Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 02.11.2010

    Finanzgericht München: Urteil vom 30.06.2010 – 3 K 1532/08

    Sollte nach der Absicht des Unternehmers bei Leistungsbezug eine Verwendung von Eingangsumsätzen, die weder steuerpflichtigen noch steuerfreien Ausgangsumsätzen direkt zugeordnet werden können (hier: allgemeine Verwaltungskosten einer Kapitalgesellschaft, die Anteile an Publikumsgesellschaften vermittelt), sowohl für steuerpflichtige als auch für steuerfreie Ausgangsumsätze erfolgen, sind die zunächst beabsichtigten steuerfreien Ausgangsumsätze auch dann in die nach § 15 Abs. 4 S. 2 UStG vorzunehmende Vorsteueraufteilung einzubeziehen, wenn im gesamten Abzugsjahr tatsächlich lediglich steuerpflichtige Ausgangsumsätze ausgeführt wurden, weil die beabsichtigte steuerfreie Verwendung aus nachträglich eingetretenen Gründen nicht verwirklicht werden konnte.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In der Streitsache

    hat der 3. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2010 für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

    3. Die Revision wird zugelassen.

    Gründe

    I.

    Streitig ist, in welchem Umfang der Vorsteuerabzug zulässig ist, sofern zwar ausschließlich steuerpflichtige Ausgangsumsätze erzielt wurden, jedoch zusätzlich die Erzielung steuerfreier Umsätze beabsichtigt war.

    Gegenstand des Unternehmens der Klägerin, einer Kapitalgesellschaft, ist die Vermittlung von Anteilen an Publikumsgesellschaften sowie die Erstellung von Anlegerinformationen für Publikumsgesellschaften. In den Jahren 2001 bis 2004 erzielte sie u.a. Umsätze aus der Vermittlung von Anteilen an insgesamt vier Medienfonds.

    In den Vorjahren tätigte die Klägerin folgende Umsätze:

    2001200220032004
    steuerpflichtige UmsätzeEUREUREUREUR
    steuerfreie Umsätze (§ 4 Nr. 8 f UStG)EUREUREUREUR
    Anteil steuerfreier76%79%89%87%
    Umsätze am Gesamtumsatz
    In ihren Umsatzsteuervoranmeldungen für die Voranmeldungszeiträume Februar bis August 2005 machte die Klägerin den Vorsteuerabzug in Höhe von EUR und damit lediglich 5% der angefallenen Vorsteuerbeträge in Höhe von insgesamt EUR geltend. Als sich aufgrund von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen im September 2005 herausstellte, dass die Auflage zweier weiterer Medienfonds und damit auch die geplante Vermittlung von Fondsanteilen hieran nicht mehr zustande kommen würden, holte die Klägerin mit der am 12. Oktober 2005 eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung für September 2005 den bisher nicht geltend gemachten Vorsteuerabzug in vollem Umfang nach.

    Da die Klägerin zum gesetzlichen Abgabezeitpunkt keine Umsatzsteuererklärung eingereicht hatte, setzte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) die Umsatzsteuer 2005 mit Bescheid vom 30. April 2007 unter Vorbehalt der Nachprüfung auf den negativen Betrag von … EUR fest.

    Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und reichte am 24. April 2007 (Frühleerung) eine Umsatzsteuererklärung 2005 ein, in der sie die Umsatzsteuer mit dem negativen Betrag von … EUR errechnete; hierbei machte sie Vorsteuerbeträge von … EUR geltend und erklärte steuerpflichtige Umsätze in Höhe von … EUR.

    Das FA setzte die Umsatzsteuer 2005 mit gem. § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geändertem Bescheid vom 12. November 2007 auf den negativen Betrag von … EUR fest und legte hierbei abzugsfähige Vorsteuerbeträge in Höhe von … EUR zugrunde. Zur Begründung verwies das FA darauf, dass die Klägerin ihre Eingangsleistungen zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs zu 95% steuerfreien Umsätzen zugeordnet habe.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 9. April 2008 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.

    Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben.

    Die Klägerin macht geltend, dass die dem Vorsteuerabzug zugrunde gelegten Kosten nahezu ausschließlich allgemeine Verwaltungskosten darstellten, die nicht direkt steuerpflichtigen oder steuerfreien Umsätzen zugeordnet werden könnten. Deshalb habe sie die Vorsteuer zunächst entsprechend dem sich in den Vorjahren rechnerisch ergebenden Aufteilungsschlüssel der steuerpflichtigen zu den steuerfreien Umsätzen geltend gemacht. Da sie im Streitjahr jedoch ausschließlich steuerpflichtige Ausgangsumsätze getätigt habe, sei die Vorsteuer in vollem Umfang zum Abzug zuzulassen. Dies gelte auch deshalb, da sie beabsichtigt habe, für geplante steuerfreie Umsätze gem. § 9 Abs. 1 UStG i.V.m. § 4 Nr. 8 Buchstabe f UStG auf die Steuerbefreiung zu verzichten.

    Mit gem. § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid vom 19. Februar 2010 setzte das FA die Umsatzsteuer 2005 auf den negativen Betrag von … EUR fest.

    Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 22. April 2008, 21. Juni 2010 sowie 22. Juni 2010 verwiesen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Umsatzsteuer 2005 unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids vom 19. Februar 2010 auf den negativen Betrag von … EUR festzusetzen.

    Das FA beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Im Übrigen wird auf den Schriftsatz des FA vom 12. Juni 2008 verwiesen.

    Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 2010 wird Bezug genommen.

    II.

    Die Klage ist unbegründet.

    1. Der Umsatzsteuerbescheid 2005 vom 19. Februar 2010 ersetzt den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 2005 vom 12. November 2007 und wird gem. § 68 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Verfahrens.

    2. Ein Unternehmer kann gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 1 UStG die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbetrag abziehen; dabei setzt die Ausübung des Vorsteuerabzugs voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Nummer 1 UStG ist die Steuer für die Lieferungen sowie die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung von steuerfreien Umsätzen verwendet, vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Gem. § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist, sofern der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, verwendet.

    Nach Art. 17 Abs. 2 Buchstabe a der im Streitjahr geltenden Richtlinie 77/388/EWG ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen abzuziehen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden, soweit diese Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden. Nach Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG ist der Vorsteuerabzug, soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die nach den Absätzen 2 und 3 ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt.

    3. Im Streitfall ist der Vorsteuerabzug nur in der vom FA gewährten Höhe von EUR zulässig, da die dem Vorsteuerabzug zugrunde gelegten Eingangsleistungen nur in Höhe eines Anteils von 5% steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen zuzurechnen sind. Denn in die gem. § 15 Abs. 4 UStG vorzunehmende Vorsteueraufteilung sind bei richtlinienkonformer Auslegung nicht nur tatsächlich getätigte Umsätze, sondern auch beabsichtigte (hier: steuerfreie) Umsätze einzubeziehen.

    a) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs können selbst die ersten Investitionsausgaben, die für die Zwecke eines Unternehmens getätigt werden, als wirtschaftliche Tätigkeiten im Sinne des Artikels 4 der Richtlinie angesehen werden; der Vorsteuerabzug hieraus bleibt berechtigt, selbst wenn die beabsichtigte wirtschaftliche Tätigkeit nicht zu steuerbaren Umsätzen führte. Denn der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet, dass die von der Steuerbehörde festgestellten Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen von Tatsachen, Umständen oder Ereignissen abhängen können, die nachträglich eingetreten sind (EuGH-Urteil vom 29. Februar 1996 Rs. C-110/94 INZO, Slg 1996, I-857, BStBl II 1996, 655).

    Artikel 17 der Richtlinie 77/388/EWG erlaubt einem Steuerpflichtigen, der als solcher handelt, die Mehrwertsteuer, die er für Gegenstände oder Dienstleistungen schuldet, die ihm für Investitionsarbeiten geliefert oder erbracht wurden, die im Rahmen steuerpflichtiger Umsätze verwendet werden sollen, in Abzug zu bringen. Das Recht auf Vorsteuerabzug bleibt erhalten, wenn der Steuerpflichtige aufgrund von Umständen, die von seinem Willen unabhängig waren, diese Gegenstände oder Dienstleistungen nie verwendet hat, um steuerpflichtige Umsätze zu bewirken (EuGH-Urteil vom 15. Januar 1998 Rs. C-37/95 Ghent Coal Terminal NV, Slg 1998, I-1, UR 1998, 149).

    Für die Entstehung und den Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug aus Rechnungen über Eingangsleistungen ist bei richtlinienkonformer Anwendung von § 15 Abs. 1 und 2 UStG dabei maßgebend, ob der Steuerpflichtige die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hatte, mit den Investitionsausgaben Umsätze auszuführen, für die der Vorsteuerabzug zugelassen ist (vgl. EuGH-Urteile vom 8. Juni 2000 Rs. C-400/98 Breitsohl, Slg. 2000, I-4321, BStBl II 2003, 452 sowie Rs. C-396/98 Schloßstraße, Slg. 2000, I-4279, BStBl II 2003, 446; BFH-Urteile vom 8. März 2001 V R 24/98, BStBl II 2003, 430, vom 17. Mai 2001 V R 38/00, BStBl II 2003, 434 und vom 11. Dezember 2003 V R 48/02, BStBl II 2006, 384).

    Da das Recht auf Vorsteuerabzug nach Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht, d.h. mit der Lieferung eines Gegenstands oder der Ausführung einer Dienstleistung an den vorsteuerabzugsberechtigten Steuerpflichtigen (vgl. Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG), muss die Absicht, die Eingangsleistungen zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze zu verwenden, im Zeitpunkt des Bezugs der Leistungen vorliegen (BFH-Urteil vom 25. November 2004 V R 38/03, BStBl II 2005, 414).

    b) Der hieraus zu entnehmende Grundsatz, dass für die Entstehung des Rechts auf Vorsteuerabzug unabhängig von einer späteren tatsächlichen Verwendung allein auf die Absicht zur Verwendung von Eingangsleistungen für steuerpflichtige Umsätze abzustellen ist (sog. Sofortabzug), muss in gleicher Weise für die beabsichtigte Ausführung steuerfreier Umsätze gelten. Denn ohne die Sofortentscheidung des Unternehmers über die beabsichtigten Verwendungsumsätze kann der Vorsteuerabzugsanspruch dem Grunde und der Höhe nach bei der Steuerfestsetzung für den maßgebenden Besteuerungszeitraum nicht beurteilt werden; auch der Umfang des Vorsteuerabzugsanspruchs richtet sich nach der (ggf. erst beabsichtigten) Verwendung (vgl. BFH-Urteil vom 2. März 2006 V R 49/05, BStBl II 2006, 729).

    Deshalb sind auch beabsichtigte steuerfreie Ausgangsumsätze in die nach § 15 Abs. 4 UStG vorzunehmende Vorsteueraufteilung einzubeziehen, sofern eine Verwendung von Eingangsumsätzen zunächst sowohl für steuerpflichtige als auch für steuerfreie Ausgangsumsätze erfolgen sollte, im Abzugsjahr jedoch lediglich steuerpflichtige Umsätze ausgeführt wurden, weil die beabsichtigte steuerfreie Verwendung wie im Streitfall aus nachträglich eingetretenen Gründen nicht verwirklicht werden konnte (so auch Wagner in Sölch/Ringleb, UStG, § 15 Rz. 664).

    c) Gem. § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG kann der Unternehmer die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Als sachgerechte Schätzung ist hierbei eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze grundsätzlich anzuerkennen (BFH-Urteil vom 2. März 2006 V R 49/05, BStBl II 2006, 729). Die dem begehrten Vorsteuerabzug zugrunde gelegten Eingangsleistungen sind – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – als allgemeine Verwaltungskosten weder steuerpflichtigen noch steuerfreien Ausgangsumsätzen direkt zuzurechnen. Deshalb ergibt sich der Umfang des Vorsteuerabzugs aus dem Verhältnis steuerpflichtiger zu den beabsichtigten steuerfreien Umsätzen.

    d) Die Klägerin hat selbst mit Schreiben vom 10. Mai 2006 vorgetragen, mit der Vermittlung von Anteilen an zwei weiteren Fonds im Jahr 2005 die Erzielung (steuerfreier) Umsätze beabsichtigt zu haben, bis die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen im September 2005 dazu führten, dass diese Fonds „rückabgewickelt” wurden.

    e) Für die Absicht der Erzielung steuerfreier Ausgangsumsätze spricht im vorliegenden Fall, dass die Klägerin in ihren eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen für die Voranmeldungszeiträume Februar bis August 2005 die Vorsteuer aus Eingangsleistungen lediglich im Anteil von 5% geltend gemacht hat. Dies erfolgte gemäß ihrem Schreiben vom 26. Oktober 2005, da sie selbst davon ausging, dass – wie im Vorjahr – 95% der Vorsteuern mit steuerfreien Umsätzen zusammenhängen würden und deshalb nicht erstattungsfähig seien.

    Die Entwicklung der Höhe der steuerfreien Umsätze in den Vorjahren 2001-2004 und den sich daraus ergebenden Anteilen an den Gesamtumsätzen (76%, 77%, 89% und 87%) spricht dafür, dass die Klägerin von der Erzielung noch höherer steuerfreier Umsätze und damit einem noch höheren Anteil als in den Vorjahren ausging und aus diesem Grund einen noch geringeren Anteil der steuerpflichtigen Umsätze von nur noch 5% zugrunde legte.

    Für das Vorhandensein einer derartigen Umsatzerwartung spricht auch, dass nach dem klägerischen Vortrag im Streitjahr beabsichtigt war, Fondsanteile an sogar zwei neu aufzulegenden Fonds zu vermitteln, während in den vier vorangegangenen Jahren Anteile an insgesamt lediglich vier Fonds vermittelt wurden.

    f) Die Klägerin kann dem nicht entgegenhalten, dass sie ihre Vorsteueraufteilung unabhängig von den Verhältnissen in den Voranmeldungszeiträumen des Streitjahres lediglich im Hinblick auf die Verwaltungsvorschrift des Abschnitt 207 Abs. 5 der Umsatzsteuerrichtlinien 2000 nach den Verhältnissen des Vorjahres vorgenommen habe. Denn davon abgesehen, dass der Anteil der steuerfreien Umsätze im Vorjahr lediglich 87% und nicht 95% betrug, ist diese Verwaltungsvorschrift in den für das Streitjahr geltenden Umsatzsteuerrichtlinien 2005 vom 16. Dezember 2004 nicht mehr enthalten.

    g) Für die Absicht der Erzielung steuerfreier Ausgangsumsätze spricht weiterhin, dass sich die Klägerin bei Bezug der dem streitgegenständlichen Vorsteuerabzug zugrunde gelegten Eingangsleistungen in einer Investitionsphase (Anlaufphase) hinsichtlich der Vermittlung der beiden weiteren Medienfonds befand und nicht lediglich nachlaufende Umsätze aus der (steuerpflichtigen) Anlegerbetreuung tätigen wollte. Dies wird erkennbar daraus, dass die Klägerin in den Voranmeldungszeiträumen Februar bis August 2005 ausweislich des gesamten Vorsteuervolumens Eingangsleistungen in Höhe von … EUR bezog, dem im gleichen Zeitraum erzielte Ausgangsumsätze in … Höhe von lediglich … EUR gegenüberstanden; bezogen auf das gesamte Streitjahr ergeben sich Eingangsleistungen in Höhe von … EUR, denen Ausgangsumsätze in Höhe von lediglich … EUR gegenüberstanden. Die erzielten steuerpflichtigen Ausgangsumsätze konnten somit die Kosten zu lediglich 63% (Voranmeldungszeiträume Februar bis August 2005) bzw. 45% (Besteuerungszeitraum 2005) decken.

    Der Bezug derart – im Verhältnis zu den tatsächlich erzielten Ausgangsleistungen – hoher Eingangsleistungen macht jedoch wirtschaftlich nur dann Sinn, wenn dem die Erwartung der Erzielung zusätzlicher Ausgangsleistungen gegenüberstand. Diese erwarteten Ausgangsleistungen konnten jedoch lediglich steuerfreie Umsätze aus Vermittlungstätigkeit sein, da die erzielten steuerpflichtigen Umsätze „Anlegerbetreuung”) Ausfluss der vorangegangenen Vermittlungsleistungen und damit ihrem Aufkommen nach nicht beliebig steigerbar waren.

    4. Die Klägerin kann nicht geltend machen, dass sie hinsichtlich etwaiger, nicht angefallener steuerfreier Umsätze beabsichtigt habe, gem. § 9 Abs. 1 UStG zur Umsatzsteuer zu optieren.

    a) Gem. § 9 Abs. 1 UStG kann der Unternehmer einen Umsatz, der nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis g, Nr. 9 Buchstabe a, Nr. 12, 13 oder 19 steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Gem. § 4 Nummer 8 Buchstabe f UStG sind die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen steuerfrei.

    b) Die steuerfreien Umsätze, deren beabsichtigte Erzielung vorliegend in Frage steht, wären – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – als Umsätze im Sinne des § 4 Nummer 8 Buchstabe f UStG anzusehen.

    c) Auch eine lediglich beabsichtigte Option für beabsichtige steuerfreie Umsätze hätte grundsätzlich zur Folge, dass der Vorsteuerabzug nicht gem. § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen ist. Für diese beabsichtigte Option müssen jedoch – in gleicher Weise wie für beabsichtigte Umsätze (s.o.) – objektive Anhaltspunkte vorliegen, wie beispielsweise die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs auch insoweit, als er auf steuerfreie Umsätze entfällt.

    d) Objektive Anhaltspunkte für eine beabsichtigte Option wurden jedoch von der Klägerin nicht dargetan.

    Zwar hat die Klägerin mit Schreiben vom 12. Dezember 2005 an das FA vorgetragen, dass sie infolge des BFH-Urteils vom 1. Juli 2004 (V R 32/00, BStBl II 2004 II, 1022), wonach eine Gesellschaft mit besteuerten Umsätzen grundsätzlich den Vorsteuerabzug auch für Dienstleistungen bei der Aufnahme eines Gesellschafters (Veräußerung einer Beteiligung an der Gesellschaft) erhält, beabsichtigt habe, für das Jahr 2004 zur Umsatzsteuer zu optieren, was für das Streitjahr infolge der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen obsolet geworden sei. Die Klägerin hat jedoch über die bloße Bekundung einer Absicht hinaus keine objektiven Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Optionsabsicht vorgetragen.

    Die Klägerin trägt die Darlegungs- und Feststellungslast für die Tatsachen, die den Vorsteuerabzug begründen (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, z. B. BFH-Urteil vom 19. April 2007 V R 48/04, BStBl II 2009, 315).

    5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    6. Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nummer 1 FGO zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

    VorschriftenUStG 2005 § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, UStG 2005 § 15 Abs. 2 S. 1, UStG 2005 § 15 Abs. 4 S. 1, UStG 2005 § 15 Abs. 4 S. 2 EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 1 EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 2 Buchst. a EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 5