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  • 02.11.2010

    Finanzgericht des Saarlandes: Urteil vom 04.05.2010 – 1 K 2357/05

    1. Dem Abzug von im Jahr 2004 getätigten Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung zum Verkehrspiloten (Airline Transport Licence, ATPL) als vorweggenommene Werbungskosten steht § 12 Nr. 5 EStG entgegen.

    2. Diese durch das Gesetz v. 21.7.2004 zur Änderung der AO und weiterer Gesetze (BGBl I, 2004, 1753) eingefügte Norm ist nicht verfassungswidrig.

    3. Die Berufsausbildung findet nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses i. S.v. § 12 Nr. 5 2. HS EStG statt, wenn der Pilotenanwärter für den Ausbildungsbetrieb im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses arbeitet, dessen Inhalt Hilfsarbeiten im Flugschulbetrieb sind und das vor Beginn der eigentlichen, wichtigen Ausbildungsphase endet.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit

    hat der 1. Senat des Finanzgerichts des Saarlandes durch den Richter am Finanzgericht … als Vorsitzender, den Richter am Finanzgericht …, die Richterin am Finanzgericht … sowie die ehrenamtlichen Richter … und … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2010 für Recht erkannt:

    Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Der Kläger absolvierte im Streitjahr eine erstmalige Berufsausbildung als Verkehrspilot (Airline Transport Licence, ATPL) bei …C, einer Tochtergesellschaft der …. Bei letzterer wurde der Kläger im Anschluss an seine Berufsausbildung ab März 2006 als Verkehrsflugzeugführer angestellt; ihm wurde bereits im Jahr 2005 eine diesbezügliche Zusage erteilt. Die Ausbildung begann am 5. Juli 2004 (Bl. 73). Während seiner Ausbildung arbeitete der Kläger in der Zeit vom 1. September 2004 bis zum 1. Oktober 2005 bei C im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung.

    Der Kläger beschreibt seine Tätigkeiten im Rahmen dieses geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses wie folgt (Bl. 74):

    „Ich hatte die Aufgabe, die verschiedenen Flugzeuge mit Fluglehrer und Schülern zu besetzen und mich um den korrekten Ablauf der einzelnen Flüge zu kümmern. Das heißt ich musste den Flugschülern sowie den Lehrern ihre Einsätze mitteilen, sowie auch organisieren und falls entweder der Fluglehrer, der Flugschüler oder das Flugzeug ausfallen, für Ersatz beziehungsweise mich um die Umorganisation zu bemühen.

    Des Weiteren hatte ich die Aufgabe, zu kontrollieren, dass die einzelnen Flieger in einem technisch einwandfreien Zustand waren. Das heißt ich musste jeden Tag kontrollieren, ob ein Flieger seine Flugstundenanzahl erreicht hat, um sich wieder in der Technik einer Kontrolle zu unterziehen. Diese Kontrolle musste ich dann natürlich auch noch terminlich vereinbaren und organisieren.

    Mein anderer Aufgabenbereich war das Pflegen der Flugstatistik. Das heißt ich musste die einzelnen Flugstunden, die ein so genanntes Bordbuch eingetragen wurden, mit Lehrer und Flugschülern in eine elektronische Datenbank übertragen, damit die Flugschule den einzelnen Flugschülern eine Rechnung sowie eine Aufstellung über ihre geflogenen Flugstunden erstellen kann. Des Weiteren waren meine Aufgaben, alles was sich rund um das Thema Flugdurchführung und Flugablauf ergeben hat.

    Es war auch von Anfang an klar und so auch von der Flight-Training gewünscht, dass ich nur bis zum 1. Oktober 2005 dort arbeiten kann, weil ich ab dann in die so genannte wichtige und letzte Ausbildungsphase, nämlich die letzte praktische Flugtrainingsphase ging und mich darauf voll zu konzentrieren hatte, damit ich eine erfolgreiche praktische Abschlussprüfung im März 2006 erlange.”

    In seiner Einkommensteuererklärung 2004 (erklärte Einnahmen: 0 EUR) bzw. der Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages auf den 31. Dezember 2004 beantragte der Kläger die Berücksichtigung von der Höhe nach nicht streitigen ausbildungsbedingten (vorweggenommenen) Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 EStG i.H.v. … EUR (Rbh, Bl. 6). Die ausbildungsbedingten Kosten wurden von dem Bankkonto der Eltern beglichen. Diese gewährten dem Kläger ein Darlehen (Rbh, Bl. 7). Entsprechende Darlehenszinsen (… EUR) sind in den Gesamtaufwendungen enthalten.

    Der Beklagte lehnte den Antrag auf Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2004 durch Bescheid vom 25. Juli 2005 (Rbh, Bl. 2) unter Hinweis auf die gesetzliche Neuregelung in § 12 Nr. 5 EStG ab. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies er mit Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2005 (Bl. 6) als unbegründet zurück.

    Am 15. November 2005 hat der Kläger Klage erhoben (Bl. 1 ff.). Er beantragt,

    unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 25. Juli 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2005 den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2004 auf 27.879 EUR festzustellen.

    Vorliegend greife die Ausnahme des § 12 Nr. 5 2. Halbsatz EStG ein. Das geringfügige Beschäftigungsverhältnis des Klägers zu C sei als Dienstverhältnis i.S.d. § 12 Nr. 5 2. Halbsatz EStG zu qualifizieren. Dieses Beschäftigungsverhältnis sei zum 1. Oktober 2005 beendet worden, als die „wichtige und letzte Ausbildungsphase, nämlich die letzte praktische Flugtrainingsphase” begonnen habe, auf die sich der Kläger voll zu konzentrieren gehabt habe, um die Abschlussprüfung im März 2006 erfolgreich zu bestehen (Bl. 72 ff.).

    Auch wenn die Ausnahme nicht greife, sei der Werbungskostenabzug zu gewähren. Die geltend gemachten Kosten stünden in unmittelbarem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Erzielung von steuerbaren Einkünften aus der angestrebten Tätigkeit als Verkehrsflugzeugführer. Das Abzugsverbot nach § 12 Nr. 5 EStG greife nicht. Der BFH stelle in seiner jüngsten Rechtsprechung darauf ab, dass die typisierende Betrachtungsweise des § 12 Nr. 5 EStG nur dann greife, wenn die erstmalige Berufsausbildung keinen hinreichenden erwerbsbezogenen Veranlassungszusammenhang erkennen lasse (BFH vom 18. Juni 2009 VI R 79/06, juris, und VI R 14/07, BFH/NV 2009, 1875). Ein solcher Veranlassungszusammenhang sei vorliegend aber gegeben (Bl. 65, 72). Der BFH habe sich im Übrigen auch in den jüngsten Entscheidungen nicht dazu geäußert, ob er die vielfältigen verfassungsrechtlichen Bedenken geprüft habe.

    Schließlich sei § 12 Nr. 5 EStG verfassungswidrig. Er verstoße gegen das objektive Nettoprinzip, Art. 3 GG sowie gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Rückwirkungsverbot (Bl. 46 ff.).

    Objektives Nettoprinzip

    Der Gesetzgeber habe mit dieser Neuregelung ab 2004 auf die geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung, die einen Werbungskostenabzug bei einer erstmaligen Berufsausbildung zugelassen habe (vgl. speziell sog. „Pilotenurteil”, BFH vom 27. Mai 2003, VI R 33/01, BStBl II 2004, 884) – reagiert, um Steuerausfälle zu vermeiden. Im Gesetzgebungsverfahren sei im Rahmen der Anhörung des Finanzausschusses am 26. Mai 2004 zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung (BT-Drucks. 15/904) deutlich gemacht worden, dass die vorgesehene Rechtsänderung als verfassungswidriger Eingriff in das objektive Nettoprinzip anzusehen sei (Bl. 4 ff., 27 ff.). Dem Gesetzgeber sei zwar die Einschränkung des objektiven Nettoprinzips zur Missbrauchsabwehr erlaubt. Die fiskalische Zielsetzung, Steuerausfälle zu vermeiden, sei – worauf auch in der Literatur hingewiesen werde – kein besonderer sachlich rechtfertigender Grund.

    Art. 3 GG

    Die berufliche Weiterbildung (nach abgeschlossener Berufsausbildung) im Wege eines Erststudiums sei gegenüber einer nicht akademischen Weiterbildung ohne rechtfertigenden Grund schlechter gestellt. Der Gesetzgeber habe zudem keine Veranlassung gesehen, das Abzugsverbot nur im Fall eines Ausbildungsdienstverhältnisses zu durchbrechen.

    Verfassungswidrige Rückwirkung

    Das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung sei am 21. Juli 2004 im Bundestag beschlossen, jedoch mit Wirkung zum 1. Januar 2004 in Kraft getreten. Steuerpflichtige, die in der Zeit vom 1. Januar bis zum 21. Juli 2004 Aufwendungen für die Berufsausbildung getätigt hätten, hätten auf die zuvor bestehende Rechtslage vertraut und könnten nun benachteiligt sein, ohne dass es hierfür eine Rechtfertigung gebe.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage als unbegründet abzuweisen.

    § 12 Nr. 5 EStG begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Es handele sich um eine typisierende Regelung. Zu Recht gehe der Gesetzgeber davon aus, dass Aufwendungen zum Erlernen von Grundlagen für einen Beruf (Erstausbildung) typisierend den Lebensführungskosten zuzurechnen seien. Solche Kosten würden steuerlich bereits durch den den Eltern während dieser Zeit in aller Regel gewährten Kinderfreibeträgen (bzw. durch das Kindergeld) hinreichend berücksichtigt. Kosten für eine weitere Berufsausbildung bzw. für ein Zweitstudium müssten steuerlich anders berücksichtigt werden, weil der Auszubildende in dieser Zeit in der Regel nicht mehr bei den Eltern wohne und die steuerliche Berücksichtigung über den Kinderfreibetrag entfalle. In diesen Fällen sei es sachgerecht, die Aufwendungen für die weitere berufliche Bildung als Werbungskosten abzuziehen (Bl. 38 f.).

    Der BFH habe in seinen jüngsten Entscheidungen hierzu (BFH vom 18. Juni 2009 VI R 79/06, juris, und VI R 14/07, BFH/NV 2009, 1875) ausgeführt, § 12 Nr. 5 EStG bestimme in typisierender Weise, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung (und ein Erststudium) noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen im Zusammenhang stünden. Bei der hier streitigen Ausbildung des Klägers zum Verkehrspiloten handele sich um eine solche erstmalige Berufsausbildung. Die Aufwendungen seien demnach lediglich als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG abzugsfähig.

    Das Verfahren hat im Hinblick auf das beim BFH anhängige Revisionsverfahren VI R 79/06 geruht und ist nach Ergehen der Entscheidung des BFH wieder aufgenommen worden.

    Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die hinzugezogenen Verwaltungsakten des Beklagten (vgl. Bl. 70) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet. Die ablehnende Verfügung und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 101 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die geltend gemachten Aufwendungen zu Recht als nach § 12 Nr. 5 EStG nicht abzugsfähige Ausgaben eingeordnet und dementsprechend zutreffend den Erlass eines Bescheids über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 2004 abgelehnt.

    1. Nach § 10 d Abs. 4 EStG sind negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden können, als verbleibender Verlustvortrag gesondert festzustellen. In die Höhe des festzustellenden Betrages fließen die nach § 10 d Abs. 1 und 2 EStG maßgeblichen Beträge sowie ein bereits bestehender Verlustvortrag aus Vorjahren ein. Negative Einkünfte im Sinne von § 2 Abs. 1 EStG können bei Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit (§ 19 EStG) durch den Überschuss von Werbungskosten über die Einnahmen entstehen. Zu den Werbungskosten nach § 9 EStG können auch Aufwendungen für Bildungsmaßnahmen gehören, sofern sie beruflich veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden (vgl. BFH vom 20. Juli 2006 VI R 26/05, BStBl II 2006, 764 m.w.N.). Die ursprüngliche Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildungskosten hat der BFH aufgegeben (BFH vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BStBl II 2003, 403). Erzielt der Steuerpflichtige noch keine Einnahmen, so können dennoch Werbungskosten vorliegen (vorweggenommene Werbungskosten). In diesem Fall müssen sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen aus der beruflichen Tätigkeit stehen (BFH vom 20. Juli 2006 VI R 26/05, BStBl II 2006, 764).

    Nach § 12 Nr. 5 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung der AO und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 (BGBl I, 2004, 1753) sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium aber nicht abzugsfähig, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Ein Dienstverhältnis im Sinne von § 12 Nr. 5 EStG liegt vor, wenn eine Person als Arbeitnehmer in einem öffentlichen oder privaten Dienst angestellt oder beschäftigt ist und seinem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet (§ 1 Abs. 2 LStDV; FG Rheinland-Pfalz vom 20. Dezember 2006 1 K 2670/05, EFG 2007, 838).

    2. Die Ausbildungskosten des Klägers führen nicht zu negativen Einkünften und damit zu der Feststellung eines vortragsfähigen Verlustes auf den 31. Dezember 2004. Denn sie können nicht als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers berücksichtigt werden. Dem steht § 12 Nr. 5 EStG entgegen.

    a.§ 12 Nr. 5 EStG verbietet den Abzug von Kosten der erstmaligen Berufsausbildung. Die Ausnahmevorschrift des § 12 Nr. 5 2. Halbsatz EStG, auf die sich der Kläger beruft, ist vorliegend nicht einschlägig. Es bedarf an dieser Stelle keiner Erörterung, ob auch ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis als Dienstverhältnis i.S.d. § 12 Nr. 5 EStG qualifiziert werden kann. Vorliegend fielen die Kosten des Klägers für seine Ausbildung zum Verkehrspilot jedenfalls nicht im Rahmen seines geringfügigen Beschäftigungsverhältnis zu C an, sondern im Rahmen des Ausbildungsverhältnisses. Es fehlt an einem nach dem Wortlaut des Gesetzes („im Rahmen”) erforderlichen Veranlassungszusammenhang der Kosten zu dem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis. Jenes wurde neben dem Ausbildungsverhältnis eingegangen. Dies zeigt sich zunächst an den Inhalten und Aufgaben, die der Kläger als geringfügig Beschäftigter zu verrichten hatte. Diese hat der Kläger eindrucksvoll in seinem Schreiben vom 29. November 2009 (Bl. 74) geschildert. Daraus ergibt sich, dass Inhalt des geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses nicht die Ausbildung im Beruf des Verkehrpiloten, sondern Hilfsarbeiten im Zusammenhang mit dem Flugschulbetrieb waren. Das nicht die Ausbildung Inhalt und Zweck des geringfügigen Beschäftigungsverhältnis war, wird auch daran deutlich, dass das letztere später als das Ausbildungsverhältnis begann und – worauf der Kläger ausdrücklich hinwies – endete, bevor die eigentlich wichtige und letzte Ausbildungsphase begann. Auf den Ausgang des beim BFH zur Frage der Ausbildung eines Pilotenanwärters im Rahmen eines Dienstverhältnisses anhängigen Verfahrens VI R 22/09 gegen das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 17. Dezember 2008 8 K 6331/06 B kam es daher vorliegend nicht an.

    b. Die Ausbildungskosten unterfallen der Vorschrift des § 12 Nr. 5 1. HS EStG. Denn es handelt sich um Kosten, die dem Kläger im Rahmen seiner erstmaligen Berufsausbildung entstanden sind. Gerade diesen Fall erfasst der Wortlaut des Gesetzes. Dem steht auch nicht entgegen, dass der BFH § 12 Nr. 5 EStG in den von dem Kläger zitierten Entscheidungen (BFH vom 18. Juni 2009 VI R 14/07 und VI R 79/06, juris) in verfassungskonformer Weise dahingehend ausgelegt hat, dass er den Abzug von Ausbildungskosten im Zusammenhang mit einem Erststudium nach abgeschlossener Berufsausbildung nicht verbietet. Für eine verfassungskonforme Auslegung in Bezug auf eine erstmalige Berufsausbildung (nicht Erststudium) dahingehend, den Anwendungsbereich des § 12 Nr. 5 EStG entsprechend der Argumentation des Klägers auf solche Fälle einzuschränken, in denen kein hinreichender erwerbsbezogener Veranlassungszusammenhang erkennbar ist, besteht angesichts des eindeutigen, vom Gesetzgeber bewusst als Reaktion auf die Rechtsprechungsänderung des BFH (vgl. hierzu insbesondere: BFH vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BStBl II 2003, 403 und ihm folgend vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BStBl II 2003, 407; vom 22. Jul 2003 VI R 50/02, BStBl II 2004, 889 und vom 4. November 2003 VI R 96/01, BStBl 2004, 891) gewählten entgegenstehenden Wortlauts der Norm kein Raum (zu den gesetzgeberischen Motiven vgl. BT-DS 15/3339, B. zu Nr. 1 und 2).

    Der Senat teilt zwar teilweise die verfassungsmäßigen Bedenken des Klägers an § 12 Nr. 5 EStG. Diese Bedenken reichen jedoch nicht so weit, dass der Senat von der Verfassungswidrigkeit der Norm überzeugt wäre und das Verfahren aussetzen dürfte und müsste, um eine diesbezügliche Klärung durch das Bundesverfassungsgericht herbeizuführen (vgl. Art. 100 Abs. 1 GG).

    aa. Der Senat sieht in der Vorschrift im Ergebnis keinen Verstoß gegen Art. 3 GG.

    (1) Die Vorschrift hat zur Folge, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung bzw. ein Erststudium nicht als (vorweggenommene) Werbungskosten, sondern nur im Rahmen des Sonderausgabenabzugs nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.H.v. max. 4.000 EUR berücksichtigt werden können. Zwar läuft dieser Sonderausgabenabzug – sofern (wie beim Kläger) keine positiven Einkünfte im Jahr der Verausgabung vorliegen – mangels Verrechnungsmöglichkeit leer (eine Vortragsfähigkeit sieht das Gesetz nicht vor). Hierin liegt allerdings kein Verfassungsverstoß.

    Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet es dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Hieraus ergeben sich unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber. Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die gesetzgeberische Freiheit wird insbesondere im Bereich des Einkommensteuerrechts vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedriger Einkommen angemessen sein muss. Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (st. Rspr. des BVerfG, vgl. BVerfG vom 9. Dezember 2008, 2 BvL 1 und 2/07, 2 BvL 1 und 2/08 BVerfGE 122, 210 m.w.N.). Im Einkommensteuerrecht folgt aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip das so genannte objektive und subjektive Nettoprinzip. Dieses besagt, dass der Einkommensteuer grundsätzlich nur das Nettoeinkommen, also der Unterschiedsbetrag aus den Einnahmen und den Erwerbsaufwendungen (objektives Nettoprinzip) und nach Abzug der die Existenz sichernden Aufwendungen (subjektives Nettoprinzip) unterworfen werden kann. Das BVerfG hat bisher offen gelassen, ob das objektive Nettoprinzip, wie es in § 2 Abs. 2 EStG zum Ausdruck kommt, Verfassungsrang hat. Jedenfalls hat es festgestellt, dass der Gesetzgeber dieses Prinzip bei Vorliegen gewichtiger Gründe durchbrechen und sich dabei generalisierende, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen kann (zuletzt BVerfG vom 9. Dezember 2008, 2 BvL 1 und 2/07, 2 BvL 1 und 2/08 BVerfGE 122, 210 m.w.N). Typisierung bedeutet, bestimmte in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Insbesondere darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen (BVerfG, vgl. insbes. BVerfG vom 9. Dezember 2008, 2 BvL 1 und 2/07, 2 BvL 1 und 2/08 BVerfGE 122, 210 m.w.N. der st. Rspr.).

    (2) Indem der Gesetzgeber mit § 12 Nr. 5 EStG den Abzug von Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung und ein Erststudium außerhalb eines Dienstverhältnisses ausschloss, bewegte er sich nach Auffassung des Senats noch innerhalb des ihm zur Verfügung stehenden Gestaltungsspielraums. Der Senat hat die in der Literatur vertretenen erhebliche Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der Norm zur Kenntnis genommen und teilt diese verschiedentlich. Allerdings ist er – wie auch das FG Düsseldorf, vgl. Urteil vom 3. Dezember 2008 2 K 3575/07 F, EFG 2009, 1201, und das FG Hamburg, vgl. Urteil vom 25. November 2009 5 K 193/08, juris) sowie zuletzt das FG Baden-Württemberg vom 19. Januar 2010 11 K 4253/08 – nicht von der Verfassungswidrigkeit der Norm überzeugt.

    Denn in Anlehnung an die obigen Darstellungen verstieß der Gesetzgeber nicht gegen Art. 3 GG, in dem er mit dieser generalisierenden und typisierenden und pauschalierenden Regelung die Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung in zulässiger Weise den Lebenshaltungskosten zuordnete vor dem Hintergrund, dass die erstmalige Berufsausbildung dem Steuerpflichtigen erstmals Kenntnisse und Fähigkeiten für die Teilnahme am Erwerbsleben vermitteln und damit die Grundvoraussetzung für eine Lebensführung darstellen. Inwieweit sich dies mit den womöglich veränderten Umständen am Arbeitsmarkt vereinbaren lässt (vgl. hierzu Drenseck in Schmidt, Kommentar zum EStG, 28. Aufl. 2009, Rz. 57 zu § 12) ist insoweit unbeachtlich, wie es dem Gesetzgeber unter Beachtung der oben genannten Prinzipien unbenommen bleibt, auch aus Typisierungs- und Vereinfachungserfordernissen Regelungen steuerlicher Belastungsentscheidungen zu treffen. Er orientiert sich dabei an dem durchaus typischen Fall, dass – anders als bei Ausbildungsdienstverhältnissen, die er insoweit ausdrücklich ausnimmt – den Aufwendungen für die Berufsausbildung keine unmittelbaren positiven Einkünften zur selben Zeit gegenüberstehen (vgl. BT-Ds. 15/3339 S. 10, 11). Der Gesetzgeber verstößt hierdurch nicht gegen das Veranlassungsprinzip, denn regelmäßig stehen diese Berufsausbildungskosten noch nicht im direkten Zusammenhang mit einer konkreten Einnahmenerzielung im Rahmen eines bereits zugesagten, womöglich unvermeidbaren Dienstverhältnisses, sondern dienen – wie auch im Falle des Klägers – losgelöst von einem späteren Anstellungsverhältnis zunächst primär der individuellen Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Erlangung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Sinne einer „Ausbildung”. Mag es vorliegend auch wahrscheinlich sein, dass ein Steuerpflichtiger – wie auch der Kläger – im Zeitpunkt der Verausgabung der Berufsausbildungskosten die Absicht hatte, den Beruf – hier etwa als Verkehrspilot – unmittelbar im Anschluss an seine Ausbildung auszuüben, so ist dies jedoch im Rahmen einer generalisierenden Betrachtung nicht zwingend. So ist nicht ausgeschlossen, dass ein Steuerpflichtiger nach abgeschlossener Berufsausbildung etwa den Beruf mangels Arbeitsplatzes nicht ausüben kann oder aber dass ein Steuerpflichtiger die Ausbildung in Deutschland absolviert und später eine Erwerbstätigkeit außerhalb Deutschlands aufnimmt. In beiden Fällen könnten die steuerpflichtigen Einnahmen in Deutschland ausbleiben.

    Auch der Umstand, dass der Kläger im Vergleich zu anderen Steuerpflichtigen besonders hohe Aufwendungen tragen musste, lässt dies nicht in einem anderen Licht erscheinen. Der Gesetzgeber ist im Rahmen von generalisierenden und typisierenden Regelungen anhand des oben geschilderten Normalfalls nicht verpflichtet, für bestimmte Einzelfälle Sonderregelungen herbeizuführen, wenn es insoweit an sachgerechten Unterscheidungskriterien mangelt. So liegt es auch hier. Der Gesetzgeber hat mit dem Wortlaut des § 12 Nr. 5 EStG eine einfache und verständliche, Abgrenzungsprobleme vermeidende Regelung geschaffen, die sich in der praktischen Umsetzung als wenig schwierig erweisen sollte und dürfte. Im Rahmen dieser Generalisierung und Typisierung sind einzelfallbedingte Nachteile in Kauf zu nehmen, auch wenn sie für den Betroffenen im Einzelfall eine Härte darstellen. Auch die in der Literatur aufgeworfenen Fragen der Definition einer Erstausbildung und einer Erststudiums führen vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen nicht zu einem Verfassungsverstoß. Im Übrigen sind durch die Rechtsprechung des BFH zum Erststudium nach abgeschlossener Berufsausbildung die insoweit in der Literatur geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken weitgehend ausgeräumt (vgl. BFH vom 18. Juni 2009 VI R 79/06, juris, und VI R 14/07, BFH/NV 2009, 1875).

    (3) Soweit sich der Kläger darauf beruft, der Gesetzgeber sei nicht gehalten gewesen, für Ausbildungsdienstverhältnisse eine abweichende Regelung zu treffen, überzeugt dies den Senat nicht. Ungeachtet der Frage, wie auf diese Regelung in der Praxis reagiert wird, so stellt sie im Grunde die Fortführung des Veranlassungsprinzips dar. Denn entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des BFH handelt es sich hierbei um Aufwendungen, die getätigt werden, um Einnahmen aus dem Dienstverhältnis zu erzielen. Der sachliche Differenzierungsgrund zu den Berufsausbildungskosten außerhalb eines Ausbildungsdienstverhältnisses liegt darin, dass bereits zeitgleich Einnahmen erzielt werden. Diese Regelung war aus Sicht des Senats sogar erforderlich, um dem Gebot der Folgerichtigkeit gerecht zu werden.

    bb. Der Senat ist auch von der Verfassungswidrigkeit der in Art. 6 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung der AO und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 zum Inkrafttreten des § 12 Nr. 5 EStG getroffenen Regelungen im Hinblick auf die steuerliche Rückwirkung nicht überzeugt. Zwar hat er insoweit Bedenken, als das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Prinzip des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes eine steuerliche Rückwirkung grundsätzlich verbietet. Dies setzt aber voraus, dass der Steuerpflichtige auf die vorher geltende Rechtslage vertrauen durfte und im Hinblick auf dieses Vertrauen die Aufwendungen getätigt hat. Dies kann im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden.

    Nachdem der BFH erstmals mit Urteil vom 4. Dezember 2002 (VI R 120/01 BStBl II 2003, 403) seine Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten als Werbungskosten geändert hatte, hatte sich die Rechtslage zur Behandlung von Berufsausbildungskosten bis zum Beginn der Ausbildung des Klägers am 1. Juli 2004 noch nicht so weit gefestigt, dass er sich darauf hätte verlassen können, dass auch seine Kosten als Werbungskosten abzugsfähig sind. Insbesondere kann das so genannte „Piloten-Urteil” des BFH vom 27. Mai 2003, auf das sich der Kläger maßgeblich beruft, kein vertrauensauslösendes Moment gewesen sein. Denn dieses Urteil wurde erst in dem am 17. November 2004 vom BMF herausgegebenen Bundessteuerblatt Teil II (2004, 884) veröffentlicht. Zudem enthielt es in der Fußnote den Hinweis auf die ab 1. Januar 2004 geltende neue Rechtslage. Auch wird demjenigen, der sich mit der Rechtslage im Hinblick auf ein Vertrauensmoment befasst, nicht verschlossen geblieben sein, dass der Gesetzgeber auf die Rechtsprechung reagierte. Bei entsprechender Verfolgung des Gesetzgebungsverfahrens war erkennbar, dass der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages, der die Änderung des § 12 Nr. 5 EStG in das Gesetzgebungsverfahren einbrachte, bereist am 24. März 2004 tagte und schließlich am 16. Juni 2004 – vor Ausbildungsbeginn des Klägers – seine Beschlussempfehlung und seinen Bericht fertigte (vgl. BT-DS 15/3339 S. 6).

    Darüber hinaus geht der Senat davon aus, dass der Kläger – wie er in der mündlichen Verhandlung sehr überzeugend darlegte – die streitbefangenen Aufwendungen nicht im Hinblick auf das Vertrauen in die neue Rechtsprechung, sondern deswegen tätigte, weil er den Beruf „Verkehrspilot” erlernen wollte, da dies sein Wunsch war und er diesen Beruf gern ausübt.

    3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit den verfassungsrechtlichen Fragen zur Anwendung des § 12 Nr. 5 EStG zuzulassen.

    VorschriftenEStG § 12 Nr. 5