günstigerprüfung des § 10 Abs. 4a EStG eine Grundrechtsverletzung sieht, vermag ihm der erkennende Richter nicht zu folgen.


    Wie bereits ausgeführt, sind die Sonderausgaben im Rahmen einer sog. Günstigerprüfung dann nach der im Kalenderjahr 2004 geltenden Fassung des § 10 Abs. 3 EStG zu berechnen, wenn dies günstiger ist als der Abzug nach § 10 Abs. 3 und 4 EStG i.d.F. des AltEinkG. Hierdurch will der Gesetzgeber gewährleisten, dass Arbeitnehmer mit kleinem Einkommen, die nach der bisherigen Rechtslage in der Lage waren, ihre Sozialversicherungsbeiträge in vollem Umfang als Sonderausgaben geltend zu machen, weil diese die damaligen gesetzlichen Höchstbeträge nicht überstiegen haben, sich durch die Neuregelung nicht steuerlich verschlechtern (vgl. BTDrucks 15/2150, S. 35; BFH-Urteil in BStBl 2020 II6, 420, 423). Danach ist in jedem Fall, in dem die alte Rechtslage günstiger ist, diese anzuwenden. In Bezug auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG liegt dann eine Grundrechtsverletzung vor, wenn diese Regelung nicht angewendet wird, obwohl die Voraussetzungen hierfür vorliegen.


    In den vom Kläger gebildeten Beispielen, in denen in einem Fall gemäß § 10 Abs. 4a EStG die bisherige Regelung zur Anwendung kommt, im anderen dagegen nicht, liegt auf Grund der unterschiedlichen Sachverhaltsgestaltungen keine Ungleichbehandlung. Beurteilungsmaßstab ist insoweit die konsequente Anwendung des § 10 Abs. 4a EStG, nicht dagegen die steuerlichen Auswirkungen dieser Regelung auf die verschiedenen Personengruppen.


    Gegen die bis zum Jahr 2019 befristete Anwendung der bisherigen Regelung des § 10 Abs. 3 EStG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie dient der Umsetzung der dem Gesetzgeber vom Bundesverfassungsgericht aufgegebenen Neureglung der Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen (vgl. BFH-Beschluss in BStBl 2006 II S. 420, 423 f.).


    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.


     

    VorschriftenEStG § 10 Abs. 3; EStG § 10 Abs. 4