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  • 11.10.2016 · IWW-Abrufnummer 189156

    Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 01.10.2015 – 7 K 7216/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    FG Berlin-Brandenburg

    01.10.2015

    7 K 7216/13

    In dem Rechtsstreit
    des Herrn,
    Kläger,
    gegen
    das
    Beklagter,

    wegen Einkommensteuer 2006, 2007

    hat das Finanzgericht M...- Brandenburg - 7. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 1. Oktober 2015 durch
    den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,
    die Richterin am Finanzgericht ... und
    den Richter am Finanzgericht ...
    sowie den ehrenamtlichen Richter .. und
    die ehrenamtliche Richterin ....
    für Recht erkannt:

    Tenor:

    Abweichend von dem Bescheid über Einkommensteuer 2006 vom 09.08.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.07.2013 und dem Bescheid über Einkommensteuer 2007 vom 28.10.2013 wird die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines Verlustes aus der Vermietung der Doppelhaushälfte L...-str. .. bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 15.152,00 € für 2006 und in Höhe von 7.364,00 € für 2007 geändert festgesetzt. Die Berechnung der Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 Finanzgerichtsordnung -FGO - dem Beklagten übertragen.

    Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

    Die Revision wird zugelassen.

    Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten darüber, ob und in welcher Höhe ein Verlust aus einer Vermietung der Doppelhaushälfte L...-str. .. in M... durch den Kläger an seine Mutter bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden kann.

    Der Kläger wird vom Beklagten zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte in den Streitjahren neben den hier streitigen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Einkünfte aus Gewerbebetrieb, selbständiger (nur 2007) und nichtselbständiger Arbeit und Kapitalvermögen.

    Der Kläger erwarb die im Jahre 1974 fertiggestellte Doppelhaushälfte L...-str. .. mit einer Wohnfläche von 106 m2 im Jahre 1996 als Wohnungseigentum. Zum Gemeinschaftseigentum (mit der weiteren Doppelhaushälfte auf dem Grundstück) gehörten eine Sauna und ein Schwimmbad (8,00 m x 4,5 m).

    Das Haus war mit einer gehobenen Kücheneinrichtung (Anschaffungskosten 72.000,00 DM, ca. 2000 eingebaut, lt. Gutachten vom 17.06.2011, Blatt 32 bis 57, genau Blatt 42, Gerichtsakte -GA-) ausgestattet. Dieses Haus bewohnte der Kläger zunächst selbst.

    Unter dem 27.06./29.06.2002 schloss der Kläger mit seiner am 11.06.1938 geborenen Mutter eine Schenkungsvereinbarung (Blatt 27 GA), nach der die Mutter dem Kläger einen Betrag in Höhe von 115.000,00 € schenkte. Der Kläger nahm die Schenkung an. Das Geld erhielt er durch Überweisung von zwei Raten aus der notariellen Urkunde vom 26.06.2002, die der Vater des Klägers aufgrund einer Vereinbarung an die Mutter des Klägers hätte leisten müssen. Weiter ist vereinbart, dass die Mutter des Klägers die Schenkung jährlich bis zu einem Betrag in Höhe von 10.000,00 € durch schriftliche Erklärung bis zur ersten Dezemberwoche des jeweiligen Jahres widerrufen durfte, ohne dass eine Begründung erforderlich wäre. Für den Fall, dass die Schenkung nichtig, unwirksam oder undurchführbar sei, ist vereinbart, dass der Betrag dann als zinsloses Darlehen mit einer festen Laufzeit von zehn Jahren ab Kenntnis von diesem Hindernis zu behandeln sei.

    Der Kläger schloss mit seiner Mutter am 10.10.2002 einen schriftlichen Mietvertrag über das Haus (Blatt 24 GA). Darin ist vereinbart, dass der Mietzins von 400,00 € zum dritten Werktag eines Monats auf das Konto des Klägers zu zahlen sei. Ferner seien Nebenkosten gemäß der Anlage 3 zu § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung nach der einmal jährlich zu erstellenden Abrechnung zu zahlen. Eine Vorauszahlung von Nebenkosten war nicht vereinbart.

    Unter dem 06.12.2002 erfolgte ein Nachtrag zum Mietvertrag (Blatt 29 GA), in dem abweichend von der Zahlungsbestimmung in § 2 des Mietvertrages der Mutter des Klägers gestattet wurde, die Miete und die Nebenkosten einmal jährlich durch Widerruf der Schenkung und Aufrechnung zu leisten. Dies sollte solange gelten, wie noch Schenkungsbeträge vorhanden seien.

    Mit Schreiben vom 25.11.2003 erhöhte der Kläger die Miete ab dem 01.01.2004 auf 470,00 € (Blatt 26 GA).

    Zum Januar 2005 erhöhte der Kläger die Miete um 80,00 € monatlich. Die Mutter erklärte dazu, dass sie die Mieterhöhung zunächst einbehalte, bis eine Reihe von in dieser Erklärung aufgelisteten Mängeln beseitigt worden seien (in Heftung Arbeitsbogen).

    Es liegen Nebenkostenabrechnungen für die Zeiträume (Blatt 86 - 89 Einkommensteuerakte -EStA- Band V)
    01.05.2004 - 30.04.2005 (vom 30.05.2005, Nachzahlung 3.133,66 €),
    01.05.2005 - 30.04.2006 (vom 30.05.2006, Nachzahlung 2.950,98 €),
    01.05.2006 - 30.04.2007 (vom 30.05.2007, Nachzahlung 4.555,14 €),
    01.05.2007 - 30.04.2008 (vom 30.05.2008, Nachzahlung 2.064,79 €), vor (eingereicht mit Schreiben vom 03.12.2012, Blatt 81 EStA V).

    Ferner liegen Schenkungswiderrufe wie folgt vor (Blatt 82 - 85, 101 EStA V):
     
    06.12.2005    Miete 5.640,00 €+     NK 3.133,66 € =    8.773,66 €      
    06.12.2006    Miete 5.640,00 € +    NK 2.950,95 € =    8.590,98 €      
    06.12.2007    Miete 5.640,00 € +    NK 4.555,14 € =    10.195,14 €      
    06.12.2008    Miete 5.640,00 € +    NK 2.064,00 € =    7.704,00 €      
    07.12.2008    Miete Januar 2005 bis Dezember 2007 2.880,00 € und Miete Januar 2008 bis Dezember 2008  1.760,00 € 4.640,00 € (= 12.344,00 €)      
    06.12.2008    Miete 5.640,00 € +    NK 2.064,00 € +  Nachzahlung Mieterhöhung 60 Monate x 80,00 € (3.840,00 €) =    11.544,00 €     

    Der Kläger reichte seine Einkommensteuererklärung 2006 am 28.12.2007 beim Beklagten ein. Die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung setzten sich aus einem Verlust in Höhe von 3.053,00 € aus der Vermietung einer Wohnung in der N...-str. .. in M... und aus einem Verlust aus der Überlassung der Doppelhaushälfte in der L...-str. .. in Höhe von 15.618,00 € (erklärte Einnahmen 5.640,00 €) zusammen. In dem Einkommensteuerbescheid 2006 vom 29.05.2008, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung -AO- erging, berücksichtigte der Beklagte die Verluste aus Vermietung erklärungsgemäß. Wegen eines hier nicht streitigen Punktes legte der Kläger gegen diesen Bescheid Einspruch ein, dem der Beklagte durch Änderungsbescheid vom 23.06.2008 abhalf. Auch gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein, mit dem er die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung sowie der teilweisen Vorläufigkeit begehrte.

    Für das Jahr 2007 reichte der Kläger zunächst keine Einkommensteuererklärung ein. Mit Bescheid vom 17.04.2009 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2007 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO fest. Dabei schätzte er die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 AO. Während des anschließenden Einspruchsverfahrens reichte der Kläger seine Einkommensteuererklärung 2007 am 15.05.2009 ein. Die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung setzten sich aus einem Verlust in Höhe von 3.239,00 € aus der Vermietung einer Wohnung in der N...-str. .. in M... und aus einem Verlust aus der Überlassung der Doppelhaushälfte in der L...-str. .. in Höhe von 7.364,00 € (erklärte Einnahmen 5.640,00 €) zusammen. Während des Einspruchsverfahrens ergingen mehrere Änderungsbescheide, die zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurden. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb jeweils bestehen.

    Der Beklagte führte in den Jahren 2009 bis 2011 eine Außenprüfung beim Kläger betreffend die Jahre 2005 bis 2007 durch. Dabei ermittelte die Prüferin einen ortsüblichen Mietwert für die streitige Doppelhaushälfte in Höhe von 10,01 €/m2. Dabei ging die Prüferin von dem durch Gutachten ermittelten Quadratmeterpreis in Höhe von 9,01 €/m2 (dort steht allerdings 9,04 €/m2) als ortsübliche Miete aus und erhöhte diesen Wert um 0,60 €/m2 für den Pool, um 0,25 €/m2 für die Sauna und um 0,15 €/m2 für die gehobene Küche.

    Ausgehend von einer erklärten Miete in Höhe von 5.640,00 €/Jahr (4,43 €/m2) ermittelte die Prüferin eine nur zu einem Anteil von 44,3 %, gerundet 45 %, entgeltliche Vermietung. Sie minderte die Werbungskosten aus der Vermietung entsprechend um 55 % und setzte für 2006 lediglich einen Verlust in Höhe von 2.755,00 € und für 2007 lediglich in Höhe von 212,00 € an. Wegen der Einzelheiten der Feststellungen und Folgerungen der Außenprüfung wird auf den in den Betriebsprüfungsakten befindlichen Bericht vom 30.06.2011, insbesondere Textziffer 11, verwiesen.

    Der Beklagte folgte diesem Ergebnis der Prüfung und erließ am 09.08.2012 geänderte Einkommensteuerbescheide für 2006 und 2007.

    Im Einspruchsverfahren machte der Kläger geltend, dass sich aufgrund des von ihm in Auftrag gegebenen Gutachtens und der Berücksichtigung der Nebenkosten eine Vermietung zu mehr als 56 % der ortsüblichen Miete (60 % für 2006 und 64 % für 2007) ergebe. Die Werbungskosten seien daher in voller Höhe zu berücksichtigen.

    Der Beklagte kam zu der Ansicht, dass die Gestaltung des Mietverhältnisses einem Fremdvergleich nicht standhalte und kündigte dem Kläger eine Verböserung dergestalt an, dass keine Verluste aus dem Mietverhältnis mehr angesetzt werden sollten. Da der Kläger an den Einsprüchen festhielt, änderte der Beklagte die Festsetzung der Einkommensteuer für 2006 und 2007 in der Einspruchsentscheidung vom 01.07.2013 und berücksichtigte keine Verluste aus der Vermietung der Doppelhaushälfte L...-str. .. mehr.

    Dagegen hat der Kläger am 05.07.2013 Klage erhoben, mit der er die Berücksichtigung der erklärten Verluste aus der Vermietung weiterhin begehrt.

    Er macht geltend, dass der Mietvertrag bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen worden sei. Auch seien die Hauptpflichten klar und eindeutig vereinbart und einsprechend der Vereinbarungen durchgeführt. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass das Mietverhältnis nicht wie zwischen fremden Dritten üblich eindeutig begründet oder nicht wie vereinbart durchgeführt worden sei. Dies gelte auch für die Frage der Verrechnung mit anderen Forderungen (hier: aus der Schenkungsvereinbarung einschließlich des Widerrufs). Die Schenkung stehe nicht mit der Vermietung im Zusammenhang. Sie sei selbständig daneben abgeschlossen worden. Sie sei zwar zunächst wegen eines Formmangels nicht wirksam gewesen. Dieser sei aber durch Zahlung der Kaufpreisteilbeträge durch den Vater des Klägers am 09.07.2002 und 09.10.2002 tatsächlich vollzogen und damit auch wirksam geworden.

    Er, der Kläger, hätte eine solche Handhabung wie mit dem Widerruf der Schenkung auch mit jedem Dritten so vereinbart, wenn die rechtlichen Verhältnisse ähnlich gewesen wären.

    Ferner sei auch von einer voll entgeltlichen Vermietung auszugehen. Die Miete müsse dafür gemäß § 21 Abs. 2 Satz 2 Einkommensteuergesetz in der für die Streitjahre geltenden Fassung -EStG - 56 % der ortsüblichen Miete betragen. Dies sei hier eingehalten, weil auch die Nebenkosten zur Bestimmung der ortsüblichen Miete einbezogen werden müssten. Denn anders als der Beklagte, der die ortsübliche Miete nur mit der Nettomiete berechnet habe, handele es sich bei der als Vergleichsmaßstab heranzuziehenden ortsüblichen Miete um die Bruttowarmmiete. Auch die Überschussprognose komme zu einem positiven Ergebnis, wenn man - wie dies geplant und zulässig sei - von einer Erhöhung der Nettomiete auf die ortsübliche Nettomiete, die nach dem Gutachten 9,04 €/m2 betrage, innerhalb der nächsten drei Jahre ausgehe.

    Ihm seien im Jahr 2006 und auch in den Folgejahren die tatsächlichen Vermögensverhältnisse seiner Mutter nicht bekannt gewesen. Seine Mutter habe im Jahr 2002 einen Immobilienanteil in Osnabrück verkauft und daraus 145.000,00 € Einnahmen erzielt. Davon habe sie ihm, dem Kläger, 115.000,00 € geschenkt und die weiteren 30.000,00 € selbst behalten. Zu diesem Zeitpunkt sei seine Mutter 64 Jahre alt gewesen.

    Die Höhe der zukünftig zu erwartenden Rente sei nicht genau klar gewesen. Daher habe sie vorsorglich den Vorbehalt des Widerrufs mit der Schenkung verbunden. Im Dezember 2002 habe seine Mutter ihm lediglich mitgeteilt, dass ihre Rente mit 600,00 € gering ausfalle. Er, der Kläger, habe geplant, die Doppelhaushälfte für einen Zeitraum von 10 - 12 Jahren oder so lange, wie es der Gesundheitszustand der Mutter zuließe, an diese zu vermieten, damit sie in der Nähe des Enkelkindes sei. Der Mietvertrag sei nicht auf Lebenszeit der Mutter abgeschlossen worden, sondern beinhalte die normalen gesetzlichen Kündigungsfristen. Im Anschluss an die Nutzung durch die Mutter habe er die Doppelhaushälfte anderweitig vermieten wollen. Daran habe auch die Schenkung des Grundstücks an seine Tochter im Jahr 2014 nichts geändert. Denn diese sei unter Nießbrauchsvorbehalt erfolgt, so dass ihm, dem Kläger, auch nach der Schenkung die Nutzung weiterhin zustehe und er das Grundstück weiterhin vermieten könne. Über den Verbleib der 30.000,00 € habe er nach dem Jahr 2002 nichts erfahren.

    Wegen der Schwierigkeiten mit dem Beklagten hinsichtlich der Anerkennung der Verluste aus Vermietung und Verpachtung habe er seiner Mutter im Dezember 2013 den Abschluss eines neuen Mietvertrages im Austausch zum alten Mietvertrag angeboten. Auch zu diesem Zeitpunkt habe er nichts über die Vermögensverhältnisse seiner Mutter gewusst. Im Dezember 2013 habe er seiner Mutter die restlichen 6.360,00 € aus dem Schenkungswiderruf überwiesen. Sie habe ab Januar 2014 bis August 2014 die vereinbarte Miete von 1.005,00 € monatlich pünktlich durch Überweisung gezahlt und ab September lediglich 410,00 € monatlich. Daraufhin habe er im Januar 2015 das Mietverhältnis außerordentlich gekündigt.

    Erst im April 2014 habe seine Mutter ihm ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Detail offengelegt. Zu diesem Zeitpunkt habe sie geltend gemacht, dass ihr Unterhaltsleistungen seitens des Klägers zustehen würden.

    Der Kläger beantragt,

    abweichend von dem Bescheid über Einkommensteuer 2006 vom 09.08.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.07.2013 und dem Bescheid über Einkommensteuer 2007 vom 28.10.2013, die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines Verlustes aus der Vermietung der Doppelhaushälfte L...-str. .. bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 15.152,00 € für 2006 und in Höhe von 7.364,00 € für 2007 geändert festzusetzen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung verweist er auf die in der Einspruchsentscheidung wiedergegebenen Gründe.

    Dem Gericht haben bei der Entscheidung die Bände II bis VI der Einkommensteuerakten, ein Band Hinweisakte "Grundstücksvorgänge, AfA-Tabellen" und ein Band Betriebsprüfungsakten des Beklagten zur Steuernummer .... sowie eine als Arbeitsbogen zur Betriebsprüfung AB 93/09 bezeichnete Heftung von unpaginierten Unterlagen vorgelegen.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist zulässig und begründet.

    Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
    In den Streitjahren ist der erklärte Verlust aus der Vermietung der Doppelhaushälfte L...-str. .. bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen.

    Das als Mietvertrag bezeichnete Verhältnis des Klägers zu seiner Mutter ist nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen über die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen, denen sich der Senat anschließt, anzuerkennen. Danach sind Verträge zwischen nahen Angehörigen steuerrechtlich anzuerkennen und zu berücksichtigen, wenn sichergestellt ist, dass sie einkünfterelevante Beziehungen und nicht private Unterhaltsleistungen regeln. Grundsätzlich erfolgt eine Anerkennung nur dann, wenn der Vertrag bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen ist, der Vertragsinhalt dem zwischen fremden Dritten Üblichen entspricht und auch tatsächlich so wie zwischen fremden Dritten üblich durchgeführt wird (Schmidt/Kulosa, EStG, 34. Auflage München 2015, § 21 Tz. 45, 47, 48, 51, 52 mit weiteren Nachweisen).

    Das vorliegend zu beurteilende Mietverhältnis ist bürgerlich-rechtlich wirksam vor Beginn der Vermietung zustande gekommen. Es hält auch bei den getroffenen Vereinbarungen und in seiner Durchführung einem Fremdvergleich stand. Es bestehen zwar Abweichungen zum Normaltypus eines Mietvertrages, diese sind aber nicht wesentlich. Denn sie betreffen nicht die Hauptpflichten des Mietvertrages oder erklären sich aus den besonderen Verhältnissen des Streitfalls. Eine Abweichung zum üblichen Mietvertrag hätte es bei Vorliegen dieser Verhältnisse auch bei einem Mietvertrag zu einem fremden Dritten gegeben.

    Die Hauptpflichten sind so wie zwischen fremden Dritten üblich vereinbart worden. Für die Überlassung des Doppelhauses zur Nutzung ist ein monatlicher Mietzins vereinbart sowie die Übernahme der Nebenkosten. Die nur einmal jährlich gestattete Zahlung durch Aufrechnung mit dem Widerrufsbetrag aus der Schenkung zum Ende des Jahres nimmt der Regelung im Mietvertrag nicht die Fremdüblichkeit. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger als Vermieter in den Streitjahren und auch noch darüber hinaus den für die Zahlung der Miete zuzüglich Nebenkosten erforderlichen Geldbetrag bereits vereinnahmt hatte und damit rechnen musste, diesen Betrag sukzessive wieder an die Mutter herausgeben zu müssen (Schenkung unter Widerrufsvorbehalt) ist es fremdüblich, in einer solchen Situation nicht auf monatlichen Mietzahlungen und der Zahlung der Nebenkosten bei Fälligkeit (einmal jährlich nach Abrechnung) zu bestehen, sondern die Zahlungspflicht durch Schaffung der Aufrechnungsmöglichkeit mit dem herauszugebenden Geldbetrag zur Erfüllung zu bringen. Denn der Kläger als Vermieter war in einem nicht üblichen Umfang hinsichtlich der Mietzahlungen gesichert. Hätte zu einem fremden Dritten ebenfalls eine solche Sicherung bestanden (unstreitige Aufrechnungsmöglichkeit, bei der der Geldbetrag bereits vereinnahmt ist), so wäre es ebenfalls zu einem Verzicht auf eine laufende monatliche Mietzahlung und die Zahlung von Nebenkosten bei Fälligkeit gekommen. Unter diesen Umständen sind die Vorausleistung der Nebenkosten durch den Vermieter über einen Zeitraum von einem Jahr und der Verzicht auf laufende monatliche Zahlung von Miete und Zahlung der Nebenkosten bei Fälligkeit fremdüblich.

    Die Abweichung bei der Vereinbarung zu den Nebenkosten, die nicht - wie üblich - monatlich im Wege von Vorauszahlungen, sondern nur einmal jährlich nach Abrechnung zu entrichten waren, stellt eine nur geringfügige Abweichung zu einem fremdüblichen Vertrag dar. Denn insgesamt wurden die Nebenkosten - wie zwischen fremden Dritten üblich - auf die Mieterin überwälzt. Lediglich die Form der Zahlung (jährlich statt monatliche Vorauszahlungen) weicht von dem zwischen fremden Dritten Üblichen ab. Andererseits bestand im Streitfall die Besonderheit, dass der Vermieter wegen des zuvor bereits erhaltenen aber zurückzugebenden Geldbetrages zwar in Vorleistung trat, nicht aber ein Risiko des Ausfalls der Forderungen aus den Nebenkosten zu befürchten hatte. Vereinbarungen über Vorauszahlungen oder der Abschluss der Versorgungsverträge direkt durch den Mieter werden zwischen fremden Dritten bei Einfamilienhäusern getroffen, damit der Vermieter nicht in Vorleistung gehen muss und das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Mieters nicht tragen muss. Eine solche Absicherung war im Streitfall nicht notwendig, weil der Kläger den Geldbetrag, der später zur Aufrechnung gebracht werden sollte, bereits vereinnahmt hatte. Daher handelt es sich um eine lediglich geringfügige Abweichung von dem zwischen fremden Dritten Üblichen. Das gilt erst recht, wenn man den Schenkungsvertrag wegen des Widerrufsvorbehalts als steuerlich unbeachtlich ansehen würde. Dann würde der Vorgang einem unentgeltlichem Darlehensvertrag entsprechen.

    Die darüber hinaus bestehende Vereinbarung einer Miete, die - jedenfalls zu Anfang des Mietvertrages - deutlich unter der ortsüblichen Miete lag, führt im Rahmen des Fremdvergleichs nicht zur Aberkennung des Mietvertrages an sich. Eine zu niedrige Miete ist nicht in die Beurteilung des Fremdvergleichs einzubeziehen (Bundesfinanzhof -BFH-, Urteil vom 31.07.2007 - IX R 8/07, BFH/NV 2008, 350 unter II. 1. b] mit weiteren Nachweisen). Eine verbilligte Miete kann aber gemäß § 21 Abs. 2 EStG zu einer lediglich teilentgeltlichen Vermietung führen und dazu, dass im Rahmen der Anerkennung der Werbungskosten diese nur zu einem gewissen Prozentsatz unter 100 %, entsprechend dem entgeltlichen Anteil an der Vermietung, abgezogen werden können.

    Die Werbungskosten sind im Streitfall gemäß § 21 Abs. 2 EStG in voller Höhe und nicht nur zu einem Teil abzugsfähig. Das streitige Mietverhältnis ist nicht in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen.

    Gemäß § 21 Abs. 2 EStG ist eine Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen, wenn das Entgelt für die Überlassung von Wohnraum zu Wohnzecken weniger als 56 % der ortsüblichen Marktmiete beträgt. Das Gleiche gilt nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen, denen sich der Senat anschließt, dann, wenn die vereinbarte Miete zwischen 56 % und 75 % der ortsüblichen Marktmiete liegt und eine Überschussprognose zu einem negativen Ergebnis führt, mithin über einen Zeitraum von 30 Jahren die Werbungskosten die Einnahmen überwiegen.

    Das in den Streitjahren von der Mieterin zu entrichtende Entgelt beträgt mehr als 56 % der ortsüblichen Marktmiete. Als ortsübliche Marktmiete ist die ortsübliche Kaltmiete einschließlich der umlagefähigen Kosten nach der zweiten Berechnungsverordnung anzusehen (Schmidt/Drenseck, EStG, 30. Auflage München 2011, § 21 Tz. 62; Einkommensteuerrichtlinien 2005 -EStR- R 21.3; Söffing, Deutsche Steuer-Zeitung -DStZ- 2005, 369). Davon ausgehend ist grundsätzlich die ortsübliche Kaltmiete nach dem ortsüblichen Mietspiegel zu bestimmen (BFH, Beschluss vom 27.12.2010 - IX B 107/10 [...] mit weiteren Nachweisen). Ist ein Mietspiegel nicht vorhanden, ist die ortsübliche Miete im Wege der Schätzung aus Vergleichswohnungen zu ermitteln. Der Senat schätzt vorliegend die ortsübliche Kaltmiete auf 9,04 €/m2 entsprechend der Darlegung des vom Kläger vorgelegten Gutachtens. Das Gutachten geht von einer ausreichenden Anzahl von Vergleichsobjekten aus. Ferner berücksichtigt es zu Recht, dass der Mietspiegel von M... ausdrücklich nicht für Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäuser gilt, mithin auch nicht für Doppelhaushälften.

    Von Zuschlägen wie sie der Beklagte für den Pool, die Sauna und die Küchenausstattung in Höhe von insgesamt 1,00 €/m2 vorgenommen hat, sieht der Senat ausdrücklich ab. Denn diese Besonderheiten des zu bewertenden Objekts hat der Gutachter in seinem Gutachten bereits bei der Bestimmung der ortsüblichen Kaltmiete einbezogen (Blatt 52, 53 GA). Für weitere Zuschläge aus demselben Grund besteht daher kein Raum. Ferner ergeben sich auch keine Bedenken gegen die Bewertung durch den Gutachter. Dieser hat eine Spanne zwischen 7,84 €/m2 und 9,29 €/m2 ermittelt und die streitige Wohnung aufgrund der besonderen Merkmale im oberen Drittel dieser Spanne mit 9,04 €/m2 eingeordnet. Dies begegnet keinen Bedenken. Auch der Beklagte hat dazu keine Bedenken geäußert, sondern ist selbst von diesem Wert, wenn auch um einen Euro für den Pool, die Sauna und die Küchenausstattung erhöht, ausgegangen.

    Ferner sind die von der Mieterin auch gezahlten Nebenkosten bei der Ermittlung der ortsüblichen Miete als umlagefähige Nebenkosten der Kaltmiete hinzuzurechnen. Diese haben im Jahr 2006 2.950,95 € betragen und im Jahr 2007 4.555,14 €, mithin bei einer Größe des Hauses von 106 m2 pro Monat 2,32 €/m2 in 2006 und 3,58 €/m2 in 2007. Die ortsübliche Miete betrug danach im Jahr 2006 11,36 €/m2 und im Jahr 2007 12,62 €/m2.

    Davon waren im Streitfall vereinbart eine Nettokaltmiete, die ab dem 01.01.2005 550,00 € betrug und damit 5,19 €/m2, sowie die bereits genannten Nebenkosten, mithin pro Monat 2,32 €/m2 in 2006 und 3,58 €/m2 in 2007. Für den Vergleich zwischen der ortsüblichen und der tatsächlichen Miete ist von der vereinbarten Miete auszugehen (BFH, Urteil vom 05.11.2002 - IX R 48/01, Bundessteuerblatt -BStBl.- II 2003, 646; Schmidt/Kulosa, a.a.O., § 21 Tz. 23), nicht von der in diesen Jahren tatsächlich gezahlten Miete. Denn Kürzungen bei den Zahlungen kommen zum Beispiel bei Mängeln der Mietsache vor, beeinflussen aber nicht die Einkünfteerzielungsabsicht des Vermieters und auch nicht eine eventuell bei verbilligter Vermietung durchzuführende Überschussprognose. Insgesamt waren im Streitfall vereinbart 7,51 €/m2 im Jahr 2006 und 8,77 €/m2 im Jahr 2007. Dies entspricht einem Anteil an der ortsüblichen Miete von 66,11 % im Jahr 2006 und 69,49 % im Jahr 2007.

    Etwas anderes mag bei Nichtzahlung eines Teils der vereinbarten Miete dann gelten, wenn dies auf dem familiären Verhältnis der Vertragsparteien beruht. Dies liegt im Streitfall zur Überzeugung des Senats nicht vor. Zum einen hat die Mieterin 80,00 € pro Monat nicht endgültig nicht gezahlt, sondern zunächst wegen bestehender Mängel einbehalten. Diese Gründe liegen nicht im familiären Bereich, sondern stellen sachliche Gründe dar, die auch einen fremden Dritten veranlasst hätten, einen Teil der Miete - möglichweise sogar endgültig - nicht zu zahlen. Diese Beträge sind mit der Aufrechnung Ende des Jahres 2008 vollständig nachgezahlt worden. Letztlich kann dies aber dahinstehen.

    Denn wenn man von der in den Jahren 2006 und 2007 tatsächlich gezahlten Miete ausgeht, so ergibt die Kaltmiete von 470,00 € pro Monat einen Betrag von 4,43 €/m2. Zuzüglich der Nebenkosten ergeben sich für 2006 6,75 €/m2 und entspricht 59,42 % der ortsüblichen Miete von 11,36 €/m2. Für 2007 ergeben sich 8,01 €/m2 und entspricht 63,47 % der ortsüblichen Miete von 12,36 €/m2. Sowohl bei der Betrachtung der vereinbarten als auch bei der Betrachtung der tatsächlich gezahlten Miete liegen die vereinbarten/gezahlten Mieten zwischen 56 % und 75 % der ortsüblichen Vergleichsmiete.

    Daraus ergibt sich, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, der sich der Senat anschließt, eine Überschussprognose durchzuführen ist (zur Methode, der das Gericht folgt, s. Schmidt/Kulosa, a.a.O., § 21 Rz. 26 ff.). Ist diese positiv, so liegt insgesamt eine Einkünfteerzielungsabsicht vor, mit der Folge, dass die gesamten Werbungskosten anzusetzen sind. Ist die Überschussprognose hingegen negativ, ist von einer teilentgeltlichen Überlassung der Wohnung auszugehen und nur der Teil der Werbungskosten anzusetzen, der dem vereinbarten Teil der Gegenleistung entspricht. Im Streitfall ergibt die Überschussprognose einen positiven Wert. Dabei sind die Nebenkosten weder auf der Einnahmenseite noch auf der Seite der Aufwendungen berücksichtigt, weil diese von der Mieterin gezahlt wurden und für den Prognosezeitraum auch werden. Denn diese Beträge heben sich in jedem Jahr auf. Deshalb bleiben die sog. sonstigen Werbungskosten, bei denen es sich um umlagefähige Betriebskosten handelte, außer Betracht. Angesichts der in den Streitjahren betriebenen "Mieterhöhungspolitik" hat das Gericht abweichend von den ansonsten geltenden Grundsätzen eine Fortsetzung des Erhöhungstrends zugrunde gelegt. Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Vermietungstätigkeit im Falle einer altersbedingten Beendigung des Mietverhältnisses mit der Mutter insgesamt eingestellt werden sollte.

    Überschussprognose:
     
    Miete und Überschuss    7 K 7216/13  
     netto      
     EinnahmenNKAfA Zinsen Reparaturen sonstige WK €/m2kalt
    2002 800,00  723,00 1668,00 31106,00121,003,77
    2003 4800,00 4336,0010042,00 1457,00 1068,00 
    2004 5640,00  4336,00 9904,003144,00260,004,43
    20055640,00 4336,009722,00278,00260,005,19
    20065640,00 4336,008578,007617,00262,00 
    20075640,00 4336,007118,001288,00262,00 
    20087320,002064,004336,007079,007118,002064,00 
     2880,00      
    20097560,004400,004336,006609,003038,004400,005,94
    20107560,003900,004336,006014,002083,003900,00 
    20117560,003387,004336,005915,003148,003387,00 
    20128460,003695,004336,005639,001364,003695,006,65
    20138460,002000,004336,004348,002142,002000,00 
         63783,00  
    20148460,00 4336,003800,005315,25  
    20159360,00 4336,003300,005315,25 7,36
    20169360,00 4336,002700,005315,25  
    20179360,00 4336,002100,005315,25  
    201810260,00 4336,001400,005315,25 8,07
    201910260,00 4336,00700,005315,25  
    202010260,00 4336,00 5315,25  
    202111160,00 4336,00 5315,25 8,77
    202211160,00 4336,00 5315,25  
    202311160,00 4336,00 5315,25  
    202412060,00 4336,00 5315,25 9,48
    202512060,00 4336,00 5315,25  
    202612060,00 4336,00 5315,25  
    202712960,00 4336,00 5315,25 10,19
    202812960,00 4336,00 5315,25  
    202912960,00 4336,00 5315,25  
    203012960,00 4336,00 5315,25  
    203112960,00 4336,00 5315,25  
    203210800,00 3613,00 4429,38  
     290540,00 130080,0096636,00100103,882233,00 
    Zu-Abschlag29054,00  9663,6010010,39223,30 
    Summe319594,00 130080,0086972,4090093,492009,70 
    abzgl WK309155,59      
    Ergebnis10438,41      
         Gutachten Vergleich  
     Miete 2006 und 2007   9,04 €/m2 Anerkennung ohne Überschuss
    NK JahrJahrMonatm2 bei 106kalt + NK m2zuzgl NK% 
     5640      
     960      
     66005505,19    
    200629512462,327,5111,3666,1167
    200745553803,588,7712,6269,4970


    danach kommt es auf den Totalüberschuss an, da unter 75 %
        
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung -ZPO-.

    Der Senat hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO zugelassen, weil keine höchstrichterliche Rechtsprechung dazu ersichtlich ist, wie sich Widerrufe einer Schenkung auf die Anerkennung eines Mietverhältnisses auswirken.

    RechtsgebietEStGVorschriften§ 21 Abs. 2 S. 2 EStG