02.11.2010
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 12.01.2010 – 10 K 3282/08 Kg
- Ein für weniger als 12 Monate von seinem polnischen Arbeitgeber in das Inland entsandter polnischer Staatsbürger, der ausschließlich in Polen sozialversicherungspflichtig ist und dort seinen Familienwohnsitz hat, unterliegt gemäß Art. 14 Nr. 1 Buchstabe a VO (EWG) 1408/71 den Rechtsvorschriften Polens über soziale Sicherheit und damit nach Art. 4 Abs. 1 Buchstabe h VO (EWG) 1408/71 auch den polnischen Vorschriften über das Kindergeld.
- Deutsches Kindergeldrecht ist mangels eines Anwendungsbefehls zugunsten des nationalen Rechts in §§ 62 ff. EStG auch nicht subsidiär anwendbar, wenn nach der VO (EWG) 1408/71 das Recht eines anderen Mitgliedstaats anwendbar ist.
Tatbestand
Strittig ist, ob der Kläger für seine Kinder „A” (geboren: 24.11.1997) und „B” (geboren: 31.12.2002) Anspruch auf Kindergeld hat.
Der Kläger ist polnischer Staatsangehöriger. Er wohnt zusammen mit seiner Ehefrau und den beiden Kindern in Polen.
Vom 01.01.2007 bis 01.02.2007, vom 06.04.2007 bis 31.08.2007 und vom 02.10.2007 bis 31.12.2007 war er für die in Szczecin (Stettin) ansässige „C” in Deutschland als Arbeitnehmer tätig.
Nach der von der „C” unter dem 07.04.2008 ausgestellten Bescheinigung war der Kläger als Arbeitnehmer in der Zeit vom 01.07.2006 bis 15.02.2008 in einen Betrieb nach „D” entsandt und es gab kein Versicherungsverhältnis zur Bundesanstalt für Arbeit, weil eine Sozialversicherung bei der ZUS in Polen bestand.
Laut den Lohnsteuerbescheinigungen der „C”GmbH in „D” bezog der Kläger 2007 folgende Bruttoarbeitslöhne:
EUR 1.265,81
EUR 6.499,13
EUR 5.605,34
Davon wurden lediglich Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer einbehalten, nicht jedoch Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung.
Unter dem 25.03.2008 beantragte der Kläger Kindergeld. Er gab an, dass er von Januar bis Dezember 2007 in „D” unselbständig tätig gewesen sei und keiner Sozialversicherungspflicht in Deutschland unterliege.
Mit Bescheid vom 21.05.2008 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab, da er wegen der Sozialversicherung bei der ZUS keinen Kindergeldanspruch in Deutschland besitze.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 23.06.2008 Einspruch ein und wies darauf hin, dass vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH (Entscheidung vom 20. Mai 2008 in der Rechtssache C-352/06 [Bosmann], Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung – HFR – 2008, 877) die Anwendbarkeit der – hier erfüllten – innerstaatlichen Regelungen des EStG zu einem Kindergeldanspruch führe. § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG stünde dem nicht entgegen, denn angesichts seines Familieneinkommens sei die dortige Einkommensgrenze von PLN 2.016 überschritten, so dass er in Polen keinen Kindergeldanspruch gehabt habe.
In der Einspruchsentscheidung vom 21.07.2008 wies die Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Am 25.08.2008, einem Montag, hat der Kläger Klage erhoben und Folgendes vorgetragen: Ob ihm ein Anspruch auf Kindergeld zustehe, richte sich allein nach den in den §§ 62 ff. EStG getroffenen Regelungen und nicht nach der VO (EWG) 1408/71 oder der VO (EWG) 574/72 des Rates über die Durchführung der Verordnung (EWG) 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie ihrer Familienangehörigen, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern vom 21. März 1972.
Die Annahme der Beklagten, er habe in Deutschland nicht der Sozialversicherung unterlegen, sei zutreffend. Er sei entsandter Arbeitnehmer gewesen. Allerdings bestünden an der arbeitsrechtlichen Bindung zu seinem polnischen Arbeitgeber Zweifel, weil Teile seines Lohnes indirekt vom deutschen „Arbeitgeber” gezahlt worden seien. Er sei in Deutschland in Unterkünften untergebracht gewesen, die von seinem deutschen „Arbeitgeber” gestellt bzw. angemietet worden seien. Die Aufwendungen des deutschen „Arbeitgebers” hierfür seien durch eine Kürzung des vom polnischen Arbeitgeber ausgezahlten Lohnes berücksichtigt worden. Sämtliche Anweisungen für seine Tätigkeit seien allein durch Führungskräfte des deutschen „Arbeitgebers” erfolgt. Sein (formaler) polnischer Arbeitgeber habe keine auf das Direktionsrecht gestützte arbeitsrechtliche Kontrolle ausgeübt.
Unabhängig davon, wie lang er in Deutschland beschäftigt gewesen sei, stehe ihm ein Anspruch auf Kindergeld nach den §§ 62 ff. EStG zu, weil er in den Jahren 2006 und 2007 in Deutschland nach § 1 Abs. 3 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen sei und es dem Wohnsitzstaat nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 20. Mai 2008 unbenommen sei, Familienleistungen in Anknüpfung an den Wohnsitz zu gewähren, auch wenn Beschäftigungsland i. S. der VO (EWG) 1408/71 ein anderer Staat sei. Im Falle der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG bestehe für jedes volle Kalenderjahr ein Anspruch auf Kindergeld. Eine nur monatliche Veranlagung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig kenne das deutsche Steuerrecht nicht.
Die möglichen Unterschiede zwischen der Bescheinigung der „C” vom 07.04.2008 den Lohnsteuerbescheinigungen der „C”GmbH beruhten darauf, dass er teilweise unbezahlten Urlaub genommen und trotz durchgängigen Arbeitsverhältnisses teilweise keinen Lohn bezogen habe.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 21.05.2008 und der Einspruchsentscheidung vom 21.07.2008 die Beklagte zu verpflichten, ihm Kindergeld für seine beiden Kinder für 2006 und 2007 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass der Kläger, weil er ausschließlich in Polen sozialversicherungspflichtig sei, nur nach polnischen Vorschriften Anspruch auf Familienleistungen habe. Ein inländischer Kindergeldanspruch sei im Hinblick auf die durch die VO (EWG) 1408/71 getroffene Rechtszuweisung zu dem Mitgliedstaat, dessen Sozialversicherungsvorschriften der Kläger unterliege, ungeachtet eines inländischen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts ausgeschlossen. Dass der Kläger auch während seiner Tätigkeit in Deutschland ausschließlich den polnischen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit unterlegen habe, ergebe sich auch aus Art. 14 Nr. 1 Buchstabe a VO (EWG) 1408/71.
Gründe
Der Senat konnte mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 90 Abs. 2 FGO).
Die Klage ist unbegründet.
Der ablehnende Bescheid vom 21.05.2008 verletzt den Kläger nicht i. S. von § 101 Satz 1 FGO in seinen Rechten, weil er nicht rechtswidrig ist. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, Kindergeld festzusetzen.
Das Gericht geht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) davon aus, dass der Kläger aufgrund der Regelungen der VO (EWG) 1408/71 während des Streitzeitraums nur nach polnischem Recht und nicht nach deutschem Recht Anspruch auf Kindergeld für seine Kinder hatte.
1. Die VO (EWG) 1408/71 ist anwendbar. Beim Kläger handelt es sich um einen Arbeitnehmer i. S. von Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Buchstabe a VO (EWG) 1408/71, der den polnischen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit unterliegt, weil er dort sozialversichert ist. Er ging auch während des Streitzeitraums in einem anderen Mitgliedstaat, nämlich Deutschland, einer nicht selbständigen Tätigkeit nach. Damit handelt es sich aus Sicht der VO (EWG) 1408/71 um einen innerhalb der Gemeinschaft zugewanderten Arbeitnehmer. Ein sog. reiner Inlandssachverhalt, d. h. ein Sachverhalt ohne jegliches grenzüberschreitendes Merkmal (Helmke in Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Fach D, I. Kommentierung Europarecht, Art. 73 Rz. 5), ist folglich nicht gegeben.
Ob der Kläger der Regelung in Anhang I Teil I E (im Streitzeitraum: Anhang I Teil I D) nicht unterfällt, weil er in Deutschland nicht gegen Arbeitslosigkeit pflichtversichert ist, kann dahinstehen. Denn selbst bei Nichtanwendbarkeit des Anhangs I Teil I E ist damit
keine Einschränkung des allgemeinen persönlichen Anwendungsbereichs der VO (EWG) 1408/71 verbunden ist, sondern lediglich eine Einschränkung ihres persönlichen Anwendungsbereichs hinsichtlich der Familienleistungen. Zwar „verdrängt” die Definition in Anhang I Teil I E die Definition in Art. 1 Buchstabe a VO (EWG) 1408/71, jedoch nicht mit Wirkung für die Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften (vgl. die Überschrift des Titels II), sondern nur für die Bestimmung des Personenkreises, der Anspruch auf Familienleistungen hat (vgl. EuGH-Urteil vom 5. März 1998 in der Rechtssache C-194/96, Kulzer, Slg. I 1998, 895). Auch nach dem Einleitungssatz des Anhangs I Teil I E gilt die Definition ausdrücklich nur „für die Gewährung der Familienleistungen gemäß Titel III Kapitel 7 der Verordnung”. Die Regelung in Anhang I Teil I E soll folglich nicht über die Anwendbarkeit eines gesamten Sozialversicherungssystems eines Mitgliedstaats, d. h. über den gesamten sachlichen Anwendungsbereich der VO (EWG) 1408/71 i. S. ihres Art. 4 entscheiden, sondern nur über den persönlichen Anwendungsbereich hinsichtlich der Leistungsart „Familienleistung” i. S. von Art. 4 Abs. 1 Buchstabe h VO (EWG) 1408/71. Damit ist die Frage, welche Rechtsvorschriften nach den Art. 13 ff. VO (EWG) 1408/71 anzuwenden sind, d. h. in die Zuständigkeit welches Mitgliedstaats der Sachverhalt fällt, vorrangig zu prüfen.
Der Kläger unterliegt gemäß Art. 14 Nr. 1 Buchstabe a VO (EWG) 1408/71 den Rechtsvorschriften Polens über soziale Sicherheit und damit nach Art. 4 Abs. 1 Buchstabe h VO (EWG) 1408/71 auch den polnischen Vorschriften über Familienleistungen, zu denen das Kindergeld bzw. eine vergleichbare ausländische Leistung gehört (Urteile des Bundesfinanzhofs vom 13. August 2002 VIII R 54/00, Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 2002, 1581; VIII R 61/00, BFH/NV 2002, 1584, und VIII R 97/01, BFH/NV 2002, 1588).
Nach Art. 14 Nr. 1 Buchstabe a VO (EWG) 1408/71, der eine von Art. 13 Abs. 2 Buchstabe a VO (EWG) 1408/71 abweichende Regelung trifft, unterliegt eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats von einem Unternehmen, dem sie gewöhnlich angehört, im Lohn- oder Gehaltsverhältnis beschäftigt wird und die von diesem Unternehmen zur Ausführung einer Arbeit für dessen Rechnung in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats entsandt wird, weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit zwölf Monate nicht überschreitet und sie nicht eine andere Person ablöst, für welche die Entsendungszeit abgelaufen ist. Diese Voraussetzungen liegen im Streitzeitraum vor.
Der Kläger ist im Streitzeitraum von seinem polnischen Arbeitgeber „C” für deren Rechnung zur Arbeitsleistung nach Deutschland entsandt worden. Dass es sich im vorliegenden Fall um eine Entsendung des Klägers von Polen nach Deutschland handelte, folgt aus der Bescheinigung der „C” vom 07.04.2008 und dem eigenen Vorbringen des Klägers im Klageverfahren (Schriftsatz vom 25.08.2008), in denen übereinstimmend von einer Entsendung des Klägers die Rede ist.
Es bestand auch keine arbeitsrechtliche Bindung des Klägers an inländische Auftraggeber der „C” . Es ist nämlich weder eine Übertragung des der „C” zustehenden Direktionsrechts feststellbar noch hat ein inländischer Auftraggeber durch Zahlung des Arbeitslohns und Einbehaltung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen Arbeitgeberpflichten erfüllt. Gegen eine arbeitsrechtliche Bindung des Klägers an einen Auftraggeber der „C” sprechen auch deren Bescheinigung vom 07.04.2008, wonach der Kläger während des Streitzeitraums aufgrund einer in Polen bestehenden Sozialversicherungspflicht im Inland nicht sozialversicherungspflichtig war, und die von der „C”GmbH praktizierte Lohnauszahlung, bei der keine Sozialversicherungsbeiträge einbehalten wurden.
Die Dauer der vom Kläger erbrachten Arbeitsleistung überschritt nicht den Zeitraum von zwölf Monaten, denn er war im Jahr 2007 lediglich (unzusammenhängend) während 9 Monaten in Deutschland als entsandter Arbeitnehmer tätig. Dies ergibt sich aus den vorliegenden Lohnsteuerbescheinigungen der „C”GmbH für die Zeiträume vom 01.01.2007 bis 01.02.2007, 06.04.2007 bis 31.08.2007 und 02.10.2007 bis 31.12.2007. Lohnsteuerbescheinigungen über eine tatsächliche Entsendung nach Deutschland im Jahr 2006 hat der Kläger nicht vorgelegt, obwohl er durch Schreiben des Gerichts vom 01.12.2009 darauf hingewiesen wurde, dass die pauschale Bescheinigung der „C” vom 07.04.2008 für das Jahr 2006 bisher nicht durch entsprechende Nachweise untermauert worden ist. Auf die vom Kläger in diesem Zusammenhang angeschnittene Frage der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG kommt es an dieser Stelle nicht an, denn für die Anwendung von Art. 14 Nr. 1 Buchstabe a VO (EWG) 1408/71 ist nicht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG erheblich, sondern die tatsächliche Arbeitsleistung als nach Deutschland entsandter Arbeitnehmer.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger während seiner Arbeitstätigkeit in Deutschland eine andere Person abgelöst hat, deren Entsendungszeit abgelaufen war. Damit unterlag der Kläger nach Art. 14 Nr. 1 Buchstabe a VO (EWG) 1408/71 den Rechtsvorschriften Polens.
2. Das Gericht geht davon aus, dass die Regelungen der VO (EWG) 1408/71 abschließend sind, d. h. dass deutsches Kindergeldrecht auch nicht subsidiär anwendbar ist, wenn nach der VO (EWG) 1408/71 das Recht eines anderen Mitgliedstaats anwendbar ist.
Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO (EWG) 1408/71 unterliegen Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Die Bestimmungen des Titels II der VO (EWG) 1408/71 bezwecken nach ständiger Rechtsprechung des EuGH, dass die Betroffenen dem System der sozialen Sicherheit nur eines einzigen Mitgliedstaats unterliegen, so dass die Kumulierung anwendbarer nationaler Rechtsvorschriften und die Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben können, vermieden werden (Urteil vom 10. Juli 1986 in der Rechtssache C – 60/85, Luijten, Slg. 1986, 2365). Davon ist auch das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 8. Juni 2004 2 BvL 5/00 (Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts 110, 412) ausgegangen.
Der EuGH hat zwar im Urteil vom 20. Mai 2008 in der Rechtssache C-352/06 (Bosmann, HFR 2008, 877) entschieden, dass dem Wohnsitzstaat, auch wenn der Kindergeldprätendent nach der VO (EWG) 1408/71 nicht dessen Rechtsvorschriften unterliegt, „nicht die Befugnis abgesprochen werden kann, den in seinem Gebiet wohnhaften Personen Familienbeihilfen zu gewähren”. Der Wohnsitzstaat solle durch die VO (EWG) 1408/71 nicht daran gehindert werden, dieser Person nach seinem Recht Familienbeihilfen zu gewähren. Ob nach deutschem Recht für diesen Fall ein Anspruch besteht, hatte der EuGH nicht zu entscheiden. Diese Prüfung ist nach seiner Ansicht Sache der nationalen Gerichte.
Den §§ 62 ff. EStG ist nicht zu entnehmen, dass deutsches Kindergeldrecht auch dann anwendbar ist, wenn nach dem Wortlaut der VO (EWG) 1408/71 die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats Anwendung finden. Ein Anwendungsbefehl zugunsten des nationalen Rechts wäre aber zu erwarten, weil die VO (EWG) 1408/71 als überstaatliches Recht den nationalen Rechtsvorschriften vorgeht und deren Anwendungsbereich begrenzt. Dass der Gesetzgeber von einem Anwendungsvorrang des überstaatlichen Rechts ausgeht, zeigt § 1 Abs. 7 des Bundeserziehungsgeldgesetzes i. d. F. des Gesetzes vom 12. Oktober 2000. Durch diese Vorschrift wurde die Anspruchsberechtigung von Ehegatten von EU-Bürgern mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als Deutschland hinsichtlich des Erziehungsgeldes für den Fall neu geregelt, dass nur der EU-Bürger in Deutschland erwerbstätig ist, nicht aber sein im Wohnsitzstaat lebender Ehegatte. Der Gesetzgeber wollte damit als Reaktion auf das EuGH-Urteil vom 10. Oktober 1996 in den Rechtssachen C-245/94 und C-312/94 (Hoever und Zachow, Slg. I 1996, 4895) das nationale Recht der Regelung der VO (EWG) 1408/71 anpassen (BT-Drucks. 14/3118, 10). Dieses bestimmt aus seiner Sicht darüber, ob und in welchem Umfang nationales Recht in Zu- und Abwanderungsfällen anwendbar ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen.