Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 02.11.2010

    Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 12.12.2005 – 5 K 2155/02

    - Die vom Unternehmen für betriebliche Zwecke angemieteten Räumlichkeiten sind, auch wenn einzelne Räume zum Teil privat genutzt werden, als notwendiges Betriebsvermögen zu aktivieren.


    - Die private Mitbenutzung ist als Nutzungsentnahme gemäß §§ 5 Abs. 6, 4 Abs. 1 S. 2 EStG gewinnerhöhend zu berücksichtigen.


    - Die Bewertung der Nutzungsentnahme erfolgt anhand der Selbstkosten, die anteilig nach den Gesamtkosten des Wirtschaftsgutes im Verhältnis der privaten zur betrieblichen Nutzung zu ermitteln sind.


    Tatbestand

    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei der Zusammenveranlagung der Kläger zu 1. und 2. zur Einkommensteuer 1995 der erklärte Verlust aus Gewerbetrieb von ./. 30.146,-- DM um 15.438,-- DM zu kürzen ist, weil die gewerbliche Vermietung des Dachgeschossraums im Einfamilienhaus der Kläger und damit die anteilig geltend gemachten Betriebsausgaben nicht anzuerkennen sind. Weiter ist streitig, ob im Rahmen der Klage des Klägers zu 1. (Umsatzsteuer 1995) wegen der Nichtanerkennung der gewerblichen Vermietung eine Vorsteuerkorrektur nach § 15a Umsatzsteuergesetz vorzunehmen ist.

    Der Kläger betrieb bis zum 1.3.1992 einen Handel mit Preisauszeichnungsgeräten als Einzelunternehmer. In 1991 hatte der Kläger in B, Str. 1, ein Grundstück erworben und mit einem Wohnhaus mit Einliegerwohnung bebaut, das Anfang 1993 fertig gestellt wurde. Zum 1.3.1992 beschränkte sich die Tätigkeit des Einzelunternehmens auf die Vermietung von Räumlichkeiten dieses Hauses (insbesondere des hier streitigen Dachgeschossraums) an die neu gegründete „X-GmbH”, deren einziger Gesellschafter der Kläger war. Die GmbH führte das ursprüngliche Geschäft des Einzelunternehmens fort, während letzteres im Rahmen der begründeten Betriebsaufspaltung als Besitzunternehmen fungierte (s. Tz. 8 des Betriebsprüfungsberichtes vom 7.7.2000).

    In der Zeit vom 14.9.1994 bis zum 21.9.1994 fand bei dem Kläger im Haus „Str. 1, B” eine Außenprüfung statt, die den Prüfungszeitraum 1990 – 1992 betraf. Auf Bl. 44 des Fallheftes der Außenprüferin (s. Fotokopie Bl. 128 der Gerichtsakte) ist vermerkt, dass der Raum im Dachgeschoss nur auf einer Eckfläche von 18-20 qm betrieblich genutzt werde, weil hier Büromöbel aufgestellt seien. Im übrigen Raum habe sich ein Bücherregal mit betriebsfremden Büchern, ein Sofa, ein Fernseher sowie eine „Carrera-Bahn” befunden.

    Der Kläger ermittelte im Streitjahr 1995 den Gewinn/Verlust seines in „X-Verwaltung” umbenannten Einzelunternehmens durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz. In den Erläuterungen zur Bilanz/Gewinn- und Verlustrechnung zum 31.12.1993 ist angeführt, das Gebäude „Str. 1, B” werde zu 47,2 v.H. betrieblich genutzt, die übrigen Gebäudeteile würden privat genutzt und auch anderweitig vermietet. Der betriebliche Teil sei aktiviert worden, die Absetzung für Abnutzung (AfA) sei mit 4 v.H. (14.404,70 DM) berücksichtigt worden.

    In der Bilanz zum 31.12.1995 ermittelte der Kläger einen Verlust aus Gewerbebetrieb i.H.v. 30.145,82 DM, wobei neben anderen Hauskosten eine AfA auf Gebäude von 15.039,96 DM angesetzt wurde. Die Erlöse aus gewerblichen Mieten wurden mit 24.000,-- DM beziffert. Der Verlust wurde gegenüber dem Finanzamt in der Einkommensteuererklärung 1995 (Eingang am 24.3.1997) erklärt, das dann mit Bescheid vom 15.7.1997 entsprechend veranlagte.

    In der Zeit vom 14.3. – 16.3.2000 fand eine Außenprüfung des Einzelunternehmens des Klägers statt, die den Prüfungszeitraum 1996 bis 1998 betraf. Tz. 8 des Außenprüfungsberichts vom 7.7.2000 enthält die Feststellung, dass zwischen dem geprüften Einzelunternehmen und der x-GmbH wegen sachlicher und personeller Verflechtung eine Betriebsaufspaltung bestehe. Das Einzelunternehmen verpachte die betrieblich genutzten Gebäudeteile an die GmbH. Umsatzsteuerlich liege eine Organschaft vor. Die GmbH-Anteile des Klägers wurden entsprechend bilanzberichtigend als notwendiges Betriebsvermögen mit den Anschaffungskosten von nominell 50.000,-- DM aktiviert (Tz. 25 des Außenprüfungsberichtes).

    In Tz. 22 des Außenprüfungsberichts wurde angeführt, im Dachgeschoss sei eine Fläche von 78,2 qm nicht dem Betriebsvermögen zuzuordnen, weil diese nicht ausschließlich betrieblich, sondern auch privat genutzt werde. Es sei anlässlich der Prüfung nämlich nach Besichtigung der Räumlichkeiten festgestellt worden, dass der Dachgeschossraum Bücherregale mit privater Literatur, eine Tischtennisplatte, Musikinstrumente, ein Bett und sonstige private Möbelstücke enthalten habe. Die im hinteren Teil des Dachgeschosses aufgestellten Büromöbel mit Computer und Kopierer ließen zwar auch den Schluss auf eine betriebliche Nutzung zu, aber eben nicht ausschließlich.

    In der Anlage 3 zum Außenprüfungsbericht berechnete der Prüfer in Bezug auf das gesamte Wohnhaus eine Wohn- und Nutzfläche von 483,50 qm. Die betrieblich genutzte Fläche im Untergeschoss und Erdgeschoss des Wohnhauses wurde mit 150,2 qm anerkannt. Bezüglich des Dachgeschosses wurde eine Fläche von 78,2 qm wegen nicht unerheblicher privater Mitbenutzung durch die Familie des Klägers nicht als betrieblich angesehen. Auf Grund der Flächenkürzung ergab sich eine betriebliche Nutzung des gesamten Wohnhauses nur noch i.H.v. 31,7 % (nach Auffassung der Kläger: 47,2 %), was zu einer Kürzung der geltend gemachten Betriebsausgaben (Hauskosten) für die Jahre 1996 – 1998 führe. Die Vorsteuer auf die Hauskosten sei gemäß § 15a Umsatzsteuergesetz (UStG) zu berichtigen (Tz. 18 des Außenprüfungsberichtes).

    Für das nicht geprüfte Jahr 1995 erstellte die Außenprüfung einen „grünen Aktenvermerk”, wonach die Feststellungen auch bei der Veranlagung des Jahrs 1995 zu berücksichtigen seien. Die Betriebsausgaben seien hier um ./. 15.438,21 DM zu kürzen, die Vorsteuer um ./. 1.365,64 DM. Mit Einkommensteueränderungsbescheid vom 6.9.2000 und mit Umsatzsteueränderungsbescheid 1995 vom 26.7.2000 setzte das Finanzamt den Aktenvermerk der Außenprüfung um.

    Die anschließend erhobenen Einsprüche vom 28.8.2000 (Umsatzsteuer) und vom 25.9.2000 (Einkommensteuer) wurden damit begründet, dass eine Fläche von 78,2 qm des Dachgeschosses jedenfalls ausschließlich betrieblich genutzt worden sei. Es werde bestritten, dass hier private Gegenstände abgestellt worden seien. Diese hätten sich vielmehr im (nicht durch eine Wand abgetrennten) Abstellraum befunden. Auf den Lageplan (Bl. 190 der ESt-Akte) werde hingewiesen.

    Der Außenprüfer nahm unter dem 12.10.2000 (Bl. 191 ff. der ESt-Akte) dahingehend Stellung, es sei einvernehmlich aus Vereinfachungsgründen geregelt worden, die Rechtsfolgen der umsatzsteuerlichen Organschaft erst ab dem 1.1.1999 eintreten zu lassen. Bezüglich des Dachgeschosses habe die Außenprüfung festgestellt, „dass dieses vom Einzelunternehmen nicht an die GmbH vermietet worden sei”. Diese Auffassung sei vom Kläger und seinem Steuerberater „mitgetragen” worden. Gehe man aber von einer Vermietung sämtlicher Räumlichkeiten aus, so „sei vom Finanzamt für Körperschaften zu prüfen, ob nicht eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliege”.

    Im weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens legte der Kläger noch eine Bescheinigung der Stadt B vor, wonach diese anlässlich des Grundstückskaufvertrages zur Auflage gemacht habe, dass das Wohngebäude „Str. 1” zu 50 % gewerblich genutzt werde. Des Weiteren wurden einige Einladungen und Besucherlisten aus dem Jahr 2000 vorgelegt (Bl. 203 ff. der ESt-Akte), aus denen hervorgeht, dass der Kläger Vorführungsveranstaltungen für Thermodrucker durchgeführt hatte.

    Mit Entscheidungen jeweils vom 4.6.2002 (Absendung: 7.6.2002) wies das Finanzamt die Einsprüche als unbegründet zurück. Hierbei wurde die Auffassung vertreten, der Raum im Dachgeschoss sei mit 78,2 qm dem privaten Bereich zuzuordnen, weil er räumlich nicht unterteilt gewesen sei, er der Aufbewahrung privater Gegenstände gedient habe und damit eine ausschließlich betriebliche Nutzung zu verneinen sei. Aus diesem Grund sei auch eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs.1 Umsatzsteuergesetz vorzunehmen. Auf die Einspruchsentscheidung (Bl. 218 ff. der ESt-Akte, USt-Akte a.E.) wird verwiesen.

    Mit der nunmehr erhobenen Klage wird weiter die Auffassung vertreten, im Obergeschoss des Gebäudes habe sich ein ausschließlich betrieblich genutzter Raum von 78,2 qm befunden. Auf die Erstellung von Zwischenwänden, wie in der Bauzeichnung ersichtlich, sei mit Rücksicht darauf verzichtet worden, dass der Kläger für seine betrieblichen Vorführungen immer wieder einen größeren Raumbedarf gehabt habe. Das Finanzamt könne nicht auf für das häusliche Arbeitszimmer geltende Regelungen abstellen. Vielmehr bestehe zwischen den im Dachgeschoss genutzten Räumlichkeiten ein untrennbarer betrieblicher Zusammenhang zu den übrigen Geschäftsräumen im Untergeschoss und im Erdgeschoss. Der Kläger habe die Räumlichkeiten auch dem Betriebsvermögen des Einzelunternehmens zugeordnet. Ihm könne schließlich nicht unterstellt werden, er habe die Auflage der Stadt B bezüglich einer 50%-igen gewerblichen Nutzung des Gebäudes bewusst unterlaufen wollen. Der Klageschrift waren zwei eidesstattliche Versicherungen in Fotokopie beigefügt, wonach Geschäftsfreunde des Klägers an betrieblichen Veranstaltungen im Dachgeschoss des Hauses teilgenommen hätten (Bl. 27, 28 der Gerichtsakte).

    In der am 10.3.2003 durchgeführten mündlichen Verhandlung (die Sache wurde anschließend vertagt) stellte der Prozessbevollmächtigte der Kläger klar, es werde nicht nur der auf Bl. 190 der Einkommensteuerakten grün eingezeichnete Teil des Raumes, genannt „Studio”, betrieblich genutzt, sondern der gesamte rot und grün gezeichnete Bereich, jedoch abzüglich des als „Abstellraum” eingetragenen Teils. Auf das entsprechende Sitzungsprotokoll wird verwiesen.

    Auf Anforderung des Gerichts legten die Kläger den Mitvertrag vom 1.3.1993 in Fotokopie vor. Hiernach vermietete das Einzelunternehmen an die X-GmbH „Büro-, Lager-, Verkaufs-, Werkstatträume” nach Maßgabe des vertraglich einbezogenen Lageplans. Dieser Plan weist im Dachgeschoss im Wesentlichen die vom Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vom 10.3.2003 bezeichneten Flächen als „Buchhaltung” und „Buchhaltung, Archiv” aus. Nach der weiter anliegenden Flächenberechnung sind im Dachgeschoss 24,15 qm Flur, 34,55 qm Archiv und 35,5 qm Buchhaltung (insgesamt: 94,2 qm) vermietet. Auf Bl. 66 – 72 der Gerichtsakte wird Bezug genommen.

    Mit Schriftsatz vom 1.10.2003 legten die Prozessbevollmächtigten der Kläger weitere 14 eidesstattliche Versicherungen in Fotokopie vor, wonach Geschäftspartner bestätigten, in 1995 an betrieblichen Vorführungen im Dachgeschoss des Hauses teilgenommen zu haben. Auf die Schriftstücke wird verwiesen (Bl. 84 – 101 der Gerichtsakte). Abschließend tragen die Kläger vor, das Finanzamt erwecke den Anschein, das Dachgeschoss sei von der Familie des Klägers als „Hobbyraum” genutzt worden. Dies treffe nicht zu. Die Tischtennisplatte sei nur für die Betriebsprüfung aufgestellt worden, um eine Ablagemöglichkeit zu schaffen. Weitere private Gegenstände, die das Finanzamt anführe, seien außerhalb der betrieblich genutzten Fläche aufgestellt gewesen. Lediglich an der Wand zu den Privaträumen des Dachgeschosses hätten Regale mit beruflicher Literatur sowie einigen antiquarischen Büchern zur Raumverschönerung gestanden.

    Die Kläger beantragen,

    den Einkommensteuerbescheid 1995 vom 6.9.2000 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 4.6.2002 sowie den Umsatzsteuerbescheid vom 26.7.2000 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 4.6.2002 mit der Maßgabe zu ändern, dass bei der Einkommensteuer die Kürzung der Betriebsausgaben um 15.438,21 DM sowie bei der Umsatzsteuer die Vorsteuerkürzung von 1.365, 64 DM rückgängig gemacht werden.

    Das Finanzamt beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Es ist im Wesentlichen der Auffassung, das Dachgeschoss sei an die GmbH nicht vermietet worden. Im Mietvertrag seien die Dachgeschossräume nicht erwähnt worden. Würde man die Dachgeschossräume einbeziehen, so ergebe sich ein durchschnittlicher Quadratmeterpreis von 8,60 DM für die betrieblichen Räumlichkeiten, während die Einliegerwohnung für 15,60 DM incl. Nebenkosten vermietet worden sei. Das angemessene Verhältnis ergebe sich erst, wenn die Fläche des Obergeschosses nicht berücksichtigt werde. Es sei niemals angezweifelt worden, dass im Dachgeschoss gewerbliche Präsentationen stattgefunden hätten. Gleichwohl führe dies wegen der Aufbewahrung privater Möbel nicht zu einer ausschließlichen betrieblichen Nutzung. Auch der sogenannte Abstellraum sei nicht räumlich abgetrennt gewesen. Gemischt genutzte Wirtschaftsgüter könnten nur dann in Betriebsvermögen und Privatvermögen aufgeteilt werden, wenn ein eindeutiger und nicht nur vorübergehender Nutzungs- und Funktionszusammenhang bestehe. Eine betriebliche Mitbenutzung einzelner Räume reiche hier nicht aus.

    Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf die im Gerichtsverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.

    In der mündlichen Verhandlung machten die Beteiligten weitere Angaben zur Art der Nutzung des Dachgeschossraumes. Auf das Sitzungsprotokoll vom 12.12.2005 wird verwiesen.

    Dem Gericht lag zu Steuernummer … ein Bd. Einkommensteuerakten, ein Bd. Umsatzsteuerakten, ein Bd. Betriebsprüfungsberichte, ein Fallheft sowie ein Bilanzheft vor.

    Gründe

    1. Die Klage der Kläger zu 1. und 2. wegen Einkommensteuer 1995 ist teilweise begründet. Das Finanzamt hat zu Unrecht den Dachgeschossraum mit einer Fläche von 78,2 qm wegen nicht ausschließlich betrieblich veranlasster Nutzung bei der Berechnung der gewinnmindernden Hauskosten unberücksichtigt gelassen. Die Gewinnermittlung des Finanzamts ist nicht systemgerecht und der Höhe nach zu beanstanden.

    1.1. Die Außenprüfung stellte für das Streitjahr fest, dass der Kläger im Rahmen einer steuerlich anzuerkennenden Betriebsaufspaltung mit seinem Einzelunternehmen (Besitzunternehmen) Räumlichkeiten des in 1993 fertig gestellten Wohnhauses (im Untergeschoss, Erdgeschoss und Dachgeschoss) an die X-GmbH (Betriebsgesellschaft) gewerblich vermietete. Die Betriebsaufspaltung ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte geht auch der Senat von einer steuerlich anzuerkennenden Betriebsaufspaltung aus.

    Das Besitzunternehmen des Klägers ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG ist auch bei Gewerbetreibenden, die ohne gesetzliche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Als Rechtsfolge hiervon muss grundsätzlich dasjenige steuerrechtliche Betriebsvermögen angesetzt werden, das nach handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist (sog. Maßgeblichkeitsgrundsatz). Hierbei sind u.a. die steuerrechtlichen Vorschriften über die Bewertung zu befolgen (sog. Bewertungsvorbehalt des § 5 Abs. 6 EStG) sowie die Vorschriften über die Entnahmen (und Einlagen).

    Der Kläger zu 1. war damit bilanzsteuerrechtlich verpflichtet, alle am Bilanzstichtag vorhandenen Wirtschaftsgüter, die dem Betriebsvermögen des Besitzunternehmens zuzurechnen waren, zu aktivieren (Aktivierungsverbote – wie z.B. § 5 Abs. 2 EStG – greifen im Streitfall nicht ein).

    Insoweit hat der Kläger zutreffend einen Gebäudeanteil von 47,2 % aktiviert, der an die X-GmbH gewerblich vermietet wurde, und entsprechend betrieblich veranlassten Aufwand i.H.v. 45.175,67 DM (inklusive der AfA) in der Gewinn- und Verlustrechnung zum 31.12.1995 erfolgswirksam erfasst (s. grüner Aktenvermerk vom 7.7.2000). Die Flächenberechnung als solche (47,2 %) ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

    Wird ein Gebäude teils eigenbetrieblich, teils fremdbetrieblich, teils zu Wohnzwecken durch Vermietung oder durch Eigengebrauch genutzt, so sind die einzelnen Gebäudeteile als notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen oder als Privatvermögen gesondert zu behandeln. Da diese Gebäudeteile in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen stehen, kann ein Gebäude in bis zu vier unterschiedliche Wirtschaftsgüter aufgeteilt werden (BFH GrS 5/71 vom 26. November 1973, BStBl II 1974, 132, jedoch dahingehend eingeschränkt, dass sich die Entscheidung nicht mit der Bilanzierung von Wirtschaftsgütern befasst: BFH-Urteil vom 10. November 2004 XI R 31/03, BStBl II 2005, 334; Blümich/Schreiber, Kommentar zur Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, § 5 EStG Rz. 420 ff, und Schmidt/Weber-Grellet, Kommentar zum EStG, 24. Auflage 2005, § 5 Rz. 135, jeweils m.w.N.). Dient ein Gebäude mehreren der genannten Zwecke, so bildet jeweils die Gesamtheit aller in demselben Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehenden Gebäudeteile ein einheitliches Wirtschaftsgut.

    Im Hinblick auf diese Grundsätze stehen die von dem Besitzunternehmen an die Betriebsgesellschaft im Rahmen der Betriebsaufspaltung mit Vertrag vom 1.3.1993 vermieteten Räumlichkeiten des Untergeschosses, des Erdgeschosses sowie des Dachgeschosses (228,24 qm entsprechend dem der Vereinbarung beigefügten Lageplan sowie der beigefügten Flächenberechnung) in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang. Denn sie dienen dem Besitzunternehmen zur Erzielung der seinem Unternehmenszweck entsprechenden gewerblichen Mieteinkünfte. Alle in dem Mietvertrag bestimmten Flächen bilden so ein einheitliches Wirtschaftsgut, über dessen Zuordnung zum Betriebsvermögen des Besitzunternehmens zu entscheiden ist. Es kann entweder einheitlich dem Betriebsvermögen oder dem Privatvermögen zugerechnet werden. Dagegen ist es entgegen des Auffassung des Finanzamts unzulässig, in weiterer Unterteilung des Wirtschaftsguts isoliert auf die Art der Nutzung des Dachgeschossraumes abzustellen (Blümich/Schreiber a.a.O., Rz. 428, 436 m.w.N.).

    Die an die GmbH vermietete Gebäudefläche ist ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens. Ist das Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung – wie im Streitfall – ein Einzelunternehmen, so gehören alle Wirtschaftsgüter, die das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen zur Nutzung überlässt, grundsätzlich zum notwendigen Betriebsvermögen des Besitzunternehmens (ebenso – wie von der Außenprüfung zutreffend erkannt – die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft). Eine Ausnahme ist grundsätzlich nur dann zu machen, wenn ein Betriebsgrundstück (hier: „Wirtschaftsgut Gebäudeteile”) nicht Grundlage der erforderlichen sachlichen Verflechtung sein kann, weil es für das Betriebsunternehmen keine oder nur eine untergeordnete wirtschaftliche Bedeutung hat (BFH-Urteil vom 21. Juni 2001 III R 27/98, BStBl II 2002, 537, 542 unter 2.). Hiervon kann im Streitfall indes nicht die Rede sei, denn auch das Finanzamt streitet nicht ab, dass die Betriebsgesellschaft neben den nicht beanstandeten Räumlichkeiten im Untergeschoss und Erdgeschoss auch das Dachgeschoss durch die teilweise Einrichtung mit Büromöbeln sowie das Abhalten gewerblicher Verkaufsveranstaltungen gewerblich nutzte. Eine nur untergeordnete Bedeutung des einheitlichen Wirtschaftsguts für die Betriebsgesellschaft kann deshalb nicht angenommen werden.

    Die oben zitierte Rechtsprechung korrespondiert mit den vom BFH als Zurechnungskriterium der betrieblichen Veranlassung entwickelten allgemeinen Grundsätzen, wonach im betrieblichen Vermögensbereich zwischen notwendigem und gewillkürtem Betriebsvermögen unterschieden wird, dem das notwendige Privatvermögen gegenüber zu stellen ist. Notwendiges Betriebsvermögen liegt hiernach dann vor, wenn ein Wirtschaftsgut objektiv erkennbar zum unmittelbaren und endgültigen Einsatz im Betrieb bestimmt ist (s. Blümich/Wacker, Kommentar zur Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, § 4 EStG Rz. 158). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt, da die betreffenden Räumlichkeiten dem Zweck des Besitzunternehmens folgend ersichtlich an die GmbH als Betriebsgesellschaft vermietet wurden. Aus diesem Grund kommt weder gewillkürtes Betriebsvermögen (keine nur objektive Eignung zur Vermietung, sondern tatsächliche Vermietung) noch notwendiges Privatvermögen in Betracht (denn vollumfänglicher funktionaler Bezug zum Betrieb des Besitzunternehmens durch gewerbliche Vermietung: Blümich/Wacker a.a.O., § 4 EStG Rz. 163). Hier konnte der Senat nicht feststellen, was für eine Zuordnung zum notwendigen Privatvermögen erforderlich gewesen wäre, dass die Gebäudeflächen zwar auf dem Papier vermietet wurden, tatsächlich aber wegen ausschließlich privater Nutzung durch den Kläger und seine Familie ein funktionaler Bezug zum Betrieb des Besitzunternehmens zu verneinen war (dann auch keine sachliche Verflechtung im Rahmen der Betriebsaufspaltung). Vielmehr hat der Kläger ausreichend dargelegt, was vom Finanzamt auch nicht bestritten wird, dass selbst der Dachgeschossraum in nicht unerheblicher Weise seinem Zweck entsprechend von der Betriebsgesellschaft im Rahmen ihres Unternehmens gewerblich genutzt wurde (Büro, Verkaufspräsentationen).

    1.2. Ist die vermietete Gebäudefläche damit als Betriebsvermögen anzusehen, so war die vom Finanzamt beanstandete private Mitbenutzung der Dachgeschossfläche im Gegensatz zum Vorgehen des Finanzamts in systematischer Hinsicht als Nutzungsentnahme gemäß §§ 5 Abs. 6, 4 Abs. 1 Satz 2 EStG gewinnerhöhend zu berücksichtigen. Dem steht die gesetzgeberische Wertung des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG (Aufteilungs- und Abzugsverbot) nicht entgegen. Vielmehr folgt aus der möglichen Trennung der durch das betriebliche Wirtschaftsgut begründeten Aufwendungen in einen betrieblich und privat veranlassten Anteil (z.B. durch Anschreibung der Zeiten privater Nutzung) die Verpflichtung des Klägers zum Ansatz einer Nutzungsentnahme. Entsprechend war die Zuordnung der Gebäudeflächen zum notwendigen Privatvermögen nicht möglich, weil nach den obigen Ausführungen nicht (annähernd) sämtliche Nutzungen des Wirtschaftsguts vom Regelungsbereich des § 12 EStG erfasst wurden (s. Blümich/Wacker a.a.O., § 4 Rz. 158, 163).

    Auf Grund der Aktenlage sowie des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass das Wirtschaftsgut „vermietete Gebäudefläche” über die Dachgeschossfläche tatsächlich privat von der Familie des Klägers mitgenutzt wurde. Zum einen befand sich dort ein privater Saunaraum sowie ein privates Gästezimmer, beide Räumlichkeiten jeweils nur über die vermietete Fläche erreichbar. Die Sauna wurde nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung im Winter regelmäßig genutzt. Sowohl anlässlich der Außenprüfung in 1994 als auch anlässlich derjenigen des Jahres 2000 wurden private Gegenstände auf der vermieteten Dachgeschossfläche vorgefunden (Sofa, Fernseher, Bücherregal mit privaten Büchern in 1994; Liege, Tischtennisplatte, Bücherregal mit privaten Büchern, Musikinstrumente in 2000). Die Erklärungen des Klägers sowie seines Prozessbevollmächtigten, die Liege sei nur vorübergehend im Dachgeschoss abgestellt worden, um dann alsbald auf den Dachboden verbracht zu werden, die Musikinstrumente seien nur im nicht vermieteten Abstellbereich gelagert, es sei nicht musiziert worden, das Bücherregal mit privater Literatur habe der betrieblichen Verschönerung der vermieteten Fläche gedient, werden vom Senat als Schutzbehauptungen gewertet.

    Da der Kläger keine Aufzeichnungen über den Umfang der Privatnutzung führte, er auch sonst seiner Mitwirkungspflicht zum Beleg des privaten Nutzungsumfangs nicht nachkam, schätzt der Senat gemäß §§ 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), 162 der Abgabenordnung (AO) die private Nutzung der vermieteten Dachgeschossfläche griffweise auf 50 %.

    1.3. Hieraus folgt im Ergebnis eine geringere Gewinnerhöhung, als sie das Finanzamt berechnet hat. Die Bewertung von Nutzungsentnahmen ist in richterlicher Rechtsfortbildung anhand der Selbstkosten vorzunehmen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist unanwendbar, weil Nutzungen grds. nicht zu den Wirtschaftsgütern zählen). Die Selbstkosten sind anteilig nach den Gesamtkosten des Wirtschaftsguts (einschließlich AfA) im Verhältnis der betrieblichen zur privaten Nutzung anzusetzen (z.B. BFH-Urteil vom 26. Januar 1994 X R 1/92, BStBl II 1994, 353; Urteil vom 9. Oktober 1953 IV 536/52 U, BStBl III 1953, 337; Schmidt/Glanegger, § 6 Rz. 425 unter „Nutzungen”).

    Die betrieblich bedingten Hauskosten betragen nach dem Aktenvermerk der Außenprüfung vom 7.7.2000 der Höhe nach 45.175,67 DM. Dieser Betrag wird vom Kläger nicht bestritten. Die Hauskosten beziehen sich auf das aktivierte Wirtschaftsgut mit einer Flächenquote von 47,2 % (= 228,2qm). Durch die Nutzungsentnahme verringert sich im Ergebnis die hierin enthaltene Dachgeschossfläche von 94,2 qm um die Hälfte auf 47,1 qm, was zu einer neuen Flächenquote von 37,5 % führt. Hieraus folgt, dass das Betriebsergebnis des Besitzunternehmens um 9.284,-- DM zu erhöhen ist. Das Finanzamt hat demgegenüber eine Erhöhung von 15.438,-- DM vorgenommen, weshalb die Klage in Höhe des Differenzbetrages von 6.154,-- DM begründet ist.

    1.4. Für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung durch die Betriebs-GmbH an das Betriebsunternehmen, die saldierend zu berücksichtigen gewesen wäre, bestand im Streitfall letztlich kein Anhaltspunkt, weil hierfür überhöhte Mietzahlungen der GmbH an die Besitzgesellschaft Voraussetzung gewesen wären. Das Finanzamt trägt jedoch in nicht zu beanstandender Weise vor, die Mietzahlungen der Betriebsgesellschaft an das Besitzunternehmen seien eher untersetzt gewesen.

    2. Die Klage des Klägers zu 1. wegen Umsatzsteuer 1995 war abzuweisen.

    Zwar hat das Finanzamt zu Unrecht § 15a Umsatzsteuergesetz (UStG) angewandt, weil sich keine Verhältnisse i.S. dieser Vorschrift änderten. Die Nutzungsentnahme i.H.v. 9.284,-- DM war von Anfang an mit 15 % als Eigenverbrauchs i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 2b UStG zu besteuern. Hieraus folgt aber eine Umsatzsteuerlast i.H.v. 1.392,60 DM, während das Finanzamt einen Betrag von 1.365,64 DM festsetzte. Einer gerichtlichen Korrektur steht das sog. Verböserungsverbot entgegen.

    3. Dem Finanzamt wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer aufgegeben.

    4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 136 Abs. 1, 135 Abs.1 FGO. Hiernach hatten die Kläger zu 1. und 2. bezüglich des Verfahrens wegen Einkommensteuer 1995 entsprechend ihrem Unterliegen 60 % und das Finanzamt 40 % der Verfahrenskosten zu tragen. Der Streitwert wurde vom Gericht nach dem streitigen Gewinnerhöhungsbetrag ohne Berechnung der tatsächlichen steuerlichen Auswirkung geschätzt, um die Entlastungswirkung des § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO zu wahren. Der Kläger zu 1. hatte weiter die Kosten des Verfahrens wegen Umsatzsteuer 1995 zu tragen, weil er hier unterlag.

    5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten erfolgt gemäß §§ 151 Abs. 1 FGO, 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (vgl. BFH-Beschluss vom 23. Juni 1972 III R 8/71, BStBl II 1972, 709).

    6. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war erforderlich im Sinne des § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

    VorschriftenEStG § 4 Abs. 1, EStG § 5 Abs. 1, EStG § 12, EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4