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  • 02.11.2010 · IWW-Abrufnummer 110281

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 01.07.2008 – 6 K 1575/06

    Auch im vereinfachten Beschaffungsverfahren im Rahmen der Verwendung von IMPAC VISA - Kreditkarten, beginnend mit den Ziffern 4716 für die Angehörigen der amerikanischen Streitkräfte, bei Beträgen bis zu 2.500 € ist die Vorlage von Abwicklungsscheinen erforderlich, um die Umsätze steuerfrei belassen zu können.


    Tatbestand
    Streitig ist, ob Umsätze an amerikanische Truppenangehörige nach Art. 67 Abs. 3 NATO-ZAbk steuerfrei sind.
    Der Kläger betreibt einen Handel mit Hydraulikschläuchen, im Streitjahr 2003 mit Betriebsstätten in K und S.
    Im Streitjahr verbuchte der Kläger nach Art. 67 Abs. 3 NATO-Zabk steuerfreie Umsätze in Höhe von 28.381 €. Die einzelnen Umsätze lagen jeweils unter 2.500 € und wurden unter Verwendung von IMPAC VISA Kreditkarten abgerechnet. Abwicklungsscheine wurden jedoch nicht ausgefüllt.
    Anlässlich einer in 2005 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung (Bericht vom 13.06.2005) wurden die Umsätze als steuerpflichtig behandelt, da die Verwendung der IMPAC VISA Card zwar den Beschaffungsauftrag der amtlichen Beschaffungsstelle ersetze, nicht jedoch den Abwicklungsschein. Der nach § 73 UStDV erforderliche Belegnachweis müsse zwingend durch den Abwicklungsschein geführt werden. Er erfasste in Höhe von (netto) 24.666 € mit 16% zu versteuernde Umsätze (Tz. 15 des Prüfungsberichts).
    Der Beklagte erließ am 25.10.2005 einen Umsatzsteuerbescheid für 2003 entsprechend den Prüfungsfeststellungen. Der dagegen gerichtete Einspruch, mit dem der Kläger geltend gemacht hatte, bei Zahlung durch eine IMPAC VISA Kreditkarte könne im Rahmen des vereinfachten Beschaffungsverfahrens gemäß § 73 Abs. 3 UStDV auf die Abwicklungsscheine verzichtet werden, wurde mit Einspruchsentscheidung vom 24.03.2006 als unbegründet zurückgewiesen.
    Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, nach § 73 Abs. 1 Nr. 1 UStDV seien zwar Beschaffungsauftrag und Abwicklungsschein erforderlich, die BMF-Schreiben vom 31.03.2000 und 20.03.2002 ließen jedoch zu, dass der Beschaffungsauftrag im vereinfachten Verfahren durch die Benutzung der IMPAC VISA Card ersetzt werde. Soweit die US-Streitkräfte Auftraggeber seien, würden diese regelmäßig mit der Kreditkarte bezahlen. Ein Abwicklungsschein werde von diesen Auftraggebern auch mangels Zeit und im Hinblick auf die Art und Umstände der Auftragserteilung (schnelle Erledigung, meist spät abends) nicht ausgefüllt.
    § 73 Abs. 3 UStDV gestatte der Finanzverwaltung, auf die Abwicklungsscheine zu verzichten, wenn die vorgeschriebenen Angaben aus anderen Belegen und den Aufzeichnungen des Unternehmers eindeutig und leicht nachprüfbar zu ersehen seien.
    Im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung habe der Kläger dem Prüfer sämtliche Rechnungen an umsatzsteuerbefreite Auftraggeber nebst VISA-Voucher zur Prüfung vorgelegt. Der Prüfer habe diese für nachvollziehbar und in Ordnung befunden und geäußert, es könne daraus entnommen werden, wohin die Teile gegangen seien.
    In den Vorjahren habe der Kläger die identische Vorgehensweise des Klägers akzeptiert, wodurch ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden sei.
    Die Voraussetzung, dass die Beschaffungsstelle als Auftraggeber aufgetreten sei, sei im Streitfall unzweifelhaft erfüllt. Sinn und Zweck der zwischenstaatlichen Regelungen sei damit Rechnung getragen. Das Beharren auf der Vorlage von Abwicklungsscheinen sei eine reine Förmelei, da Missbrauch im Streitfall ausgeschlossen sei.
    Der Kläger beantragt,
    den geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2003 vom 25. Oktober 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. März 2006 dahin zu ändern, dass Umsätze in Höhe von 28.381 € steuerfrei belassen werden,
    hilfsweise, die Revision zuzulassen.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Er trägt ergänzend zu seinen Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vor, die angebliche Äußerung des Prüfers habe nicht dahin verstanden werden können, dass die Abwicklungsscheine entbehrlich seien; dies folge aus dem Prüfungsbericht.
    Auf Vertrauensschutz könne der Kläger sich wegen des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung nicht berufen. Die Vorjahre seien nicht geprüft worden.
    Die vom Kläger vorgelegten Rechnungen würden im Übrigen nur den Betrag von 22.236 € belegen.
    Gründe
    Die Klage ist nicht begründet.
    1.
    a)
    Nach Art. 67 Abs. 3 Buchst. a) NATO-ZAbk. sind Lieferungen und sonstige Leistungen an eine Truppe oder ein ziviles Gefolge von der Umsatzsteuer befreit, wenn sie von einer amtlichen Beschaffungsstelle in Auftrag gegeben werden, für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Truppe, das zivile Gefolge, ihre Mitglieder oder deren Angehörige bestimmt sind und die Umsatzsteuerbefreiung bei der Preisgestaltung berücksichtigt wurde.
    Die Steuerbefreiungen nach dem NATO-Zabk. gehen als internationales Recht nationalem Recht vor.
    Nach Art. 67 Abs. 3 Buchst. c) NATO-ZAbk. ist die Steuerbefreiung davon abhängig, dass das Vorliegen ihrer Voraussetzungen dem zuständigen Finanzamt nachgewiesen wird. Die Art des Nachweises wird nach dieser Vorschrift durch Vereinbarungen der Behörden der betroffenen Staaten festgelegt.
    Gemäß § 26 Abs. 5 Nr. 2 UStG wird durch Rechtsverordnung bestimmt, wie der Nachweis der Steuerbefreiung in den Fällen des Art. 67 Abs. 3 NATO-ZAbk zu führen ist.
    § 73 Abs. 1 Nr. 1 UStDV regelt den Nachweis der Voraussetzungen der Steuerbefreiung des Art. 67 Abs. 3 Buchst. c) NATO-ZAbk; danach hat der Unternehmer die Steuerbefreiung bei Lieferungen und sonstigen Leistungen, die von einer amtlichen Beschaffungsstelle in Auftrag gegeben worden sind, durch eine Bescheinigung der amtlichen Beschaffungsstelle nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck - Abwicklungsschein - nachzuweisen.
    Gemäß § 73 Abs. 3 UStDV kann das Finanzamt auf den Abwicklungsschein verzichten, wenn die dort geforderten Angaben aus anderen Belegen und aus den Aufzeichnungen des Unternehmers eindeutig und leicht nachprüfbar zu ersehen sind.
    b)
    Die Finanzverwaltung verlangt für den Belegnachweis neben dem Abwicklungsschein auch die von der amtlichen Beschaffungsstelle erteilten Beschaffungsaufträge (Rz. 30 des BMF-Schreibens vom 22.12.2004, BStBl I 2004, 1200) oder andere Unterlagen, aus denen sich die Auftragserteilung durch die Beschaffungsstelle und somit die Leistungspflicht des Unternehmers gegenüber der Beschaffungsstelle ergibt. Nicht beanstandet wird, wenn der Auftrag durch die amtliche Beschaffungsstelle nachgereicht wird, bevor mit der Ausführung der Leistung begonnen wurde (Rz. 17 des BMF-Schreibens vom 22.12.2004).
    Bis zu Beträgen von 2.500 € kann ein vereinfachtes Beschaffungsverfahren angewendet werden. Dabei übergibt die Beschaffungsstelle dem Berechtigten den mit einem Verfallsdatum versehenen Beschaffungsauftrag, mit dem der leistende Unternehmer ermächtigt wird, die Leistung direkt an den Berechtigten zu erbringen (BMF-Schreiben vom 22.12.2004, Rz. 59 - 61). Der Abwicklungsschein ist auszufüllen. Der Berechtigte zahlt unmittelbar. Lt. Rz. 61 des BMF-Schreibens vom 22.12.2004 kann die Zahlung auch bar erfolgen.
    Werden bei Aufträgen bis 2.500 € von den Berechtigten IMPAC-VISA-Kreditkarten, beginnend mit 4716 bei Angehörigen der amerikanischen Streitkräfte verwendet, so gilt in diesen Fällen der Karteninhaber als Beschaffungsbeauftragter. Auch in diesem Fall ist der Abwicklungsschein auszufüllen.
    c)
    Die Umsatzsteuerbefreiung kann nach o.g. Vorschriften vom Unternehmer nur in Anspruch genommen werden, wenn
    die Lieferung oder sonstige Leistung von einer amtlichen Beschaffungsstelle in Auftrag gegeben wurde
    die Lieferung oder sonstige Leistung ausschließlich für den Gebrauch oder Verbrauch durch die berechtigten Personen bestimmt ist
    die Steuerbefreiung bei der Berechnung des Preises berücksichtigt wurde
    und
    die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nachgewiesen wurden
    2.
    Im Streitfall wurden keine Abwicklungsscheine vorgelegt.
    Im vereinfachten Beschaffungsverfahren kann auf die Vorlage von Abwicklungsscheinen nicht verzichtet werden. § 73 UStDV sieht einen Verzicht auf Abwicklungsscheine nur im Rahmen des Abs. 3 vor. Das vereinfachte Beschaffungsverfahren beruht auf Verwaltungsanweisungen. Soweit diese gegenüber der gesetzlichen Regelung günstigere Voraussetzungen vorsehen, ist dies von den Gerichten im Rahmen der Selbstbindung der Verwaltung zu beachten. Soweit jedoch die Verwaltung keinen Verzicht auf den gesetzlich, bzw. durch Verordnung vorgesehenen Nachweis vorsieht, ist das Gericht nicht befugt, noch weiter als die Verwaltung zugunsten des Steuerpflichtigen hiervon abzuweichen. Einen Verzicht auf den Abwicklungsschein sieht das BMF-Schreiben vom 22.12.2004 im vereinfachten Verfahren nicht vor, sondern nur auf den Beschaffungsauftrag.
    § 73 Abs. 3 UStDV ist nicht anzuwenden.
    Die Rechnung in Verbindung mit dem Zahlungsbeleg durch Kreditkarte vermag den Abwicklungsschein nicht zu ersetzen, da die dort zu machenden Angaben nicht leicht und einwandfrei aus diesen Belegen erkennbar sind. So ist nicht sicher erkennbar, welche Beschaffungsstelle den Auftrag erteilt hat, bzw. ob die auf dem Lieferschein ausgewiesene Empfangsdienststelle identisch mit der den Auftrag erteilenden Beschaffungsstelle war. Auch die vom Empfänger auszufüllenden Teile (Empfangs und Verwendungsbestätigung, sowie Zahlungsbescheinigung) ergeben sich nicht vollständig. So ist nicht erkennbar, welchem Konto der Betrag belastet wurde. Eine Empfangsbestätigung kann in der Rechnung auch nicht gesehen werden. Eine Bestätigung der vom Empfänger zu machenden Angaben durch die Unterschrift einer dazu befugten Person fehlt ebenfalls.
    Auch der Umstand, dass im Streitfall ein Missbrauch ausgeschlossen erscheint, vermag nicht den Anwendungsbereich des § 73 Abs. 3 UStDV über seinen Wortlaut hinaus auszudehnen.
    3.
    Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen.
    Aus der Handakte des Prüfers ergibt sich nichts, was die Behauptung des Klägers stützen könnte, der Prüfer habe die vorgelegten Belege für in Ordnung befunden und die vorgeschriebenen Angaben seien aus anderen Belegen und den Aufzeichnungen des Unternehmers eindeutig und leicht nachprüfbar zu ersehen. Auch für die Vorjahre kann kein Vertrauensschutz entstanden sein, weil es sich um die erste Prüfung handelte. Aus Vorbehaltsfestsetzungen kann kein Vertrauensschutz erwachsen.
    Das Gericht konnte von einer Vernehmung von Frau B als Zeugin absehen, da diese nur über Äußerungen des Prüfers hätte Auskunft geben können. Dieser wäre aber zu einer tatsächlichen Verständigung nicht befugt gewesen, vielmehr hätte der Sachgebietsleiter der Veranlagungsstelle eingeschaltet werden müssen. Außerdem würde es sich um eine Verständigung über eine Rechtsfolge eines festgestellten Sachverhalts handeln, diese ist unzulässig. Eine verbindliche Zusage nach §§ 204 ff. AO wurde weder beantragt, noch behauptet.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
    Die Revision wurde nicht zugelassen. Das Gericht misst der Rechtsfrage, ob über den Wortlaut des § 73 Abs. 3 UStDV hinaus auch dann auf einen Abwicklungsschein verzichtet werden kann, wenn nach Lage des Falles ein Missbrauch ausgeschlossen ist, keine grundsätzliche Bedeutung bei. Das Gericht kann sich über eine eindeutige Regelung im Gesetz (bzw. einer Verordnung aufgrund gesetzlicher Ermächtigung) nicht hinweg setzen.

    VorschriftenUStG § 26 Abs. 5 Nr. 2, UStDV § 73 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 NATO-ZAbk. Art. 67 Abs. 3 Buchst. a) und c)