02.11.2010
Finanzgericht München: Gerichtsbescheid vom 29.06.2010 – 1 K 2663/07
Der Erwerb „gebrauchter” Risikolebensversicherungen auf dem US-amerikanischen Sekundärmarkt durch Anlagegesellschaften ist ertragsteuerlich als vermögensverwaltende und nicht als gewerbliche Tätigkeit zu qualifizieren (entgegen BMF, Schreiben v. 22.9.2005, IV B 2 – S 2240-55/05 an den Bundesverband Vermögensanlagen im Zweitmarkt e.V.)
IM NAMEN DES VOLKES
GERICHTSBESCHEID
In der Streitsache
hat der 1. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung … ohne mündliche Verhandlung am 29. Juni 2010
für Recht erkannt:
1. Unter Änderung des Bescheids für 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom … und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom … werden die Einkünfte der Klägerin für 2004 als solche aus Kapitalvermögen festgestellt. Der Bescheid für 2004 über den Gewerbesteuermessbetrag vom …, der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2004 vom … und die zu diesen beiden Bescheiden ergangene Einspruchsentscheidung vom … werden aufgehoben.
2 Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig (§ 139 Abs. 3 Satz 3 Finanzgerichtsordnung).
5. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Streitig ist die Qualifikation der Einkünfte der Klägerin.
Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom … gegründet und am … in das Handelsregister eingetragen; mit Gesellschafterbeschluss vom …, auf den verwiesen wird, wurde dieser Gesellschaftsvertrag neu gefasst (Gesellschaftsvertrag). Gesellschaftsgegenstand der nach ihren Angaben – kalkulatorisch auf eine Laufzeit von 13 Jahren ausgerichteten Klägerin ist der Erwerb, das Halten, die Verwaltung und die Verwertung eines ausgewählten Portfolios von Lebensversicherungspolicen.
Zu ihrem Geschäftsbetrieb und den von ihr erworbenen Policen machte die Klägerin folgende Angaben:
Mit den Einlagen der ca. … ab … bis spätestens zum … beigetretenen Kommanditisten in Höhe von ca. … EUR habe sie ab … bis zum … auf dem US-amerikanischen Sekundärmarkt für Lebensversicherungsverträge jeweils das wirtschaftliche Eigentum an insgesamt … Lebensversicherungspolicen erworben. Hiervon seien
… als Universal Life Insurances (Lebensversicherungen mit Kapitalanteil, da die entsprechenden Versicherungsprämien einen Risiko- und einen Sparanteil enthalten),
… als Whole Life Insurance (Risikolebensversicherung mit unbegrenzter Laufzeit und einem verzinslich aufbauenden Kapitalstock, bei der die Auszahlung der Versicherungssumme folglich garantiert ist) sowie
… als Term Life Insurances (Risikolebensversicherungen mit begrenzter Laufzeit vergleichbar mit deutschen Risikolebensversicherungen, da die Versicherungsprämien keinen Sparanteil enthalten)
einzuordnen. Die einzelnen Lebensversicherungspolicen hätten jeweils eine minimale Versicherungssumme in Höhe von … USD sowie bis zum Erreichen einer Gesamtversicherungssumme von … USD im Portfolio eine maximale Versicherungssumme in Höhe von … USD (vgl. Anlage 2 zur Bilanz zum 31. Dezember 2004). Die bis zum 31. Dezember 2006 für knapp … EUR erworbenen … Lebensversicherungspolicen hätten im jeweiligen Erwerbszeitpunkt eine geschätzte Restlaufzeit von drei bis 13 Jahren, im Mittel von ca. 7 Jahren gehabt. Die Ankäufe der Policen seien jeweils über einen ähnlich einem Treuhänder handelnden US-Trust unter Einschaltung verschiedener „Settlement-Gesellschaften” erfolgt. Letztere hätten die auf dem genannten Sekundärmarkt angebotenen Lebensversicherungsverträge geprüft und bewertet und erbrächten gegenüber den Investoren Serviceleistungen, wie etwa die Überwachung der laufenden Zahlungen von Versicherungsprämien sowie die Feststellung des Eintritts des Versicherungsfalles; zu keiner der mit ihr in Vertragsbeziehungen stehenden „Settlement-Gesellschaften” bestünden gesellschaftsrechtliche Verbindungen. Im wirtschaftlichen Ergebnis habe sie die genannten Versicherungspolicen jeweils mit der Verpflichtung zur Zahlung der jeweiligen laufenden Versicherungsprämien und dem Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme bei Eintritt des Versicherungsfalles erworben. Rückdeckungsversicherungen gegen das Risiko, dass der Versicherungsfall bis zum Ablauf der geschätzten Restlaufzeit des jeweiligen Versicherungsvertrages noch nicht eingetreten ist, seien nicht abgeschlossen worden. Ein Weiterverkauf der von ihr erworbenen Versicherungsverträge sei grundsätzlich nicht vorgesehen und käme allenfalls ausnahmsweise hinsichtlich eines Restbestandes im Falle der Liquidation vor Eintritt des jeweiligen Versicherungsfalles in sämtlichen erworbenen Versicherungsverträgen – zum Ende der kalkulierten Fondslaufzeit oder zu einem späteren Zeitpunkt – in Betracht. Fremdkapital habe sie lediglich in sehr geringem Umfang (…) zum Ausgleich von laufenden Aufwendungen eingesetzt.
Mit Schreiben ihrer damaligen steuerlichen Vertreterin, der … (D), vom …, auf das verwiesen wird, beantragte die Klägerin beim Finanzamt unter Darlegung ihrer geplanten Tätigkeit die Erteilung einer verbindlichen Auskunft darüber, dass
sie im Rahmen dieser Tätigkeit vermögensverwaltend tätig sein werde,
ihr die jeweils noch zu erwerbenden Lebensversicherungspolicen wirtschaftlich zuzurechnen seien und
die ihr zufließenden Versicherungssummen nur insoweit steuerpflichtig seien, als sie einen Sparanteil enthielten.
Diese verbindliche Auskunft wurde ihr mit Schreiben des Finanzamts vom … antragsgemäß erteilt. Mit einem weiteren Schreiben vom … widerrief das Finanzamt diese verbindliche Auskunft. Das Finanzamt hatte davon Kenntnis erlangt, dass am … im Bayerischen Staatsministerium der Finanzen (Finanzministerium) eine Besprechung unter Teilnahme eines Vertreters von D stattgefunden hatte, in welcher u.a. die Verwaltungsmeinung mitgeteilt worden war, dass bei dem auch von der Klägerin realisierten Anlagemodell gewerbliche Einkünfte gegeben seien.
In ihrer Feststellungserklärung für 2004 vom … erklärte die Klägerin einen mit Betriebsvermögensvergleich ermittelten Verlust aus Kapitalvermögen in Höhe von … EUR. In Abweichung von dieser Feststellungserklärung stellte das Finanzamt mit Feststellungsbescheid für 2004 vom … einen – hinsichtlich der Berücksichtigung geleisteter Vergütungen an Gesellschafter wie der Höhe nach erklärungsgemäßen – Verlust der Klägerin aus Gewerbebetrieb in Höhe von … EUR fest. Außerdem erließ das Finanzamt am … einen entsprechenden Bescheid für 2004 über den Gewerbesteuermessbetrag, der einen Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von … EUR festsetzte sowie einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2004, der einen vortragsfähigen Gewerbeverlust in Höhe von … EUR feststellte.
Die Einsprüche der Klägerin gegen diese Bescheide wurden vom Finanzamt – entsprechend einer mit Schreiben des Bayer. Landesamtes für Steuern vom … erteilten Weisung – mit der Einspruchsentscheidung vom … als unbegründet zurückgewiesen; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb in allen angegriffenen Bescheiden bestehen. Mit der vorliegenden Klage wendet sich die Klägerin weiterhin gegen die Qualifizierung ihrer Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb. Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen und zum Teil sinngemäß auf folgende Punkte:
Sie erziele aus ihren Vermögensanlagen ausschließlich Einkünfte aus Kapitalvermögen. Während die sich aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) ergebenden Tatbestandsmerkmale von Einkünften aus Gewerbebetrieb unstreitig erfüllt seien, überschreite die ihrem Gesellschaftszweck entsprechende Betätigung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse und der Verkehrsanschauung nicht den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung im Sinne einer Fruchtziehung aus der vorhandenen Substanz. Auch die Voraussetzungen gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 bzw. Nr. 2 EStG seien unstreitig nicht erfüllt.
Die Rechtsprechung des BFH zur jeweiligen Grenze einer privaten Vermögensverwaltung bei gewerblichem Grundstückshandel, bei Wertpapiergeschäften oder sonstigen Wirtschaftsgütern sei im Streitfall jeweils nicht einschlägig. Insbesondere habe sie die erworbenen Lebensversicherungspolicen nicht wieder veräußern wollen, da der jeweilige Forderungseinzug bei Eintritt des Versicherungsfalles keine Veräußerung sei.
Sie handle ausschließlich auf eigene Rechnung und unterhalte für die Verwaltung ihrer Vermögensanlagen keinen eigenen Geschäftsbetrieb.
Unter Berücksichtigung der sich aus dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 16. Dezember 2003 IV A 6-S 2240-153/03 (BStBl I 2004, 40) zur einkommensteuerlichen Behandlung von Venture Capital und Private Equity Fonds (BMF-Schreiben 2003) ergebenden Abgrenzungskriterien sei sie vermögensverwaltend und nicht gewerblich tätig. Dementsprechend werde sie gegenüber solchen Fonds ungleich behandelt.
Überdies sei die Erzielung von Erträgen aus dem Bezug der Ablaufleistung von Lebensversicherungen entgegen der Auffassung des Finanzamts als Fruchtziehung zu qualifizieren; auch nach dem BMF-Schreiben 2003 sei von einer Fruchtziehung aus zu erhaltendem Substanzwert auszugehen, wenn die Ertragserwartung des Anlegers überwiegend in der Realisierung von Wertsteigerungen der Beteiligung durch Veräußerung bestünde.
Auch die vom Finanzamt behauptete Vergleichbarkeit ihrer Anlagen in Versicherungspolicen mit „unechtem Factoring” läge nicht vor.
Die vom BMF mit Schreiben vom 22. September 2005 an den Bundesverband Vermögensanlagen im Zweitmarkt e.V. IV B 2 – S 2240-55/05 (BMF-Schreiben 2005) vertretene Auffassung, wonach US-Lebensversicherungzweitmarkt-Fonds gewerblich tätig seien, sei weder näher begründet noch nachvollziehbar. Die hiernach zu Lasten dieser Fonds vorzunehmende Zurechnung des Geschäftsbetriebs der jeweiligen „Settlement-Gesellschaften” habe keine rechtliche Grundlage. Ebenso wenig begründe die Höhe des Fonds-Kapitals gewerbliche Einkünfte. Gleiches gelte hinsichtlich des von ihr mit Erwerb der genannten … Lebensversicherungspolicen eingegangenen unternehmerischen Risikos, da lediglich … Policen eine zeitlich begrenzte Laufzeit hätten.
Das Finanzamt sei an die in der verbindlichen Auskunft vom … geäußerte Rechtsauffassung gebunden. Der mit Schreiben vom … erfolgte Widerruf sei rechtswidrig. Insbesondere sei der Mitarbeiter von D, der am … an der Besprechung im Finanzministerium teilgenommen habe, hierbei weder in ihrem Auftrag noch als ihr Vertreter oder ihr Berater tätig geworden, sondern in seiner Eigenschaft als in der Branche bekannter steuerlicher Berater.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Änderung des Bescheids für 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom … und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom … ihre Einkünfte für 2004 als solche aus Kapitalvermögen festzustellen sowie den Bescheid für 2004 über den Gewerbesteuermessbetrag vom …, den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2004 vom … und die zu diesen beiden Bescheiden ergangene Einspruchsentscheidung vom … aufzuheben.
Das Finanzamt beantragt
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist das Finanzamt im Wesentlichen auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten sowie auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Klägerin hinsichtlich der angegriffenen Bescheide klagebefugt (vgl. hierzu Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 1. Juni 1999 2 K 439/97, EFG 1999, 827 m.w.N.).
2. Die Klage ist unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Geschäftsbetriebs der Klägerin, welche sich aus ihrem Klagevortrag ergibt, begründet. Dieser Klagevortrag wurde vom Finanzamt nicht bestritten, legt entsprechend dem Gesellschaftsvertrag wie dem Verkaufsprospekt der Klägerin (unter …) einen sowohl nach Kenntnis der Finanzverwaltung (vgl. etwa BMF-Schreiben 2005; Schreiben der Oberfinanzdirektion Frankfurt vom 11. August 2006 S 2240 A – 32 – St 213 zum Erwerb „gebrauchter” Lebensversicherungen: Ertragsteuerliche Behandlung, HaufeIndex 1642319 – OFD-Verfügung –; Erlasse des Niedersächsischen Finanzministeriums vom 18. Mai 2004 S 2240-122-31 2 zur ertragsteuerlichen Behandlung des Erwerbs „gebrauchter” Risikolebensversicherungen durch Anlagegesellschaften sowie des Senators für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen vom 17. Juni 2004 S 2240 – 6083 110 zur ertragsteuerlichen Behandlung des Erwerbs „gebrauchter” Risikolebensversicherungen mit Verkaufsoption, juris, – Erlasse –) wie der Literatur (vgl. etwa Biagosch/Greiner, Rechtliche und steuerliche Behandlung von Lebensversicherungsfonds, Deutsches Steuerrecht – DStR – 2004, 1365; Meyer-Scharenberg, Abgrenzung zwischen vermögensverwaltender und gewerblicher Tätigkeit beim Kauf von US-Lebensversicherungspolicen im Zweitmarkt, DStR 2006, 1437; jeweils m.w.N.) branchenüblichen Geschäftsbetrieb dar und ist damit insoweit im Ergebnis nach Überzeugung des Senats glaubhaft. Die hiernach zu beurteilende Tätigkeit der Klägerin ist entgegen der Auffassung des Finanzamts nicht gewerblich.
a) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Gewerbesteuergesetz (GewStG) unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen i.S. des EStG zu verstehen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG).
Gewerbebetrieb ist gemäß § 15 Abs. 2 EStG eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn sie weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal muss hinzukommen, dass die Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet (Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C.III.3.b.aa; seither ständige Rechtsprechung). Die genannten, sich unmittelbar aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 2 EStG ergebenden Tatbestandsmerkmale sind im Streitfall nach Aktenlage wie der insoweit übereinstimmenden Rechtsauffassung der Beteiligten erfüllt. Die Tätigkeit der Klägerin überschreitet jedoch entgegen der Auffassung des Finanzamts nicht zusätzlich den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung.
b) Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb einerseits und der nicht steuerbaren Sphäre sowie anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Nrn. 1, 3 bis 7 EStG) andererseits ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen. Dabei sind die einzelnen Umstände zu gewichten und gegeneinander abzuwägen (BFH-Urteil vom 28. November 2007 X R 24/06, BFH/NV 2008, 774 m.w.N.). In Zweifelsfällen ist die gerichtsbekannte und nicht beweisbedürftige Auffassung darüber maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie gewerblich sein, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist. Die in diesem Zusammenhang von der Rechtsprechung entwickelten Beweisanzeichen dienen dem Zweck, eine die Gleichheit der Rechtsanwendung gewährleistende Zuordnung zum „Bild des Gewerbebetriebs” bzw. zum Gegentypus der privaten Vermögensverwaltung zu ermöglichen. Es entspricht langjähriger und gefestigter Rechtsprechungstradition, das „Bild des Gewerbebetriebs” durch Orientierung an unmittelbar der Lebenswirklichkeit entlehnten Berufsbildern zu konturieren. Dies ermöglicht es, unter Wahrung der aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit zu gewährleistenden Tatbestandsbestimmtheit der Entwicklung der Verhältnisse und den damit einhergehenden Veränderungen deren jeweils einschlägigen Berufsbilder einerseits und der Anschauung über die Vermögensverwaltung Rechnung zu tragen (BFH-Urteil vom 30. Juli 2003 X R 7/99, BFHE 204, 419, BStBl II 2004, 408).
aa) Zur Konkretisierung des gesetzlichen Tatbestandes in § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG und zur Abgrenzung von der privaten Vermögensverwaltung bzw. anderen Einkunftsarten, hier insbesondere zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, hat der BFH allgemeine Grundsätze entwickelt. Diese Grundsätze werden prinzipiell für die Beurteilung verschiedener Tätigkeiten, wie den An- und Verkauf von Wertpapieren, den An- und Verkauf von Optionskontrakten oder den Handel mit GmbH-Geschäftsanteilen herangezogen. Hierbei hat der BFH u.a. klargestellt, dass sich im Rahmen der Beurteilung des Gesamtbildes der tatsächlichen Verhältnisse nicht für alle Wirtschaftsgüter nach einem einheitlichen Maßstab beurteilen lässt, ob eine Tätigkeit schon einem Gewerbebetrieb oder noch der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen ist. Es sind die Besonderheiten der jeweiligen „gehandelten Ware” bzw. die artspezifischen Besonderheiten der Gegenstände (Wirtschaftsgüter) des behaupteten Gewerbebetriebs zu beachten. So verlässt selbst ein häufiger Umschlag von Wirtschaftsgütern noch nicht den Bereich der privaten Vermögensverwaltung und selbst bei in größerem Umfang getätigten Wertpapiergeschäften wird die Grenze zur gewerblichen Betätigung nur in besonderen Fällen überschritten (vgl. BFH-Beschluss vom 9. Dezember 2002 III B 61/02, BFH/NV 2003, 470; siehe auch BFH-Urteil in BFHE 204, 419, BStBl II 2004, 408 und BFH-Beschluss vom 21. April 2006 VIII B 140/05, juris).
bb) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird jedoch die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb überschritten, wenn die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Vermögen im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten entscheidend in den Vordergrund tritt. Hierbei sind die als „Urbilder” des Gewerbebetriebs verallgemeinerungsfähigen Tätigkeiten des Handels bzw. der Produktion gekennzeichnet durch die wiederholte Anschaffung und Veräußerung von Wirtschaftsgütern im Sinne eines marktmäßigen Umschlags von Sachwerten bzw. die eigeninitiativ und mit Unternehmerrisiko erfolgende Bündelung von Produktionsfaktoren – die eigene Arbeitsleistung, Eigen- und Fremdkapital, selbständig und nichtselbständig erbrachte Leistungen Dritter – zu marktfähigen Güter- und Dienstleistungsangeboten und deren Absetzen am Markt (BFH-Urteil vom 25. Juli 2001 X R 55/97, BFHE 195, 402, BStBl II 2001, 809).
cc) So überschreitet der An- und Verkauf von Wertpapieren (oder Beteiligungen) die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zur gewerblichen Betätigung nur in besonderen Fällen, nämlich wenn sich der Steuerpflichtige „wie ein Händler” verhalten hat. Das Unterhalten und die Pflege eines Aktiendepots sind jedoch nach der Verkehrsanschauung im Regelfall nicht unternehmerisch, sondern vermögensverwaltend. Der Gegentypus wird bestimmt durch das „Bild des Wertpapierhändlers”. Dieses wird weder durch die Zahl noch den Umfang der einzelnen Transaktionen konturiert, sondern – jedenfalls im Regelfall – durch hiervon unabhängige Merkmale der Professionalität. Beweisanzeichen für eine solche Zuordnung sind – im Rahmen der gebotenen Gesamtbildbetrachtung – vor allem der Umfang der Geschäfte, das Unterhalten eines Büros oder einer Organisation zur Durchführung von Geschäften, das Ausnutzen eines Marktes unter Einsatz beruflicher Erfahrungen sowie das Anbieten von Wertpapiergeschäften gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit. Der An- und Verkauf von Wertpapieren kann ferner die Grenze der privaten Vermögensverwaltung überschreiten, wenn der Steuerpflichtige ohne Einsatz eigenen Vermögens mit beruflich erlangten Kenntnissen Kursdifferenzen ausnützt und sich „bankentypisch” verhält (vgl. BFH-Beschlüsse vom 10. April 2006 X B 209/05, BFH/NV 2006, 1461 und in juris).
Anlagegeschäfte in Optionen, welche keine Früchte gewähren, sondern dadurch „verwertet” werden, dass der Inhaber sie ausübt oder verfallen lässt, bei Bestehen eines Sekundärmarktes auch durch Veräußerung, sind im rechtstatsächlichen Regelfall „privater” Natur und (nur) nach näherer Maßgabe des § 22 Nr. 3, § 23 EStG steuerbar. Bei der Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und Gewerbebetrieb ist die Grundentscheidung des Gesetzgebers zu respektieren, „gelegentliche” (§ 22 Nr. 3 EStG) (Dienst-)Leistungen sowie auch mehrfache An- und Verkaufsvorgänge nicht in die Gewerblichkeit einzubeziehen. Dementsprechend begründet der An- und Verkauf von Optionskontrakten selbst in größerem Umfang im Allgemeinen keinen Gewerbebetrieb. Eine gewerbliche Betätigung setzt jedenfalls voraus, dass der Steuerpflichtige sich wie ein Händler verhält (BFH-Urteil vom 20. Dezember 2000 X R 1/97, BFHE 194, 198, BStBl II 2001, 706).
Bei der rechtlichen Zuordnung anhand der vorgenannten Kriterien kann nicht isoliert auf einzelne Merkmale abgestellt werden, vielmehr ist das Gesamtbild entscheidend, wobei die einzelnen Beweisanzeichen zu gewichten und gegeneinander abzuwägen sind (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 194, 198, BStBl II 2001, 706). Dem Merkmal des Tätigwerdens für fremde Rechnung wird hierbei besonderes Gewicht im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung beigemessen; umgekehrt deutet ein Tätigwerden ausschließlich für eigene Rechnung im Regelfall darauf hin, dass der Rahmen der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten wird. Zu beachten ist allerdings, dass gewerblich tätige Finanzunternehmen, wenn sie – nicht anders als private Anleger – für eigene Rechnung tätig werden, sich dadurch vom privaten Anleger unterscheiden, dass sie den Handel mit institutionellen Partnern betreiben, also nicht lediglich über eine Depotbank am Marktgeschehen teilnehmen. Schon die bisherige Rechtsprechung hat ein Tätigwerden im unmittelbaren Handel mit anderen Marktteilnehmern als starkes Indiz für Gewerblichkeit angesehen. Entsprechendes gilt im Hinblick auf andere für eine private Vermögensverwaltung ungewöhnliche Verhaltensweisen (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 774 m.w.N.).
c) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die vorliegend zu beurteilende Tätigkeit der Klägerin noch als private Vermögensverwaltung in dem dargelegten Sinn zu qualifizieren.
aa) Abzustellen ist hierbei nach Ansicht des Senats bei der notwendigen Beurteilung des Gesamtbildes der Verhältnisse unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung insbesondere darauf, dass die Geschäftstätigkeit der Klägerin – jedenfalls grundsätzlich – lediglich den Ankauf von Versicherungspolicen, für eigene Rechnung, unter Einsatz von im Wesentlichen eigenem, nach erfolgter Schließung des Fonds der Höhe nach begrenztem Vermögen und die Zahlung der jeweiligen Versicherungsprämien bis zum mittelfristig erwartbaren Eintritt des Versicherungsfalles umfasst, um schließlich die Versicherungssumme einschließlich evtl. angefallener Kapitalstockzinsen einzuziehen. Ein Umschlag der Policen findet – mit Ausnahme eines eventuellen Restbestandes – planmäßig nicht statt, nachdem die bloße Einlösung der Policen am Ende der Laufzeit schon mangels Rechtsträgerwechsel (so auch Meyer-Scharenberg in DStR 2006, 1437; Hensell/Reibis, Abgrenzung von vermögensverwaltender und gewerblicher Tätigkeit und Gewerbesteuerbarkeit von Veräußerungsgewinnen bei geschlossenen Fonds, DStR 2008, 87) bzw. mangels entgeltlicher Übertragung der angeschafften Policen (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 18. Oktober 2006 IX R 7/04, BFHE 215, 193, BStBl II 2007, 258) nicht als Veräußerung an Dritte zu werten ist (i.E. ebenso Fleischer/Karten, Ertragssteuerliche Konsequenzen der Beteiligung an einem US-Lebensversicherungszweitmarktfonds, Betriebs-Berater – BB – 2004, 1143).
Damit ist im Streitfall mit dem – im Wesentlichen – Erwerb und Halten der insgesamt … Policen bis zum Eintritt des jeweiligen Versicherungsfalls lediglich eine entsprechende Investition des Eigenkapitals der Klägerin aufgrund jeweiliger anfänglicher Kaufentscheidungen in mittelfristige Geldanlagen bis zur jeweiligen „Fälligkeit” – insoweit vergleichbar mit der im Regelfall ebenfalls nicht gewerblichen Investition in Optionen (so auch Biagosch/Greiner in DStR 2004, 1365) – als einer nach der Verkehrsanschauung typischen Tätigkeit privater Vermögensverwaltung zu erkennen und gerade nicht ein professioneller Einsatz des Vermögens unter wiederholtem oder ständigem Ausnutzen eines Marktes. Insbesondere stellt das Vorgehen der Klägerin ersichtlich keine händler- oder bankentypische Teilnahme an einem institutionellen Markt unter Ausnutzung beruflich begründeter Kenntnisse dar und entspricht – schon mangels geplanter Verkäufe der erworbenen Wirtschaftsgüter – eher dem Bild des Privatanlegers, welcher eigenes Vermögen im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten nutzt, als dem eines professionellen Händlers, der planmäßig sein Vermögen durch ständige und wiederholte Umschichtungen und damit durch marktmäßigen Umschlag mit Wirtschaftsgütern zu vermehren sucht. Die Maßgeblichkeit der genannten Kriterien wird auch gestützt durch die entsprechenden Angaben im BMF-Schreiben 2003, welches mit Venture Capital und Private Equity Fonds ein dem vorliegenden zumindest in wesentlichen Teilbereichen ähnliches Geschäftsmodell einkommensteuerlich regelt. Der erhebliche Umfang der Anlagegeschäfte der Klägerin gewinnt im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung keine entscheidende Bedeutung. Im Ergebnis ist die Klägerin nicht anders zu behandeln wie ein auf dem US-amerikanischen Sekundärmarkt investierender privater Einzelinvestor.
bb) Demgegenüber sind die vom Finanzamt bzw. von der Finanzverwaltung in der OFD-Verfügung und den Erlassen herangezogenen Gründe, den Erwerb „gebrauchter” Risikolebensversicherungen auf dem US-amerikanischen Sekundärmarkt durch Anlagegesellschaften wie die Klägerin ertragsteuerlich als gewerbliche Tätigkeit zu qualifizieren, im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung nicht überzeugend.
(1) Die grundsätzlich als Indiz für einen Gewerbebetrieb anzusehende Unterhaltung eines entsprechenden, in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes kann im Streitfall nicht darin gesehen werden, dass sich die Klägerin – welche unstreitig keinen umfangreichen eigenen Geschäftsbetrieb unterhält – verschiedener, insbesondere mit ihr nicht gesellschaftsrechtlich verbundener „Settlement-Gesellschaften” bediente bzw. noch bedient. Auch Privatanleger bedienen sich z.B. bei der technischen Durchführung ihrer Wertpapiergeschäfte im Regelfall eines Bankinstituts und beauftragen darüber hinaus im Zusammenhang mit ihrer privaten Vermögensverwaltung, wie etwa einem Immobilienkauf, der Investition in Wertpapiere oder in Fonds, typischerweise Makler, Vermögensbetreuer und/oder weitere Sachverständige, um bei ihrer Anlageentscheidung von deren Fachwissen und Marktkenntnissen zu profitieren, ohne dass ihnen deren jeweilige Organisation zuzurechnen wäre. Es ist offenkundig, dass eine private Vermögensverwaltung nicht dadurch zum Gewerbebetrieb wird, dass der Anleger bei seinen Anlageentscheidungen externen Sachverstand in Anspruch nimmt (vgl. hierzu auch BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 1461). Entsprechendes gilt, soweit die Klägerin diese Gesellschaften nicht nur für den Erwerb der Policen eingeschaltet hat, sondern diese darüber hinaus auch mit der weiteren Betreuung der Versicherungsverträge beauftragte; ebenso ist es im Rahmen privater Vermögensverwaltung unschädlich, wenn der private Investor etwa seine Depotbank mit der Einziehung der Dividenden aus den von ihm gehaltenen Aktien beauftragt.
Abgesehen davon kann auch private Vermögensverwaltung ab einer gewissen Größenordnung die Beschäftigung eigener Mitarbeiter erfordern, ohne dass sich hieraus bereits ohne weiteres die Schlussfolgerung ziehen ließe, insoweit läge ein Gewerbebetrieb vor (ebenso Meyer-Scharenberg in DStR 2006, 1437 m.w.N.). Die Gewerblichkeit indiziert eine derartige Organisation zwar dann, wenn sie dazu geeignet ist, eine professionelle Marktteilnahme zu gewährleisten (vgl. Fleischer/Karten in BB 2004, 1143 m.w.N.), dies ist jedoch im Streitfall hinsichtlich des Geschäftsbetriebs der Klägerin nicht gegeben.
(2) Die Größenordnung der Anlagegeschäfte der Klägerin übersteigt zwar offensichtlich das Volumen der Vermögensverwaltung durchschnittlicher Privatinvestoren. Dieser Umstand ist jedoch unter Berücksichtigung der sonstigen, bereits dargelegten Umstände des Streitfalles sowie aufgrund der vorliegenden artspezifischen Besonderheiten der von der Klägerin als Anlage bis zum jeweiligen Versicherungsablauf angeschafften Wirtschaftsgüter – Versicherungspolicen über …USD bis über … USD mit geschätzten Restlaufzeiten bis zu 13 Jahren jedenfalls im Ergebnis nicht geeignet, als maßgebliches Indiz die Gewerblichkeit der Tätigkeit der Klägerin zu begründen. Zudem kommt es etwa auch bei der Abgrenzung zwischen privater Verwaltung von Kapitalvermögen und gewerblichen Wertpapierhandel nicht auf die Höhe des Vermögens und noch nicht einmal auf die Zahl der Verkäufe an (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 204, 419, BStBl II 2004, 408). Abgesehen davon erscheint es grundsätzlich zweifelhaft, ein hohes Geschäftsvolumen als Indiz für die Gewerblichkeit eines Steuerpflichtigen zu werten, nachdem auch im Rahmen unstreitig privater Verwaltung etwa von Immobilienvermögen erhebliche Werte erreicht werden können (so auch Meyer-Scharenberg in DStR 2006, 1437).
(3) Soweit das Finanzamt auf das unternehmerische Risiko als Merkmal für die Gewerblichkeit einer Tätigkeit abstellt, kann ihm schon grundsätzlich nicht gefolgt werden. Erhebliche geschäftliche Risiken geht auch jeder sein privates Vermögen durch Kauf und Verkauf etwa von Aktien verwaltende Steuerpflichtige ein, ohne dass dies allein oder in Zusammenschau mit weiteren Indizien die Gewerblichkeit seiner Tätigkeit begründen könnte (so auch Meyer-Scharenberg in DStR 2006, 1437). Im Übrigen hat die Klägerin in ihrem Portfolio lediglich … Versicherungspolicen mit begrenzter Laufzeit, hinsichtlich derer es zu einem Totalverlust des eingesetzten Kapitals kommen kann. Hinsichtlich der übrigen Policen ist die jeweilige Auszahlung der Versicherungssumme mit dem lediglich zeitlich unbestimmtem Eintritt des Versicherungsfalles gesichert, so dass das jeweilige Verlustrisiko der Klägerin begrenzt ist; es beruht im Wesentlichen lediglich auf der Möglichkeit eines Überlebens des jeweiligen Policenverkäufers über den Ablauf seiner von der jeweiligen „Settlement-Gesellschaft” zum jeweiligen Kaufzeitpunkt geschätzten Restlebenszeit hinaus und dem Bonitätsrisiko der jeweiligen Versicherungsgesellschaft. Von einem erheblichen unternehmerischen Risiko der Klägerin ist deshalb vorliegend ohnehin nicht auszugehen.
(4) Ebenso wenig nachvollziehbar ist, inwieweit die Geschäftstätigkeit der Klägerin nach Ansicht des Finanzamts deshalb die Grenze zur Vermögensverwaltung überschreiten sollte, weil sie dem unechten Factoring vergleichbar sei.
(a) Das echte Factoring unterscheidet sich vom unechten dadurch, dass der das Factoring betreibende Unternehmer (Factor) auch das Risiko des Forderungsausfalls übernimmt. Bei dem unechten Factoring werden die Forderungen dagegen nur erfüllungshalber an den Factor übertragen. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise stellt sich das unechte Factoring damit als ein Kreditgeschäft dar, das sich kaum von der gewöhnlichen Sicherungsabtretung unterscheidet. Nur beim unechten Factoring erbringt der Factor Leistungen an den ursprünglichen Forderungsinhaber, den sog. Anschlusskunden, wie etwa die Übernahme des Mahnwesens. Die mit dem echten Factoring verbundenen Tätigkeiten führt der Factor als neuer Gläubiger für sich selbst im eigenen Interesse aus; sie sind nichtsteuerbar (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 11. Februar 1993 V R 57/88, BFH/NV 1994, 506; Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 18. November 2008 4 K 19/05, EFG 2009, 1289; jeweils m.w.N.; Meyer-Scharenberg in DStR 2006, 1437).
(b) Auch wenn sich Erlöse sowohl bei der Geschäftstätigkeit der Klägerin wie in allen Fällen des Factoring generell erst mit der jeweiligen Fälligkeit und Bezahlung der jeweiligen Forderungen bzw. Ablaufleistungen ergeben, so ist gegen die Argumentation des Finanzamts bereits grundsätzlich einzuwenden, dass selbst unechtes Factoring – ebenso wie die Geschäftstätigkeit der Klägerin – keinen Handel mit Forderungen beinhaltet, welcher möglicherweise als gewerblich einzustufen wäre. Überdies tragen die Verkäufer der von der Klägerin erworbenen Policen nach deren Verkauf kein Ausfallrisiko mehr, so dass vorliegend als hinreichend vergleichbare Tätigkeit allenfalls echtes Factoring in Betracht kommen kann, entgegen der Auffassung des Finanzamts jedoch nicht unechtes Factoring; hierfür spricht auch, dass die Klägerin nach Abschluss des jeweiligen Kaufvertrages keine weiteren Leistungen gegenüber den Versicherungsverkäufern mehr erbringt, wie etwa die Durchsetzung der Auszahlung der Versicherungsleistung.
Selbst unter Berücksichtigung dieser – zudem lediglich ansatzweisen – Vergleichbarkeit des Kaufes von Versicherungspolicen auf dem US-amerikanischen Zweitmarkt mit echtem Factoring ist jedoch nicht erkennbar, inwieweit dies als Indiz für die Gewerblichkeit der vorliegenden Tätigkeit gewertet werden könnte. So ist es nach der Rechtsprechung des BFH auch der Vermögensanlage in Wertpapieren eigen, dass die Fruchtziehung nicht notwendigerweise im Zufluss von Zinsen und Dividenden besteht, sondern sich die Ertragserwartung des Anlegers wirtschaftlich auch aus der Kursentwicklung ergeben kann, mit der Folge, dass auch die Berücksichtigung der späteren Möglichkeit günstiger Weiterveräußerung – selbst bei Gegenständen, die gar keinen laufenden Ertrag gewähren können – nicht dem Begriff der privaten Vermögensverwaltung widerspricht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 204, 419, BStBl II 2004, 408). Damit ist jedoch ersichtlich auch das – das Geschäftsmodell der Klägerin prägende-Abwarten der Fälligkeit von erworbenen Lebensversicherungen bereits grundsätzlich kein geeignetes Indiz für die Annahme der Gewerblichkeit dieser Tätigkeit (so auch Meyer-Scharenberg in DStR 2006, 1437, der bereits die Vergleichbarkeit des Erwerbs von Gebrauchtpolicen mit dem Factoring verneint; ebenso eine solche Vergleichbarkeit ablehnend: Biagosch/Greiner in DStR, 2004, 1365 und Lohr, Erwerb von „gebrauchten” Lebensversicherungen – Ein steuerlich sinnvolles Anlageobjekt?, Der Betrieb 2004, 2334).
(5) Gleiches gilt für die Behauptung in der OFD-Verfügung, wonach sich Fondsgesellschaften wie die Klägerin des Zweitverwertungsmarktes in den USA bedienten und diesen genau beobachten müssten, um erfolgreich zu sein. Nachdem Kapitalanlagen stets auf Märkten erworben werden müssen und der Geschäftserfolg der Klägerin so gut wie ausschließlich von der Zuverlässigkeit abhängt, mit der die jeweils beauftragte „Settlement-Gesellschaft” die Restlaufzeit des jeweiligen Versicherungsvertrages, d.h. die restliche Lebenszeit des Policenverkäufers und damit den Zeitpunkt der Auszahlung der Versicherungsleistung sowie die Höhe der bis dahin noch zu zahlenden Versicherungsprämien schätzt, nicht jedoch von der Beobachtung eines Marktes, ist diese Argumentation nicht nachvollziehbar (so auch Meyer-Scharenberg in DStR 2006, 1437).
3. Mangels Streiterheblichkeit kann dahinstehen, ob der Widerruf der verbindlichen Auskunft durch das Finanzamt mit Schreiben vom … rechtmäßig war. Gleiches gilt für die von der Klägerin vorgetragene einkommensteuerliche Ungleichbehandlung gegenüber Venture Capital und Private Equity Fonds.
4. Die Höhe des für das Streitjahr 2004 festzustellenden Verlustes der Klägerin ist ebenso wenig streitig wie die Aufteilung dieses Verlustes auf die an ihr Beteiligten. Bereits nach § 96 Abs. 1 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) war außerdem nicht darüber zu entscheiden, ob und ggf. inwieweit im Streitjahr 2004 angefallene Betriebsausgaben der Klägerin unter Berücksichtung des § 3c Abs. 1 EStG steuerlich nicht zu berücksichtigen sind, weil in Veranlagungszeiträumen nach dem Streitjahr 2004 von der Klägerin vereinnahmte Betriebseinnahmen (aus den jeweiligen Versicherungsleistungen bei Eintritt des Versicherungsfalles einschließlich den – bei Vorhandensein eines Kapitalstocks – bis zur jeweiligen Fälligkeit aufgelaufenen Zinsen) steuerfrei sind (vgl. hierzu etwa Meyer-Scharenberg in DStR 2006, 1437). Abgesehen davon würde eine entsprechende Kürzung des für 2004 festgestellten Verlustes der Klägerin im Rahmen der vorliegenden Entscheidung über die verselbstständigte Besteuerungsgrundlage der Zuweisung der fraglichen Einkünfte zu einer Einkunftsart (vgl. hierzu Finanzgericht München, Urteil vom 13. September 2006 10 K 2650/03, EFG 2007, 181; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung – Finanzgerichtsordnung, § 180 AO Rz. 55; jeweils m.w.N.) gegen das Verböserungsverbot (vgl. hierzu Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 6. Auflage 2006, § 96 Rz. 5 m.w.N.) verstoßen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und den Vollstreckungsschutz folgt aus §§ 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO in Verbindung mit§§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.
Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zugelassen.
Der Senat entscheidet durch Gerichtsbescheid (§ 90a FGO).