02.11.2010
Finanzgericht Baden-Württemberg: Gerichtsbescheid vom 29.03.2010 – 3 K 1763/09
1. Der Verlängerungszeitraum für die Gewährung von Kindergeld bei Ableistung des gesetzlichen Grundwehr- bzw. Zivildienstes über die Vollendung des 25. (früher: 27.) Lebensjahres hinaus entspricht auch dann der Dienstzeit, wenn der Dienst nicht am Monatsersten angetreten wurde und daher im ersten Monat des Wehrdienstes noch Kindergeld bezogen wurde.
2. Die zum 1.1.2007 eingeführte Herabsetzung der grundsätzlichen Altersgrenze für den Kindergeldbezug auf 25 Jahre ist generell wie auch hinsichtlich der betreffenden Übergangsvorschrift in verfassungskonformer Weise normiert. Der Gesetzgeber hat bei der Herabsetzung der Altersgrenze von 27 Jahren auf 25 Jahre im Rahmen seiner verfassungsrechtlich garantierten Gestaltungs- und Typisierungsbefugnis gehandelt (Anschluss an die einheitliche Rechtsprechung der FG zur Verfassungsmäßigkeit).
Im Namen des Volkes
Gerichtsbescheid
In dem Finanzrechtsstreit
hat der 3. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg am 29. März 2010 durch Vorsitzenden Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … Richter …
für Recht erkannt:
1. Unter Aufhebung des Bescheids vom 11. Februar 2009 und der Einspruchsentscheidung vom 9. März 2009 wird der Beklagte verurteilt, der Klägerin für den Monat Dezember 2009 Kindergeld zu gewähren.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen die Ablehnung der Kindergeldgewährung für ihren am … 1984 geborenen Sohn B für die Zeit ab Dezember 2009. Sie vertritt die Auffassung, die Herabsetzung der Altersgrenze für den Kindergeldbezug für in Ausbildung befindliche Kinder auf 25 Jahre gemäß §§ 63 Abs. 1 Satz 2, 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Verbindung mit der Übergangsvorschrift des § 52 Abs. 40 Satz 7 EStG n.F. sei verfassungswidrig und zudem gemeinschaftsrechtswidrig.
Im Anschluss an das nach 13 Schuljahren abgelegte Abitur leistete der Sohn der Klägerin vom 4. August 2003 bis zum 31. Mai 2004 Zivildienst (10 Monate). Von September 2003 bis Mai 2004 (9 Monate) erhielt die Klägerin in dieser Zeit kein Kindergeld.
Im Wintersemester 2004/05 nahm Sohn B das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Y auf. Er studierte dort zunächst 4 Semester. Von Oktober 2006 bis September 2007 absolvierte er mit Förderung durch ein Stipendium aus dem …-Programm der Europäischen Gemeinschaft (EG) ein Auslandsstudienjahr in Z (Schweiz). Im Oktober 2007 setzte er sein Jurastudium an der Universität Q im 5. Fachsemester fort. Er befindet sich nun gemäß einer Studienbescheinigung vom 28. Februar 2010 im 10. Fachsemester (März bis September 2010).
Nach § 3 Abs. 6 der Verordnung des Justizministeriums Baden-Württemberg über die Ausbildung und Prüfung der Juristen (Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung – JAPrO) vom 8. Oktober 2002 beträgt die Regelstudienzeit einschließlich der Ersten juristischen Prüfung 9 Semester.
Mit Schreiben vom 16. Januar 2009 informierte der Beklagte die Klägerin, dass die Zahlung des Kindergelds an sich zum 1. März 2009 aufzuheben wäre, die Ableistung des gesetzlichen Zivildienstes aber zu einer Verlängerung der Kindergeldgewährung um den tatsächlichen Nichtgewährungszeitraum von 9 Monaten führe.
Mit Bescheid vom 11. Februar 2009 setzte der Beklagte Kindergeld für die Zeit bis zum 30. November 2009 unter Vorbehalt des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen wie Ausbildung und Einhaltung des Grenzbetrags fest. Für die Zeit ab dem 1. Dezember 2009 lehnte der Beklagte die Zahlung von Kindergeld unter Hinweis auf §§ 63 Abs. 1, 32 Abs. 4, Abs. 5 Satz 1 EStG und unter irriger Bezugnahme auf die frühere Altersgrenze von 27 Jahren ab.
Die Klägerin ließ durch ihren als Rechtsanwalt zugelassenen Ehemann Einspruch einlegen, den der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 9. März 2009 unter korrigierender Bezugnahme auf die Altersgrenze von 25 Jahren zurückwies. Insbesondere erläuterte der Beklagte, dass die sog. Verzögerungstatbestände in § 32 Abs. 5 EStG abschließend geregelt seien und daher der mit dem Einspruch geltend gemachten erweiternden Auslegung hinsichtlich eines Auslandsstudiums nicht zugänglich seien.
Hiergegen richtet sich die am 14. April 2009 (= Dienstag nach dem Osterwochenende) bei Gericht eingegangene Klage, mit welcher die Klägerin sich gegen die durch das Steueränderungsgesetz 2007 vom 19. Juli 2006 (Bundesgesetzblatt – BGBl – 2006, 1652) normierte Herabsetzung der grundsätzlichen Altersgrenze für den Kindergeldbezug von 27 Jahren auf nur noch 25 Jahre wendet.
In gemeinschaftsrechtlicher Hinsicht macht die Klägerin geltend, die nationalen Vorschriften des Kindergeldrechts verstießen mit Blick auf das …-Programm gegen das höherrangige EG-Recht sowie insbesondere auch gegen den Grundsatz EG-freundlichen Verhaltens (Hinweis insbesondere auf Art. 5 des EG-Vertrags). Es bedürfe einer gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung bzw. gegebenenfalls eines Vorabentscheidungsersuchens an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH). Die Klärung der gemeinschaftsrechtlichen Vorfrage habe systematischen Vorrang vor der Klärung der Verfassungsmäßigkeit.
Die Klägerin macht darüber hinaus geltend, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil er auf einer in unzulässiger Weise rückwirkenden und daher verfassungswidrigen Gesetzesvorschrift beruhe. Sie verweist insoweit auf anhängige Revisionsverfahren (z.B. III R 17/09, III R 27/09, III R 35/09, III R 83/09). Ferner liege mit Blick auf mehrere Artikel des Grundgesetzes (GG) ein Verstoß gegen materielles Verfassungsrecht vor (insbesondere Hinweise auf Art. 3, 6, 12, 20 GG – Verstoß gegen Gleichheitssatz, Willkürverbot, Rechtsstaatsprinzip in Gestalt von Rückwirkungsverbot und Vertrauensschutzprinzip, Schutz von Ehe und Familie).
Die gesetzliche Regelung erfülle nach der Absenkung der Altersgrenze nicht mehr die verfassungsrechtlichen Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Bereich des Familienleistungsausgleichs aufgestellt habe. Auch bei der Anhörung vor dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestags sei hierauf hingewiesen worden.
Gesetzgeberisches Motiv der Absenkung der Altersgrenze seien nicht Überlegungen zur Beschleunigung der Studiendauer, sondern finanzpolitische Erfordernisse gewesen. Der Gesetzgeber habe hierbei insbesondere übersehen, dass ein Auslandsstudienjahr einen staatlich anerkannten, gesetzlich geförderten und wegen der dem Unterhaltspflichtigen hieraus entstehenden Belastungen auch in gleichem Maße kindergeldrechtlich relevanten Verzögerungstatbestand darstelle, der in das Gesetz hätte mit aufgenommen werden müssen.
Die gesetzliche Übergangsregelung beinhalte eine unechte Rückwirkung für im Jahr 2006 bereits immatrikulierte Studierende und verstoße gegen das Rechtsstaats- und Vertrauensschutzprinzip. Sie stelle nicht hinreichend in Rechnung, dass es erhebliche, unverschuldete und ausbildungsrechtlich relevante Umstände für eine Verlängerung der Ausbildungszeit gebe. So habe Sohn B sein Studium durch ein – für die Inlandsausbildung förderliches und von der Universität nicht als Fachsemester gerechnetes – Auslandsstudienjahr verlängert, innerhalb welchem er für den inländischen Hochschulabschluss anerkannte Prüfungsleistungen erbracht habe. Nach Ansicht der Klägerin hätte daher das Auslandsstudienjahr als weiterer Verzögerungstatbestand anerkannt werden müssen. Die im Gesetz vorgesehenen Verzögerungstatbestände seien unzulänglich und unvollständig. Zudem sei es wertungswidersprüchlich, einerseits Auslandsaufenthalte staatlicherseits zu propagieren, finanziell zu fördern und ausbildungsrechtlich anzuerkennen, andererseits aber die für die unterhaltspflichtigen Eltern hiermit zwangsläufig entstehenden Mehraufwendungen kindergeldrechtlich außer Ansatz zu lassen.
Die Klägerin weist darauf hin, dass das Land Baden-Württemberg und andere Bundesländer im Beihilferecht abweichend vom Kindergeldrecht die Berücksichtigung der Kinder bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres fortführten und eine weitere Übergangsregelung vorsähen.
Wegen der Einzelheiten der umfangreichen Klagebegründung wird auf die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten verwiesen. Für den Fall, dass das Gericht eine verfassungskonforme bzw. gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung nicht für möglich halte, beantragt die Klägerin Vorlagen an das BVerfG bzw. in erster Linie an den EuGH.
Sie beantragt sinngemäß,
den Bescheid vom 11. Februar 2009 über die Aufhebung / Ablehnung der Gewährung von Kindergeld für den Sohn B in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. März 2009 aufzuheben und der Klägerin Kindergeld für die Zeit vom 01.12.2009 bis zum 30.09.2010 zu gewähren,
hilfsweise das Klageverfahren auszusetzen und dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob § 32 Abs. 4 und 5 EStG die Vorschriften des EG-Vertrags verletzt,
hilfsweise das Klageverfahren auszusetzen und gemäß Art. 100 Abs. 1 GG eine Vorlage an das BVerfG zur Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschriften zu richten,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klage sei unbegründet. Insbesondere griffen die vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht durch.
Wegen der Rechtsauffassung des Beklagten im Einzelnen sowie bezüglich aller weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten 3 K 1763/09 des vorliegenden Klageverfahrens sowie des Parallelverfahrens 3 V 4722/09 (betreffend vorläufigen Rechtsschutz) verwiesen.
Der Berichterstatter hat sich nach Eingang der Klage bei den Beteiligten erkundigt, ob diese das Ruhen des Klageverfahrens im Hinblick auf das seinerzeit bereits anhängige Revisionsverfahren III R 17/09 beantragen wollten. Im Gegensatz zum Beklagten erachtete der Prozessbevollmächtigte ein Ruhen des Klageverfahrens mit Blick auf die erbetene Vorlage an das BVerfG nicht für zweckmäßig und bat „vorsorglich, die Frist zur erbetenen Stellungnahme zum Ruhensantrag einstweilen auszusetzen”.
Ausweislich der vorgelegten Gehaltsmitteilung hat der Beklagte die Kindergeldzahlung ab dem Monat Dezember 2009 eingestellt.
Dem Gericht hat bei seiner Entscheidung ein Ausdruck aus der elektronischen Akte des Beklagten vorgelegen.
II.
Die Klage ist nur zum geringen Teil begründet (Monat Dezember 2009) und im Übrigen unbegründet.
1. Begründet ist die Klage insoweit, als der Beklagte die Kindergeldgewährung bereits ab Dezember 2009 und nicht erst ab Januar 2010 beendet hat. Denn nach gefestigter Rechtsprechung wird ein Kind, das sich in Berufsausbildung befindet und den gesetzlichen Grundwehr- bzw. Zivildienst geleistet hat, über die Vollendung des 25. (früher: 27.) Lebensjahres hinaus berücksichtigt; der Verlängerungszeitraum entspricht auch dann der Dienstzeit (im Streitfall: 10 Monate), wenn der Dienst nicht am Monatsersten angetreten wurde und daher im ersten Monat des Wehrdienstes noch Kindergeld bezogen wurde (BFH-Urteile vom 27. August 2008 III R 88/07, BFH/NV 2009, 132 und vom 14. Oktober 2002 VIII R 68/01, BFH/NV 2003, 460 mit näherer Begründung und weiteren Nachweisen auch zur Verwaltungsmeinung, ebenso FG Baden-Württemberg, Urteile vom 29. Januar 2010 10 K 2027/09, juris – Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az. des BFH: III B 38/10 – und vom 29. Oktober 2009 1 K 5827/08, juris – Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az. des BFH: III B 185/09 –, FG Düsseldorf, Urteil vom 14. Juni 2009 14 K 2586/08 Kg, juris – Zulassung der Revision durch BFH-Beschluss vom 12. Januar 2010, III B 159/09, das Beschwerdeverfahren wird unter Az. III R 5/10 als Revisionsverfahren fortgeführt –, FG des Saarlandes, Urteil vom 23. Juli 2009 2 K 1222/09, juris – Zulassung der Revision durch BFH-Beschluss vom 12. Januar 2010, III B 142/09, das Beschwerdeverfahren wird unter Az. III R 4/10 als Revisionsverfahren fortgeführt). Die gegenteilige Verwaltungsauffassung hat der BFH ausdrücklich als nicht gesetzeskonform abgelehnt.
2. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die einfachgesetzliche Subsumtion führt zu einem eindeutigen Ergebnis. Die Argumente der Klägerin reichen nach Auffassung des Senats auch nicht aus, um eine Vorlage an den EuGH oder an das BVerfG rechtfertigen zu können.
a) Die gemeinschaftsrechtliche Argumentation hält der Senat schon im Ansatz für kaum nachvollziehbar. Im Gegensatz zum Prozessbevollmächtigen vermag der Senat keinen Widerspruch zu mit Anwendungsvorrang gegenüber nationalen Rechtsvorschriften versehenen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts zu erkennen. Insbesondere ist auch keine Verletzung von Grundfreiheiten ersichtlich.
b) Ein Verfassungsverstoß liegt nach der Überzeugung des Senats ebenfalls nicht vor. Zur Frage, ob der Gesetzgeber die Herabsetzung der Altersgrenze für den Kindergeldbezug generell wie auch hinsichtlich der betreffenden Übergangsvorschrift in verfassungskonformer Weise normiert hat, haben bereits mehrere Finanzgerichte entschieden, und zwar in dem Sinne einheitlich, dass bislang alle Gerichte die von der Klägerin bejahte Verfassungswidrigkeit verneint haben (FG Düsseldorf, Urteile vom 11. September 2009 3 K 480/09 Kg, EFG 2010, 153 – Revision anhängig unter Az. III R 68/09 – und vom 17. Februar 2009 10 K 501/08 Kg, EFG 2009, 761 – Revision anhängig unter Az. III R 30/09 –, FG München, Urteile vom 17. Juni 2009 1 K 3887/08, EFG 2009, 1755 – Revision anhängig unter Az. III R 50/09 –, vom 22. April 2009 9 K 3729/08, EFG 2009, 1842 – Revision anhängig unter Az. III R 35/09 – und vom 17. Februar 2009 12 K 1075/08, EFG 2009, 837, 12 K 1462/08, EFG 2009, 1475 – Revisionen anhängig unter III R 17/09 und III R 27/09 –, Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 18. November 2008 15 K 101/08, EFG 2009, 359 – Zulassung der Revision durch BFH-Beschluss vom 4. Dezember 2009 III B 271/08, das Beschwerdeverfahren wird unter Az. III R 83/09 als Revisionsverfahren fortgeführt).
Dieser einheitlichen Rechtsprechung der Finanzgerichte zur Verfassungsmäßigkeit schließt sich auch der erkennende Senat nach eingehender Würdigung und unter Berücksichtigung des konkreten Ausbildungsverlaufs von Sohn B in vollem Umfang an. Der Senat hält insbesondere das Argument für zutreffend, dass der Gesetzgeber bei der Herabsetzung der Altersgrenze von 27 Jahren auf 25 Jahre im Rahmen seiner verfassungsrechtlich garantierten Gestaltungs- und Typisierungsbefugnis gehandelt hat. Nach der Rechtsprechung des BVerfG (vgl. aus jüngerer Zeit den Beschluss vom 7. September 2009 2 BvR 1966/04, FamRZ 2009, 2068 mit weiteren Nachweisen) steht es dem Gesetzgeber nämlich grundsätzlich frei, die kindesbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit entweder im Steuerrecht zu berücksichtigen, ihr durch Gewährung von Kindergeld Rechnung zu tragen oder beide Möglichkeiten zu kombinieren. Von daher sei für den Fall, dass eine verfassungswidrig zu niedrige Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit aufgrund von Unterhaltszahlungen geltend gemacht werde, das gesamte betroffene Normengeflecht in den Blick zu nehmen. Ein isolierter Blick nur auf das Steuerrecht oder nur auf den Kindergeldanspruch verbiete sich, da mit diesem die tatsächliche Berücksichtigung der verminderten Leistungsfähigkeit durch den Gesetzgeber nicht hinreichend gewürdigt werden kann. Im konkreten Fall wies das BVerfG insoweit insbesondere auf die Vorschrift des § 33a Abs. 1 EStG und die danach eröffnete Möglichkeit einer steuerlichen Berücksichtigung einer durch Unterhaltspflicht bedingten Leistungsfähigkeitsminderung als außergewöhnliche Belastung hin.
Der Gesetzgeber war bei der Herabsetzung der Altersgrenze für den Kindergeldbezug insbesondere auch nicht gehalten, alle bereits in Ausbildung befindlichen Kinder in die Übergangsregelung einzubeziehen. So ist nach der Rechtsprechung des BVerfG die allgemeine Erwartung des Bürgers, das geltende Recht werde unverändert fortbestehen, verfassungsrechtlich nicht geschützt; dies gilt auch im Bereich des Steuerrechts (Beschluss vom 5. Februar 2002 2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93, BVerfGE 105, 17 mit näherer Begründung). Steuerpflichtige können grundsätzlich nicht darauf vertrauen, dass der Gesetzgeber steuerliche Vergünstigungen, die er zu sozial- oder wirtschaftspolitischen Zwecken gewährt, uneingeschränkt auch für die Zukunft aufrecht erhält.
Der Senat sieht im Übrigen auch keine verfassungsrechtliche Begründung dafür, dass der Kindergeldbezug während der Zeit der Ausbildung eines Kindes bis zum Alter von 27 Jahren erhalten bleiben müsste. Eine solche Begründung ergibt sich insbesondere nicht aus der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG. Zwar besteht danach das Gebot zum Ausgleich familienbedingter finanzieller Belastungen. Dem Gesetzgeber steht bei der Entscheidung darüber, auf welche Weise er den ihm aufgetragenen Schutz der Familie verwirklicht, aber der bereits erwähnte Gestaltungsspielraum zu (vgl. BFH-Beschluss vom 14. Februar 2007 III B 176/06, BFH/NV 2007, 904 mit weiteren Nachweisen).
Die individuelle Situation und der konkrete Ausbildungsverlauf beim Sohn der Klägerin gibt schließlich keine Veranlassung, Hinweise auf eine Verfassungswidrigkeit der Gesetzesänderung bezüglich der Herabsetzung der Altersgrenze auszumachen. Vielmehr dürfte angesichts des Alters, der Schulzeit, des Zivildienstes und des nun im 10. Fachsemester befindlichen Jurastudiums (ohne Einbeziehung der beiden Auslandssemester) gerade auch der Fall des Sohnes B ein Beleg dafür sein, dass die gesetzliche Altersgrenze auch nach ihrer Herabsetzung immer noch zu sachgerechten, jedenfalls nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen zu beanstandenden Ergebnissen führt.
3. a) Da der Sachverhalt unstreitig ist und der Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine möglichst rasche Vorlage an den EuGH oder jedenfalls an das BVerfG anstrebt, der erkennende Senat die Voraussetzungen hierfür indessen nicht für gegeben erachtet, hielt der Senat es für sachgerecht, gemäß § 90a Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Gerichtsbescheid mit Revisionszulassung zu entscheiden.
b) Mangels bisher ergangener höchstrichterlicher Rechtsprechung hat die Frage grundsätzliche Bedeutung, ob gegen die zum 1. Januar 2007 eingeführte Herabsetzung der grundsätzlichen Altersgrenze für den Kindergeldbezug auf 25 Jahre rechtlich durchgreifende Bedenken bestehen. Die Revisionszulassung erfolgt ferner auch mit Blick auf die Zulassungsbeschlüsse des BFH vom 12. Januar 2010 (anhängige Revisionsverfahren III R 4/10 und III R 5/10).
c) Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO, die Zulassung der Revision auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.