04.11.2009
Finanzgericht Köln: Beschluss vom 25.07.2002 – 13 K 460/01
1) Es wird die Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob die zu § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 (BGBl I 1999, 402) ergangene Anwendungsregelung des § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 unter dem Gesichtspunkt unzulässiger unechter Rückwirkung mit Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes insoweit vereinbar ist, als auch private Grundstücksveräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung mehr als zwei Jahre beträgt und die auf einem nach dem 31.12.1998 sowie vor dem Beschluß des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 durch den Bundestag am 4.3.1999 abgeschlossenen obligatorischen Vertrag oder einem gleichstehenden Rechtsakt beruhen, als private Veräußerungsgeschäfte gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 in Verbindung mit § 22 Nr. 2 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 der Einkommensbesteuerung unterworfen werden.
2) Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des BVerfG ausgesetzt.
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen sind.
Die Kläger erwarben mit Vertrag vom 15.3.1990 ein seinerzeit landwirtschaftlich genutztes Grundstück mit einer Größe von 9926 qm für einen Kaufpreis von 60.000 DM.
Nach Vermessung und Parzellierung des Grundstücks in den Jahren 1996/1997 veräußerten die Kläger mit Vertrag vom 26.2.1999 eine Parzelle von 4309 qm Größe für einen Kaufpreis von 560.000 DM an die A-GmbH in Wl.
In dem Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 23.3.2000 erfaßte der Beklagte aufgrund dieses Veräußerungsgeschäftes gemäß §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 52 Abs. 39 Satz 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 einen steuerpflichtigen Gewinn in Höhe von 533.954 DM.
Mit dem hiergegen fristgerecht erhobenen Einspruch vertraten die Kläger die Auffassung, daß die rückwirkend für Kaufverträge ab dem 1.1.1999 geltende Verlängerung der Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre gegen ihr schutzwürdiges Vertrauen in die zur Zeit des Vertragsabschlusses geltende gesetzliche Regelung des § 23 EStG a. F. verstoße und damit unzulässig sei. Die Verlängerung der Behaltefrist auf zehn Jahre bewirke, daß Grundstücke, die bereits steuerentstrickt gewesen seien, rückwirkend wieder der Besteuerung unterworfen würden. Hier hätte der Gesetzgeber zumindest eine Übergangsregelung oder eine Belastungsmilderung in Form der ermäßigten Besteuerung nach § 34 EStG oder eine zeitanteilige Steuerfreistellung vorsehen müssen. Zudem sei die rückwirkende Gesetzesänderung auf den 1.1.1999 unzulässig, da sie auch Rechtsgeschäfte erfasse, die vor dem Beschluß und der Veröffentlichung des Gesetzes getätigt worden seien. Es sei ihnen nicht zuzumuten, sich laufend über sämtliche Gesetzgebungspläne zu informieren und wirtschaftliche Dispositionen auf Gesetzesentwürfe abzustellen. Außerdem sei in dem ursprünglichen Reformentwurf (Steuerreformgesetz 1999) von einer Verlängerung der Frist auf fünf Jahre die Rede gewesen, womit die Grundstücksveräußerung nicht steuerpflichtig gewesen wäre. Zum Zeitpunkt des Verkaufs hätten sie nach alledem nicht davon ausgehen können, von der Änderung des § 23 EStG erfaßt zu werden.
Hilfsweise beantragten die Kläger den gewinnmindernden Ansatz von nachträglichen Anschaffungskosten und Veräußerungskosten in Höhe von 92.179 DM. Wegen der Zusammensetzung dieser Aufwendungen wird auf die Aufstellung in Anlage zu der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 3.1.2001 Bezug genommen. Hinsichtlich des in dieser Aufstellung enthaltenen Vermögensverlustes für eine unentgeltlich an die Stadt Linnich abgetretene Fläche in Höhe von 7.000 DM erklärten sich die Kläger im Einspruchsverfahren mit einem Werbungskostenansatz in Höhe der tatsächlichen Anschaffungskosten von 302 DM einverstanden.
Mit Einspruchsentscheidung vom 3.1.2001 half der Beklagte dem Begehren der Kläger insoweit ab, als er den Spekulationsgewinn unter Berücksichtigung von Anschaffungsnebenkosten in Höhe von 658 DM und Werbungskosten in Höhe von 84.794 DM nurmehr mit einem Betrag von 448.502 DM der Besteuerung unterwarf. Die verbleibende Differenz zum Hilfsantrag der Kläger ergab sich hierbei aus der doppelten Erfassung einer Katastergebühr in Höhe von 30 DM. Im übrigen wies der Beklagte den Einspruch unter Hinweis auf die gesetzliche Neuregelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 und der hierfür geltenden Anwendungsregelung des § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG zurück.
Bei der Verlängerung der sogenannten Spekulationsfrist durch die gesetzliche Neuregelung bzw. der rückwirkenden Geltung des am 4.3.1999 beschlossenen Gesetzes ab dem 1.1.1999 handele es sich nicht um eine sogenannte echte Rückwirkung bzw. unzulässige unechte Rückwirkung, die die Verfassungswidrigkeit der Besteuerung begründen könnte. Bei einem steuerpflichtigen privaten Veräußerungsgeschäft werde der Besteuerungstatbestand erst durch das Veräußerungsgeschäft und nicht schon mit der Anschaffung des Grundstücks verwirklicht. Das die Besteuerung auslösende Tatbestandsmerkmal sei somit im Streitfall erst nach dem Inkrafttreten des Gesetzes verwirklicht worden. Eine vorherige steuerliche Entstrickung des angeschafften Grundstücks durch Ablauf der nach früherer gesetzlicher Regelung geltenden Spekulationsfrist finde nicht statt. Denn die Anschaffung eines Grundstücks im Privatbereich berühre für sich allein noch keine einkommensteuerliche Vorschrift und sei auch nicht buchmäßig oder sonstwie durch Aufzeichnung zu erfassen. Erst wenn das Grundstück veräußert werde, spiele seine Anschaffung eine steuerrechtliche Rolle. Die andere Rechtslage bei Anschaffungen zum Betriebsvermögen könne auf Anschaffungsvorgänge zum Privatvermögen nicht übertragen werden. Allein die gesetzliche Anordnung des rückwirkenden Inkrafttretens zum 1.1.1999 begründe keine echte Rückwirkung, da der Steueranspruch erst mit Ablauf des Kalenderjahres entstehe.
Auch das Vertrauen der Kläger in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage sei nicht schutzwürdig, da zum einen mit einer Änderung der zugrunde liegenden Normen habe gerechnet werden können und zum anderen zwingende Gründe des gemeinen Wohls die Rückwirkung rechtfertigten. Bereits in dem am 9.11.1998 in den Deutschen Bundestag eingebrachten Gesetzentwurf des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 seien die Spekulationsfristen in der nunmehr vorliegenden Form neu geregelt worden, so daß die Kläger von einer entsprechenden Besteuerung künftiger Verkäufe hätten ausgehen müssen. Im übrigen sehe das Steuerentlastungsgesetz Steuervergünstigungen vor, die durch steuererhöhende Vorschriften kompensiert werden müßten, so daß zwingende Gründe des gemeinen Wohls gegeben seien.
Mit der vorliegenden Klage machen die Kläger weiterhin geltend, daß die steuerliche Erfassung des Grundstücksverkaufs vom 26.2.1999 wegen echter Rückwirkung bzw. zumindest unzulässiger unechter Rückwirkung verfassungswidrig sei.
Eine echte Rückwirkung liege vor, wenn das Gesetz an abgeschlossene, der Vergangenheit angehörende Tatbestände ungünstigere Folgen knüpfe. Bei der Einkommensteuer sei für die Bestimmung der Abgeschlossenheit des Tatbestandes statt des Jährlichkeitsprinzips der Zeitpunkt der wirtschaftlichen Disposition maßgeblich, wenn das Gesetz Dispositionsbedingungen schaffe, auf die der Bürger sein wirtschaftliches Verhalten um des steuerlichen Vorteils Willen stütze.
Die Besonderheit des Einkünftetatbestandes des § 23 EStG bestehe darin, daß nicht allein an die Veräußerung angeknüpft werde, sondern auch an die Anschaffung des Wirtschaftsguts. Der Erwerbsvorgang stelle somit den Beginn des Tatbestandes dar. Der mit dem Erwerb begonnene Tatbestand ende nach der Gesetzessystematik mit dem Ablauf der Spekulationsfrist, für die der Begriff der „Steuerentstrickung” geprägt worden sei. Diese Steuerentstrickung sei im Streitfall mit Ablauf des 15.3.1992 eingetreten. § 23 EStG n. F. öffne diesen abgeschlossenen Tatbestand wieder und lege einen neuen Zeitpunkt für das Ende des Tatbestandes fest. Damit erfahre ein in der Vergangenheit endgültig bewerteter Sachverhalt eine neue rechtliche Beurteilung. Die hierin liegende echte Rückwirkung sei verfassungsrechtlich unzulässig, da kein sie rechtfertigender Umstand ersichtlich sei. Der Vertrauensschutz der gesetzesunterworfenen Bürger habe erst mit dem Gesetzesbeschluß des Bundestages vom 4.3.1999 entfallen können.
In der steuerlichen Erfassung von Veräußerungsvorgängen zwischen dem 1.1.1999 und dem 4.3.1999 liege aber zumindest eine wegen Überwiegens des Vertrauensschutzes unzulässige unechte Rückwirkung, mit der belastend in eine abgeschlossene Disposition der Kläger eingegriffen werde. Ohne die rückwirkende Änderung des Gesetzes hätte der Verkauf am 26.2.1999 noch steuerfrei erfolgen können. Die seinerzeit noch geltende gesetzliche Regelung sei für ihre Verkaufsentscheidung maßgeblich gewesen. Hätten sie mit der Gesetzesänderung gerechnet, so hätten sie mit dem Verkauf noch ein Jahr zugewartet. Es wäre dann auch nach neuer Gesetzeslage wegen Überschreitens der Zehn-Jahres-Frist nicht zu einer Besteuerung gekommen. Zum Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses durch den Bundestag hätten sie ihre durch den Abschluß des Kaufvertrags vollzogene Disposition nicht mehr rückgängig machen können.
In bezug auf ihr schützenswertes Vertrauen sei nicht nur auf den Veräußerungszeitpunkt abzustellen. Auch ihr Vertrauen auf die im Zeitpunkt der Anschaffung des Grundstücks bestehende Rechtslage sei nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (Beschluß vom 5.3.2001 IX B 90/00) schutzwürdig. Darüber hinaus habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 72, 200, 261) klargestellt, daß das Bekanntwerden von Gesetzesinitiativen und die öffentliche Berichterstattung über die Vorbereitung einer Neuregelung durch gesetzgebende Körperschaften die Schutzwürdigkeit des Vertrauens nicht beeinträchtige. Zur Wahrung des Vertrauensschutzes hätte der Gesetzgeber eine Übergangsregelung dergestalt treffen müssen, daß von der Neufassung des § 23 EStG nur Verkäufe nach Verkündung des Gesetzes erfaßt werden könnten.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 23.3.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3.1.2001 dahingehend abzuändern, daß bei der Einkommensteuerveranlagung ein Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 448.502 DM nicht berücksichtigt wird,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Kläger haben ferner angeregt, das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er weist darauf hin, daß auch nach dem Beschluß des BFH vom 5.3.2001 IX B 90/00 hinsichtlich der Verlängerung der Veräußerungsfristen kein Fall unzulässiger sogenannter echter Rückwirkung vorliege. Im übrigen hält er an den Ausführungen der Einspruchsentscheidung fest.
Gründe
Der Senat legt die aus dem Tenor ersichtliche Frage dem Bundesverfassungsgericht gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 GG, § 80 Bundesverfassungsgerichtsgesetz zur Entscheidung vor und setzt bis dahin das Verfahren aus.
Der Senat hält die zu § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.3.1999, BGBl I 1999, 402 (im folgenden Steuerentlastungsgesetz) ergangene Anwendungsvorschrift des § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes teilweise für verfassungswidrig. Die Anwendungsregelung verstößt insoweit gegen Art. 20 Abs. 3 GG, als auch vor dem endgültigen Gesetzesbeschluß des Bundestages vom 4.3.1999 getätigte Grundstücksverkäufe aus dem Privatvermögen unbeschadet des zwischenzeitlichen Ablaufs der Spekulationsfrist von zwei Jahren nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a des Einkommensteuergesetzes in der durch das Steuerentlastungsgesetz geänderten Fassung (EStG a. F.) der Einkommensbesteuerung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 in Verbindung mit § 22 Nr. 2 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes unterworfen werden, soweit der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Der tatbestandlichen Rückanknüpfung des Gesetzgebers steht insoweit ein die öffentlichen Belange überwiegendes schutzwürdiges Interesse der betroffenen Steuerpflichtigen – und somit im Streitfall der Kläger – auf die Beständigkeit der durch die Steuergesetzgebung gesetzten Rahmenbedingungen für ihre wirtschaftlichen Dispositionsentscheidungen gegenüber.
1. Die vorgelegte Frage ist im Sinne des § 80 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz entscheidungserheblich.
a. Im Falle der Verfassungsmäßigkeit der Anwendungsregelung zu § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes wäre die Klage abzuweisen.
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG unterliegen der Einkommensteuer sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 EStG, die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt. Die Voraussetzungen der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht sind im Streitfall aufgrund des inländischen Wohnsitzes der Kläger erfüllt (§ 1 Abs. 1 EStG). Sonstige Einkünfte sind nach § 22 Nr. 2 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 EStG. Hierunter fallen nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Ausgenommen von dieser Regelung sind nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes lediglich Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden. Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes wird der Gewinn oder Verlust aus Veräußerungsgeschäften nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 nach dem Unterschied zwischen Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits bemessen. Nach § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes ist § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 schließlich auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden, bei denen die Veräußerung auf einem nach dem 31.12.1998 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrag oder gleichstehenden Rechtsakt beruht.
Nach diesen gesetzlichen Vorschriften unterliegt der von den Klägern aus der Veräußerung der Grundstücksparzelle mit Vertrag vom 26.2.1999 erzielte Gewinn als Einkunftsbezug aus einem privaten Veräußerungsgeschäft der Einkommensteuer, da der zugrunde liegende Kaufvertrag erst nach dem 31.12.1998 rechtswirksam abgeschlossen worden ist, der zum Wegfall der Steuerpflicht führende Ablauf der zehnjährigen Frist zwischen Anschaffung und Veräußerung am 26.2.1999 noch nicht eingetreten und das Grundstück nach Anschaffung durch die Kläger nicht zu Wohnzwecken verwendet worden war. Der Höhe nach entspricht die Berechnung des Veräußerungsgewinns durch den Beklagten den gesetzlichen Vorschriften; insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
b. Im Falle der teilweisen Verfassungswidrigkeit der zu § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ergangenen Anwendungsregelung des § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes im Sinne der Vorlagefrage wäre der Klage hingegen stattzugeben, weil nach der bis zum Veranlagungszeitraum 1998 geltenden und ggfls. bis zum Beschluß des Bundestages über das Steuerentlastungsgesetz anwendbaren Fassung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a EStG a. F. die für die Einkommensteuerpflicht eines ein Grundstück des Privatvermögens betreffenden Veräußerungsgeschäfts maßgebliche Frist zwischen Anschaffung und Veräußerung lediglich zwei Jahre betrug und somit im Streitfall bereits am 15.3.1992 abgelaufen war. Der aus dem Veräußerungsgeschäft erzielte Gewinn wäre in diesem Fall nicht in das zu versteuernde Einkommen als Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer einzubeziehen.
2. Die Anwendungsregelung des § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes verstößt, soweit sie auch Veräußerungsgeschäfte einbezieht, bei denen die Veräußerung auf einem zwischen dem 31.12.1998 und dem 4.3.1999 abgeschlossenen obligatorischen Vertrag oder gleichstehenden Rechtsakt beruht, gegen Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG), weil hierdurch ohne überwiegende entgegenstehende Gründe des Gemeinwohls das rechtsstaatlich geschützte Vertrauen der betroffenen Steuerpflichtigen in die durch die Steuergesetzgebung gesetzten Rahmenbedingungen für ein geordnetes Wirtschaften und die hierauf gegründeten Dispositionen in Gestalt der kalkulierten Steuerbelastung bei einem Grundstücksverkauf aus dem Privatvermögen verletzt werden.
a. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluß vom 14.5.1986 – 2 BvR 2/83 –, BVerfGE 72, 200, 241 ff, 261 f.; Beschluß vom 3.12.1997 – 2 BvR 882/97 –, BVerfGE 97, 67, 78 ff.; Beschluß vom 5.2.2002 – 2 BvR 305/93, Abfrage unter www.bverfg.de), die der Senat zur Grundlage seiner Entscheidung macht, bedarf es vor dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolgen eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Der Bürger wird in seinem Vertrauen auf die Verläßlichkeit der Rechtsordnung als einer Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen enttäuscht, wenn der Gesetzgeber an bereits abgeschlossene Tatbestände im Nachhinein ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte. Der Einzelne wäre in seiner Freiheit erheblich gefährdet, wenn die öffentliche Gewalt an sein Verhalten im Nachhinein belastendere Rechtsfolgen knüpfen dürfte, als sie zum Zeitpunkt seines rechtserheblichen Verhaltens galten.
Belastende Steuergesetze dürften ihre Wirksamkeit daher grundsätzlich nicht auf bereits abgeschlossene Tatbestände erstrecken oder schutzwürdiges Vertrauen ohne hinreichende Rechtfertigung anderweitig enttäuschen. Es ist in jedem Einzelfall zu ermitteln, inwieweit und mit welchem Gewicht das Vertrauen in die bestehende günstige Rechtslage schützenswert ist und ob die öffentlichen Belange, die eine nachteilige Änderung rechtfertigen, dieses Vertrauen überwiegen.
Eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen in bezug auf abgeschlossene Tatbestände in diesem Sinne liegt vor, wenn der Beginn des zeitlichen Anwendungsbereichs der Norm auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm gültig geworden ist. Der zeitliche Anwendungsbereich einer Norm bestimmt, in welchem Zeitpunkt die Rechtsfolgen einer gesetzlichen Regelung eintreten sollen. Grundsätzlich erlaubt die Verfassung nur ein belastendes Gesetz, dessen Rechtsfolgen für einen frühestens mit der Verkündung beginnenden Zeitraum eintreten. Die Anordnung, eine Rechtsfolge solle schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum eintreten (echte Rückwirkung), ist grundsätzlich unzulässig. Der von einem Gesetz Betroffene muß grundsätzlich bis zum Zeitpunkt der Verkündung einer Neuregelung darauf vertrauen können, daß er nicht nachträglich einer bisher nicht geltenden Belastung unterworfen wird. Dieser Schutz des Vertrauens in den Bestand der ursprünglich geltenden Rechtsfolgenlage findet seinen verfassungsrechtlichen Grund vorrangig in den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen insbesondere des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit.
Demgegenüber betrifft die tatbestandliche Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung) nicht den zeitlichen, sondern den sachlichen Anwendungsbereich einer Norm. Die Rechtsfolgen eines Gesetzes treten erst nach der Verkündung der Norm ein, deren Tatbestand erfaßt aber Sachverhalte, die bereits vor der Verkündung ins Werk gesetzt worden sind. Unechte Rückwirkungen sind verfassungsrechtlich nur dann unzulässig, wenn das Gesetz einen Eingriff vornimmt, mit dem der Betroffene nicht zu rechnen brauchte und sein Vertrauen schutzwürdiger ist als das mit dem Gesetz verfolgte Anliegen. Es ist abzuwägen zwischen dem Ausmaß des Vertrauensschadens des Einzelnen und der Bedeutung des gesetzlichen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit. Bei dieser Abwägung kann der Steuerbürger allerdings nicht ohne weiteres darauf vertrauen, daß der Gesetzgeber steuerrechtliche Freiräume für alle Zukunft beibehält und daß eine für ihn günstige Regelung dauerhaft erhalten bleibt. Denn die Gewährung vollständigen Schutzes zugunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten demokratischen Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verläßlichkeit oder Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen.
Das schutzwürdige Vertrauen in den Bestand der bisherigen Rechtsfolgenlage entfällt in der Regel schon im Zeitpunkt des endgültigen Gesetzesbeschlusses über die Neuregelung. Mit dem Tag des Gesetzesbeschlusses müssen die Betroffenen mit der Verkündung und dem Inkrafttreten der Neuregelung rechnen; es ist ihnen von diesem Zeitpunkt an zuzumuten, ihr Verhalten auf die beschlossene Gesetzeslage einzurichten. Der Gesetzgeber ist deshalb berechtigt, den zeitlichen Anwendungsbereich einer Regelung auch auf den Zeitraum von dem Gesetzesbeschluß bis zur Verkündung zu erstrecken.
Für den Bereich des Einkommensteuerrechts ist schließlich zu beachten, daß die Einkommensteuer in der Regel mit Ablauf des Kalenderjahres als Veranlagungszeitraum entsteht (§ 36 Abs. 1 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 EStG). Daraus folgt, daß die Rechtsfolgen einkommensteuerlicher Vorschriften, die die Steuerpflichtigkeit bestimmter Einkünfte regeln, in bezug auf die veranlagte Einkommensteuer stets erst mit dem Ablauf des Veranlagungszeitraums, in der Regel des Kalenderjahres, eintreten. Erst wenn eine nach Ablauf des Veranlagungszeitraums verkündete Norm mit Wirkung für diesen Veranlagungszeitraum eine ursprünglich geltende Rechtsfolgenlage nachträglich ändert, liegt ein Fall der echten Rückwirkung vor. In allen anderen Fällen, in denen die Änderung auch während des Laufs des Veranlagungszeitraums verkündet wird, handelt es sich lediglich um eine Neubestimmung einer bislang noch nicht eingetretenen Rechtsfolge.
Diese auf den Veranlagungszeitraum bezogene Rechtsprechung wurde in der sogenannten Schiffsbeteiligungsentscheidung für den Fall von Lenkungsgesetzen modifiziert (Beschluß des BVerfG vom 3.12.1997, a. a. O.). Wenn das Steuergesetz Dispositionen des Steuerpflichtigen veranlaßt – dort durch das Angebot von Sonderabschreibungen –, die er nur während des Veranlagungszeitraums vornehmen kann, so schafft dieses steuerliche Angebot für die Disposition des Steuerpflichtigen eine Vertrauensgrundlage, auf die er seine Entscheidung über das subventionsbegünstigte Verhalten stützt. Mit dieser Entscheidung des Steuerpflichtigen ist die Lenkungs- und Gestaltungswirkung des Subventionsangebots abschließend erreicht. Die Dispositionsbedingungen werden damit vom Tag der Entscheidung an, nicht erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums, zu einer schutzwürdigen Vertrauensgrundlage (BVerfG, a. a. O., Seite 80).
b. Dieser Sonderfall einer vom Gesetzgeber durch eine Lenkungsmaßnahme veranlaßten Disposition liegt im Streitfall indessen nicht vor, so daß jedenfalls nicht aufgrund des Abschlusses des Kaufvertrages vor der Verkündung des Steuerentlastungsgesetzes die Konstellation einer echten Rückwirkung bejaht werden kann. Die Rechtsprechung zu Lenkungsgesetzen kann auch nicht auf den vorliegenden Fall der Verbreiterung der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage durch Verlängerung der Spekulationsfrist für Veräußerungsgewinne bei privaten Grundstücksverkäufen ausgedehnt werden (a. A. Beschluß des BFH vom 5.3.2001 IX B 90/00, BStBl II 2001, 403; DB 2001, 622). Denn der lenkende Gesetzgeber trägt gegenüber dem Normadressaten eine stärkere Verantwortung, weil er, etwa durch steuerliche Subventionen, Anreize setzt, die den einzelnen zu im Gemeinwohl liegenden Handlungen veranlassen. Mit der Vornahme dieser Handlung entsteht dann für den Bürger eine schutzwürdige Vertrauensgrundlage (so zutreffend: Beschluß des Finanzgerichts Düsseldorf vom 12.4.2002 17 V 5861/01 A (E), n. v.). Eine solche Inanspruchnahme von Vertrauen fehlt aber bei der bloßen Änderung der steuerlichen Belastungsbedingungen für das wirtschaftliche Handeln des Bürgers. In einem solchen Fall muß es daher bei dem Grundsatz bleiben, daß die Abgeschlossenheit des Tatbestandes und nicht der Handlung des Steuerpflichtigen für die Unterscheidung zwischen echter und unechter Rückwirkung maßgebend ist (vgl. dazu: Beschluß des Finanzgerichts Düsseldorf vom 12.4.2002, a. a. O.; a. A. Offerhaus, DStZ 2000, 9, 13 f.).
Eine echte Rückwirkung aufgrund der Fristerweiterung durch § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes kann auch nicht damit begründet werden, daß die nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a EStG a. F. vormals geltende Spekulationsfrist von zwei Jahren bezüglich des streitbefangenen Grundstücks bereits vor dem 1.1.1999 abgelaufen ist und das angeschaffte Grundstück damit aus der „Steuerverstrickung” ausgeschieden sein könnte (in diesem Sinne: Birk/Kulosa, FR 1999, 433, 438 und Wermeckes, DStZ 1999, 479, 485 f.). Denn der Besteuerungstatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes wird ebenso wie vormals der des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a EStG a. F. erst durch das Veräußerungsgeschäft und nicht schon mit der Anschaffung des Grundstücks zum Privatvermögen verwirklicht. Die Anschaffung gehört zwar auch zum gesetzlichen Tatbestand; sie ist aber nur der Beginn der Tatbstandsverwirklichung, die sich bis zur Veräußerung erstreckt. Wird das die Besteuerung auslösende Tatbestandsmerkmal des Veräußerungsgeschäftes erst in dem Veranlagungszeitraum verwirklicht, in den die Verkündung der gesetzlichen Neuregelung fällt, so kann die Besteuerung demnach nicht nachträglich bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Sachverhalte erfassen (vgl. dazu: Glenk in: Blümich/Falk, EL 72, § 23 EStG, Rdn. 3; Wendt, FR 1999, 333, 353; Beschluß des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 26.6.2000, 2 V 13/00, EFG 2000, 1004).
Die gegenläufige Theorie der Steuerverstrickung ist den Vorschriften und Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs entnommen, kann aber nicht von dort auf die Ermittlung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften übertragen werden. Die Anschaffung eines Grundstücks im Privatbereich berührt für sich allein noch keine einkommensteuerrechtliche Vorschrift und ist auch nicht buchmäßig oder in anderer Weise durch Aufzeichnungen zu erfassen. Erst wenn das Grundstück vor Ablauf der Frist des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG alter und neuer Fassung veräußert wird, spielt seine Anschaffung eine steuerrechtliche Rolle. Wird das Grundstück hingegen nicht veräußert, so kann weder eine Verstrickung noch eine Entstrickung für die Zeit vor bzw. nach Ablauf der Frist des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG angenommen werden. Ein Verbot der Erfassung vor dem 1.1.1999 im Privatvermögen entstandener Wertsteigerungen kann deshalb mit dem zwischenzeitlichen Ablauf der Spekulationsfrist genausowenig begründet werden wie im hypothetischen Fall der erstmaligen Einführung der Besteuerung von privaten Veräußerungsgeschäften ab dem Jahre 1999. Der Senat folgt insoweit den zutreffenden Ausführungen im Beschluß des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 26.6.2000, a. a. O..
c. Demgegenüber sind im Streitfall die Voraussetzungen einer am Maßstab schutzwürdigen Vertrauens in den Bestand der bisherigen Rechtsfolgenlage zu messenden unechten Rückwirkung erfüllt, weil der Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit der Anwendungsregelung des § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes die Rechtsfolge der Einkommensteuerpflicht des streitbefangenen Veräußerungsgeschäfts von einem vor der Gesetzesverkündung liegenden tatsächlichen Vorgang abhängig macht, nämlich dem Abschluß des obligatorischen Vertrages, soweit dieser auf einen Zeitpunkt nach dem 31.12.1998 zu datieren ist. Nach Auffassung des Senats ist das Vertrauen der Kläger auf den Fortbestand der bei Abschluß des Kaufvertrages noch geltenden Gesetzeslage bezüglich der Länge und des Ablaufdatums der Spekulationsfrist bei dem privaten Grundstücksverkauf unter Abwägung mit den entgegenstehenden öffentlichen Belangen schützenswert, so daß die dennoch vorgenommene Besteuerung unter dem rechtsstaatlichen Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht mit der Verfassung (Art. 20 Abs. 3 GG) vereinbar ist.
Bei der Abwägung zwischen Vertrauensschutz und Belangen des Gemeinwohls ist zunächst zugunsten der Kläger zu berücksichtigen, daß bei der Veräußerung eines im Privatvermögen befindlichen Grundstücks kein Dauersachverhalt vorliegt, der sich über einen längeren Zeitraum erstreckt und dessen Verwirklichung daher gleichsam zwangsläufig mit dem Risiko einer sich verschlechternden steuerlichen Rechtslage verknüpft ist. Vielmehr handelt es sich bei dem die Besteuerung auslösenden Veräußerungsgeschäft um einen einmaligen Vorgang, dessen steuerliche Folgen sich in der einmaligen Erfassung eines ggfls. steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns erschöpfen (Beschluß des Finanzgerichts Münster vom 18.1.2001 4 V 6735/00 E, EFG 2001, 294). Bei solchen punktuellen die Besteuerung auslösenden Handlungen ohne Folgewirkungen für die Zukunft ist auch unter Berücksichtigung der Notwendigkeit, durch Änderung der bestehenden Gesetze auf veränderte soziale Gegebenheiten zu reagieren, kein überwiegend gewichtiges Interesse des Gesetzgebers daran zu erkennen, die Wirkungen einer erst im laufenden Veranlagungszeitraum verabschiedeten gesetzlichen Neuregelung bereits zum Beginn des Kalenderjahres eintreten zu lassen und demzufolge Sachverhalte in die Neuregelung einzubeziehen, die bei der Beschlußfassung durch den Gesetzgeber bereits verwirklicht waren.
Einen wichtigen Gemeinwohlbelang, hinter dem das Vertrauensschutzinteresse der Kläger zurücktreten müßte, vermag der Senat auch nicht in dem von dem Gesetzgeber verfolgten Ziel der Verbreiterung der Bemessungsgrundlage zur Gegenfinanzierung anderweitiger Mindereinnahmen zu erkennen (vgl. dazu Bundestagsdrucksachen 14/23, Seite 2 und 14/443, Seiten 2 und 4). Denn die bloße Absicht, staatliche Mehreinkünfte zu erzielen, ist für sich genommen noch kein den Vertrauensschutz betroffener Steuerpflichtiger regelmäßig überwindendes Gemeinwohlinteresse, weil dieses Ziel durch jedes, auch durch sprunghaftes und willkürliches Besteuern erreicht würde (BVerfG, Beschluß vom 5.2.2002, a. a. O., Tz. II. 3. b. dd.). Eine unvorhersehbare Haushaltsbelastung, die berechtigten Anlaß hätte geben können, sich über das schützenswerte Vertrauen der betroffenen Steuerpflichtigen hinwegzusetzen, war demgegenüber im Streitfall nicht Motiv der rückwirkenden Neuregelung.
Die rückwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist war entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht durch zwingende Gründe des gemeinen Wohls geboten und deshalb die Durchbrechung des rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbots gerechtfertigt. Solche zwingenden Gründe des gemeinen Wohls können etwa dann bejaht werden, wenn der Gesetzgeber mit einer Neuregelung das Ziel verfolgt, von ihm erkannte Mißstände zu beheben. Solche Mißstände sind allerdings noch nicht zu beklagen, wenn die seit dem EStG vom 10.8.1925 (RGBl I 1925, Seite 189) unverändert bestehende Regelung über die Länge der Spekulationsfrist bei privaten Grundstücksverkäufen in der Erkenntnis geändert wird, daß eine Verlängerung der Frist dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und damit auch dem Gebot der Steuergerechtigkeit besser entspricht (vgl. hierzu Bundestagsdrucksache 14/23, Seite 179). Daß der Gesetzgeber über dieses jeder Steuergesetzgebung zugrunde liegende Ziel hinaus mit der Änderung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG die Beseitigung eines Mißstandes beabsichtigte, kann demgemäß der Begründung des Gesetzentwurfes nicht entnommen werden.
Das schutzwürdige Vertrauen der Kläger in den Fortbestand der zum Zeitpunkt des Veräußerungsgeschäftes geltenden Rechtslage konnte unter diesen Umständen nicht bereits mit der Einbringung des Gesetzentwurfes des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 in den Deutschen Bundestag am 9.11.1998, sondern erst mit dem endgültigen Gesetzesbeschluß über die Neuregelung am 4.3.1999 entfallen. Denn eine Ausnahme von diesem in der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für maßgeblich erachteten Zeitpunkt wird im Beschluß des BVerfG vom 3.12.1997, a. a. O., Seiten 78, 81 f., nur für den Fall befürwortet, daß eine als verfehlt erkannte steuerliche Förderungsregelung beseitigt und ein Unterlaufen der Neuregelung durch Dispositionen vor dem endgültigen Gesetzesbeschluß verhindert werden soll. Eine solche Förderungsregelung ist indessen nicht Gegenstand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Der Gesetzgeber hätte deshalb den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Vertrauensschutzes nur dann entsprochen, wenn er die rückwirkende Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes auf Veräußerungsgeschäfte beschränkt hätte, bei denen die Veräußerung auf einem nach dem 4.3.1999 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrag oder gleichstehenden Rechtsakt beruht. Die weitergehende Regelung in § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes muß nach Auffassung des Senats für verfassungswidrig erkannt werden.
3. Die Aussetzung des Verfahrens beruht auf § 74 FGO.