09.07.2008
Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 07.05.2008 – 1 K 2381/03
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen
1 K 2381/03
Körperschaftsteuer 1992 bis 1995, gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur KSt zum 31.12. 1992 bis 1995, gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG 1991 zum 31.12. 1992 bis 1995, Gewerbesteuermeßbetrag 1992 und gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1992
In dem Finanzrechtsstreit
...
hat der 1. Senat
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht,
des Richters am Finanzgericht
der Richterin am Finanzgericht sowie
der ehrenamtlichen Richter und
auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 7. Mai 2008
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Das Verfahren wegen Gewerbesteuermeßbetrag 1992 wird nach Klagerücknahme eingestellt.
2. Unter Änderung der Bescheide vom 27. Oktober 1998 sowie der Einspruchsentscheidung vom 1. September 2003 über Körperschaftsteuer 1992 und über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.1992 und unter Änderung der Bescheide vom 23. August 2000 sowie der Einspruchsentscheidung vom 1. September 2003 über Körperschaftsteuer 1993, 1994 und 1995 wird das zu versteuernde Einkommen 1992 mit -2.081.034 DM, der vortragsfähige Gewerbeverlust zum 31.12.1992 mit 3.237.983 DM, das zu versteuernde Einkommen 1993 mit -2.479.293 DM, das zu versteuernde Einkommen 1994 mit -2.367.728 DM, das zu versteuernde Einkommen 1995 mit -736.838 DM festgestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten und der Klägerin je zur Hälfte auferlegt.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin, eine AG, betrieb in den Streitjahren 1992 bis 1995 u.a. das Lebensversicherungsgeschäft. Das (seinerzeitige) Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (BAV) hatte ihr am 15. Mai 1991 die Erlaubnis zur Aufnahme des Geschäftsbetriebes erteilt. Die Geschäftsaufnahme erfolgte am 1. Oktober 1992 (Akte Dauerunterlagen "Fragebogen"). Die Klägerin hat gegenüber dem BAV am 4. September 1992 eine geschäftsplanmäßige Erklärung abgegeben, sie werde durch eine entsprechende Zuführung zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) sicherstellen, dass während der ersten fünf Geschäftsjahre die Rückgewährquote jeweils um höchstens fünf Prozentpunkte unter dem Durchschnitt aller Lebensversicherungsunternehmen liege. Außerdem gab die Klägerin gegenüber dem BAV im November 1992, am 28. Oktober 1993 und am 16. Dezember 1994 für 1993, 1994 und 1995 weitere geschäftsplanmäßige Erklärungen "zur Festlegung der Überschussanteile und der Direktgutschrift" (Bl. 112 ff. Gerichtsakte) ab, wonach den Versicherten Überschussanteile aus den Zins-, Risiko- und Verwaltungskostenüberschussanteilen gewährt werden. Der Zinsüberschussanteil bemisst sich in% des überschussberechtigten Deckungskapitals, der Risikoüberschussanteil in% des Beitrages für das Todesfall-Risiko und der Verwaltungskostenüberschussanteil teilweise in 0/00 der Versicherungssumme und teilweise in% des Tarifjahresbeitrags. Zum Inhalt der geschäftsplanmäßigen Erklärungen im Einzelnen verweist das Gericht auf die in der mündlichen Verhandlung übergebenen Unterlagen (Blatt 112 ff. Gerichtsakte).
Die Klägerin erwirtschaftete in den Streitjahren aus dem Lebensversicherungsgeschäft (ohne Erträge aus der Bewirtschaftung des Eigenkapitals und aus dem lebensversicherungsfremden Geschäft, ohne Auflösung von Kapitalrücklagen, vor Abzug von Beitragsrückerstattungen (BRE) und RfB) die folgenden Ergebnisse und gewährte ihren Versicherten die folgenden Beträge in Form von BRE und Zuführungen zur RfB zurück (vgl. Anlage 2 zum Betriebsprüfungs (Bp) - Bericht vom 17. Juni 1998):
|1992|1993|1994|1995 Jahresergebnis|-50 TDM|-4.141 TDM|-243 TDM|4.086 TDM RfB und Direktgut-Schriften (in DM)|89.775|2.023.404|3.323.676|6.129.328
Nach einer Betriebsprüfung erließ der Beklagte (das Finanzamt) am 27. Oktober 1998 Bescheide über Körperschaftsteuer 1992, die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31.12.1992, die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG 1991 zum 31.12.1992 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1992 sowie am 23. August 2000 Änderungsbescheide über Körperschaftsteuer 1993 bis 1995, die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31.12.1993, 31.12.1994 und 31.12.1995 und die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG 1991 zum 31.12.1993, 31.12.1994 und 31.12.1995. Hierbei berücksichtigte das Finanzamt RfB und die Direktgutschriften lt. geschäftsplanmäßiger Erklärung vom 9. September 1992. Nicht gewinnmindernd berücksichtigt wurden RfB und Direktgutschriften in Höhe von 89 TDM (1992), 981 TDM (1993), 690 TDM (1994) und 2.043 TDM (1995), die auf den geschäftsplanmäßigen Erklärungen vom November 1992, 28. Oktober 1993 und 16. Dezember 1994 beruhen.
Gegen die genannten Bescheide hat die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren (vgl. Einspruchsentscheidung vom 1. September 2003) Klage erhoben. Sie begehrt die gewinnmindernde Berücksichtigung auch der RfB und Direktgutschriften, die auf den geschäftsplanmäßigen Erklärungen vom November 1992, 28. Oktober 1993 und 16. Dezember 1994 beruhen. Sie habe mit diesen geschäftsplanmäßigen Erklärungen jeweils die Verpflichtung übernommen, für jeden einzelnen Versicherungsvertrag die BRE der Höhe nach verbindlich zu garantieren, und zwar unabhängig vom Geschäftsergebnis. Nachdem der Geschäftsbetrieb erst im Oktober 1992 aufgenommen worden sei, beruhten die BRE und RfB für 1992 auf der im November 1992 abgegebenen geschäftsplanmäßigen Erklärung für 1993. Die BRE unterlägen als erfolgsunabhängige BRE nicht den Abzugsbeschränkungen des § 21 KStG 1991. Für die Berechnung der BRE seien die Zins-, Risiko- und Verwaltungskostenüberschussanteile maßgeblich gewesen. Bei diesen Parametern handle es sich nicht um tatsächliche Überschüsse, vielmehr bemesse sich der sog. Zinsüberschussanteil nach dem überschussberechtigten Deckungskapital, d.h. der Summe der in den Versicherungsprämien enthaltenen Sparanteile, und nach dem Risikoüberschussanteil, d.h. der Summe der in den Versicherungsprämien enthaltenen Risikoanteile. Gleiches gelte für den Verwaltungskostenüberschussanteil, der sich an der Versicherungssumme und am Jahresbeitrag orientiere. Tatsächlich sei in den Streitjahren kein Überschuss erzielt worden. Hintergrund dieser geschäftsplanmäßigen Erklärungen sei gewesen, dass die Klägerin als im Aufbau befindliches Versicherungsunternehmen aus dem Geschäftsergebnissen in den ersten Jahren nach ihrer Gründung keine oder nur geringe BRE und RfB habe gewähren können, aber aus Wettbewerbsgründen gehalten gewesen sei, ihren Versicherten BRE und RfB in marktüblicher Höhe einzuräumen.
Die Klägerin beantragt,
die Einspruchsentscheidung vom 1. September 2003 aufzuheben und unter Änderung der Bescheide vom 27. Oktober 1998
über Körperschaftsteuer 1992 das zu versteuernde Einkommen auf -2.081.034 festzusetzen,
über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzug zur Körperschaftsteuer zum 31.12.1992 den verbleibenden Verlustabzug mit 3.237.983 DM festzustellen,
über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.1992 den vortragsfähigen Gewerbeverlust mit 3.237.983 DM festzustellen,
über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG zum 31.12.1992 beim EK 02 den laufenden Verlust mit 2.081.034 DM anzusetzen,
und unter Änderung der Bescheide vom 23. August 2000
über Körperschaftsteuer 1993 das zu versteuernde Einkommen auf -2.479.293 DM festzusetzen,
über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31.12.1993 den verbleibenden Verlustabzug mit 5.717.276 DM festzustellen,
über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG zum 31.12.1993 beim EK 02 den laufenden Verlust mit 2.479.293 DM anzusetzen,
über Körperschaftsteuer 1994 das zu versteuernde Einkommen auf -2.367.728 DM festzusetzen,
über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG zum 31.12.1994 beim EK 45 den laufenden Verlust mit 2.367.728 DM anzusetzen,
über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31.12.1994 den verbleibenden Verlustabzug mit 8.085.004 DM festzustellen,