02.11.2010
Finanzgericht München: Urteil vom 14.04.2010 – 9 K 211/10
1. Besucht das volljährige Kind nach dem Abschluss der Berufsausbildung zuerst ernsthaft und nachhaltig berufsbegleitend aufgrund bayerischen Schulrechts einen einjährigen Vorkurs der Berufsoberschule mit 6 Wochenunterrichtstunden und anschließend die Berufssoberschule, befindet es sich weiter i. S. v. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG in Berufsausbildung. Der Tatbestand der Berufsausbildung wird nicht durch eine daneben ausgeübte Teilzeit- oder Vollzeiterwerbstätigkeit ausgeschlossen (Anschluss an BFH-Rechtsprechung).
2. Die Einkünfte aus dem Vollerwerb sind zu berücksichtigen und können bei Überschreiten des Jahresgrenzbetrags den Kindergeldanspruch ausschließen.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In der Streitsache
hat der 9. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2010
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Klägerin für ihre Tochter E, geboren am 12. April 1989, Kindergeld für die Zeit von September bis einschließlich Dezember 2009 zusteht.
Auf den Kindergeldantrag der Klägerin vom 23. September 2009 für ein über 18 Jahre altes Kind forderte die Agentur für Arbeit – Familienkasse – (Beklagte) mit Schreiben vom 29. September und 14. Oktober 2009 Unterlagen und Nachweise über die Einkünfte und Bezüge des Kindes an. Mit den Antwortschreiben vom 9. und 20. Oktober 2009, auf die samt Anlagen Bezug genommen wird, reichte die Klägerin die Erklärung zu den Einkünften und Bezügen der Tochter, einschließlich entsprechender Entgeltnachweise für die Monate März bis einschließlich August 2009, ein Zeugnis vom 25. Juli 2009 der staatlichen Berufsoberschule H-Schule, W, über einen im Schuljahr 2008/2009 besuchten Vorkurs BVK 4 sowie Nachweise über bezogenes Arbeitslosengeld II ein. Ergänzend gab sie an, die Tochter habe nach Beendigung ihrer Ausbildung bis 31. August 2009 gearbeitet, parallel seit September 2008 den Vorkurs der Berufsoberschule(sechs Stunden wöchentlich) besucht und sich im März 2009 für die 12. Klasse der Berufsoberschule beworben. Auf die Anfrage der Familienkasse vom 23. Oktober 2009 nach den angefallenen Werbungskosten teilte die Klägerin mit Schreiben vom 27. Oktober 2009, auf das Bezug genommen wird, mit, dass die Tochter ihre Ausbildung im Juni 2008 beendet und am 1. September 2009 eine neue Ausbildung begonnen habe. Da der Zeitraum zwischen den beiden Ausbildungsabschnitten mehr als vier Monate betrage und sie kein Kindergeld bezogen habe, dürfe das in diesen Monaten erzielte Einkommen für die Berechnung des Jahresgrenzbetrags nicht berücksichtigt werden. Es mache daher keinen Sinn, das Formblatt zu den Werbungskosten auszufüllen.
Die Beklagte lehnte daraufhin den Kindergeldantrag der Klägerin mit Bescheid vom 3. November 2009 mit der Begründung ab, die Tochter sei von März bis Dezember 2009 für den Kindergeldanspruch zu berücksichtigen. Das Einkommen in dieser Zeit übersteige jedoch auch unter Berücksichtigung des anteiligen Werbungskostenpauschbetrags und der Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung den voraussichtlichen anteiligen Jahresgrenzbetrag von 6.400 EUR (10/12 von 7.680 EUR). Im Rahmen des dagegen eingelegten Einspruchs kam die Familienkasse zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Tochter aufgrund des Besuchs des Vorkurses bereits ab Januar 2009 vorgelegen hätten, da die Tochter ab Januar ausbildungswillig i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe c Einkommensteuergesetz (EStG) gewesen sei und sich ab September 2009 in Ausbildung i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG befinde, und deshalb der Jahresgrenzbetrag nicht zu kürzen sei, der jedoch auch nach Abzug des vollen Werbungskostenpauschbetrags und einer Kostenpauschale i.H.v. 180 EUR überschritten sei. Den Einspruch wies die Familienkassemit Einspruchsentscheidung vom 2. Dezember 2009 als unbegründet zurück.
Mit der hiergegen gerichteten Klage begehrt die Klägerin weiterhin die Gewährung von Kindergeld für ihre Tochter von September bis einschließlich Dezember 2009. Zur Begründungträgt sie vor, die Tochter sei erst ab 1. September 2009 ausbildungswillig. Der Besuch des Vorkurses von September 2008 bis Juli 2009 und die Anmeldung an der Berufsoberschuleim März 2009 änderten daran nichts. Gegen den Status der Ausbildungswilligkeit sprecheauch die Tatsache, dass die Tochter bis einschließlich 31. August 2009 ein befristetes Arbeitsverhältnis gehabt habe und dieses hätte kündigen müssen. Ziel der gesetzlichen Regelung sei es, dass die Eltern während der Ausbildungszeiten der Kinder das gesetzliche Kindergeld erhielten. Die Einkünfte aus der Vollzeiterwerbstätigkeit im Rahmen der Freigrenzedes § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG dürften nicht berücksichtigt werden.
Ergänzend wird auf die Schriftsätze vom 28. Dezember 2009 und vom 2. Februar 2010 samt Anlagen Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 3. November 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Dezember 2009 die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeldfür die Zeit von September bis einschließlich Dezember 2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt
Klageabweisung.
Sie bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf ihre Einspruchsentscheidung und führt weiter aus, für die Tochter greife im gesamten Jahr 2009 ein Berücksichtigungstatbestand ein. Weder dem bis einschließlich August vorliegenden Tatbestand der Ausbildungswilligkeit noch dem ab September erfüllten Tatbestand der Ausbildung stehe die Vollzeiterwerbstätigkeit entgegen. Kriterium für die Ermittlung eines Berücksichtigungstatbestandes könne nach der Gesetzessystematik nicht die Höhe der Einkünfte und Bezüge des Kindes sein. Vielmehr sei zunächst zu prüfen, ob ein Tatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG erfüllt sei und erst in einem zweiten Schritt, ob für den Anspruchszeitraum der Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschritten sei. Auf den Aspekt der Vollzeiterwerbstätigkeit stelle der Gesetzestext nicht ab. Es seien daher auch die Einkünfte und Bezüge der Anspruchsmonate zu berücksichtigen, in denen das Kind einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgehe. Da der Jahresgrenzbetrag im Streitfall überschritten sei, liege ein Anspruch auf Kindergeld für das ganze Jahr 2009 nicht vor.
Ergänzend wird auf den Schriftsatz vom 24. Februar 2010 Bezug genommen.
Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2010 wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Im Ergebnis zu Recht hat die Familienkasse die Zahlung von Kindergeld für den Zeitraum September bis Dezember 2009 abgelehnt.
a) Die Tochter erfüllt den Berücksichtigungstatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG.
Für ein über 18 Jahre altes Kind, das – wie die Tochter der Klägerin im Jahr 2009 – das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG Anspruch auf Kindergeld, wenn das Kind für einen Beruf ausgebildet wird
In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Die Ausbildungsmaßnahme braucht Zeit und Arbeitskraft des Kindes nicht überwiegend in Anspruch zu nehmen. Danach kann auch ein berufsbegleitendes Fachhochschulstudium als Berufsausbildung anzuerkennen sein, sofern es ernsthaft und nachhaltig betrieben wird (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 21. Januar 2010 – III R 62/08, juris m.w.N.). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Sie ist auch im vorliegenden Fall der Erfüllung der Berufsschulpflicht anzuwenden. Soweit der Senat in seinem Urteil vom 15. Oktober 2003 – 9 K 4184/02 (juris) eine andere Auffassung vertreten hat, hält er daran nicht mehr fest (vgl. hierzu auch Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 12. November 2008 – III 103/2006, EFG 2009, 597; Revision eingelegt: III R 93/08).
Der Tatbestand der Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG) wird nicht durch eine daneben ausgeübte Teilzeit- oder Vollzeiterwerbstätigkeit ausgeschlossen. Eine Vollzeiterwerbstätigkeit kann eine Berücksichtigung als Kind nach bisheriger Rechtsprechung des BFH ausschließen, wenn das Kind sie in der Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG) oder während des Wartens auf einen Ausbildungsplatz (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe c EStG) ausübt. An dieser Rechtsprechung hat sich – entgegen der Auffassung der Verwaltung (vgl. Verfügung des Bundeszentralamts für Steuern vom 4. Juli 2008 St II 2-S-2282-138/2008, Bundessteuerblatt – BStBl – I 2008, 716) – durch das BFH-Urteil vom 16. November 2006 – III R 15/06 (BStBl II 2008, 56) nichts geändert (BFH-Urteil vom 21. Januar 2010 – III R 62/08, juris m.w.N.).
b) Nach diesen Grundsätzen befand sich die Tochter der Klägerin im Jahr 2009 durchgehend in Ausbildung i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG.
Sie besuchte von September 2008 bis August 2009 den Vorkurs BVK 4 und ab September 2009 die 12. Klasse der Berufsoberschule. Dass der Vorkurs nach Anlage 1 der Schulordnung für die berufliche Oberschule – Fachoberschulen und Berufsoberschulen – (FOBOSO) nur sechs Wochenstunden umfasste, ändert daran nichts. Der Besuch dient nach § 30 Abs. 1 FOBOSO der Auffrischung von Kenntnissen und Fertigkeiten, die […] durch den mittleren Schulabschluss erlangt wurden. Gemäß Art. 17 Abs. 1 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) vermittelt die Berufsoberschule eine allgemeine und fachtheoretische Bildung. Sie baut auf einem mittleren Schulabschluss und einer der jeweiligen Ausbildungsrichtung entsprechenden abgeschlossenen Berufsausbildung oder entsprechenden mehrjährigen Berufserfahrung auf und umfasst die Jahrgangsstufen 12 und 13. Sie kann auch in Teilzeitform geführt werden. Insbesondere für Schülerinnen und Schüler mit mittlerem Schulabschluss gemäß Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2 bis 4 BayEUG können einjährige Vorklassen eingerichtet werden (Art. 17 Abs. 2 Sätze 1 -3 BayEUG). Auch der Besuch der Vorklasse durch die Tochter der Klägerin erfüllt damit den steuerlichen Begriff der Berufsausbildung nach dem Grundsatzurteil des BFH vom 9. Juni 1999 – VI R 33/98, BStBl II 1999, 701. Es kommt dabei insbesondere gerade nicht darauf an, dass die Ausbildungsmaßnahme die Zeit und Arbeitskraft des Kindes überwiegend in Anspruch nimmt. Der BFH hat insoweit nur bei Auslandsaufenthalten darauf abgestellt, dass Ausbildungsinhalt und Ausbildungsziel von einer fachlich autorisierten Stelle vorgegeben werden oder der Aufenthalt mit anerkannten Formen der Berufsbildung verbunden bzw. von einem theoretischsystematischen Sprachunterricht begleitet wird. Dies ist jedoch für den Streitfall, bei dem es zudem um die Erfüllung der Schulpflicht nach Art. 35, 36 und 39 BayEUG im Inland geht, ohne Bedeutung.
Da die H-Schule im Streitfall einen einjährigen Vorkurs durchgeführt hat, geht das Schuljahr von September 2008 bis einschließlich August 2009, so dass auch im August 2009 keine Übergangszeit nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG vorliegt.
Ebenso ist aufgrund des im Streitfall – nach Auffassung des Senats – erfüllten Tatbestands der Berufsausbildung der – von der Familienkasse bejahte – Tatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchtstabe c EStG (mangelnder Ausbildungsplatz/Ausbildungswilligkeit) nicht einschlägig.
2. Der Jahresgrenzbetrag wird überschritten.
a) Gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG sind die Einkünfte des Kindes für alle Monate zu ermitteln, in denen es die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG erfüllt. Nur dann, wenn die Voraussetzungen für die Berücksichtigung als Kind nur in bestimmten Monaten des Kalenderjahres vorliegen, ermäßigt sich der Jahresgrenzbetrag für diese Monate ohne Kindergeldanspruch um je 1/12 (§ 32 Abs. 4 Satz 7 EStG) mit der Folge, dass die in diesen Kalendermonaten erzielten Einkünfte und Bezüge des Kindes außer Ansatz bleiben (§ 32 Abs. 4 Satz 8 EStG).
Sind im Fall des Überschreitens des Jahresgrenzbetrags die Einkünfte und Bezüge eines Kindes in den einzelnen Berücksichtigungsmonaten unterschiedlich hoch, ist es nach dem Jahresprinzip ausgeschlossen, Kindergeld für einzelne Monate zu gewähren, in denen keine oder nur geringe Einkünfte oder Bezüge zugeflossen sind. Zwar hat der BFH § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a-c EStG einschränkend ausgelegt und unter bestimmten Voraussetzungen Kinder, auch wenn die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt waren, in den Monaten einer Vollzeiterwerbstätigkeit nicht berücksichtigt und folglich die in diesen Monaten erzielten Einkünfte bei der Prüfung, ob der Grenzbetrag überschritten ist, außer Betracht gelassen. Diese Entscheidungen betrafen allerdings nur Sachverhalte, in denen die Kinder nach Abschluss einer Schul- oder Berufsausbildung (vorübergehend) eine Vollzeiterwerbstätigkeit aufgenommen hatten. Hingegen schließt eine Vollzeiterwerbstätigkeit neben einem ernsthaft und nachhaltig betriebenen Studium die Berücksichtigung als Kind in Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) nicht aus. Von dieser Entscheidung ist der BFH in seinem Urteil vom 16. November 2006 III R 15/06 (BStBl II 2008, 56) nicht abgewichen (BFH in BFH/NV 2008, 1932).
b) Nach den dargestellten Grundsätzen, denen der Senat folgt, scheidet im Streitfall ein Anspruch der Klägerin auf Kindergeld für die Monate September bis Dezember 2009 aus.
Da die Tochter der Klägerin im Jahr 2009 durchgängig als Schülerin des Vorkurses bzw. der 12. Klasse der Berufsschule den Tatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG erfüllt, ist sie während des gesamten Kalenderjahres 2009 beim Kindergeld zu berücksichtigen. Ein Fall des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstaben b oder c EStG liegt nicht vor. Entsprechend sind die daneben von Januar bis einschließlich August 2009 erzielten Einkünfte aus der Vollzeiterwerbstätigkeit daher bei der Prüfung, ob der Jahresgrenzbetrag überschritten wird, einzubeziehen.
Die Einkünfte und Bezüge der Tochter der Klägerin betrugen nach den vorgelegten Gehaltsabrechnungen für die Monate Januar bis August 11.342,24 EUR (14.203,73 EUR Bruttoarbeitslohn ./. 1.136,47 EUR Krankenversicherung ./. 1.392,60 EUR Rentenversicherung ./. 195,95 EUR Arbeitslosenversicherung ./. 136,47 EUR Pflegeversicherung) sowie in der Zeit von September bis Dezember 2009 ausweislich der vorgelegten Bescheide über Ausbildungsförderung und über erhaltenes Arbeitslosengeld 1.873,44 EUR (317,44 EUR [47,83 EUR Bemessungsentgelt ./. 10,04 EUR Sozialversicherung × 60 % × 14 Tage] Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. – 14. September 2009 + 4 × 389 EUR Ausbildungsförderung). Auch nach Abzug des Werbungskostenpauschbetrags i.H.v. 920 EUR und der Kostenpauschale für Bezüge i.H.v. 180 EUR wird mit einem Gesamtbetrag der Einnahmen i.H.v. 12.115,68 EUR der Jahresgrenzbetrag i.H.v. 7.680 EUR überschritten, so dass der Kindergeldanspruch der Klägerin für die Monate September bis Dezember 2009 ausgeschlossen ist.
3. Das Verfahren war nicht nach § 74 FGO auszusetzen.
Nach dieser Vorschrift kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits auszusetzen sei. Dies gilt auch für den Fall anhängiger Musterverfahren (vgl. Gräber/Koch, FGO, 6. Aufl., § 74 Rz. 15).
Der BFH hat jedoch für den im Streifall eingreifenden Berücksichtigungstatbestand der Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG) in ständiger Rechtsprechung, zuletzt mit Urteil vom 21. Januar 2010 – III R 62/08 entschieden, dass der Tatbestand durch eine daneben ausgeübte Teil- oder Vollzeiterwerbstätigkeit nicht ausgeschlossen wird. Es ist daher nicht zu erwarten, dass der BFH in dem insoweit noch anhängigen Verfahren III R 71/09 gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 30. September 2009 – 15 K 46479/08 (juris) eine andere Entscheidung treffen wird, zumal der BFH in dem Urteil vom 21. Januar 2010 sogar explizit offengelassen hat, ob er an der Rechtsprechung zu den Tatbeständen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstaben b und c EStG weiter festhalten wird.
Aus den gleichen Gründen war das von den Parteien beantragte Ruhen des Verfahrens nicht zweckmäßig (§ 155 FGO i.V.m. § 251 Zivilprozessordnung).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
5. Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO im Hinblick auf das beim BFH anhängige Verfahren III R 93/08 zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen sowie im Hinblick auf das Urteil des BFH vom 21. Januar 2010 (juris), in dem der BFH offengelassen hat, ob an der Rechtsprechung festgehalten wird, dass bei dem – bei Verneinung des Tatbestands der Ausbildung gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG – nach Ansicht des Senats im Streitfall vorliegenden Tatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe c EStG eine Vollzeiterwerbstätigkeit eine Berücksichtigung nach diesem Tatbestand ausschließt.