02.11.2010
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 16.04.2010 – 3 K 4569/07 L
- Arbeitslohn in Gestalt einer Gratisaktie im Wert von 14,50 € pro Arbeitnehmer unterliegt im Hinblick auf die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG nicht dem Lohnsteuerabzug.
- Der in § 19 a Abs. 8 Satz 1 EStG angeordnete Ansatz des Werts der Aktie mit dem gemeinen Wert verdrängt als Sonderregelung nur den sonst für die Bewertung von Sachbezügen gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG anzusetzenden üblichen Endpreis am Abgabeort, trifft aber keine Bewertungsaussage über die Höhe des nach § 8 Abs. 2 Sätze 1 und 9 EStG zu ermittelnden geldwerten Vorteils.
- Die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG (Vereinfachungsregelung) einerseits und der Freibetrag nach § 19a Abs. 1 EStG (Vergünstigungsvorschrift) sind im Hinblick auf die unterschiedlichen Zielsetzungen nebeneinander anwendbar.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Überlassung von Gratisaktien an Arbeitnehmer der Klägerin zu Arbeitslohn führt und – falls dies der Fall sein sollte – ob im Einzelfall im Hinblick auf den Wert der Aktien angesichts der Freigrenze nach § 8 Abs. 2 Satz 9 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr 1999 gültigen Fassung (EStG) eine Steuerpflicht dieses Sachbezugs mit der Folge ausgeschlossen ist, dass insoweit eine Lohnsteuer-Nachforderung gegenüber der Klägerin ausscheidet.
Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft, ging am 14. Juni 1999 an die Börse. Der Ausgabekurs der Aktien lag bei 14,50 Euro (28,36 DM). Die Klägerin agierte seinerzeit über verschiedene Tochter- und Betriebsführungsgesellschaften. Im Gegensatz zu den Mitarbeitern der Tochtergesellschaften waren die der Betriebsführungsgesellschaften ausschließlich Arbeitnehmer der Klägerin. Anlässlich des Börsenganges räumte die Klägerin ihren eigenen Arbeitnehmern bzw. den Arbeitnehmern der Tochtergesellschaften die Möglichkeit ein, über ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm Anteile an ihrem Unternehmen zu erwerben, auch um einen zusätzlichen Anreiz zu schaffen, sich für das Unternehmen einzusetzen. Im Rahmen einer Informationsbroschüre zum Mitarbeiterbeteiligungskonzept führte die Klägerin hierzu aus, dass den Mitarbeitern drei Module für eine eventuelle Mitarbeiterbeteiligung angeboten werden würden. Modul 2 sehe neben der Möglichkeit der Zeichnung von Mitarbeiteraktien in einem Gesamtwert von 300 DM bis – gestaffelt – zu 1.500 DM vor, dass man je Aktie, die man nach dem angekreuzten Gesamtwert garantiert erhalten werde, zusätzlich eine Call-Option unentgeltlich erhalte. Darüber hinaus erhalte jeder Teilnehmer am Modul 2 eine Gratisaktie der Klägerin und eine weitere Call-Option als Geschenk. Hinsichtlich der Rahmenbedingungen für Modul 2 ist weiterhin ausgeführt, dass die Laufzeit der Call-Optionen insgesamt vier Jahre betrage. Frühestens nach einer Frist von zwei Jahren könne die Call-Option innerhalb bestimmter Zeiträume ausgeübt werden. Die Aktien aus Modul 2 unterlägen dabei einer „Sperrfrist” von zwei Jahren. Sofern die Aktien während dieser Frist dennoch veräußert werden würden oder der betreffende Arbeitnehmer aus dem Konzern der Klägerin ausscheiden sollte, würden die beigefügten Call-Optionen verfallen. Eine Ausübung der Call-Optionen sei erst möglich, wenn das Kursziel von mindestens 5 % Kurssteigerung pro Jahr erreicht werde. Die Call-Optionen könnten nur als Gesamtheit ausgeübt werden (Vollausübung). Bei Ausübung der Call-Optionen könnten dann weitere Aktien zum Platzierungspreis gekauft werden, auch wenn bis dahin die Aktie an der Börse zu einem wesentlich höheren Kurs gehandelt werden würde. Die Call-Optionen würden daher kein zusätzliches Risiko, sondern vielmehr nur die Chance auf einen weiteren Gewinn beinhalten. Der bei der Ausübung dieser Call-Option entstehende Gewinn sei allerdings als geldwerter Vorteil auch lohnsteuerpflichtig.
Für die Begleichung des Kaufpreises – auch betreffend die im Rahmen des Moduls 2 erworbenen Aktien – bestanden drei Zahlungsmöglichkeiten, wobei eine Zuweisung der Aktien – inklusive der Gratisaktie – erst nach Zahlung des Kaufpreises erfolgen sollte. Neben der Möglichkeit der Zahlung im Wege einer Einzugsermächtigung war eine Verrechnung mit der Gehaltszahlung für den Monat August 1999 bzw. eine ratenweise Zahlung über drei Monate, beginnen mit dem Monat Juli 1999, vorgesehen. Die Zeichnungsfrist der Mitarbeiter für den Erwerb der Aktien im Rahmen des Mitarbeiterbeteiligungsprogramms endete bereits am 1.5.1999.
Vor dem Börsengang begehrte die Klägerin im Rahmen einer lohnsteuerlichen Anrufungsauskunft nach § 42e EStG von dem Beklagten als Betriebsstättenfinanzamt der Klägerin die Feststellung, ob die Überlassung der Gratisaktie zu einem steuerpflichtigen Arbeitslohn führe. Sie war der Auffassung, dass eine Versteuerung nach § 8 Abs. 2 S. 9 EStG nicht erfolgen dürfe, weil der Wert der Gratisaktie unter 50 DM liege. Das Finanzamt lehnte dies ab und führte aus, dass für die Ermittlung des Werts und ggf. des geldwerten Vorteils aus einer kostenlosen Überlassung von Vermögensbeteiligungen i. S. des § 19 a Abs. 3 EStG die Vorschrift des § 19 a Abs. 8 EStG als lex specialis Anwendung finde. Dies gelte auch dann, wenn die Steuerbegünstigung nach § 19 a Abs. 1 EStG nicht in Anspruch genommen werden könne. Angesichts dessen finde auch die Freigrenze des § 8 Abs. 2 S. 9 EStG keine Anwendung.
Die Klägerin teilte dem Finanzamt daraufhin mit, dass man an der eigenen Rechtsauffassung festhalte und entsprechend eine Versteuerung der gewährten Gratisaktien mangels Überschreitens der Freigrenze nicht durchführen werde. Dem Vorschlag der Klägerin, für den Fall einer gleichwohl notwendig werdenden Versteuerung eine tatsächliche Verständigung hinsichtlich des dann anzuwendenden Pauschalnettosteuersatzes (§ 40 Abs. 1 Satz 4 EStG) zu treffen und diesen – entsprechend der Berechnungen der Klägerin – mit 40% anzusetzen, schloss sich das Finanzamt (zunächst) nicht an.
Im Rahmen einer sodann unter anderem für das Jahr 1999 durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung vertraten die Prüfer die Auffassung, dass der Sachbezug in Gestalt der Gratisaktie, deren Wert mit 28,36 DM in Ansatz zu bringen sei, nicht nach § 8 Abs. 2 S. 9 EStG steuerfrei zu belassen sei. § 19 a Abs. 8 EStG verdränge als lex specialis die Freigrenze. Ausgehend von einer Bemessungsgrundlage i.H. von 112.648 DM (d.h. 3.972 Gratisaktien zu je 28,36 DM) sei bei einem Steuersatz von 40% eine Lohnsteuer in Höhe von 45.059 DM nachzufordern. Wegen der Einzelheiten zur Ermittlung der Anzahl der Käufer der Aktien aus Modul 2 wird auf die Anlage 2 zum Prüfungsbericht vom 20.3.2003 verwiesen. Eine Versteuerung – so die Ausführungen der Prüfer – sei nicht nur für die Arbeitnehmer der Klägerin, sondern auch für die der Tochtergesellschaften durchzuführen. Unter Tz. 4 des Prüfungsberichts ist weiterhin ausgeführt, dass angesichts des Börsenganges eine betriebliche Feier stattgefunden habe, bei der die Zuwendungen je Arbeitnehmer die Freigrenze nach Abschnitt 72 Abs. 4 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) i. H. von 200 DM überschritten hätten. Der geldwerte Vorteil, den die circa 450 teilgenommenen Arbeitnehmer anlässlich dieser Veranstaltung erhalten hätten, sei je Arbeitnehmer mit 372 DM in Ansatz zu bringen. Wer an der Veranstaltung aus dem Konzern der Klägerin teilgenommen habe, habe indes nicht ermittelt werden können. Dieser Sachbezug, der ebenfalls zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führe, sei mangels bisheriger Versteuerung gem. § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG pauschal mit einem Steuersatz i.H. von 25 % zu versteuern.
Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Prüfer und erließ am 28.04.2003 – auch im Hinblick auf weitergehende Beanstandungen – gegenüber der Klägerin einen Haftungs- und Nachforderungsbescheid, wobei es hinsichtlich der Nachforderungsbeträge, die auf die Gewährung einer Gratisaktie entfallen, einen Nachforderungsbetrag i. H. von 21.405,23 Euro (Lohnsteuer) geltend machte. Unter Berücksichtigung der steuerlichen Nebenleistungen ergab sich danach bezüglich dieser Position ein Gesamtbetrag i. H. von 24.080,88 Euro.
Hiergegen legte die Klägerin am 02.05.2003 Einspruch ein und machte geltend, dass der geldwerte Vorteil aus der Überlassung der Gratisaktie wegen des vorrangigen eigenbetrieblichen Interesses der Klägerin nicht zu Arbeitslohn geführt habe. Sofern dies gleichwohl angenommen werde, sei eine Versteuerung jedenfalls im Hinblick auf die Freigrenze nach § 8 Abs. 2 S. 9 EStG nicht durchzuführen. Während des Einspruchsverfahrens ermittelte der Beklagte anhand einer von der Klägerin zuvor angeforderten Aufstellung, dass der geldwerte Vorteil aus der Überlassung der Gratisaktie an eigene Arbeitnehmer – d.h. ohne Berücksichtigung des geldwerten Vorteils aus der Überlassung der Gratisaktien an Arbeitnehmer der Tochtergesellschaften – unter Berücksichtigung des Steuersatzes i.H. von 40% zu einem Lohnsteuer-Nachforderungsbetrag inklusive Nebenleistungen i.H. von 22.339,31 Euro führe. Entsprechend änderte es im Rahmen der Einspruchsentscheidung vom 31.10.2007 den Nachforderungsbetrag ab, wies den Einspruch jedoch im Übrigen als unbegründet zurück. Wegen der Einzelheiten zur Berechnung des Finanzamts wird auf die Anlage zur Einspruchsentscheidung verwiesen.
Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Versteuerung des geldwerten Vorteils aus der Überlassung der Gratisaktien und führt aus:
Die Ausgabe der Gratisaktie sei durch das eigenbetriebliche Interesse der Klägerin begründet gewesen. Sie stelle sich nicht als Frucht der Arbeit der Mitarbeiter dar. Auch spreche der Wert der Gratisaktien i. H. von 14,50 Euro deutlich gegen einen Entlohnungscharakter.
Selbst wenn Arbeitslohn anzunehmen sei, habe im Hinblick auf die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG und angesichts des Werts der Gratisaktie keine Lohnsteuerabzugsverpflichtung bestanden. § 19 a Abs. 8 EStG könne die Freigrenze nicht verdrängen; die Vorschrift stehe innerhalb einer Steuerbefreiungsvorschrift und könne daher keine allgemeine Bewertungsvorschrift darstellen. § 19a Abs. 8 EStG finde nur dann Anwendung, wenn auch die Voraussetzungen des § 19 a Abs. 1 EStG vorlägen, was im Streitfall im Hinblick auf die seinerzeit gesetzlich vorgeschriebene Mindesthaltefrist von sechs Jahren nicht der Fall sei.
Auch sei § 19 a Abs. 8 S. 2 EStG vorliegend nicht unmittelbar anwendbar, weil die Aktien der Klägerin nach Ablauf der Zeichnungsfrist am 1.5.1999 noch nicht zum amtlichen Handel an der Börse zugelassen gewesen seien. Der Börsengang der Klägerin sei erst am 14.6.1999 erfolgt. Würde man im Streitfall eine analoge Anwendung bejahen, ginge man über den Gesetzeswortlaut hinaus, weil die Klägerin im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Vorstandes der Klägerin betreffend die Überlassung der Gratisaktie noch nicht börsennotiert gewesen sei.
Die Klägerin beantragt wörtlich,
den Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom 28.4.2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 31.10.2007 dahingehend zu ändern, dass keine Nachforderungsbeträge bezüglich der Gewährung einer Gratisaktie an Arbeitnehmer der Klägerin berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er aus, dass der Einwand, die Ausgabe der Gratisaktien erfolge im eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin, fehl gehe. Es treffe zwar zu, dass die Klägerin die Arbeitnehmer durch ein attraktives Beteiligungskonzept in besonderer Weise einzubinden versucht habe. Das Interesse der Arbeitnehmer am Bezug der Gratisaktien sei dabei aber nicht in den Hintergrund getreten. Unter Berücksichtigung der für den Erhalt von Gratisaktien aufgestellten Bedingungen – dem gegenwärtigen oder ehemaligen Dienstverhältnis – müsse der Arbeitnehmer die ihm eingeräumte Möglichkeit als durch eben dieses individuelle Dienstverhältnis veranlasst und damit als Frucht seiner Leistung für den Arbeitgeber ansehen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass eine Vergütung, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer neben einer normalen Vergütung gewähre, um eine zusätzliche besondere Erfolgsmotivation für die Zukunft zu bewirken, als sogenannter Anreizlohn regelmäßig ebenfalls einen geldwerten Vorteil bzw. Arbeitslohn bei dem Arbeitnehmer darstelle. Das durch die Aktien ein Anreiz entwickelt werden sollte, ergebe sich aus dem Ziel des Mitarbeiterprogramms. Die zugleich verfolgte betriebsfunktionale Zielsetzung rücke damit nicht in den Vordergrund.
Der Auffassung, dass die Freigrenze nach § 8 Abs. 2 S. 9 EStG Anwendung finde, könne nicht gefolgt werden. Für die Bewertung von den Arbeitnehmern überlassenen Vermögensbeteiligungen i.S. des § 19a Abs. 3 EStG stelle § 19a Abs. 8 EStG eine Sonderregelung dar, die § 8 Abs. 2 EStG verdränge, und zwar auch dann, wenn § 19a Abs. 1 EStG nicht eingreife, wie es im Streitfall im Hinblick auf die nicht eingehaltene Mindesthaltefrist von sechs Jahren der Fall sei. Die Freigrenze nach § 8 Abs. 2 Satz 9 finde nur für solche geldwerten Vorteile Anwendung, die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bewerten seien, nicht jedoch nach § 19a Abs. 8 EStG. Der Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG stehe daher bereits einer Anwendung entgegen. Die Anwendung einer Steuerermäßigungsvorschrift komme nicht in Betracht, weil den Arbeitnehmern im Hinblick auf die gewährte Gratisaktie kein tatsächlich längerer Vergütungszeitraum habe zugeordnet werden können. Es handele sich nicht um Arbeitslohn für mehrere Jahre, der zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum gewährt werde. Die Ausführungen des Klägers zu § 19a Abs. 8 S. 2 EStG seien nicht entscheidungsrelevant, weil § 19a Abs. 8 Satz 1 EStG eingreife, wenn § 19 a Abs. 8 Satz 2 EStG keine Anwendung finde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Steuer- und Betriebsprüfungsakten und die Schriftsätze der Beteiligten im Klageverfahren Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Nachforderungs- und Haftungsbescheid ist – soweit er von der Klägerin angefochten worden ist – rechtswidrig und verletzt die Klägerin im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in ihren Rechten. Das Finanzamt hat zu Unrecht den geldwerten Vorteil aus der Überlassung der Gratisaktien der Lohnsteuer unterworfen und im Rahmen des Lohnsteuerpauschalierungsverfahrens von der Klägerin nachgefordert.
1. Die Nachforderung von Lohnsteuer beim Arbeitgeber durch Steuerbescheid kommt in Betracht, wenn die Lohnsteuer vorschriftswidrig nicht angemeldet worden ist und es sich um eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers handelt (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 30.4.2009 VI R 55/07, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2009, 726. Eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers liegt auch vor, wenn die Voraussetzungen für eine Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 EStG gegeben sind. Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG kann das Betriebsstättenfinanzamt im Sinne des § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG auf Antrag des Arbeitgebers zulassen, dass die Lohnsteuer mit einem unter Berücksichtigung der Vorschriften des § 38a EStG zu ermittelnden Pauschsteuersatz erhoben wird, soweit in einer größeren Zahl von Fällen Lohnsteuer nachzuerheben ist, weil der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten hat. Die Pauschalierung ist ausgeschlossen, soweit der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer sonstige Bezüge von mehr als 1 000 Euro im Kalenderjahr gewährt (§ 40 Abs. 1 Satz 2 EStG). Der Arbeitgeber hat dem Antrag eine Berechnung beizufügen, aus der sich der durchschnittliche Steuersatz unter Zugrundelegung der durchschnittlichen Jahresarbeitslöhne und der durchschnittlichen Jahreslohnsteuer in jeder Steuerklasse für diejenigen Arbeitnehmer ergibt, denen die Bezüge gewährt werden sollen oder gewährt worden sind (§ 40 Abs. 1 Satz 4 EStG).
2. Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen betreffend den geldwerten Vorteil aus der Überlassung der Gratisaktien nicht vor.
Zwar hat die Klägerin im Rahmen der Lohnsteuer-Außenprüfung (vorbeugend) insoweit einen Antrag auf Pauschalierung der Lohnsteuer gestellt. Auch lägen – eine Lohnsteuerpflicht unterstellt – die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 Satz 2 EStG bzw. § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vor. Zudem wäre im Hinblick auf die zwischen den Beteiligten getroffene tatsächliche Verständigung, die vor dem Hintergrund der im Lohnsteuer-Außenprüfungsverfahren vorgelegten Unterlagen getroffen worden ist, zu Recht davon auszugehen, dass der angewandte Steuersatz von 40% dem entspräche, der sich unter Beachtung des Berechnungsverfahrens nach § 40 Abs. 1 Satz 4 EStG ergäbe. Die Pauschalierung erweist sich jedoch als rechtswidrig, weil der geldwerte Vorteil aus der Überlassung der Gratisaktien zwar Arbeitslohn darstellt (unten a.), dieser jedoch nicht zu versteuern ist unten b.).
a. Die unentgeltliche Überlassung der Gratisaktie führt zu Arbeitslohn.
Zum Arbeitslohn gehören nach § 19 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 EStG alle „Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden”. Arbeitslohn ist danach jeder geldwerte Vorteil, der durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst ist. Ein Veranlassungszusammenhang zwischen Vorteil und Dienstverhältnis ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer einen erhaltenen Vorteil vernünftigerweise wirtschaftlich als Frucht seiner Dienstleistung für den Arbeitgeber betrachten muss (vgl. BFH-Urteil vom 5.7.1996 VI R 10/96, BStBl II 1996, 545). Demgegenüber sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalles nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen (st. BFH-Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 25.5.2000 VI R 195/98, BStBl II 2000, 690). Jedoch reicht das Vorliegen eines eigenbetrieblichen Interesses allein nicht aus, um den Arbeitslohncharakter zu verneinen. Erforderlich ist vielmehr, dass der Vorteil ganz überwiegend im eigenbetrieblichen Interesse gewährt wird. Da eine betriebliche Veranlassung jeder Art von Lohnzahlungen zugrunde liegt, muss sich aus den Begleitumständen, wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergeben, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, deshalb vernachlässigt werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 25.2.2000 VI R 195/98 a.a.O.). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Intensität des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers durch die zum Lohn hinzukommenden Sonderzuwendungen. Je höher aus der Sicht des Arbeitnehmers die Bereicherung anzusetzen ist, desto geringer zählt das aus der Sicht des Arbeitgebers vorhandene eigenbetriebliche Interesse (BFH-Urteil vom 31.10.1986 VI R 73/83, BStBl II 1987, 142).
Im Streitfall stand die Bereicherung der Arbeitnehmer eindeutig im Vordergrund. Sie war nach dem Vorhergesagten Gegenleistung für die Zurverfügungstellung („für die Beschäftigung”) der individuellen Arbeitskraft (Dienste). Nicht zuletzt spricht hierfür der Umstand, dass die Zeichnung der Aktien, die zum Erwerb der Gratisaktie führten, freiwillig gewesen ist. Ein Vorteil ist den Arbeitnehmern nicht aufgedrängt worden. Auch der Hinweis der Klägerin auf den geringen Wert der Gratisaktie führt insoweit zu keinem anderen Ergebnis. Die Klägerin lässt dabei außer Betracht, dass nicht nur der Wert der Gratisakte, sondern auch die im Aktienpaket erworbenen Call-Optionen – wie im Mitarbeiterbeteiligungsprogramm ausgeführt wird – zu einem geldwerten Vorteil führen, letztere allerdings erst im Zeitpunkt der Überlassung der nach Ausübung der Optionen erworbenen Aktien und in Höhe der Verbilligung. Gleichwohl sind diese unentgeltlich überlassenen Call-Optionen im Rahmen der vorzunehmenden Würdigung für die Frage, ob Arbeitslohn vorliegt, mit zu berücksichtigen. Denn beide Vorteile beruhen auf einem einheitlichen Rechtsgeschäft. Insoweit ist zwar anzunehmen, dass die Bedeutung der betriebsfunktionalen Zielsetzung (identitätsstiftende Beteiligung der Arbeitnehmer an dem Unternehmen durch Aktienerwerb) mit dem Umfang der entgeltlich erworbenen Aktien wächst. Andererseits wird dadurch aber deutlich, dass damit zugleich auch der Wert der Bereicherung wächst und die verfolgte betriebsfunktionale Zielsetzung folglich nicht in den Vordergrund drängen kann. Auch dem Umstand, dass die Gratisaktie nicht nur Arbeitnehmern der Klägerin, sondern auch den Arbeitnehmern der Tochtergesellschaften angeboten worden ist, kommt in diesem Zusammenhang angesichts der konzernrechtlichen Beziehungen der Tochtergesellschaften zu der Klägerin keine entscheidende Rolle zu.
b. Der Arbeitslohn in Gestalt der Gratisaktie unterliegt im Hinblick auf die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG und dem Wert der Aktie nicht dem Lohnsteuerabzug.
(1) Im Streitfall ist der Wert der Gratisaktie, die eine Vermögensbeteiligung im Sinne des § 19a Abs. 3 Nr. 1 EStG darstellt, nach § 19a Abs. 8 Satz 1 EStG und nicht nach §19a Abs. 8 Satz 2 EStG vorzunehmen.
Denn letztere Vorschrift setzt – wie auch die hierauf aufbauenden Sätze 3 bis 5 des § 19a Abs. 8 EStG – voraus, dass es sich bei dem Arbeitgeber im Zeitpunkt der Beschlussfassung betreffend die Überlassung der Vermögensbeteiligung bereits um ein börsennotiertes Unternehmen gehandelt hat. So verhält es sich im Streitfall aber nicht. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin bereits vor der Börsennotierung anlässlich des aufgelegten Mitarbeiterbeteiligungsprogramms beschlossen hatte, jedem Zeichnenden nicht nur die Zuteilung der gezeichneten Aktien zuzusagen, sondern auch die Gewährung einer Gratisaktie, lag der Tag der Beschlussfassung betreffend die unentgeltliche Überlassung der Gratisaktien bereits vor dem Tag des Börsenganges. Angesichts dessen findet § 19a Abs. 8 Satz 1 EStG mit der Folge Anwendung, dass der Wert der Aktie mit dem gemeinen Wert zu bemessen ist.
Insoweit verdrängt § 19a Abs. 8 Satz 1 EStG als Sonderregelung den sonst für die Bewertung von Sachbezügen gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG regelmäßig anzusetzenden üblichen Endpreis am Abgabeort und findet als allgemeine Bewertungsregel auch dann Anwendung, wenn – wie im Streitfall im Hinblick auf die seinerzeit gesetzlich vorgesehene Mindesthaltefrist von sechs Jahren, die auch nach deren ersatzlosen Aufhebung ab dem Jahre 2002 für das Streitjahr Geltung beansprucht – der Freibetrag nach § 19a Abs. 1 EStG nicht eingreifen sollte (vgl. BFH-Urteil vom 1.2.2007 VI R 72/05, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs –BFH/NV- 2007, 898).
Ein Ausnahmefall dergestalt (vgl. BFH-Urteil vom 4.4.2001 VI R 96/00, BStBl II 2001, 813, dort zu § 19a Abs. 8 Satz 2 EStG), dass ein unveränderlicher Vorteil für den Zeitraum von dem Tag der Beschlussfassung an bis zur Überlassung der Vermögensbeteiligung feststand, der ggfs. auch die Anwendbarkeit des § 19a Abs. 8 Satz 1 EStG ausschließen könnte, liegt nicht vor. Da der Zeitpunkt der Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht betreffend die Gratisaktie, die erst zu einer Einnahme im Sinne des § 11 Abs. 1 EStG führt, von der vorherigen Begleichung des Kaufpreises abhing, der Wert der Aktie bis zu diesem Zeitpunkt jedoch noch Kursschwankungen unterliegen konnte, stand die Höhe des geldwerten Vorteils am Tag der Beschlussfassung nicht unveränderlich fest.
(2). Gleichwohl führt die Bewertung der Aktie mit dem gemeinen Wert nach § 19a Abs. 8 Satz 1 EStG nicht dazu, dass der Klägerin aus diesem Grunde die Berufung auf die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG von vornherein versagt werden kann.
Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung des Finanzgerichts München im Urteil vom 21.8.2008 15 K 1238/06 (Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2008, 1869) an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Finanzgerichts München in dem vorgenannten Urteil. Danach begründet die Norm des § 19a Abs. 8 EStG nur insoweit eine Spezialität gegenüber der Bewertung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG und damit einen Normenvorrang, als es um den Wert der zugewendeten Sache geht. § 19a Abs. 8 EStG trifft aber keine Bewertungsaussage über die Höhe des geldwerten Vorteils. Dieser ist anhand des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu ermitteln, so dass auch § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG Anwendung findet. Auch im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Freigrenze § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG (Vereinfachungsregelung) einerseits und des Freibetrags nach § 19a Abs. 1 EStG (Vergünstigungsvorschrift) andererseits besteht kein Exklusivitätsverhältnis. Vielmehr sind der Freibetrag und die Freigrenzen im Hinblick auf die unterschiedlichen Zielsetzungen nebeneinander anwendbar.
Ergänzend und vertiefend weist der Senat diesbezüglich nur auf Folgendes hin:
Der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG (vgl. Bundestags-Drucksache (BT-Drs) 13/1686, 8) ist weder zu entnehmen, dass § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG auch für die Überlassung von Vermögensbeteiligungen im Sinne des § 19a EStG gelten soll, noch, dass diese Freigrenze nicht gelten soll. Die Gesetzesbegründung enthält hierzu weder im positiven noch im negativen Sinne eine Aussage. Sie lässt nicht erkennen, in welchem Verhältnis § 19a Abs. 8 EStG zu § 8 Abs. 2 Satz 1 und Satz 9 EStG aus Sicht des Gesetzgebers stehen soll. Lediglich den Ausführungen in der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbeteiligungen vom 2.9.1983 ist zu entnehmen, dass die Vorgängervorschrift des § 19a Abs. 8 EStG, der im Jahre 1983 eingeführte § 19a Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes, die Feststellung des Werts der Vermögensbeteiligung regelt, die zur Ermittlung des mit der Überlassung zugewendeten Vorteils notwendig sei (BT-Drs. 10/337, Seite 16 zum Entwurf des § 19 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes, der später – unter Vornahme von Veränderungen – zum § 19a Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes führte). Dies kann für eine nur partielle Ersetzung des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG durch § 19a Abs. 8 EStG angeführt werden, wobei allerdings zu beachten ist, dass seinerzeit die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG noch nicht gegolten hat. In seinem Urteil vom 1.2.2007 VI R 72/05 (a.a.O.) hat der BFH entsprechend auch nicht gesetzgeberische Gründe, sondern nur systematische Überlegungen für das Verständnis des § 19a Abs. 8 Satz 1 EStG als allgemeine Bewertungsregel angeführt, der insoweit den § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG verdränge.
Eben systematische Gründe, aber auch Gründe der Gleichbehandlung und der Sinn und Zweck des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG sprechen aus Sicht des erkennenden Senats dafür, dass § 19a Abs. 8 EStG den § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG nur partiell verdrängt und – da eine Bewertung des geldwerten Vorteils letztlich nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG erfolgt – damit § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG grundsätzlich Anwendung finden kann.
Denn in systematischer Hinsicht und im Hinblick auf den Regelungszweck findet § 19a Abs. 8 Satz 2 EStG nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs jedenfalls keine Anwendung, wenn der geldwerte Vorteil am Tag der Beschlussfassung – unabhängig vom Zeitpunkt der Überlassung der Beteiligung an den Arbeitnehmer – unveränderlich feststeht (vgl. BFH-Urteil vom 4.4.2001 VI R 96/00 a.a.O.). In dieser Situation findet vielmehr § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG und mithin auch die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG Anwendung. Es ist aber kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, wieso die Unveränderlichkeit des Werts der Vermögensbeteiligung zum Zeitpunkt der Überlassung dieser Beteiligung dafür ausschlaggebend sein soll, ob die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG Anwendung findet.
Im Gegenteil spricht der Gesichtspunkt, dass der Wert der (verbilligt oder unentgeltlich überlassenen) Vermögensbeteiligung bis zum Tag der Überlassung Veränderungen unterliegen kann, für die Anwendung der Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG – gerade im Falle der Bewertung von Vermögensbeteiligungen nach § 19a Abs. 8 Satz 1 EStG. Denn die Freigrenze soll nach dem Willen des Gesetzgebers den Verwaltungsaufwand im Verhältnis zum steuerlichen Ergebnis als vertretbar erscheinen lassen. Aus diesem Grunde sind geldwerte Vorteile, deren Erfassung durch amtliche Sachbezüge vereinfacht sind (und die mithin keinen Verwaltungsaufwand verursachen), auch vom Geltungsbereich des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG ausgenommen worden (vgl. BT-Drs 13/1686, Seite 8). Der Gedanke der Verwaltungsvereinfachung findet im Streitfall indes seine Berechtigung. Denn zur zutreffenden Berechnung der Summe des geldwerten Vorteils aus der Überlassung sämtlicher Gratisaktien hätte der Beklagte zunächst für jeden Arbeitnehmer – mithin in mehr als 3.000 Fällen – ermitteln müssen, wann der betreffende Arbeitnehmer im Laufe des Jahres 1999 nach Begleichung des jeweiligen Kaufpreises die Gratisaktie tatsächlich erhalten hat und welchen Wert die Gratisaktie zu diesem Zeitpunkt hatte. Denn die im Streitfall einschlägige Vorschrift des § 19a Abs. 8 Satz 1 EStG verlagert – anders als § 19a Abs. 8 Satz 2 EStG – den Bewertungszeitpunkt für die Ermittlung des Werts der Vermögensbeteiligung nicht. Maßgeblich ist vielmehr der Wert der Aktie im Zeitpunkt der Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht. Dies hat das Finanzamt indes nicht getan, sondern für die Ermittlung des Wertes der Gratisaktien offensichtlich – und aus seiner Sicht auch erheblich vereinfachend – durchgängig den Ausgabekurs der Aktie von 14,50 Euro – umgerechnet 28,36 DM – zugrunde gelegt.
Im Übrigen ist aus Sicht des Senats auch nicht ersichtlich, inwieweit sich der gemeine Wert von Aktien eines – im Zeitpunkt der Überlassung der Aktien – börsennotierten Unternehmens (wesentlich) von dem Wert unterscheiden soll, der sich unter Zugrundelegung des üblichen Endpreises am Abgabeort ergeben sollte. Vielmehr dürften beide Werte (nahezu) identisch sein, so dass auch vor diesem Hintergrund eine Differenzierung des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG im Streitfall sachlich nicht gerechtfertigt erscheint.
Auch der Gesichtspunkt, dass § 19a Abs. 1 EStG bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen einen Freibetrag für Vermögensbeteiligungen im Sinne des § 19a Abs. 3 EStG vorsieht, gebietet es nicht, in systematischer Hinsicht von einer vollständigen Verdrängung des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG durch § 19a Abs. 8 Satz 1 EStG auszugehen. Zum einen findet die Steuerbefreiungsvorschrift für die Arbeitnehmer, die eine Gratisaktie im Rahmen des Moduls 2 erworben haben, von vornherein keine Anwendung. Denn diese Aktien unterlagen keiner Sperrfrist von sechs Jahren. Zum anderen schließt die Anwendung einer Steuerbefreiungsvorschrift für den überschießenden Betrag nicht die Anwendung der Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG aus. Vielmehr bleiben die steuerfreien Beträge bei der Berechnung der Freigrenze außer Betracht (vgl. BFH-Beschluss vom 19.11.2008 VI R 80/06, BStBl II 2009, 547).
c. Dies zugrunde gelegt, steht der Anwendung der Freigrenze auch nicht der jeweilige Wert der Gratisaktie entgegen. Aus Sicht des erkennenden Senats steht im Hinblick auf die Kursentwicklung der Aktie im Streitjahr fest, dass der Kurswert nach dem Börsengang und bis Ende 1999 nicht über 50 DM gestiegen ist. Angesichts der Zahlungsbedingung ist dabei davon auszugehen, dass sämtliche Arbeitnehmer, die am Modul 2 teilgenommen haben, die Gratisaktie auch bis Ende des Jahres 1999 erhalten haben. Weitere geldwerte Vorteile, deren zusätzliche Berücksichtigung zu einem Überschreiten der Freigrenze von 50 DM je Kalendermonat führen könnten, liegen nicht vor, insbesondere auch nicht im Hinblick auf die im Juni 1999 durchgeführte Börsenveranstaltung, die zu weiteren geldwerten Vorteilen gegenüber einzelnen Arbeitnehmern geführt hat. Die Beteiligten haben sich dahingehend tatsächlich verständigt, dass keiner der Teilnehmer an der Börsenparty – sofern er Aktien aus dem Modul 2 gezeichnet haben sollte – eine Gratisaktie noch im Monat Juni 1999 erhalten habe.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war im Hinblick auf das Revisionsverfahren VI R 36/08 und der Frage der Anwendbarkeit der Freigrenze im Falle der Überlassung von Vermögensbeteiligungen im Sinne des § 19a Abs. 8 EStG zuzulassen.